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GLEICHHEIT/4819: Globale Spannungen wegen Syrien beherrschen G-20-Gipfel


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Globale Spannungen wegen Syrien beherrschen G-20-Gipfel

Von Bill Van Auken
6. September 2013



Auf dem Weg zum G-20 Gipfel in St. Petersburg, der höchstwahrscheinlich vom Krieg gegen Syrien überschattet sein wird, machte Präsident Barack Obama am Mittwoch in Schweden halt. Parallel dazu versucht die US-Regierung eine Resolution durch den Kongress zu peitschen, die den Einsatz von militärischer Gewalt gegen Syrien gutheißen soll.

Obamas Bemühen um internationale Unterstützung für die militärische Aggression der USA gegen Syrien schien nur wenig Boden gut zu machen, während er sich auf den Weg nach Russland machte.

Auf einer Pressekonferenz in Stockholm am Mittwoch erklärte Obama zur Frage des angeblichen Einsatzes von Chemiewaffen in Syrien: "Nicht ich habe eine rote Linie gezogen, die Weltgemeinschaft hat eine rote Linie gezogen." Er fuhr fort: "Nicht meine Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel, sondern die Glaubwürdigkeit der internationalen Gemeinschaft."

Diese rhetorischen Blüten, mit denen er zu seinen Bemerkungen von vor einem Jahr auf Distanz ging, dass ein Einsatz von Chemiewaffen in Syrien eine "rote Linie" überschreiten und zu einem Eingreifen der USA führen würde, waren besonders wenig überzeugend. Republikaner in Washington warfen ihm vor, vor seiner Verantwortung für das angekündigte militärische Vorgehen zurückzuschrecken. Die Mehrheit der europäischen Regierungen zieht sich auf die Position zurück, dass eine solche Linie von den Vereinten Nationen gezogen werden müsse.

Diese Haltung hat sich verfestigt, nachdem Obamas wichtigster internationaler Verbündeter, der britische Premierminister David Cameron, verlustig gegangen war. Cameron war mit einer Kriegsresolution im Unterhaus gescheitert und hatte daraufhin bekannt gegeben, dass seine Regierung sich nicht an einem amerikanischen Angriff auf Syrien beteiligen werde.

Obama bläst auch der Wind des Gastgebers des G-20-Gipfels, des russischen Präsidenten Wladimir Putin, ins Gesicht. Am Vorabend der Ankunft des US-Präsidenten wies Putin amerikanische Behauptungen über den Einsatz von Chemiewaffen durch das syrische Regime als "unglaublichen Unsinn" zurück und verurteilte militärische Maßnahmen der USA als illegale Aggression.

Im Vorfeld des Gipfels sagte Washington ein bilaterales Treffen zwischen Obama und Putin ab, weil Russland dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden politisches Asyl gewährt hatte, der massive illegale Überwachungsaktivitäten gegen die amerikanische Bevölkerung und die Bevölkerung anderer Länder enthüllt hatte.

Die Enthüllungen über die Ausforschungen durch die NSA werden wohl auch einen Schatten auf die Beratungen der G-20 werfen, weil bekannt geworden ist, dass führende internationale Politiker bei früheren Gipfeln von amerikanischen Spionagediensten abgehört wurden.

In einem Interview mit Associated Press und Russlands Kanal 1 vom Mittwoch machte sich Putin über einen freigegebenen amerikanischen Geheimdienstbericht lustig, der unbewiesene Behauptungen über die Verantwortlichkeit des syrischen Regimes für den angeblichen Chemiewaffeneinsatz in Vororten von Damaskus am 21. August enthielt, der der offizielle Vorwand für einen amerikanischen Angriff auf Syrien ist.

"Nach unserer Auffassung erscheint es völlig absurd, dass die Streitkräfte, die regulären Streitkräfte, die in der Offensive sind und in einigen Gebieten die Rebellen umzingelt haben und endgültig abfertigen, dass sie unter solchen Bedingungen anfangen sollten, verbotene Chemiewaffen einzusetzen, wo sie doch wissen, dass das Sanktionen gegen sie bedeuten könnte, bis hin zum Einsatz bewaffneter Gewalt", sagte der russische Präsident

Der angebliche Chemiewaffenangriff fand genau an dem Tag statt, an dem UN-Waffeninspektoren im Land eintrafen, um auf Einladung des Regimes von Präsident Baschar al-Assad ihre Arbeit aufzunehmen.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow erklärte, dass Washington Moskau den gleichen freigegebenen Bericht zur Verfügung gestellt habe, und auf die Bitte hin, die Behauptungen mit Beweisen zu unterlegen, zu hören bekam, die Informationen seien "geheim".

"Es gibt keine Tatsachen, die die ständige Leier nach dem Motto 'wir wissen genau' stützen", sagte Lawrow. "Und wenn wir um weitere Klärung bitten, hören wir immer wieder: 'Sie wissen doch, dass das geheime Informationen sind, deshalb können wie sie Ihnen nicht zeigen'. Also gibt es immer noch keine Fakten."

Die russische Regierung übergab den Vereinten Nationen ihrerseits einen hundertseitigen Geheimdienstbericht über Proben, die russische Experten am Ort des Chemiewaffenangriffs vom 19. März in der nordsyrischen Stadt Khan al-Assal nahe Aleppo genommen hatten. Damals waren 26 Menschen, hauptsächlich syrische Soldaten, gestorben.

Auf Grundlage einer Analyse der benutzten Chemikalien und der eingesetzten Rakete kam der Bericht zu dem Schluss, dass der Angriff von den in Syrien operierenden und vom Westen unterstützten Milizen ausgeführt worden sein musste.

"Es wurde festgestellt, dass die Rebellen am 19. März eine primitive Bashair 3 Rakete auf Khan al Assal abgeschossen hatten, das damals unter Regierungskontrolle stand", erklärte der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Vitali Tschurkin. "Das Ergebnis der Analyse war eindeutig. Die in Khan al-Assal benutzte Granate war selbstgebastelt und enthielt Sarin." Die chemische Analyse zeigte, dass das Gas keine "Standardmischung" war, wie sie sich in den Waffen in Händen von Regierungssoldaten finden würde.

Washington leugnet die vielfältigen Beweise, dass die so genannten Rebellen sich im Besitz von chemischen Waffen befinden und sie schon eingesetzt haben, weil das ihren Vorwänden für einen Krieg für einen Regimewechsel im Weg steht.

Das russische Außenministerium hat die Internationale Atomagentur der UN (IAEA) aufgefordert, dringend eine Analyse der Folgen amerikanischer Luftschläge gegen einen kleines Atomkraftwerk bei Damaskus anzustellen. Es warnte vor "katastrophalen Folgen".

In Moskau warnte Putin am Mittwoch vor einem einseitigen Schlag der USA. Er erklärte, "alles, was außerhalb der Vereinten Nationen getan wird", stellt eine Aggression dar, außer im Fall von Selbstverteidigung. Der Kongress und der US-Senat legitimieren im Grunde eine Aggression. Das ist prinzipiell unentschuldbar."

Er nannte US-Außenminister John Kerry wegen seinem Auftritt vor einem Senatsausschuss einen "Lügner". Als ihn ein Senator fragte, ob die so genannten "Rebellen mit der Zeit nicht immer stärker von al-Qaida infiltriert" worden seien, antwortete Kerry: "Nein das kann man so nicht sagen. Nein, das ist nicht zutreffend."

Bei einem Treffen im Kreml am Mittwoch kommentierte Putin: "Sie lügen natürlich wunderschön. Ich habe schon Debatten im Kongress gesehen. Ein Abgeordneter fragt Kerry: 'Ist al-Qaida im Land?' Er antwortet: 'Ich sage ihnen in aller Verantwortung, dass sie nicht da ist'."

Putin fuhr fort: "Al-Qaida ist die hauptsächliche militärische Kraft der Opposition und natürlich wissen sie das. Es war für mich unangenehm und überraschend. Wir sprechen mit ihnen, wir gehen davon aus, dass sie anständige Leute sind. Aber er lügt einfach und er weiß, dass er lügt. Es ist traurig."

Russian TV berichtete am Mittwoch, dass Syrer sich aus Protest vor wichtigen militärischen Anlagen versammeln und sich als "menschliche Schutzschilde" gegen einen Angriff der USA anbieten. Demonstranten haben am Fuße des Berges Kasiun vor den Toren von Damaskus ein Lager aufgeschlagen. Dort häufen sich mehrere wichtige militärische Anlagen.

Einer der Demonstranten erklärte gegenüber RT: "Wir wollen unsere Loyalität zu unserem Land zeigen und es gegen die amerikanischen Drohungen verteidigen. Wir wollen nicht, dass sie in unserem Land das tun, was sie im Irak wegen Massenvernichtungswaffen getan haben."

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Quelle:
World Socialist Web Site, 06.09.2013
Globale Spannungen wegen Syrien beherrschen G-20-Gipfel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2013