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GEGENWIND/788: Buchbesprechung - "Der Bunker" von Jacques Berndorf


Gegenwind Nr. 364, Januar 2019
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein & Hamburg

Wenn die Regierung sich retten will
Rückzugsmöglichkeit für Verfassungsorgane

von Reinhard Pohl


Seit 1950 wurde geplant, seit 1962 wurde gebaut, 1971 war er fertig: Der Regierungsbunker hatte fast 1.000 Wohnräume und nochmal fast 1000 Büroräume und bot dem Bundeskanzler sowie dem Bundespräsidenten einen Bunkerplatz 110 Meter unter der Eifel, nahe der damaligen Hauptstadt Bonn. der Roman handelt von seiner Ausforschung.


Der Autor berichtet in diesem Roman über sich selbst. Denn bereits 1984 hat er unter seinem richtigen Namen Michael Preute ein Buch über den Regierungsbunker geschrieben. In diesem Roman beschreibt er, wie ein Journalist 1983 in der Eifel recherchiert und Puzzlestück für Puzzlestück zusammensetzt, ohne das große Ganze wirklich zu erfassen, denn das ist geheim.

Der Roman beschreibt vor allem die Menschen, die in der Gegend wohnen, rund um den Bunker. Niemand weiß "offiziell" etwas darüber, das ist ja geheim, aber alle wissen Bescheid und erzählen mehr oder weniger. Den Autor interessiert aber mehr. Denn der Bunker wurde nicht in den Berg hineingebaut, sondern es gab dort bereits Stollen. Diese gehörten zu einer nie vollendeten Eisenbahnlinie. Diese Stollen waren im Zweiten Weltkrieg als Produktionsstätten genutzt worden, und produziert hatten hier Zwangsarbeiter und Gefangene. Deshalb gab es an zwei Stollen-Eingängen Konzentrationslager.

Der Autor beschreibt auch, dass die Befragungen hier viel schwieriger sind. Die Gedenkstätten führen die Lager auf, aber die Einheimischen wissen - angeblich - so gut wie nichts darüber. Auch Bauarbeiter und Behörden wollen sich dazu nicht äußern.

Der Autor schreibt aber auch über Bunker an sich und über deren Sinn im Atomkrieg, denn dafür ist dieser Regierungsbunker gebaut. Dort kann eine unbekannte Zahl von Menschen, ein paar Hundert oder Tausend, den Atomkrieg überleben. Der Rest der Bevölkerung aber nicht, weil ja die damals rund 60 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner nicht in den Bunker passen. Geheim war und ist er auch, weil sonst im Fall eines Atomkrieges natürlich etliche Menschen versuchen würden, mit Gewalt in den Bunker einzudringen, und das betrifft nicht nur Zivilisten - auch Soldaten hätten es vielleicht versucht.

Die Frage wäre dann aber gewesen: Was geschieht nach dem Krieg? Dann haben möglicherweise, wenn die Lüftung funktioniert hätte, wenn es im Bunker keinen Lagerkoller gegeben hätte, Kanzler und Minister überlebt. Aber sie hätten das Volk verloren, das sie regieren wollten, sie können nur noch sich selbst regieren.

Übrigens wurde der Bunker nach der Wiedervereinigung aus dem Betrieb genommen, 2001 offiziell mit dem "Rückbau" begonnen. Und seit 2008 ist er öffentlich, als Gedenkstätte. Trotzdem sind viele Fragen aus dem Roman noch nicht beantwortet. Aber: Vieles ist auch beantwortet. Lesen ist also ein guter Anfang.


Jacques Berndorf: Der Bunker. kbv-Verlag, Hillesheim 2018, 216 Seiten, 10,95 Euro

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Quelle:
Gegenwind Nr. 364, Januar 2019, Seite 54
Herausgeber: Gesellschaft für politische Bildung e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2019

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