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GLEICHHEIT/5172: Obama nutzt die Irakkrise als Vorwand für einen Krieg gegen Syrien


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Obama nutzt die Irakkrise als Vorwand für einen Krieg gegen Syrien

Von Patrick Martin und Joseph Kishore
21. Juni 2014



Die Obama-Administration nutzt die Krise im Irak als Gelegenheit, um den Kriegskurs der USA im gesamten Nahen Osten zu verschärfen, wobei sie Syrien im Fadenkreuz hat.

Am Donnerstag hielt Präsident Obama eine nachmittägliche Pressekonferenz ab, in der er ankündigte, dass die USA 300 Militärberater in den Irak entsenden werden. Der Militäreinsatz umfasst auch Pläne für die Bombardierung von Zielen, die den Aufständischen unter Führung der Gruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) zugeordnet werden.

Nach der Ankündigung fand eine Telefonkonferenz mit drei unbenannten Regierungsvertretern statt. Auf die Frage eines Reporters, ob sich die gegen ISIS gerichteten Angriffe der USA auf das Gebiet des Irak beschränken würden, da ISIS auf beiden Seiten der Grenze zwischen dem Irak und Syrien operiere und bedeutende Gebiete im östlichen Syrien kontrolliere, erklärte einer der Offiziellen: "Wir begrenzen potentielle Handlungen der USA nicht auf bestimmte geographische Räume"

"Der Präsident hat wiederholt klargemacht, dass wir das Nötige tun und auch militärisch eingreifen werden, falls es notwendig sein sollte, um die Vereinigten Staaten vor einer unmittelbar bevorstehenden Bedrohung zu schützen" fügte der Regierungsvertreter hinzu. ISIS "operiert weiträumig und wir werden unsere Fähigkeit, das zu tun, was erforderlich ist, um die Vereinigten Staaten zu beschützen, nicht beschränken". Unter den von ISIS bedrohten Regionen befinde sich nach seinen Worten auch "unser Heimatland".

Die Washington Post berief sich auf "führende Regierungsvertreter" und berichtete, die Regierung habe "damit begonnen, die Konflikte in Syrien und im Irak als eine einheitliche Herausforderung zu betrachten". Die Situation in Syrien könne "die Administration zwingen, ihr Syrien betreffendes Kalkül zu überdenken" - auch im Hinblick auf Militärschläge und die Zurverfügungstellung moderner Waffensysteme für die von den USA unterstützte Opposition.

Wie die WSWS gewarnt hat, hat die herrschende Klasse Amerikas keinen "Mangel an faulen und blutigen Tricks" als Reaktion auf das Debakel im Irak, ein Debakel, das als Folge eines brutalen und blutigen Krieges und der Besetzung entstanden ist. Die USA benutzen nunmehr die von ihnen selbst geschaffene Krise, um die Entscheidung vom August letzten Jahres zu revidieren, als man von Luftangriffen auf Syrien abgesehen hatte. Dieser Rückzug wird heute innerhalb der herrschenden Kreise der USA als verhängnisvoll angesehen.

Die diplomatische und militärische Wende, Syrien zum Ziel zu erklären, wurde am Tag vor Obamas Pressekonferenz in einer am Mittwoch in der New York Times veröffentlichten Kolumne vorbereitet, die von Anne-Marie Slaughter verfasst wurde, ein führendes Mitglied des außenpolitischen Establishments der Demokraten, die in den Jahren 2009 bis 2011 als Direktorin für politische Planung im Außenministerium unter Hillary Clinton tätig war.

Slaughter kritisiert in ihrem Kommentar, dass Obama davon absah, in Syrien zu handeln. "Warum ist die Bedrohung durch ISIS im Irak von hinreichend wesentlichem Interesse, während es der Aufstieg von ISIS in Syrien nicht ist?" fragt Slaughter, bevor sie schlussfolgert: "Die Antwort... mag durchaus die Anwendung von Gewalt auf einer begrenzten aber unverzüglichen Basis in beiden Ländern einschließen".

Hillary Clinton, Slaughters frühere Chefin, gab in den letzten Tagen eine Reihe von Interviews, in denen sie erklärte, sie gebe einer Bombardierung Syriens den Vorzug; eine Position, die sie auch in ihrem kürzlich veröffentlichten Buch vertritt.

Ohne öffentliche Diskussion und im Angesicht einer breiten Opposition, bereitet sich die Obama-Administration nunmehr darauf vor, das Land in einen Konflikt mit offenem Ende hineinzuziehen, der den gesamten Nahen Osten zu verschlingen droht, mit Syrien, dem Iran, der Türkei und den Golfmonarchien.

Der Konflikt ist auch nicht auf den Nahen Osten begrenzt. Der Kurs auf einen Krieg gegen Syrien ist untrennbar mit dem von den USA und Europa gedeckten Vorgehen gegen Russland verknüpft, einem wichtigen Verbündeten von Syrien. Der Widerstand Russlands war ein maßgeblicher Grund für die Entscheidung der Obama-Administration vom letzten Jahr, zeitweilig von einem Krieg gegen Syrien Abstand zu nehmen. Daran schloss sich die Operation in der Ukraine an, wo der eine russlandfreundliche Regierung abgesetzt und eine Konfrontation mit Russland selbst provoziert wurde.

In ihrer rücksichtslosen Kriegsbegeisterung ist die Außenpolitik der Vereinigten Staaten in Widersprüchen verstrickt. Während die Operationen sowohl im Irak als auch in Afghanistan sich angeblich gegen militante Islamisten richten, wurden diese Kräfte - darunter auch ISIS - in Wirklichkeit durch die USA und ihre Verbündeten Saudi Arabien und Katar im Rahmen des Vorgehens gegen den syrischen Präsidenten Bashar Al-Assad finanziert. Während der von ISIS angeführte Aufstand im Irak den Vorwand für die Bombardierung Syriens liefert, ist es tatsächlich die syrische Regierung und nicht ISIS, die das Ziel darstellt.

Überdies ist der Bürgerkrieg in Syrien eine direkte Folge des Bürgerkriegs im benachbarten Irak, der vom US-Besatzungsregime vorsätzlich angezettelt wurde, das den Widerstand des sunnitischen Bevölkerungsteils durch eine Förderung des kurdischen Separatismus und die Mobilisierung schiitischer Milizen in einem Vernichtungskrieg von 2006 und 2007 brechen wollte.

Nachdem sie vorsätzlich einen konfessionellen Konflikt angefacht haben, beschuldigen die USA nunmehr die irakische Regierung unter Ministerpräsident Nuri al-Maliki, sie habe es nicht vermocht, die Ethnien und Religionen des Irak zu einen.

Die Krise im Irak wird auch als Gelegenheit betrachtet, eine gewisse Neustrukturierung der irakischen Politik herbeizuführen, insbesondere durch eine Absetzung Malikis. Bei der Pressekonferenz vom Donnerstag beschränkte sich Obama auf Pro-Forma-Erklärungen, wonach es die Sache des irakischen Volkes und nicht der US-Regierung sei, darüber zu entscheiden, wer den Irak regieren solle. Das Wall Street Journal berichtete indessen am Donnerstag, dass die Administration "ihren Wunsch nach einer neuen Regierung ohne Ministerpräsident Nuri al-Maliki signalisiert".

Tatsache ist, dass Maliki sein Amt antrat, nachdem das US-Militär den Irak besiegt hatte, und er eine Marionette des Besatzungsregimes war. Sollte Washington entscheiden, dass er ein zu großes Hindernis darstellt, wird Maliki abgesetzt werden, sobald ein passender Ersatz gefunden werden kann.

All dies stellt eine klare Verletzung des internationalen Rechts dar. Auf der Pressekonferenz vom Donnerstag kam nicht ein einziger Reporter auf die Idee, Obama nach der Rechtsgrundlage für den angekündigten Truppeneinsatz zu fragen. Die Obama-Regierung vertritt die Auffassung, dass der Präsident das Recht habe, gegen jedermann und überall auf der Welt Krieg zu führen, sogar ohne den Deckmantel eines Mandates des Kongresses oder gar des Volkes.

Obama traf am Mittwoch mit führenden Mitgliedern des Kongresses aus beiden Parteien zusammen. Laut Presseberichten erhob keiner von ihnen verfassungsrechtliche Einwände gegenüber einer US-Militärintervention im Irak oder im Nahen Osten überhaupt.

"Wir hatten ein gutes Gespräch", sagte Mitch McConnell, Republikaner und Minderheitsführer im Senat, und fügte hinzu, Obama habe "angedeutet, dass er nicht glaube, eine Autorisierung durch uns für die Schritte zu benötigen, die er ergreifen könnte". Die Minderheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, eine Demokratin, fügte hinzu, dass sie nicht glaube, "dass der Präsident eine weitere gesetzliche Ermächtigung benötigt, um die speziellen Optionen für einen gesteigerten Sicherheitsbeistand zu verfolgen, die wir heute diskutiert haben".

Die große Mehrheit des amerikanischen Volkes ist gegen einen Wiedereintritt US-amerikanischer Streitkräfte in den Kessel des Irak, ganz zu schweigen von einer US-Intervention in Syrien. Die intensive Anti-Kriegs-Stimmung findet indessen keinen Ausdruck innerhalb des politischen Establishments der USA und ihrer Zwillingsparteien des imperialistischen Krieges.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 21.06.2014
Obama nutzt die Irakkrise als Vorwand für einen Krieg gegen Syrien
http://www.wsws.org/de/articles/2014/06/21/irak-j21.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2014