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GLEICHHEIT/5251: Starker Einbruch auf Chinas Immobilienmarkt


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Starker Einbruch auf Chinas Immobilienmarkt

Von Nick Beams
23. August 2014



Chinas Immobilienmarkt erlebt seinen größten Einbruch seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2005. Das lässt Befürchtungen wachsen, dass daraus erhebliche Probleme sowohl für das Finanzsystem als auch für die Wirtschaft im Allgemeinen erwachsen könnten, wenn er nicht zum Stillstand kommt.

Das nationale Statistikbüro berichtet, dass die Immobilienpreise im Juli in 64 der 70 untersuchten Städte unter ihren Stand vom Vormonat gefallen sind, was ein Beben in Finanzkreisen auslöste. Noch im April waren die Preise nur in zehn der befragten Städte gefallen, und in den großen Zentren lagen sie um fast 20 Prozent höher. Nach Rückgängen in den letzten drei Monaten liegen die Immobilienpreise nach Berechnungen von Reuters jedoch nur um 2,5 Prozent höher als im vergangenen Jahr.

Andere Zahlen zeigen, dass der Umsatz von Wohnimmobilien im Juli gegenüber dem Vorjahr um fast achtzehnt Prozent gefallen ist, während der Bestand an unverkauften Immobilien bei den Bauunternehmen gegenüber dem gleichen Zeitraum um 25 Prozent gestiegen ist.

Der Forschungsdirektor von Centaline Property Research, Liu Yuan, sagte der Australian Financial Review: "Ich denke, es ist die schlimmste Krise, die wir je hatten. Der Markt ist nicht besonders gut, weil die Verkäufer große Rabatte anbieten müssen, um ein Geschäft zum Abschluss zu bringen."

Falls das so weitergeht, könnte der Immobilienmarkt die Finanzunternehmen, die stark in Immobilien investiert haben, in den Ruin treiben und sogar die Banken, die vielfach hinter ihnen stehen, in ernste Schwierigkeiten bringen.

Stephen Green, Leiter der Makro-Forschung von Standard Chartered in Hongkong, kommentierte die Zahlen gegenüber der Londoner Financial Times und sagte: "Die nächsten sechs Monate werden entscheidend für Chinas Immobilienmarkt sein. Die Spannungen, die zu Pleiten bei den Finanztreuhandgesellschaften und kleineren Bauunternehmungen führen, nehmen zu."

Daniel Kowalczyk, Chef-Ökonom bei der Credit Agricole in Hongkong, wählte deutlichere Worte. In einer E-Mail Mitteilung schrieb er, offizielle und private Daten wiesen auf "eine steile Korrektur bei den Preisen für Wohnimmobilien hin, deren Ausmaß anfängt, der Lehman-Krise zu ähneln. Wir erwarten, dass in naher Zukunft neue Maßnahmen bekannt gegeben werden, um die Wirtschaft gezielt zu stimulieren."

Die Immobilienmarktdaten folgten dem Muster von Zahlen, die in der vergangenen Woche bekannt gegebenen wurden, und belegen, dass sich die Gesamtkredite in China im Juli um nur 273 Milliarden Renminbi erhöhten. Das wäre die geringste Zunahme seit Beginn der globalen Finanzkrise im Oktober 2008 und würde nur achtzehn Prozent der Kreditsumme entsprechen, die erwartet worden war. Dieser Trend könnte noch zunehmen, wenn Finanzunternehmen davon ausgehen, dass der Immobilienboom vorbei und die Zeit gekommen ist, sich zurück zu ziehen.

Ein solcher Schritt würde große Auswirkungen auf die gesamte chinesische Wirtschaft haben. Letztes Jahr hat die Immobilienbranche fünfzehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt des Landes beigesteuert.

In den letzten sechs Jahren wurde die chinesische Wirtschaft durch einen Infrastruktur- und Immobilienboom gestützt, der durch staatliche Konjunkturmaßnahmen und eine rasche Kreditexpansion gefördert wurde. Aus Angst vor den Folgen eines Platzens der Blase versucht die Regierung, die Zügel anzuziehen.

Allerdings bedroht eine strengere Kreditpolitik die Zahlungsfähigkeit schwächerer Kapitalanlagen, was zu einem Schneeballeffekt quer durch das gesamte Finanzsystem führen könnte.

Am Montag warnte Professor Patrick Chovanec von der Columbia University in einem Gespräch in der Sendung "World Today" der Australian Broadcasting Corporation vor "systemischen Risiken" im chinesischen Finanzsystem.

"Sie kündigten letztes Jahr alle diese Reformen an, aber dann stellten sie fest, dass in dem Moment, in dem sie ein realwirtschaftliches Risiko in das System einführten ... diese Risiken sich zuspitzen, und aus Angst vor dem, was passieren könnte, haben sie von den Reformen Abstand genommen", sagte er.

Als ihm vorgehalten wurde, dass die chinesische Wirtschaft mit einer erwarteten Wachstumsrate von voraussichtlich über sieben Prozent immer noch "relativ gesund" sei, antwortete Chovanec: "Gesund ist das Schlüsselwort. Nein, sie ist nicht gesund, weil ... ein großer Teil des Wachstums von einem Investitionsboom herrührt, der sein Verfallsdatum wirklich schon lange überschritten hat."

Chovanec bezweifelte, ob die siebenprozentige Wachstumsrate stimme und bemerkte, dass in der ersten Hälfte des Jahres die Menge der auf der Schiene transportierten Güter in China zurückgegangen sei. Dieses Phänomen tritt in einer wachsenden Wirtschaft normaler Weise nicht auf. Einige wichtige Bereiche der Wirtschaft würden "in Wirklichkeit schrumpfen".

Die größer werdenden Probleme in der chinesischen Wirtschaft wurden noch von Zahlen unterstrichen, die das Handelsministerium herausgegeben hat. Diese zeigten, dass die ausländischen Direktinvestitionen im Juli um siebzehn Prozent gegenüber dem Vorjahresniveau gesunken sind.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) begann seinen letzten Bericht über die chinesische Wirtschaft, der im letzten Monat veröffentlicht wurde, mit der optimistischen Feststellung, dass im Einklang mit dem offiziellen Ziel ein Wachstum von rund 7,5 Prozent erwartet werde.

Doch der Hauptteil der Beurteilung verwies auf die erhöhten Risiken und benutzte innerhalb einer zweiseitigen Pressemitteilung dreimal das Wort "Verwundbarkeit".

Der IWF stellte fest, dass ein starkes Vertrauen auf Investitionen und Kreditexpansion der Weltwirtschaft Auftrieb gegeben habe, aber das jetzt eine "sinkende Effizienz der Investitionen, ein bedeutender Anstieg der Schulden und Umweltkosten die Wachstumsaussichten bedrohen."

Der IWF erklärte, dass die finanziellen Schwachstellen an "einem Punkt angekommen sind, an dem es Priorität hat, sie unter Kontrolle zu halten" und ein breit angelegtes Konjunkturprogramm nur dann gestartet werden sollte, wenn das Risiko bestünde, dass die Wachstumsrate stark unter das offizielle Ziel falle.

Eine deutliche Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft, entweder ausgelöst durch eine Finanzkrise oder in eine solche mündend, wird erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und vor allem auf Länder wie Australien haben, die immer abhängiger vom chinesischen Markt geworden sind.

Die wachsende Nervosität in den herrschenden australischen Kreisen angesichts der chinesischen Wirtschaftsentwicklung spiegelt sich in der Eile der Spitzen aus Politik und Wirtschaft wider, den antichinesischen Ausbruch des Milliardärs und Geschäftsmanns Clive Palmer zu verurteilen.[1] Palmer ist der Führer der Palmer United Party, die im australischen Senat das Zünglein an der Waage spielt.

Die heutige Australian Financial Review widmete dem Thema einen Leitartikel und merkte an, dass es schwer sei sich vorzustellen, wie die Wirtschaft ihre leichte Erholung fortsetzen könne, wenn die chinesische Wohnungswirtschaft in sechs Monaten immer noch "wackelig" aussähe. China, so die Redaktion weiter, "enthält für einige Zeit weitere mögliche Schocks für Australien in Petto" und sei "nicht mehr der Garant für ununterbrochenes Wachstum".


Anmerkung:
[1] http://www.wsws.org/en/articles/2014/08/20/palm-a20.html

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Quelle:
World Socialist Web Site, 23.08.2014
Starker Einbruch auf Chinas Immobilienmarkt
http://www.wsws.org/de/articles/2014/08/23/chin-a23.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2014