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GLEICHHEIT/6432: Die USA bedrohen wegen Nordkorea auch China und Russland


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Die USA bedrohen wegen Nordkorea auch China und Russland

Von Peter Symonds
6. September 2017


Am 4. September haben die Vereinigten Staaten während einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates zur Nordkorea-Krise die Kriegsgefahr dramatisch erhöht. Als Reaktion auf den Atomtest Nordkoreas vom Sonntag griff die Regierung in Washington nicht nur Pjöngjang an, sondern ebenso auch Beijing und Moskau.

Eine deutliche Zweiteilung zeichnete sich ab. Die USA und ihre Verbündeten drohten mit einer Wirtschaftsblockade und damit implizit mit Krieg gegen Nordkorea, während China und Russland weiterhin einen Abbau der Spannungen und Gespräche forderten.

In einer aggressiven und provokativen Rede stellte die amerikanische UN-Botschafterin, Nikki Haley, China und Russland vor ein Ultimatum: Beendet sämtliche wirtschaftlichen Beziehungen zu Nordkorea - oder ihr müsst mit einem umfassenden Handelskrieg der USA gegen euch rechnen. Sie drohte, falls China und Russland die Regierung in Pjöngjang nicht gefügig machten, würden die USA das mit militärischen Mitteln erreichen.

Haley stellte die Realität auf den Kopf und erklärte, der nordkoreanische Führer Kim Jong-un "bettelt um Krieg". Aber das Regime in Pjöngjang weitet sein Atomprogramm aus, weil es von der verzweifelten und illusorischen Annahme ausgeht, es könne auf diese Weise einen vernichtenden Krieg mit den USA abwenden, den es unweigerlich verlieren würde. Der jüngste Atomtest sei laut Nordkorea eine Wasserstoffbombe mit einer geschätzten Sprengkraft von 100 Kilotonnen gewesen. Er fand sich nur wenige Tage nach Ende der gemeinsamen Militärmanöver statt, mit denen die USA und Südkorea jedes Jahr den Krieg gegen Nordkorea proben.

Haley forderte, die UN sollten die "schärfsten Sanktionen" verhängen, "die seit einer Generation je gegen ein Land" verhängt worden seien. Sie warnte, Washington werde Maßnahmen, die es als Halbheiten betrachtet, nicht akzeptieren. Sie erklärte: "Wir sind Schritt für Schritt vorgegangen, aber trotz aller guten Absichten hat das nicht funktioniert."

Obwohl noch keine Details veröffentlicht wurden, sollen die Sanktionen auch den Stopp von Öllieferungen, das Einfrieren sämtlicher Finanzgeschäfte und die Beendigung des Exports von nordkoreanischen Arbeitern ins Ausland umfassen. Trump droht damit, die Handelsbeziehungen mit allen Ländern abzubrechen, die irgendwelche Wirtschaftsbeziehungen zu Nordkorea aufrechterhalten.

Haley warnte: "Die Vereinigten Staaten werden jedes Land, das Geschäfte mit Nordkorea macht, als Land ansehen, das dessen rücksichtslose und gefährliche nukleare Bestrebungen unterstützt." Sie erklärte, die Geduld der Vereinigten Staaten ginge langsam zu Ende, und sagte: "Für uns ist es an der Zeit, alle diplomatischen Mittel auszuschöpfen, bevor es zu spät ist." Was implizit heißt, dass die USA einen Krieg beginnen würden.

Amerikas militärische Bündnispartner in Asien und Europa schlossen sich alle dem Chor der Verurteilung von Nordkoreas jüngstem Atomtest an und forderten die schärfsten Sanktionen. Japans Botschafter Koro Besso übertrieb die Gefahr eklatant, die das begrenzte Atomarsenal Nordkoreas darstellt, und erklärte, die Gefahr, die von Pjöngjang ausgehe, sei "auf ein nie dagewesenes Niveau angestiegen" und sei "eine schwerwiegende Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit der Welt".

Chinas Botschafter Liu Jieyi verurteilte Pjöngjang zwar, warnte aber davor, dass die Situation auf der koreanischen Halbinsel "sich kontinuierlich verschlechtert". Er forderte, die Krise solle "friedlich" beigelegt werden. Er rief alle Parteien dazu auf, "gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, um die Situation zu entspannen, um den Dialog und Gespräche wiederaufzunehmen und eine weitere Verschlechterung der Situation auf der Halbinsel zu verhindern".

China und Russland haben sich gegen Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm ausgesprochen, weil es den USA und seinen Verbündeten den Vorwand für einen massiven militärischen Aufmarsch im asiatisch-pazifischen Raum bietet, der sich letztlich gegen ihre Länder richtet. Gleichzeitig ist die Regierung in Beijing jedoch zutiefst besorgt darüber, dass ein vollständiges Wirtschaftsembargo gegen Nordkorea eine politische Krise in Pjöngjang auslösen könnte. Diese könnte der US-Regierung als Vorwand dienen, um zu intervenieren, was die Gefahr eines Kriegs enorm erhöht.

Liu wiederholte seinen Vorschlag des "beidseitigen Einfrierens", den Russland und China gemacht haben und bei dem die USA und Südkorea ihre großen Militärübungen beenden und Nordkorea im Gegenzug dafür seine Atom- und Raketentests stoppt, um die Bedingungen für neue Gespräche zu schaffen. Haley wies diesen Plan erneut kategorisch zurück.

In einer unverblümten Warnung an die Trump-Regierung erklärte Liu: "China wird niemals Chaos und Krieg auf der Halbinsel zulassen." Mit anderen Worten, die Regierung in Beijing ist entschlossen, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um eine US-geführte Operation für einen Regimewechsel oder einen Krieg auf Chinas Türschwelle zu verhindern, die zu einem Amerika-freundlichen Korea führen würde.

Die jüngsten Drohungen der USA werden von einem umfangreichen Ausbau des Militärs auf der koreanischen Halbinsel begleitet. Er dient der Vorbereitung eines Kriegs, bei dem auch Atomwaffen eingesetzt werden könnten.

Nachdem Präsident Donald Trump Südkorea am Sonntag wegen "Beschwichtigungs-Gerede" angegriffen hatte, nahm er am Montag das Gespräch mit seinem südkoreanischen Amtskollegen Moon Jae-in wieder auf. Trump war einverstanden damit, die Obergrenze für die Traglast südkoreanischer Raketen aufzuheben, die durch ein Abkommen zwischen den beiden Ländern festgelegt ist. Im Gegenzug gab Moon grünes Licht, damit die USA ihr Raketenabwehrsystem Terminal High Altitude Area Defence (THAAD) vollständig installieren können. In einer Mitteilung des Weißen Hauses wird erklärt, Trump habe seine "konzeptionelle Genehmigung" für den Verkauf von Militärausrüstung im Wert von "vielen Milliarden Dollar" an Südkorea erteilt.

Die Gespräche zwischen US-Verteidigungsminister James Mattis und dem südkoreanischen Verteidigungsminister Song Young-moo von letzter Woche gingen noch viel weiter. Bei einer Rede vor der südkoreanischen Nationalversammlung am Montag erklärte Song, er habe Mattis dargelegt, dass viele Menschen in Südkorea die erneute Stationierung amerikanischer "taktischer" Nuklearwaffen fordern.

Die USA können Nordkorea bereits mit Atomraketen vernichten, die von Flugzeugen. Kriegsschiffen und U-Booten abgeschossen werden. Die Stationierung von taktischen Atomwaffen würde die Situation auf der koreanischen Halbinsel zum Zerreißen anspannen und die Gefahr erhöhen, dass ein Fehler oder eine Fehleinschätzung zu einem Atomkrieg eskaliert. Gegenwärtig schließt Präsident Moon diese Möglichkeit noch aus.

Song deutete an, dass er Mattis gedrängt habe, häufiger Langstrecken-Bomber, Flugzeugträger und andere strategische Ausrüstungen nach Südkorea zu schicken. Die USA haben wiederholt strategische B1-Bomber als Warnung an Nordkorea über die koreanische Halbinsel geschickt. Letzte Woche haben sie Bilder von B1-Bombern veröffentlicht, die Bomben auf ein Gebiet in der Nähe der Grenze zwischen den beiden Koreas abgeworfen haben.

Am 4. September hat das südkoreanische Militär eine Übung durchgeführt, bei der F-15K-Kampfflugzeuge und ballistische Boden-Boden-Raketen eingesetzt wurden, um einen Angriff auf das nordkoreanische Atomtest-Gelände zu simulieren. Generalmajor Jang Kyung Soo behauptete, Nordkorea bereite schon für den 9. September einen weiteren Raketentest vor. Er erklärte außerdem, Südkorea plane eine weitere Raketenübung, um "seinen starken Willen und seine Reaktionsfähigkeit" zu demonstrieren.

Letzte Woche hatte die südkoreanische Zeitung Chosun Ilbo berichtet, dass Präsident Moon das Militär angewiesen habe, neue Kriegspläne auszuarbeiten, die "einen schnellen Wechsel zu einer offensiven Haltung ermöglichen, für den Fall, dass Nordkorea eine Provokation startet, mit der sie die Grenze überschreiten oder die Hauptstadtregion angreifen würden". Das Ziel des Plans sei, "nach Pjöngjang vorzudringen und das nordkoreanische Regime schnell zu stürzen".

Als Reaktion auf die amerikanischen Kriegsvorbereitungen verstärken China und Russland ihre militärischen Stellungen. In einem ausführlichen Artikel vom Juli erklärte das Wall Street Journal, das chinesische Militär habe "eine neue Grenzschutzbrigade und eine 24-Stunden-Überwachung der bergreichen Grenzregion" eingerichtet. Vorgesehen seien auch Flugdrohnen und "Bunker, die gegen atomare und chemische Explosionen schützen".

Sowohl Russland als auch China haben sich gegen die Stationierung des THAAD-Raketenabwehrsystems in Südkorea ausgesprochen. Sie haben erklärt, dass das Hochleistungsradar weit in ihr Gebiet spähen und ihre nuklearen Abschreckungsmaßnahmen unterlaufen kann. Russlands stellvertretender Außenminister Sergei Rybakow erklärte am Montag, Moskau werde als Reaktion auf die erweiterte THAAD-Stationierung in Südkorea seine Raketenpräsenz im Pazifik verstärken.

Die Hauptverantwortung dafür, dass dieses explosive Pulverfass in Nordostasien entsteht, liegt bei der Trump-Regierung. Nordkorea hat keineswegs "um Krieg gebettelt". Im Gegenteil, die USA treiben Pjöngjang systematisch dazu, einen Schritt zu unternehmen, der den Vorwand für eine "massive Militäraktion" schafft, die "zur völligen Vernichtung des Landes" führen würde - wie Verteidigungsminister Mattis es ausgedrückt hat.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 06.09.2017
Die USA bedrohen wegen Nordkorea auch China und Russland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2017

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