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FREIRAUM/028: Für eine Welt ohne Atom- und Uranwaffen Nr. 1 - März 2016


FreiRaum Nr. 1 - März 2016 - 15. Jahrgang

Für eine Welt ohne Atom- und Uranwaffen
Für die friedliche Nutzung des Weltraums


Klage der Marshall Islands gegen die Atomwaffenstaaten

Der Fall "David gegen Goliath" geht in die nächste Runde. Die Marshall Islands, die 2014 vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) Klagen gegen alle neun Atomwaffenstaaten einreichten, haben einen ersten Erfolg erreicht: Von 7. Bis 16. März fanden in Den Haag die ersten Anhörungen gegen Indien, Pakistan und Großbritannien statt.


Auf einer öffentlichen Rahmenveranstaltung am 12. März im Humanity House in Den Haag stellte Rick Wayman von der amerikanischen NGO Nuclear Peace Foundation drei Mitglieder des Juristenteams vor, das die Marshallinseln vor Gericht vertritt. Anschließend gaben diese und der ehemalige Außenminister des Inselstaats, Tony de Brum, einen Einblick in das aktuelle Geschehen vor dem IGH.

Phon van den Biesen ist Rechtsanwalt aus Amsterdam und Co-Agent der Marshallinseln und ging auf die Klage sowie den formalen Verlauf der Anhörungen ein. John Burroughs, Mitglied des Lawyers Committee on Nuclear Policy, erklärte dem Publikum das Verfahren gegen Indien und Pakistan, deren Position eine besondere ist, weil beide Staaten den Nichtverbreitungsvertrag nicht unterzeichnet haben. Laurie Ashton von der Kanzlei Keller Rohrback stellte die Klage gegen Großbritannien dar.

Vor zwei Jahren hat der damalige Außenminister der Marshall Islands, Tony de Brum, gemeinsam mit der internationalen Juristenvereinigung IALANA das Verfahren begonnen. Und mit dem Verfahren eine öffentliche Debatte darüber, ob es nach dem Gutachten des IGH von 1996 ein Urteil geben könnte, das die Atomwaffenstaaten zur Verantwortung zieht, weil diese ihre Abrüstungsverpflichtung nicht einhalten. Vor 20 Jahren kam der IGH bereits zu dem Schluss, dass es eine derartige "obligation" gibt, und mithin eine, die über das reine Führen von Verhandlungen ohne Resultat hinausgeht.

Der Prozess, den die Marshallinseln 2014 angestoßen haben, wurde anfangs von den Medien gern als "David gegen Goliath"-Konstellation beschrieben, weil es unwahrscheinlich schien, dass der Fall überhaupt bis zum IGH kommen würde. Nun aber entscheidet das höchste UN-Gericht in einer ersten Phase darüber, ob es für die Klagen zuständig ist und ob der Fall formal zulässig ist. Allerdings können nach dem derzeitigen Stand nur drei der neun Atomwaffenstaaten zur Verantwortung gezogen werden - China, Frankreich, die USA, Nordkorea, Israel und Russland erkennen die Rechtsprechung des IGH nicht an.

Für Tony de Brum und das hochrangige Expertenteam, das sich stellvertretend für den Inselstaat mit dem Fall befasst, ist es dennoch ein positives Signal, dass nun immerhin drei Länder zu den Klagen Stellung beziehen müssen. Phon van den Biesen sagt zu dem Fall: "Ein positiver Resultat wird auf spektakuläre Art die Weltverändern. Der IGH kann dann die Nuklearwaffenstaaten dazu auffordern, substanzielle Abrüstungsverhandlungen zu führen".

Die Konstellation vor dem Gericht ist indes eine interessante. Während sich für Großbritannien die Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung aus Artikel VI des Nichtverbreitungsvertrags ergibt, stellt sich die Situation von Indien und Pakistan anders dar. Beide Staaten sind nicht Mitglieder im Vertrag - ihre Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung, so die Argumentation der Marshallinseln, ergebe sich daher aus dem Völkergewohnheitsrecht. Gleichzeitig sieht John Burroughs im Falle Indiens und Pakistans eine gefährliche Tendenz zur Unterminierung von internationalen Abrüstungsbemühungen: "Sie verfolgen ein sehr ernstzunehmendes und erschreckendes nukleares Wettrüsten. Indien zum Beispiel ist seriösen Medienberichten zufolge jetzt soweit, ein atomwaffenfähiges U-Boot zu stationieren".

Es handelt sich bei dem Prozess um einen Präzedenzfall - bisher wurde noch nie ein Staat dafür angeklagt, keine substanziellen und zielorientierten Abrüstungsverhandlungen zu führen. Gleichzeitig seien die rechtlichen Grundlagen des Falls, von einem rein objektiven Standpunkt aus betrachtet, eindeutig, sagte Laurie Ashton. "Es ist völlig klar, dass Großbritannien seine Verpflichtungen gebrochen hat". In Artikel VI des Nichtverbreitungsvertrags sei festgelegt, dass die Staaten verpflichtet sind, Verhandlungen mit dem Ziel der nuklearen Abrüstung zu führen. Und dass sie "zu einem frühen Zeitpunkt" zu einem Ergebnis kommen müssen. "Der Nichtverbreitungsvertrag ist seit 46 Jahren in Kraft. Wie viele Leute denken, dass heute noch 'zu einem frühen Zeitpunkt' ist?", fragte Ashton ins Publikum - und erhielt Lachen als Antwort.

Neben den Atomwaffenstaaten haben die Marshallinseln auch alle anderen Staaten dazu aufgefordert, zu dem Prozess Stellung zu beziehen und sie damit zu unterstützen. Deutschland hat sich dieser Stellungnahme von Anfang an verweigert, mit dem Verweis darauf, dem Inselstaat ginge es um finanzielle Kompensation.

Tatsächlich hat Tony de Brum immer wieder öffentlich klargestellt, dass es seinem Land nicht um monetäre Aspekte ginge. Allein die Diskussion scheint in höchstem Maße abstrus: Wer, wenn nicht ein Land, dass 67 Mal von den USA als nuklearer Testgrund missbraucht wurde, hätte ein Anrecht auf Wiedergutmachung?

Doch dieses Ziel verfolgen die Marshallinseln und ihre juristischen Vertreter ebenso wenig wie die Vertreter von NGOs und Friedensorganisationen, die im Humanity House dabei waren und die Gerichtsverhandlungen als Unterstützer besuchen. "Eigentlich geht es im Grunde doch darum, die Zukunft der Menschheit zu bewahren", sagte Tony de Brum. Und darum, dass endlich Verhandlungen "in good faith" beginnen: Mit der ehrlichen Absicht, dass nukleare Abrüstung realisiert wird.

[Julia Berghofer]

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EDITORIAL

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde, in Mutlangen stehen Veränderungen an:

Mutlangen bekommt einen neuen Bürgermeister. Peter Seyfried gibt aus gesundheitlichen Gründen sein Amt ab. Wir danken ihm für sein Engagement für die Mayors for Peace. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass in unserem Kreis die Hälfte der Gemeinden und der Landrat Mitglied wurden. Er hat wichtige Erklärungen und Briefe an Politiker verantwortet und verbreitet. Es waren Jahre einer guten Kooperation. Wir werden ihn vermissen und hoffen, dass sein Nachfolger, seine Nachfolgerin weiterhin unsere Friedensarbeit und Mayors for Peace aktiv unterstützen.

Die Pressehütte wird im April zum Wohnplatz für Flüchtlinge. Sie wurde in den letzten Monaten nach den Maßgaben des Landratsamtes umgebaut. Im letzten FreiRaum hatten wir um Spenden gebeten. Der Umbau kann damit noch nicht vollständig finanziert werden, deswegen legen wir diesem FreiRaum erneut einen Spendenaufruf bei.


Gegen die Atomwaffen in Büchel startet eine neue Kampagne

Mit den Politikern reden allein hilft nicht. Wir müssen ihnen Druck machen, damit in Büchel nicht atomar aufgerüstet wird. Die Kampagne Büchel ist überall - atomwaffenfrei.jetzt wird dies mit direkten Aktionen in Büchel und solchen am eigenen Wohnort tun. Kernelement ist ein offener Brief und Selbstverpflichtungserklärungen. Diese legen wir diesem FreiRaum bei. Wir bitten Sie, diese zu unterzeichnen. Wir blicken Ihrer Unterschrift entgegen.

Wir freuen uns über jede Spende. Wir sehen uns in Büchel!

Herzliche Grüße

Wolfgang Schlupp-Hauck (wsh)

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Der Umbau der Pressehütte ist abgeschlossen

Der Treffpunkt am historischen Ort wird zur Zufluchtsstätte für Flüchtlinge. Die Umbauarbeiten sind abgeschlossen. Die Pressehütte ist in zwei getrennte Bereiche aufgeteilt. Für unsere Friedensarbeit stehen im Erdgeschoss weiter das kleine und große Büro zur Verfügung. Dort werden wir zukünftig unsere Sitzungen und kleine Treffen abhalten. Für Veranstaltungen weichen wir in andere öffentliche Räume aus. Der Wohnbereich im 1. und 2. Stock ist vom Vereinsbereich abgetrennt. Den Garten mit dem im letzten Jahr erneuertem Teich werden wir gemeinsam nutzen.

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Ein Kunstwerk schließt die Bebauung der Mutlanger Heide ab

Dort wo einst Raketen in den Himmel ragten, überragten lange Baukräne die Baustellen. Jetzt sind beide verschwunden. Auf dem Mutlanger Teil des ehemaligen Atomwaffenlagers wurden Wohnhäuser errichtet, auf dem Gmünder ein Solarfeld. Im Mutlanger Gemeinderat wurde jetzt beschlossen, dass auf einer Fläche der Mutlanger Heide beim Geschichtspfad ein Kunstwerk errichtet wird. Es sollte Bezug zur Geschichte des Geländes haben. Ein Kunstwettbewerb wurde ausgeschrieben. Eine Jury bewertete die 37 eingereichten Arbeiten. Die sieben Erstplatzierten wurden dem Gemeinderat vorgestellt. Da gab es zwei schwarze Betonblöcke, mit einem goldenen Durchbruch/Aufbruch, welche den 0st-West-Gegensatz und sein Ende symbolisierten oder eine Menschenkette, schlanke Pyramiden, die an Raketen erinnerten, mit abgebrochenen Spitzen als Symbol der Abrüstung oder die Weltkugel, einmal getragen von einem modernen Atlas im andern Entwurf durch geschwungene Stahlträger. Im Gemeinderat waren die Kunstwerke heftig umstritten, denn manchen Gemeinderäten war der Bezug zur Stationierungszeit zu direkt.

Heftige Worte fielen "Thema verfehlt"; solche "Kunstwerke haben wir nicht bestellt". Der Vorschlag der Jury war auf eine Installation von Klaudia Dietewich gefallen: "Wegstücke". Fotografien von kleinen Strukturen auf den Straßen von Mayors for Peace Städten. Der Kunstprofessor der Gmünder PH Dr. Klaus Ripper erläuterte die Entscheidung der Jury. Das Kunstwerk greife Geschichte nicht nur rückwärtsgewandt sondern auch mit einem Bezug zur Gegenwart auf. Die Gegensätze im Gemeinderat konnten nicht überbrückt werden. Bürgermeister Seyfried forderte zur Abstimmung auf. Mit zehn Ja- zu sieben Neinstimmen folgte die Mehrheit dem Vorschlag der Jury.

In der deutschen Leadcity der Mayors for Peace freute man sich über die Entscheidung, denn dort werden gerade die Einladungen zur Beteiligung an der weltweiten Wanderausstellung "50 Städte - 50 Spuren" mit Kunstwerken von Klaudia Dietewich verschickt. Wir werden von der Pressehütte das Kunstprojekt mit abrüstungspolitischer Bildungsarbeit begleiten. [wsh]

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Ächten und verbieten

Neue Gespräche bei der UNO über Atomwaffen

Messen mit zweierlei Mass

Als Nordkorea im Januar Nuklearwaffen testete, verurteilte das innerhalb von Minuten die ganze Welt. Eine Woche später unternahmen die USA in der Wüste von Nevada eine Nukleartest-Simulation eines neuen, "anwendbareren" Sprengkopftyps. Außer einer kleinen Anzahl ziviler Organisationen schwieg die internationale Gemeinschaft.

Nordkorea testete dann die Möglichkeit, eine Langstreckenrakete abzuschießen. Wieder erhob sich die ganze Welt und kritisierte dies, mit Stellungnahmen des UN Sicherheitsrates und Verurteilungen von Außenministern aller Welt.

Früh am Morgen des 22. Februar 2016 testeten die USA ein Minuteman III-Raketengeschoss, eine Interkontinentalrakete, die dafür gedacht ist, Atombomben auf Russland abzufeuern oder jeden anderen Zielort auf der anderen Seite der Erde. Wieder scheinen sich nur wenige dafür zu interessieren.

Stetes Bemühen für Abrüstung

Der UN Generalsekretär sagte, "es gibt keine richtige Hand für die falsche Waffe". Aber viele in der internationalen Gemeinschaft agieren mit der stillschweigenden Akzeptanz der US-amerikanischen, britischen, französischen, russischen und chinesischen Atomwaffen.

Die "Humanitäre Initiative" allerdings stellt sich dieser stillschweigenden Akzeptanz entgegen: Durch die Selbstverpflichtung, "die legale Lücke für das Verbot und die Vernichtung der Nuklearwaffen zu schließen". Sie wurde bisher von 127 Regierungen unterzeichnet.

Durch die Ächtung von Atomwaffen - sie als inakzeptabel und unmoralisch für alle zu erklären - kann die internationale Gemeinschaft anfangen, Nuklearwaffenstaaten und ihre Militärallianzen unter Druck zu setzen. Und damit das zu liefern, was diese eigentlich versprochen hatten: Eine Welt ohne Atomwaffen. Über ein neues internationales Abkommen zu verhandeln, das Nuklearwaffen verbietet, selbst ohne die Teilnahme der Atomstaaten, könnte eines der effektivsten Werkzeuge werden, um eine Ächtung zu erreichen.

Open Ended Working Group tagt in Genf

Und diese Arbeit beginnt jetzt. Weit weg von den Schlagzeilen über Nordkoreas aktuelle Tests startet eine neue UN-Arbeitsgruppe.

Gemäß echtem UN-Stil klingt das Mandat der Arbeitsgruppe zunächst verschwommen und bürokratisch Mandat. Dennoch ist ihre Aufgabe wesentlich konkreter als die der Vorgänger-OEWG in 2013. Nämlich die Ausarbeitung effektiver rechtlicher Maßnahmen für die nukleare Abrüstung. Durch diese Arbeitsgruppe haben die 127 Staaten, welche die humanitäre Selbstverpflichtung abgegeben haben, die Möglichkeit, an einem neuen, rechtlich bindenden Instrument zu arbeiten, um Nuklearwaffen zu verbieten. Gleichzeitig ist die OEWG jedoch eine Einladung an die gesamte Staatengemeinschaft, sich über Transparenzmechanismen, rechtliche und vertrauensbildende Maßnahmen auszutauschen.

Die Atommächte boykottieren die Arbeitsgruppe und versammeln verbündete Staaten unter dem US-Atomschirm sowie NATO Mitglieder hinter sich. Diese sollen ihre Interessen vertreten, während sie vorgeben, unabhängig zu sein.

Die Atommächte tun alles, um den Prozess der Stigmatisierung und des Verbotes von Atomwaffen zu stoppen, da sie wissen, dass es ihr selbsternanntes Recht, diese Massenvernichtungswaffen so lange wie sie es wünschen zu besitzen, infrage stellt.

Siebzig Jahre seit den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki ist es Zeit, Atomwaffen als das anzusehen, was sie wirklich sind. Nicht als Zeichen von Macht und Prestige. Sondern als Waffen, die dazu geschaffen wurden, größtmögliche Zerstörung und menschliches Leid sicher zu stellen. Egal, welches Land sie besitzt, sei es Nordkorea, USA, Russland, Pakistan oder Großbritannien - Atomwaffen sind unmenschlich, rücksichtlos, und sollten für alle Staaten inakzeptabel sein. Es ist Zeit, an einem internationalen Verbot von Atomwaffen zu arbeiten.

Beatrice Fihn, Geschäftsführerin von ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear Weapons).

Übersetzung aus dem Englischen: Johanna Heuveling,
redigiert von Julia Berghofer

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Die OEWG - erste Session Kommt jetzt das Licht am Ende des nuklearen Tunnels?

Von 25. bis 29. Februar fand die erste Sitzung der Open-ended Working Group (OEWG) in Genf statt. 90 Delegationen waren anwesend, dazu kamen Vertreter von etwa zehn Nichtregierungsorganisationen. Unter den Delegationen befand sich keine von Seiten der Atomwaffenstaaten - diese haben sich entschlossen, die OEWG zu boykottieren, wie es schon bei den humanitären Konferenzen in 2013 und 2014 größtenteils der Fall gewesen ist.

Gleichzeitig waren jedoch Vertreter derjenigen Staaten anwesend, die die Haltung der Nuklearwaffenbesitzer unterstützen. Laut dem Parlamentarischen Netzwerk für nukleare Abrüstung (PNND) kristallisierten sich in dieser ersten Sitzung zwei Gruppen von Staaten heraus. Die "Kerngruppe", angeführt von Österreich, Mexiko und Costa Rica, möchte ein rechtlich bindendes Instrument (einen Verbotsvertrag, eine Konvent ion oder eine Reihe von kombinierten Vereinbarungen) durchsetzen.

Die andere Gruppe besteht aus denjenigen Staaten, die von einer erweiterten Abschreckungsstrategie profitieren. Darunter sind beispielsweise Japan und Australien, die dem Dialog relativ offen gegenüberstehen. Staaten wie Deutschland, Italien und Belgien dagegen beharren weiterhin darauf, dass die Abwesenheit der Atomwaffenstaaten keinen Spielraum für essentielle Fortschritte zulässt. Sie sind in der Debatte nach wie vor verschlossen und berufen sich auf die Abstimmungserfordernis mit der NATO und den USA.

Sehr positiv ist, dass die Mehrheit der Staaten anerkannte, dass eine rechtliche Lücke in Bezug auf Atomwaffen tatsächlich existiert. Selbst Kritiker solcher Staatentreffen äußerten sich erstaunlich zufrieden. So schreibt Richard Lennane, auch bekannt unter dem Pseudonym Wildfire, auf seiner Website: "Wir sind in die OEWG mit unserem üblichen ausgebrannten Zynismus hineingegangen. Aber wir wurden angenehm überrascht. Die OEWG zeigte sich als erhellende Diskussion und als wichtiger Schritt in Richtung eines nuklearen Verbotsvertrags".

Die nächste Sitzung der OEWG wird Anfang Mai für etwa zwei Wochen starten. In die finale Runde geht es dann im September.

[Julia Berghofer]

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Erneut verteilt - erneut verurteilt

Staatsanwalt forderte Freiheitsstrafe für das Verteilen von Flugblättern

Während die Polizei und Justiz bei Blockadeaktionen in Büchel möglichst die Einleitung von Strafverfahren vermeiden, langt sie bei den Flugblattaktionen von Hermann Theisen in die Vollen. Der Staatsanwalt forderte eine Freiheitsstrafe. Die Gerichtsverhandlung fand am 29.2.16 statt. Hermann Theisen verteidigte sich selbst. Im Zuhörer Raum nur ein Lokaljournalist und eine friedensbewegte Unterstützerin. Doch im Vorfeld hatte das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL am 20.2. und die Wochenzeitung DER FREITAG am 25.2. berichtet.


Mit seinen Flugblättern hatte Hermann Theisen die Bundeswehrangehörigen von Büchel aufgefordert, sie sollten die Öffentlichkeit über Anzahl der Atomwaffen und die umstrittenen Modernisierungspläne informieren. In einem ähnlichen Strafprozess war Hermann Theisen erst im September zu einer Geldstrafe von 2.400 Euro verurteilt worden, gegen die er mittlerweile Berufung eingelegt hat. Während es in dem ersten Verfahren um Flugblattverteilungen vor dem Luftwaffenstützpunkt ging, richtete sich die neue Anklage nun gegen eine ähnliche Aktion vor dem Koblenzer Hauptbahnhof. Außerdem hatte er seinen Aufruf auch per Post an Lokalabgeordnete und Bundeswehrangehörige verschickt.

Juristisches Hin und Her

Das Verwaltungsgericht Koblenz hatte Theisens Position gestärkt. Nachdem die Flugblatt-Aktion in Koblenz von den Behörden zunächst verboten worden war, hatten die örtlichen Verwaltungsrichter dieses Verbot später wieder gekippt mit Blick auf das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Das bewahrte den Aktivisten jedoch nicht vor späteren Strafanzeigen und Anklagen.

Das aktuelle Strafverfahren weist noch weitere Besonderheit auf. Oberstaatsanwalt Schmengler (Staatsanwaltschaft Koblenz) hatte eine Strafbarkeit der Flugblätter verneint. Staatsanwältin Lehmler (Staatsanwaltschaft Koblenz), die Theisen nun anklagte, erklärte zur Einstellungsverfügung ihres Kollegen lapidar: "Das Verfahren 2090 Js 53680/15 wurde nicht von mir bearbeitet. Die Entscheidung bindet mich nicht."

Der Anzeigenerstatter darf nicht aussagen

Hermann Theisen war auch vom früheren Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33, Oberst Andreas Korb, angezeigt worden Hermann Theisen beantragte, ihn als Zeugen zu laden. Dies wurde von Generalleutnant Karl Müllner (Inspekteur der Luftwaffe) abgelehnt. In seinem Schreiben an das Amtsgericht Cochem erklärte Müllner: "Da die Frage der Stationierung von Waffen auf dem Fliegerhorst Büchel der Geheimhaltung unterliegt, könne er keine Aussagegenehmigung erteilen."

In der jetzigen mündlichen Verhandlung wurde Hermann Theisen vorgeworfen, mit seinen Aktionen blockiere er die Arbeit der Justiz. Der Staatsanwalt forderte eine dreimonatige Haftstrafe, die gegen eine Auflage von 1.500 Euro zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Das Amtsgericht Cochem hat letztlich den Heidelberger Friedensaktivisten am 29.2.16 nur zu einer Geldstrafe verurteilt. Hermann Theisen soll wegen öffentlichen Aufrufs zu Straftaten 1.200 Euro zahlen. (AZ: 3DS 2010 Js 130351/15)

Für Theisen hat "die Zivilgesellschaft ein Anrecht auf einen emanzipatorischen Zugang zu den Hintergrundinformationen von politischen Sachverhalten, die das gesellschaftliche Gemeinwohl in existentieller Weise berühren und bedrohen. Die Nukleare Teilhabe der Bundeswehr ist ein solcher Sachverhalt".

Innerhalb der Kampagne Büchel ist überall - atomwaffenfrei.jetzt sollte darüber nachgedacht werden, diese Aktionsform zu integrieren, damit nicht nur Hermann Theisen sondern auch andere die Justiz herausfordern Stellung zu beziehen. [wsh]

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Aufrüstung: Die neue Atombombe B61-12

Hans M. Kristensen und Matthew McKinzie begründeten in einem Artikel vom Januar 2016, warum die neue Bombe ein gefährlicher qualitativer Aufrüstungsschritt ist. Hier eine Zusammenfassung.

Die Bedeutung der Fähigkeit, in die Erde einzudringen

Eine Videoaufnahme des Sandia Atomwaffen-Labors zeigt einen Abwurftest, bei dem ein B61-12-Flugkörper voll ständig in die Erde eindringt Diese Tatsache hat signifikante Auswirkungen auf die Ziele, für die die Bombe ausgerichtet ist. Eine Atomwaffe, die ein paar Meter unter der Oberfläche detoniert, überträgt durch die Steigerung der gekoppelten Bodenerschütterung ihre explosive Energie viel effizienter. Sie ist damit wesentlich effektiver in der Zerstörung tief vergrabener Ziele, im Gegensatz zu einer oberirdischen Detonation, bei der die explosive Energie von der Erdoberfläche abprallt.

Wir wissen, dass die B61-12 für vier auszuwählende Explosionsgrößen angelegt werden soll: von 0,3 bis zu 50 Kilotonnen. Das maximale Zerstörungspotential gegen unterirdische Ziele ist gleichzusetzen mit einer oberirdischen Explosion einer Stärke von bis zu 1250 Kilotonnen.

Die Bedeutung der erhöhten Zielgenauigkeit

Die existierenden B61-Versionen haben vermutlich bereits eine begrenzte erdeindringende Fähigkeit, aber eine sehr viel geringeren Zielgenauigkeit. Diese soll bei der B61-12 voraussichtlich in einem Radius von 30 Metern liegen, während sie bei den jetzigen frei fallenden Bomben bei um die 100 Meter liegt. Diese erhöhte Zielgenauigkeit und erdeindringende Fähigkeit wird Angriffsplanern ermöglichen, eine geringere nukleare Sprengkraft für die gleichen Ziele einzusetzen.

Sorgen um die Bombe

Die geringere Sprengkraft wird den radioaktiven Fallout des Angriffs reduzieren, was die B61-12 für die Kriegsplaner attraktiver macht und weniger Widerspruch bei den politischen Entscheidungsträgern erzeugen würde.

[Zusammenfassung: wsh]

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Schulfrei für die Bundeswehr - Lernen für den Frieden!
Die Kampagne geht in eine neue Phase und die Pressehütte geht gerne mit.

Trotz oder gerade weil die Friedenswerkstatt am 30. Oktober 2014 gemeinsam mit anderen Friedensinitiativen, Organisationen, und Verbänden, sowie mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg eine gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Friedensbildung in Baden-Württemberg unterzeichnet hat, tritt sie aktiv für militärfreie Schulen ein. Die Pressehütte ist Mitglied im Bündnis der Kampagne - Schulfrei für die Bundeswehr - Lernen für den Frieden! -. Nach wie vor erklärt die Kampagne die Beendigung der Kooperationsvereinbarung des Kultusministeriums mit der Bundeswehr als eine ihrer wichtigsten Forderungen.


Die Mitmachkampagne hat sich in diesem Jahr neu aufgestellt. Ihr Kampagnenrat hat seinen Schwerpunkt dahingehend ausgerichtet, den politischen Druck aktionsorientiert zu erhöhen. Protest- oder Aufklärungsaktionen an Schulen oder Bildungsmessen, wo die Bundeswehr auftritt, werden dieses Jahres durch die Kampagne unterstützt oder initiiert.

Zum Beispiel fand am 12. Februar 2016 im Berufsschulzentrum Bad Saulgau ein Marktplatz für Ausbildung statt. Ausgerechnet am Red Hand Day - dem internationalen Tag gegen Kindersoldaten. Dieser richtet sich weltweit gegen die Rekrutierung von Minderjährigen. In Bad Saulgau hatte die Bundeswehr einen Stand mit ein bis zwei KarriereberaterInnen. Das Bündnis "Schulfrei für die Bundeswehr - Lernen für den Frieden!" verband den internationalen Tag gegen Kindersoldaten mit dem Protest gegen den Stand der Bundeswehr in Bad Saulgau. Viele rote Handabdrücke gegen Kindersoldaten wurden dabei gesammelt.

Der Spiegel schreibt in seiner Ausgabe vom 6.2.2016: "Die Zahl der Bundeswehrsoldaten, die minderjährig ihren Dienst antreten, hat sich nach SPIEGEL-Informationen seit 2011 mehr als verdoppelt." "Über 1500 der rund 21.000 Rekruten im vergangenen Jahr waren noch nicht volljährig" schreibt das Bundesverteidigungsministerium in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion.

Am 20.01.16 war ein Karriereberater der Bundeswehr in der Kerschensteinerschule in Stuttgart, um fürs Sterben zu werben. Dort wurde vor der Schule der neue Kampagnen-Flyer verteilt. Vielen SchülerInnen und LehrerInnen war nicht bewusst, dass der Besuch von Veranstaltungen mit KarriereberaterInnen an Schulen für die SchülerInnen freiwillig ist. Auch in den kommenden Monaten sind in Baden-Württemberg verschiedene kreative Proteste geplant. Wir rufen Menschen dazu auf, sich vor Ort zu beteiligen um dem Widerstand Nachdruck zu verleihen.

Mach mit!

→ Werde selbst aktiv und informiere Dich. Die Kampagne - Schulfrei für die Bundeswehr - Lernen für den Frieden! - hat eine neu gestaltete, sehr übersichtliche Webseite:
www.schulfrei-für-die-bundeswehr.de

→ Informiere LehrerInnen und SchülerInnen aus Deinem Umfeld über die Fakten der Werbemaschine Bundeswehr. Jeweils Dienstag und Mittwoch sind die Koordinatoren der Kampagne Benno Fuchs und Roland Blach telefonisch zu erreichen: Für Fragen, Anregungen oder um das Netzwerk zu stärken: Tel: 0711-5188 5601.

→ Auf der Webseite findest Du auch eine Online Petition an Frau von der Leyen, die Du gerne als Link in Deinem Bekannten- und Freundeskreis bekannt machen kannst.

Darüber hinaus lohnt es sich den 11. Juni 2016 vorzumerken. Die Bundeswehr plant ihren zweiten "Tag der Bundeswehr", den sie an zahlreichen Standorten in Deutschland zelebrieren wird. Bundesweiter Protest darf nicht fehlen. Die Kampagne plant jetzt schon für den Standort Stetten am Kalten Markt, Aktionen und Kundgebungen. Nähere Infos werden voraussichtlich ab April auf der Homepage angekündigt. Die neuen Materialien können bei Roland und Benno für Infotische oder Ostermärsche bestellt werden.

[Silvia Bopp]

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Fakten und Forderungen

Abenteuercamps und Informationsveranstaltungen für SchülerInnen, sind ein Zweig im Werbekonzept der Bundeswehr geworden. Hierbei gibt die Bundeswehr nicht nur immer mehr Geld für ihre Werbestrategien aus, sondern vor allem bei den Reise- und Abenteuercamps verstellt die Bundeswehr aktiv das Bild des Schreckens des Krieges und fördert eine verschobene Wahrnehmung von Urlaub und Abenteuer in Uniform bei jungen Menschen, die mit solchen Veranstaltungen in Kontakt kommen.

So veranstaltete die Bundeswehr im Jahr 2014 bundesweit neun Events mit Ausgaben von insgesamt 559.000 Euro. Hinzu kommen Kosten für Werbung. Besonders teuer waren die zwei sogenannten "Adventure Camps 2014 (Winklmoosalm und Sardinien)", die unter anderem in der Bravo beworben wurden. Für 60 TeilnehmerInnen wurden insgesamt 394.000 Euro verausgabt. Hierin beliefen sich allein die Werbekosten für diese zwei Veranstaltungen auf insgesamt 341.000 Euro. Rechnerisch ergeben sich Pro-Kopf-Ausgaben von 6.566,66 Euro pro Teilnehmer. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst betrug im Jahr 2014 bundesweit: 3.527,00 Euro.

Die Kampagne Schulfrei für die Bundeswehr - Lernen für den Frieden! - stellt folgende Forderungen

... an die Landesregierung:

→ Die sofortige Kündigung der Kooperationsvereinbarung des Landes mit der Bundeswehr
→ Durchsetzung des Verbots von Bundeswehrwerbeveranstaltungen an und mit Schulen (z.B. Karrieretrucks, Bildungsmessen, Tage der Schulen bei der Bundeswehr)
→ Mindestens eine Verdoppelung des Etats für Friedensbildung

... an die Bundesregierung:

→ Durchsetzung der UN-Kinderrechtskonvention:
→ Keine Rekrutierung von Minderjährigen unter 18 Jahren
→ Keine Abenteuercamps oder Events, die den Soldatenberuf verharmlosen, für die Zielgruppe Kinder und Jugendliche

[Silvia Bopp]

Quellen: Bericht Dr. Gesine Lötzsch:
- Tätigkeit und Ausgaben des Jugendmarketings in der Bundeswehr vom 15. April 2015 - und - Kleine Anfrage Fraktion die Linke: Drucksache 18/4525 -

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Wie Einstein zum Pazifisten wurde
Allein gegen die Schwerkraft

Das Buch von Thomas de Padova schildert sehr anschaulich, wie Einstein mitten im ersten Weltkrieg zum aktiven Pazifisten wurde, während er gleichzeitig - inmitten seines stürmischen Privatlebens - ein neues Bild des Universums entwirft.


1913: Max Planck und Walther Nernst, bereits berühmte Professoren und zukünftige Nobelpreisträger (Physik bzw. Chemie) reisen nach Zürich, um den Schweizer Staatsbürger Albert Einstein (*1879 in Ulm), seinerseits Professor an der renommierten ETH Zürich, zur Übersiedlung nach Berlin zu bewegen. Sie versprechen ihm ein fürstliches Gehalt und ein Leben ganz für die Wissenschaft, ohne Lehrverpflichtung. Denn die spezielle Relativitätstheorie revolutioniert seit 1905 das physikalische Weltbild. Einstein willigt ein, obwohl er den preußischen Militarismus schon damals hasst und sich zeitlebens als Schweizer fühlen wird. In Berlin angekommen, wird er großzügig auch von Fritz Haber gefördert. Haber und seine Frau Clara Immerwahr werden auch versuchen, in der zerbrechenden Ehe Einsteins zu vermitteln, Einsteins Frau Milena wird bei ihnen einziehen. Ein Jahr später: Der erste Weltkrieg beginnt mit dem Einmarsch Deutschlands ins neutrale Belgien. Planck, Nernst, Haber und erschreckend viele andere (93) unterschreiben den berüchtigten rassistischen Aufruf "An die Kulturwelt", in dem sie sich zum Militarismus bekennen. Einstein ist angewidert und betroffen und hält dagegen mit dem Aufruf "An die Europäer", der die Idee eines europäischen Staatenbundes vorweg nimmt. Er wird Mitglied im pazifistischen "Bund Neues Vaterland", zu dem auch Alfred Hermann Fried, Kurt Eisner und Klara Zetkin gehören. Der Bund wird schon 1915 verboten, jedoch gegen Kriegsende wiedergegründet, aus ihm geht die Liga für Menschenrechte hervor, in Deutschland wie international.

Fritz Haber begründet die Giftgas-Forschung und fährt zum Einsatz seiner Massenvernichtungsmittel an die Front. Seine Frau Clara Immerwahr erschießt sich 1915, man nimmt an, aus Protest dagegen. Der alte Nernst wird kriegsfreiwilliger Meldefahrer. Und was tut der Pazifist Einstein? Er drückt weiter seinen Ekel vor der Massenschlächterei aus, heiratet seine ältere Cousine Elsa und zieht sich ansonsten in die Theoretische Physik zurück. In 3 Jahren entwickelt er die allgemeine Relativitätstheorie, die eine neue Sicht der Schwerkraft im Raumzeitkontinuum ermöglicht. Dazu ist ein enormer mathematischer Aufwand erforderlich. Ohne diese Theorie würden unsere heutigen Navigationsgeräte nicht funktionieren! (Der Autor des Buches ist Physiker und Wissenschaftsjournalist und vermag es, die Theorie anschaulich und allgemeinverständlich zu erklären. Dafür gebührt ihm ein hohes Lob!)

1918 beendet die Revolution endlich den Krieg und fegt den Kaiser hinweg. Einstein wird für kurze Zeit zum Volksredner. Bei den Arbeiterräten ist er wohl gelitten. Seine Popularität ist ungeheuer. Er wird sie auch in der Folgezeit einsetzen, um für Völkerverständigung zu werben und den Militarismus zu denunzieren, bis hin zum "Russell-Einstein-Manifest" für atomare Abrüstung 1955, unmittelbar vor seinem Tod.

[Thomas de Padova]
verlegt im Carl Hanser Verlag 2015

[Birgitta Meier]
Friedensmuseum Nürnberg

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Klar und Konsequent

Ein Nachruf auf Andreas Buro

Nicht nur einmal war Andreas Buro in Mutlangen um zu blockieren. Als ich ihn kennenlernte, wusste ich noch nichts von seiner großen Bedeutung für die Friedensbewegung, schätzte ihn aber sogleich wegen seiner freundlichen und konsequenten Haltung. Vater der Friedensbewegung wird er von Vielen genannt. Nun ist er 87-jährig gestorben.


Andreas Buro wurde in Berlin in einer gutbürgerlichen Familie geboren. Als Berlin häufiger bombardiert wurde, gelang es den Eltern, ihn und seinen älteren Bruder in einer Ritterakademie in Brandenburg unterzubringen. Dort herrschte strenger Drill, für ihn nicht leicht zu ertragen. Später wurde er Flakhelfer. Das Kriegsende erlebte er bei seinen mehrfach ausgebombten Eltern in Berlin. An seinem 17. Geburtstag schrieb er in sein Tagebuch: "Als Wunsch habe ich nur noch, dass mir die Kraft und die Freude zur Arbeit erhalten bleibt, damit ich im Stande bin, Deutschland wieder stark und groß zu machen." Auf ganz andere Weise, als er damals mit jugendlichem Idealismus und von unbegriffener Vergangenheit geprägt wünschte, hat er später eine große Wirkung entfaltet.

Zunächst holte er das Abitur nach, wurde Waldarbeiter, studierte Forstwirtschaft in Ostberlin und erhielt kurz darauf Berufsverbot in der DDR. Er heiratete 1955. Bei der Geburt des ersten Kindes 1958 starben jedoch Mutter und Kind. Zum Glück erhielt er kurz darauf ein Angebot aus dem Holzforschungsinstitut in Braunschweig. Dort fand er Anschluss an die Internationale der Kriegsdienstgegner und lernt die Satyagraha-Normen von Mahatma Gandhi kennen. Er richtete sich im Umgang mit seinen Kollegen und den Untergebenen von da an streng nach diesen Normen und war erstaunt, wie sich das Klima in kurzer Zeit grundlegend verbesserte. Diese Erkenntnis beeinflusste sein ganzes späteres Wirken.

So war Andreas Buro ab 1960 maßgeblich beteiligt beim Aufbau der Ostermärsche "gegen Atomwaffen in Ost und West". Diese Bewegung wurde damals im Kalten Krieg schnell als kommunistisch unterwandert diffamiert, selbst von der SPD. Ein zentraler Ausschuss sollte daher dafür sorgen, dass die Slogans keine Anhaltspunkte für diese Diffamierung bieten würden, und Buro, der eine Schreibmaschine besaß, wurde dessen Geschäftsführer. Zusammen mit anderen baute er die internationale Arbeit aus, es wurde ein internationaler Verband gegründet, um gegenüber dem kommunistischen Weltfriedensrat geschlossen auftreten zu können. So gab es schon damals Gespräche über die Mauer zwischen den beiden Blöcken. Später, nachdem er Politikwissenschaften studiert hatte und schließlich Professor in Frankfurt geworden war, führte Andreas Buro Gespräche mit hohen sowjetischen und chinesischen Funktionären. Er war Mitbegründer des Sozialistischen Büros, später des Komitees für Grundrechte und Demokratie und dessen friedenspolitischer Sprecher. Sein Anliegen war stets die Entfaltung ziviler Konfliktbearbeitung, um Frieden möglich und Militär überflüssig zu machen.

Andreas Buro war an fast allen großen Aktivitäten der Friedensbewegung maßgeblich beteiligt. Seine Analysen und Lösungsvorschläge bei allen anstehenden Konflikten waren von großer Klarheit und Überzeugungskraft. Noch Ende des vergangenen Jahres verfasste er eine Schrift "Zur friedenspolitischen Situation Deutschlands".

In Mutlangen war er nicht nur bei der Prominentenblockade aktiv, sondern zusammen mit Klaus Vack auch später des Öfteren an Aktionen beteiligt. Wegen einer Blockade am 31. August 1985 wurde er im Amtsgericht von Schwäbisch Gmünd im Februar 1986 zu 20 Tagessätzen je 100 DM verurteilt. In der Revision wurde das Verfahren schlicht eingestellt. Sein "streitbarer Pazifismus" wird uns immer Vorbild sein. [Lotte Rodi]

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Mahnung zur Zusammenarbeit

In der kremelkritischen Zeitschrift "Nowaja Gaseta" meldete sich Michail Gorbatschow Anfang März in der Woche seines 85. Geburtstags zu Wort. Die Welt sei ohne Zusammenarbeit nicht vor einer Katastrophe zu bewahren, meinte der frühere Kremlchef. Er forderte eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa. Die NATO und Russland müssten die derzeitige Krise überwinden.

Die derzeitige Waffenruhe in Syrien und die Einigung im Streit um das iranische Atomprogramm wertete er als hoffnungsvolle Beispiele für erfolgreiche Verhandlungen.

Gorbatschow gab den USA die Hauptschuld an den verschlechterten Beziehungen zu Russland. "Alles hat damit begonnen, dass sich der Westen zum Sieger des Kalten Krieges erklärt hat", meinte er. Nun wollten die USA ihre militärische Präsenz in Mittel- und Osteuropa ausbauen.

"Das Vertrauen ist verloren gegangen", betonte der Vater von Glasnost und Perestroika. Es sei unmöglich, Russland - das zur Lösung der Probleme nötig sei - zu isolieren.

Versteckt kritisierte er auch Putin. Autoritärer Stil habe Russland wirtschaftlich und politisch in eine Sackgasse geführt, kritisierte er mit Blick auf seine Nachfolger ohne deren Namen zu nennen. Gorbatschow rief die Führung in Moskau zu "wirklicher Demokratie" auf.

[Nach einer Meldung von dpa]

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Aktiv
... in Büchel

Für zwanzig Kalender-Wochen, ab dem 26. März 2016 werden Gruppen und Einzelpersonen am Atomwaffenstützpunkt Büchel präsent sein. Jede Gruppe stellt im Anschluss an ihre Aktion ein für sie passendes Symbol nahe dem Atomwaffenstützpunkt auf. Wir von der Pressehütte machen mit.

Kontakt

Im Zeitraum der Pfingstferien: Silvia Bopp
silvia.bopp@pressehuette.de
Telefon: 01 76-5 35 32 11

Im Zeitraum vom 6. bis 9. August: Wolfgang Schlupp-Hauck
redaktion@pressehuette.de
Telefon: 0 71 71-18 20 58 (dienstags)
Sehen wir uns in Büchel?

... zu Hause
Am 8. Juli ist der Flaggentag der Mayors for Peace. Es ist der 20. Jahrestag seit der Verkündung des Beschlusses des Internationalen Gerichtshofs zur Abrüstungsverpflichtung von Atomwaffen.

Wir von der Pressehütte regen an:
Sprechen Sie Ihren Bürgermeister an, dass ihre Stadt mitmacht. Nutzen Sie den Anlass für Veranstaltungen. Zeigt Ihre Bürgermeisterin, Ihr Bürgermeister Flagge?
Mehr Infos: www.mayorsforpeace.de

... am Regierungssitz
Am 30. Juli beginnt dieses Jahr in Berlin: Es gibt ein Internationales Workcamp für junge Menschen und die Fastenkampagne. Die Botschaften der Atomwaffenmächte, die Bundesregierung und der Bundestag werden besucht. Kunstaktionen schaffen Öffentlichkeit.

Wir von der Pressehütte rufen auf:
- Unterschreiben Sie die Selbstverpflichtung oder Solidaritätserklärung der Kampagne.
- Laden Sie junge Menschen zum Workcamp ein.
- Unterstützen Sie die Fastenkampagne des Internationalen Versöhungsbundes.
Mehr Infos: http://fastenkampagne.global-zero-now.de/

Wie unterstützen Sie die Kampagne?

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Impressum

FreiRaum.

Für eine Welt ohne Atom- und Uranwaffen.
Für die friedliche Nutzung des Weltraums.

Erscheint vierteljährlich

Auflage: 1000

Herausgeber:
Pressehütte Mutlangen
Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V.
Forststraße 3, 73557 Mutlangen
Tel./Fax: 07171 - 75 661
www.pressehuette.de
post@pressehuette.de

Einzelheft: 3.- € plus Porto

Jahresabonnement: 12.- €

Für Mitglieder der Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V. und der
Friedenswerkstatt Mutlangen e.V. ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.

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Quelle:
FreiRaum Nr. 1 - März 2016
www.pressehuette.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Mai 2016

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