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GEHEIM/271: Partnerdienste - Die CIA über den MOSSAD


GEHEIM Nr. 1/2010 - 7. April 2010

USA & ISRAEL

Partnerdienste
Die CIA über den Mossad


1979 besetzten revolutionäre iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran. Dort fanden sie hochbrisante Dokumente des nordamerikanischen Geheimdienstes CIA. Eines dieser Dokumente ist eine CIA-Analyse über den Partnerdienst MOSSAD. Wir drucken einige Passagen dieses Dokumentes ab, da die jüngsten Operationen des MOSSAD die Aktualität der Analyse bestätigen und damit interessante Hintergrundinformationen liefern. Wir haben das Dokument bereits in der 0-Nummer von GEHEIM 1985, wenn auch wesentlich umfangreicher, in einer deutschen Übersetzung veröffentlicht; an dieser Stelle beschränken wir uns auf wichtige Auszüge.

DIE GEHEIM-REDAKTION


Seit Jahren erfreut sich der MOSSAD freundschaftlicher Beziehungen zu hochrangigen Personen und Regierungsstellen in jedem für Israel wichtigen Land. In den jüdischen Gemeinden in fast allen Ländern der Welt gibt es Zionisten und Sympathisanten, die den geheimdienstlichen Aktivitäten Israels starke Unterstützung gewähren. Solche Kontakte werden sorgfältig gepflegt und dienen als Kanäle für Informationen, Spielmaterial, Propaganda und anderes mehr. MOSSAD dirigiert geheime Operationen in ganz Europa, einschließlich UdSSR und osteuropäische Länder, in Nord- und Südamerika, im Nahen Osten, in Afrika und im Fernen Osten, einschließlich Südostasien. Die Aktivitäten des MOSSAD werden normalerweise durch offizielle und halboffizielle israelische Einrichtungen angeleitet; Tarnunternehmen in Form von Firmen und Organisationen, von denen einige speziell für bestimmte Aufgaben geschaffen wurden oder dafür einsetzbar sind, und die Unterwanderung nichtzionistischer nationaler und internationaler jüdischer Organisationen.

Es ist die Aufgabe der Geheimdienstler unter der Tarnung diplomatischer Einrichtungen, einen Informationsaustausch mit Angehörigen der einheimischen Geheimdienste zu arrangieren, Kommunikationswege zu betreuen, als Anlaufadressen und Finanzkanäle zu dienen und Agenten an Ziele von Interesse heranzuführen. Offizielle Organisationen, die zu Tarnzwecken benutzt werden, sind: israelische Handelsmissionen, das staatliche israelische Büro für Touristik, El Al- und Zim-Büros. Israelische Bauunternehmer Industriegruppen und internationale Handelsorganisationen sorgen auch für nichtoffizielle Tarnung. Personen, die unter inoffizieller oder illegaler Tarnung arbeiten, sollen normalerweise in Ziele eindringen, die ein langfristiges, subtileres Herangehen erfordern oder Aktivitäten, bei denen die israelische Regierung niemals ihre Mittäterschaft zugeben kann.

Viele Israelis stammen aus arabischen Ländern, wo sie geboren und aufgewachsen sind, und erscheinen in Sprache, Aussehen und Benehmen mehr arabisch als israelisch. Durch das Fälschen von Pässen und Personalausweisen arabischer und westlicher Länder und durch solide fiktive Lebensläufe und Tarnung hat Mossad es geschafft, als Araber oder Bürger europäischer Länder getarnte Israelis nach Ägypten und in andere arabische Länder zu schicken.

Es gibt in Israel zahlreiche Personen, die gründliche geografische und Sprachkenntnisse über jede beliebige, für die Geheimdienste interessante Region besitzen. Diese Regionalexperten können äußerst wertvolle Hilfe leisten bei der Analyse von Geheimdienstinformationen und bei der Formulierung dessen, was für das jeweilige Land erforderlich ist, und so zum gesamten operativen Potenzial beitragen, denn sie versetzen die israelischen Geheimdienstoffiziere in die Lage, die Effektivität und Verlässlichkeit ihrer Agenten und Informanten schnellstens einzuschätzen. Diese Leute sind auch deswegen nützlich, weil sie völlig als ein Bürger des jeweiligen Ziellandes durchgehen. Das israelische Talent für das Fälschen von Pässen und Dokumenten untermauert nachdrücklich die Glaubwürdigkeit des Agenten.

Bei der Rekrutierung von Agenten und beim Beschaffen allgemeiner Informationen ist der israelische Geheimdienst stark abhängig von den verschiedenen jüdischen Gemeinden und Organisationen im Ausland. Die aggressiv ideologische Natur des Zionismus, der betont, dass alle Juden nach Israel gehören und nach Israel zurückkehren müssen, hat zu Rückschlägen bei der freiwilligen Unterstützung von Geheimdienstoperationen geführt, weil es bei Juden in aller Welt beträchtliche Opposition gegen den Zionismus gibt. Im Bewusstsein dieser Tatsache gehen Vertreter des israelischen Geheimdienstes gewöhnlich sehr diskret vor, wenn sie in jüdischen Gemeinden arbeiten, und haben Anweisung, ihren Auftrag mit dem größtmöglichen Takt durchzuführen, um Israel Peinlichkeiten zu ersparen. Sie versuchen auch, antizionistische Elemente zu unterwandern, um die Opposition zu neutralisieren. Trotz solcher Vorkehrungen erleben die Israelis des öfteren Rückschläge, und es hat verschiedene Fälle gegeben, wo Rekrutierungsversuche von US-Bürgern jüdischen Glaubens abgelehnt und den US-Behörden angezeigt wurden.

Israels Programm für die schnellstmögliche Beschleunigung seiner technologischen, wissenschaftlichen und militärischen Entwicklung ist durch die Ausnutzung wissenschaftlicher Austauschprogramme erweitert worden. Im Rahmen dieser Bemühungen spielt MOSSAD eine Schlüsselrolle. Zusätzlich zur groß angelegten Beschaffung von wissenschaftlichen Zeitschriften und technischen Journalen aus aller Welt durch offene Kanäle widmen die Israelis einen beträchtlichen Teil ihrer geheimen Operationen der Beschaffung wissenschaftlicher und technischer Informationen. Dazu gehörten Versuche, in bestimmte geheime Verteidigungsprojekte der Vereinigten Staaten und anderer westlicher Länder einzusickern.

Die Vereinten Nationen sind ein Hauptziel für die Einschleusungsoperationen des MOSSAD, denn sie sind ein wichtiger Träger internationalen Austauschs auf allen Gebieten und von Bedeutung für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Israel und den arabischen Staaten. Israelische Agenten arbeiten in den Vereinten Nationen unter diplomatischer und journalistischer Tarnung.

Die Rekrutierungs-, Ausbildungs- und Kontrollmethoden des MOSSAD hinsichtlich seiner Agenten sind sehr unterschiedlich - je nach Zielsetzung und Zielgebiet einer Operation und der Abteilung im Hauptquartier. Es gibt zwar ein gewisses Maß an Standardisierung bei der Bewerkstelligung von Operationen, doch scheinen israelische Geheimdienstoffiziere erhebliche Freiräume bei der Durchführung von Operationen zu haben. Es gibt keine feste Regel, die vor der Rekrutierung eines Agenten die besondere Genehmigung des Hauptquartiers fordert, außer wenn es um kommunistische Länder geht. Namensangaben für die umfänglichen Akten im Hauptquartier sind erwünscht, aber das ist keine durchgängige Praxis. An Operationen gegen die UdSSR und die osteuropäischen Länder geht man jedoch sehr vorsichtig heran, was eine aufwendige Planung und Kontrolle seitens des Hauptquartiers zur Folge hat, und eine aus Regionalexperten zusammengesetzte Abteilung ist verantwortlich für die Genehmigung und Leitung dieser Aktivität. (...)

Die Israelis wählen ihre Agenten fast ausschließlich unter Personen jüdischer Abstammung. Dennoch gibt es Sicherheitsrisiken in solchen Fällen, wo ein Loyalitätskonflikt zwischen der Sympathie zum zionistischen Staat Israel und der Treue zum Heimatland besteht. Die Rekrutierung von Nichtjuden geschieht relativ selten.

Viele Araber, vor allem Besucher, haben den Geheimdiensten direkt oder indirekt geholfen, für gewöhnlich gegen Geldzuwendungen, aber die Israelis halten diese Araber nicht für gute und verlässliche Informationsquellen. Daher rekrutieren sie öfter Palästinenser, über die sie aufgrund der seit dem 1948er Krieg in Israel eingefrorenen Bankguthaben eine bessere Kontrolle haben. In bestimmten Fällen sind diese Bankguthaben als Gegenleistung für geheimdienstliche Zuarbeit freigegeben worden.

Die Israelis sind bereit, aus nahezu jeder Art von Motivation eines Agenten Kapital zu schlagen. Es gibt starke Bemühungen, an rassischen oder religiösen Neigungen der Juden, Prozionismus, Abneigung gegen Antisemitismus, antisowjetischen Gefühlen (so vorhanden) und humanitärem Bewusstsein anzuknüpfen. Auch Erpressung wird angewandt. Andere Rekrutierungstechniken sind finanzielle Angebote, geschäftliche Vorteile oder Freilassung aus dem Gefängnis. Unter den Arabern hat sich Geld als besonders effektiv erwiesen. Andere wunde Punkte der Araber sind ebenfalls erfolgreich ausgenutzt worden, z. B. Eifersucht, Rivalitäten, Furcht und politische Streitigkeiten.

Seit langem machen die Israelis umfassende und erfolgreiche Rekrutierungsversuche unter falscher Flagge. In verschiedenen Fällen haben sie Bürger westeuropäischer Länder angesprochen, und zwar unter der Tarnung nationaler Geheimdienstorganisationen der NATO für Operationen in arabischen Zielländern.

Obwohl Geheimdienstleute vor Ort die Wichtigkeit von Sicherheitsmaßnahmen durchaus anerkennen, neigen sie gleichwohl zur Nachlässigkeit. Trotz ihrer guten Ausbildung sind israelische Geheimdienstler bei der Benutzung des Telefons im Ausland gelegentlich lax. Sie haben auch öfters in beträchtlichem Umfang Informationen preisgegeben, indem sie Agenten und Kontaktleute ins Vertrauen gezogen haben, zu denen sie nur lose Beziehungen hatten. Dennoch erinnern sie sich von Zeit zu Zeit an die elementaren Prinzipien ihres Berufs und komplizieren das Leben ihrer Agenten mit einem Wust von Sicherheitsvorschriften, die sie schließlich selbst nicht einhalten. Gelegentlich wird ein Treffen zwischen einem Offizier und einem Agenten durch zwei weitere Offiziere überwacht, um herauszufinden, ob das Treffen möglicherweise durch Dritte beobachtet wird und um den Offizier zu schützen. Im Laufe einer Rekrutierung benutzt der Offizier im allgemeinen einen fiktiven Namen, trifft eine Geheimhaltungsvereinbarung mit dem künftigen Agenten und gibt ihm ein Pseudonym oder einen Decknamen. Wenn einem Agenten Geld oder andere Zuwendungen gegeben werden, versucht man, eine unterzeichnete Quittung in der Handschrift des Agenten zu bekommen.

Unter Umständen wird ein Agent zur Spezialausbildung nach Israel geschickt, aber dieses Verfahren ist nicht einfach und nicht billig. Daher ist gewöhnlich der Geheimdienstoffizier selbst verantwortlich für die Ausbildung des Agenten in den Grundbegriffen des Handwerks, Sicherheitsmaßnahmen und im Gebrauch von Funk und Codes. Wenn die Situation es erfordert, mieten die Israelis dazu Wohnungen in Städten wie Paris oder New York. Derart ausgebildete Agenten haben gelernt, Geheimtinte zu mixen und anzuwenden, Dokumente und Briefe an ihrem Körper zu verbergen, Informationen in "toten Briefkästen" zu deponieren und auf andere Weise mit dem Führungsoffizier und/oder dem Hauptquartier Verbindung aufzunehmen.

Die Kommunikationswege sind sehr unterschiedlich, je nach Ort und Umständen. Persönliche Treffen zwischen dem Agenten und seinem Führungsoffizier werden durch geheimen Briefwechsel, normale Post oder mündliche Nachricht durch Kurier arrangiert. Die als Treffpunkt dienenden Groß- oder Kleinstädte haben Codenamen, und die Treffen finden zu jeweils ausgemachten Zeiten statt - mit zeitlichen und örtlichen Alternativen. Im Notfalls kann der Agent den Geheimdienstoffizier warnen, indem er einen vorher vereinbarten offenen Code in Fernschreiben oder Briefen benutzt oder, wenn die Zeit es erlaubt, durch geheimen Briefwechsel oder Kurier.

Die Israelis legen großen Wert auf persönliche Beziehungen zu ihren Agenten. Sie sind bekannt für ihre außerordentliche Großzügigkeit bei persönlichen Zugeständnissen und Geldzuwendungen, um ihre Agenten bei Laune zu halten. Eine solche Person, ein Pariser Journalist, der französische Amtsträger rekrutierte und aus Informanten aus der politischen Szene Frankreichs mit oder ohne deren Wissen Informationen herausholte, erhielt umgerechnet 1000 US-Dollar pro Monat. Nach jahrelanger ununterbrochener Tätigkeit unter verschiedenen israelischen Führungsoffizieren wurde sein Dienstverhältnis höflich, aber bestimmt beendet. Eine Abfindung in Höhe von einem Monatsgehalt pro Dienstjahr wurde gezahlt, um möglicherweise aufkommenden Unmut zu beschwichtigen. Andererseits können die Israelis sowohl gegenüber dem Geheimdienstoffizier als auch dem Agenten gegenüber absolut skrupellos sein, wenn Unzufriedenheit oder Verrat eine hochempfindliche Operation gefährden oder die Staatssicherheit gefährden sollte. In Europa hat es einige Fälle gegeben, wo Juden während oder nach ihrer Tätigkeit für den israelischen Geheimdienst mit den Ägyptern über ansehnliche Geldbeträge verhandelt haben. Diese Juden wurden dazu gebracht, nach Israel zu reisen, oder sie wurden dorthin verschleppt, vor Gericht gestellt und zu harten Gefängnisstrafen von 10 bis 14 Jahren verurteilt.

Beschaffung, Weiterleitung und Verteilung von Berichten werden vom MOSSAD-Hauptquartier rigide kontrolliert - was im Gegensatz steht zu den Freiräumen, die bei der Durchführung von Operationen zugestanden werden. Ein israelischer Geheimdienstoffizier im Ausland muss alle Informationen so übernehmen, wie sie vom Agenten kommen, und er darf kein einziges Wort ändern. Der Geheimdienstoffizier bekommt detaillierte, vom Hauptquartier vorformulierte Fragen und hat wenig Spielraum in Bezug auf seine Berichterstattung. Während eines Treffens mit einem Agenten, der nur zu oft von geringerer Bedeutung ist, verkehrt der Sicherheitsoffizier mit ihm auf Grundlage der Fragen aus dem Hauptquartier. Der Geheimdienstoffizier muss alles weiterleiten, was der Agent sagt, auch offen erhältliche Informationen. Wenn er möchte, kann der Geheimdienstoffizier dem Bericht eigene Bemerkungen hinzufügen.

Die Berichte von Agenten werden vom Mossad-Hauptquartier nicht an alle Abnehmerdienste verteilt. Der überwiegende Teil der Berichte geht an bestimmte Analyseabteilungen; so werden z. B. Berichte über arabische Angelegenheiten gewöhnlich an den militärischen Geheimdienst gesandt, Berichte über Gegenspionage an Shin Beth. Agentenberichte von außergewöhnlicher Wichtigkeit werden jedoch an israelische Politiker verteilt. Der Geheimdienstoffizier des MOSSAD im Ausland zeigt dem israelischen Botschafter keine Kopien seiner Berichte, sondern sendet sie ausschließlich ans MOSSAD-Hauptquartier in Tel Aviv.


MOSSAD IN AKTION

Libanon verhaftet vier Spione

Israels verdeckter Krieg im Nachbarland


Ein libanesisches Militärgericht hat eine Gerichtsverhandlung gegen vier Libanesen, die für Israel spioniert haben, angekündigt.

Die Verdächtigten hatten angeblich Informationen über Militärs, Armeeposten, Zivilisten und die Hizbollah erhalten, und diese auch weitergegeben.

Beirut verzeichnete in den letzten Wochen und Monaten fast täglich Lufthoheitsverletzungen durch Israel. Vor allem über Beirut kreisten die Flugzeuge fast jeden Tag. Im Februar hatte das libanesische Militär sechs Menschen verhaftet, darunter auch einen pensionierten Armeeoffizier. Dieser hatte vertrauliche Informationen an mit dem israelischen Geheimdienst MOSSAD in Kontakt stehenden Organisationen weitergegeben und dadurch sein Land hintergangen.

Letzten Mai hatten libanesische Truppen mit der Hilfe der Hizbollah ein weit vernetztes Spioniernetzwerk ausgehoben. Dieses unterhielt Beziehungen zu Tel Aviv. Die Welle der Verhaftungen begann im April 2009 als ein früherer Brigadier festgenommen wurde. Seither wurden mehr als 70 Menschen verhaftet, darunter Polizisten, Sicherheitsangestellte. Die Hizbollah hat damit einen großen Beitrag zur internen Sicherheit des Libanon erbracht, als sie durch die Aufdeckung des MOSSAD-Spionagenetzwerkes im Libanon für Klarheit gesorgt hatte.

MICHAEL OPPERSKALSKI
UNTER VERWENDUNG DER QUELLE WWW.ABNA.IR


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Quelle:
GEHEIM Nr. 1/2010 - 7. April 2010, Seite 19-21
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2010