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GLEICHHEIT/5270: Großbritannien stellt neue "Anti-Terror" Gesetze vor


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Großbritannien stellt neue "Anti-Terror" Gesetze vor

Von Robert Stevens
12. September 2014



Premierminister David Cameron hat unter dem verlogenen Vorwand, "Extremismus" zu bekämpfen und "britische Werte" zu verteidigen, weitere drastische Angriffe auf demokratische Rechte vorgestellt.

In einer künstlich erzeugten Atmosphäre der Angst werden grundlegende demokratische Regeln abgeschafft, um weitere, räuberische Kriege vorzubereiten. Der Führer der Konservativen Partei behauptete, die Notwendigkeit für neue "Anti-Terror-Maßnahmen" gehe auf Informationen zurück, die die Geheimdienste am Freitag bekommen hätten. Ohne irgendwelche Einzelheiten anzugeben war die terroristische Bedrohungslage in Großbritannien von " erheblich" auf "schwer" angehoben worden.

Cameron wandte sich am Montag ans Parlament und sagte, es sei notwendig, der Bedrohung durch den "islamischen Extremismus" im Irak und in Syrien entgegenzutreten: "Wir müssen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel - unsere Unterstützung, Diplomatie und Militär - nutzen. Und wir brauchen eine feste Antwort im Bereich der Sicherheit, auch wenn das militärische Maßnahmen bei der Verfolgung der Terroristen, internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste oder kompromisslose Aktionen gegen Terroristen bei uns zu Hause bedeutet."

Die Polizei werde neue gesetzliche Befugnisse erhalten, an den britischen Grenzen die Pässe von "Terrorismusverdächtigen" einzuziehen, sagte Cameron. Die jetzt schon vorhandenen Befugnisse, unter denen "der Innenminister im Namen der Krone das Recht hat, Pässe auszustellen, einzuziehen und zu verweigern, falls Grund zu der Annahme besteht, dass die Personen planen, an terroristischen Aktivitäten teilzunehmen", seien nicht ausreichend, erklärte er. Wir werden einen "zielgerichteten Entscheidungsfreiraum vorschlagen, der uns erlaubt, britische Staatsangehörige aus dem Vereinigten Königreich auszuschließen".

Cameron sagte, die Polizei habe an der britischen Grenze nur "beschränkte Kontroll- und Durchsuchungsbefugnisse... wir werden spezifische und gezielte Rechtsvorschriften einführen, die die Polizei mit vorübergehenden Befugnissen ausstattet, an der Grenze einen Pass solange einzuziehen, wie sie für die Überprüfung der betreffenden Person benötigt."

Er behauptete, dem Justizsystem in Großbritannien wären die Hände gebunden, wenn es zu einer erfolgreichen Klage gegen die aktuelle Gesetzeslage käme. Er fügte hinzu: "Wenn es irgendein Gerichtsurteil geben sollte, das die Arbeitsweise unserer derzeitigen Einsatzkräfte gefährdet, werden wir sofort ein parlamentarisches Gesetz einführen, damit das Parlament, und nicht die Gerichte, bestimmen kann, ob es richtig ist, dass wir diese Befugnisse haben". Sogar ohne solch ein Urteil "werden wir damit beginnen, parlamentarische Gesetzentwürfe vorzubereiten und die Klauseln im

Die Regierung werde verhindern, dass Briten "die sich anderswo staatsfeindlichen Kräften anschließen" die Einreise nach Großbritannien verweigert werde. Eine solche Maßnahme würde gegen internationales und britisches Recht verstoßen, weil es jemanden mit ausschließlich britischer Staatsangehörigkeit staatenlos machen würde. Die Einzelheiten dieses Plans würden "auf einer parteiübergreifenden Grundlage" diskutiert werden, sagte Cameron.

Um zu kontrollieren, wer und wer nicht aus und nach Großbritannien reisen kann, werden die neuen Gesetze folgendes festlegen: "Airlines müssen unseren No-Fly-List Modalitäten entsprechen, uns Informationen über Passagierlisten geben und unsere Anforderungen an die Sicherheitskontrollen erfüllen. Wenn sie dies nicht tun, werden ihre Flugzeuge nicht in Großbritannien landen können."

Weitere Befugnisse sollen eingerichtet werden, "um das Risiko in den Griff zu bekommen, dass von mutmaßlichen Extremisten, die bereits in Großbritannien sind, Gefahr ausgeht", sagte Cameron. Er schlug die Rückkehr zu den Sicherheitsgesetzen vor, die 2005 zuerst von der Labour-Regierung von Tony Blair eingeführt worden waren. Sie gaben den Behörden die Befugnis, einen Verdächtigen, der weder angeklagt, noch wegen irgendetwas verurteilt sein brauchte, dauerhaft in eine andere Region des Landes umzusiedeln und ihm den Aufenthalt in bestimmten Gebieten zu verbieten. Im Jahr 2011 wurden die Sicherheitsgesetze umbenannt und leicht zur Terrorism Prevention and Investigation Measure abgewandelt [Terrorismusverhütungs- und Ermittlungsmaßnahmen] (TPIM). Unter den TPIM wurde die Umsiedlung einer Person auf einen Zeitraum zwei Jahre beschränkt, der fortlaufend durch den Innenminister verlängert werden kann.

Dem Gesetzesvorschlag gingen eine Reihe autoritärer Maßnahmen voran, die von den letzten Regierungen eingeführt wurden. Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen"Terrorismus" und "Extremismus" ist es ihr eigentliches Ziel, den zunehmenden Widerstand gegen brutale Sparmaßnahmen und imperialistischen Krieg zu unterdrücken.

Was jetzt als "Extremismus" definiert wird, belegt dies. Der Bericht vom Dezember 2013 der "Task Force des Premierministers zur Bekämpfung von Radikalisierung und Extremismus" 1 definiert "Extremismus" im weitest möglichen Sinne. Der Bericht stellt fest, Extremismus sei eine "lautstarke oder aktive Opposition gegen fundamentale britische Werte, zu denen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, persönliche Freiheit und gegenseitige Achtung und Toleranz der verschiedenen Glaubensrichtungen und Überzeugungen gehören. Wir beziehen in unsere Definition von Extremismus auch Aufrufe ein, Angehörige unserer Streitkräfte zu töten, ob in diesem Land oder im Ausland. Es gibt eine Reihe extremistischer Personen und Organisationen, darunter Islamisten, Rechtsextreme und andere." [Hervorhebung hinzugefügt].

Bei seiner Vorstellung der Gesetzentwürfe erklärte Cameron: "Beim Umgang mit der terroristischen Bedrohung geht es nicht nur um neue Befugnisse, sondern darum, wie wir Extremismus in all seinen Formen bekämpfen. Deshalb verfolgen wir einen neuen Ansatz zur Bekämpfung der Radikalisierung, der auf alle Arten von Extremismus, nicht nur den gewalttätigen Extremismus ausgerichtet ist". [Hervorhebung hinzugefügt].

"Britische Werte zu respektieren ist nicht eine Option und steht nicht zur Wahl; es ist Pflicht für alle, die auf diesen Inseln leben", fügte er hinzu.

Cameron führte die Anhebung der Gefahrenstufe an und dass "wir jetzt glauben, dass mindestens fünfhundert Menschen aus Großbritannien ausgereist sind, um in der Region [Syrien und Irak] zu kämpfen". Er wollte damit zeigen, warum neue Gesetze zur Beschneidung demokratischer Rechte unerlässlich seien.

Wem will er etwas vormachen? In erster Linie wird jeder Brite, der nach Syrien und in den Irak reist, um dort an den Kämpfen teilzunehmen, den Geheimdiensten aller Wahrscheinlichkeit nach schon bekannt sein. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil die Cameron-Regierung aktiv die gegen die Regierung von Präsident Bashar al-Assad kämpfenden "Rebellen" in Syrien unterstützt. Wenn Britannien im letzten Jahr an den von Washington geplanten Luftangriffen gegen Assad teilgenommen hätte, so hätte es das in einem Bündnis mit den gleichen Kräften getan, die nun "Extremisten" genannt werden.

Cameron erklärte, dass britische Militärschläge gegen den islamischen Staat im Irak und in Syrien (ISIS) ohne parlamentarische Abstimmung stattfinden könnten. "Die britische Regierung muss sich das Recht sichern, sofort zu handeln und das Unterhaus später darüber zu informieren", sagte er.

Vor seiner Erklärung hatte Cameron am Wochenende ausführliche Gespräche mit dem stellvertretenden Premierminister Nick Clegg, dem Chef seines liberaldemokratischen Koalitionspartners, geführt. Die BBC und der Guardian hatten behauptet, dass Clegg gegen einige der Vorschläge sei und einen mäßigenden Einfluss auf die Tories ausüben werde.

Innerhalb weniger Stunden nach Camerons Erklärung sagte Clegg, er werde sich praktisch allem, was vorgestellt wurde, anschließen. Gefragt, ob er sich gegen Befugnisse wende, Briten bei ihrer Rückkehr nach Großbritannien die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, sagte er der BBC-Sendung Today, dass die Liberaldemokraten nicht versucht hätten, eine solche Maßnahme zu blockieren. Er antwortete stattdessen zweideutig, dass es "richtig [sei], die Optionen auszuloten" und fuhr fort: "Wir werden nichts tun, was das nationale und internationale Recht missachtet." Aber darüber, ob Pässe eingezogen werden oder nicht, sagte er: "Es ist nicht eine Frage, ob ich es geschehen lassen werde. Es ist wichtig zu unterstreichen, dass dies kein Streit zwischen zwei politischen Parteien ist."

Die "Quadratur des Kreises" sei möglich, fuhr Clegg fort, indem der Polizei mehr Befugnisse zur vorübergehenden Konfiszierung von Pässen gegeben werde.

Er lobte "neue Maßnahmen, die damit aufhören, Menschen erst einmal einreisen zu lassen" und sagte "Wenn wir nicht wollen, dass bestimmte Menschen ein Flugzeug besteigen und auch nicht wollen, dass dieses Flugzeug in Großbritannien landet, dann können wir das verhindern."

Clegg unterstützte auch Militärschläge im Irak ohne die Genehmigung des Parlaments und sagte: "Der Staat behält sich das Recht vor, das zu tun."

Die oppositionelle Labour Party stellte sich voll und ganz hinter Cameron, wobei Schatteninnenministerin Yvette Cooper erklärte: "Ich bin froh, dass die Regierung zugegeben hat, dass es ein Fehler war, vor vier Jahren die Anti-Terror-Gesetze aufzuweichen, und auf unsere Forderung einging, zu den härteren Gesetzen zurückzukehren, die wir vorher hatten."


Anmerkung:
[1] https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/263181/ETF_FINAL.pdf

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Quelle:
World Socialist Web Site, 12.09.2014
Großbritannien stellt neue "Anti-Terror" Gesetze vor
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2014