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CORREOS/086: "Honduras klingt jetzt nach Nachbar"


Correos des las Américas - Nr. 160, 21. Dezember 2009

BOLIVIEN/HONDURAS
«Honduras klingt jetzt nach Nachbar»
Wie es kommt, dass in honduranischen Quartieren der Sieg von Evo Morales freudig gefeiert wird.
Und die Bewegungen in Bolivien den ihren in Honduras die Stange halten.

Von Mario Rodríguez


Für die grosse Mehrheit des bolivianischen Volkes, für die normalen Leute, war Honduras lange wenig mehr als ein Namen für ein auf der Karte kaum auffindbares Land. Das widerspiegelt vielleicht die Realität einer Kommunikationslosigkeit zwischen den Ländern von Abya Yala oder Lateinamerika, die uns durch die kolonialen und imperialistischen Mächte aufdiktiert worden war.

In den 80er Jahren hatte Honduras für die bolivianischen Linke ein gewisses negatives Image, da es ein Land (genauer eine Regierung) war, das sich für US-Militärstützpunkte und die «Contra» hergab, um den damals schönen Prozess der sandinistischen Revolution anzugreifen. Danach blieb Honduras für die meisten BolivianerInnen ein Land ohne Gesicht.

Dann kamen der August und September 2008 mit ihrer Gewaltoffensive der Oligarchie und der radikalen Rechten in Bolivien. Verwüstete Institutionen, Einschüchterungen, Anschläge, Prügelorgien auf den Strassen und sogar ein Massaker an BäuerInnen in Pando. Inmitten dieses wilden Ansturms, dem die Sozialbewegungen und die Regierung Widerstand entgegensetzten, wies die Exekutive den US-Botschafter in La Paz, Philip Goldberg, aus. Die Massnahme barg Risiken, aber war richtig. Wie so oft in der Geschichte unseres Kontinentes hatte die US-Botschaft den zivil-präfektiellen Putsch ausgeheckt (so benannt nach der sichtbaren Rolle der Präfekten und der Comités Cívicos). Goldberg, der früher im Kosovo aktiv war, ist heute Geheimdienstberater der Administration Obama. Seine Ausweisung war ein Akt der Würde.

Mitten in diesem Konflikt liess eine Nachricht aufhorchen. Die honduranische Regierung von Manuel Zelaya weigerte sich aus Solidarität mit dem bolivianischen Volk, den neuen US-Botschafter zu akkreditieren, solange der Konflikt in Bolivien anhielt. Für viele Menschen stellte das eine angenehme, würdige und solidarische Überraschung dar.

Honduras klang jetzt nach Nachbar, trotz der vielen tausend Kilometer Distanz zwischen den beiden Ländern. Die Geste blieb im Herzen von vielen.

Als es Ende Juni zum Putsch in Honduras kam, war ich Zeuge einer bolivianischen Mobilisierung in Solidarität mit dem Volk und der Regierung von Honduras. An der Demo waren vor allem Campesinos und Indígenas. Die mobilisierende Kraft des Prozesses im Land. Ich hörte jemanden sagen, diese Leute wüssten bestimmt nicht, wo Honduras läge und sie würden instrumentalisiert. Ich wusste, dass es genau diese Leute waren, eben wegen der Ereignisse in Bolivien, die am besten die Solidarität mit Honduras verstanden und eine Gegenseitigkeit der Völker aufbauten. Honduras war schon kein gesichtloses Land mehr, sondern Teil der kontinentalen Familie.

Deshalb haben wir in den letzten fünf Monaten die Ereignisse von Putsch, Repression, Illegalität und Illegitimität intensiv mitverfolgt. Deshalb begleiten wir den Kampf dieses mutigen Volkes. Deshalb sind wir überzeugt, dass in Honduras eine tiefe und revolutionäre Veränderung unterwegs ist.

Und deshalb freute ich mich dieser Tage, als mir ein Freund aus der honduranischen Widerstandsfront schrieb, dass der Sieg von Evo Morales in den Wahlen vom 6. Dezember in einigen Zonen von Tegucigalpa und San Pedro Sula als eigener gefeiert wurde.

Oh ja! Honduras und Bolivien sind ein Beispiel für die neuen Winde der Solidarität und der Gegenseitigkeit zwischen unseren Völkern. Wir sind viel mehr als zwei.


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Quelle:
Correos de Centroamérica Nr. 160, 21. Dezember 2009, S. 3
Herausgeber: Zentralamerika-Sekretariat, Zürich
Redaktion: Postfach, 8031 Zürich, Schweiz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2010