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CORREOS/071: Nicaragua - Der Sandinismus an der Regierung


Correos des las Américas - Nr. 158, 10. August 2009

Der Sandinismus an der Regierung

Eine Chance, die ewige Armut zu überwinden und die kleinbäuerliche Produktion wieder zu festigen. Ein Gespräch mit einem überzeugten Sandinisten und engagierten Journalisten.

Sergio Ferrari und Gérald Fioretta interviewen William Grigsby


Der neue Zeitabschnitt, den Nicaragua dank dem Sieg des Sandinismus bei den Wahlen vom 5. November 2006 erlebt, ist eine grosse historische Chance, "um einen Prozess zu beginnen, der uns hilft der ewigen Armut zu entfliehen zu der wir verdammt sind", so William Grigsby emphatisch. Mit seinen 49 Jahren bleibt der Direktor von Radio La Primerisima und Chefredakteur der Zeitung "Correo" einer der schärfsten Analytiker des Zeitgeschehens in Nicaragua. Sein abendliches Radioprogramm "Sin Fronteras" (ohne Grenzen) ist ein Referenzpunkt für die Interpretation des politischen Geschehens in diesem mittelamerikanischen Land.

Anlässlich seines Besuches in der Schweiz im Rahmen einer europaweiten Solidaritätsrundreise analysiert Grigsby im voliegenden Interview die grossen aktuellen Herausforderungen, Potenziale und Probleme seines Landes, in dessen Gedächtnis Kriege, Naturkatastrophen und siebzehn Jahre brutaler neoliberaler Politik festgeschrieben sind. Seit Beginn des Jahres 2007 regiert wieder der Frente Sandinista.


FRAGE: Wie würden Sie den aktuellen politischen Entwicklungabschnitt in Nicaragua bezeichnen?

WILLIAM GRIGSBY: Wir erleben einen Moment, der vor allem eine grosse Chance darstellt. Eine grosse Chance, in einer günstigen Situation in Lateinamerika, um zu versuchen der strukturellen Armut zu entkommen, zu der Nicaragua seit Jahrzehnten verdammt ist. Die Möglichkeit, das niedrige Lebensniveau der Mehrheit der Nicaraguaner/innen zu verbessern.

FRAGE: Warum diese "niedergeschmetterte" Situation, mit der Nicaragua konfrontiert ist?

WILLIAM GRIGSBY: An erster Stelle bleibt zu bedenken, dass das Land bis 1990 einen fast 16 Jahre währenden sehr harten Krieg erlebt hat, der fast 30 Millionen Dollar Verluste hinterlassen hat sowie irreparable Schäden in Gesellschaft und Umwelt. Wir haben fast eine ganze Generation verloren. Das vergessen wir manchmal!

Danach, zwischen 1990 und 2007, erlebten wir 17 Jahre Frieden, aber auch die verlorene Gelegenheit, das Land aus der Misere zu führen. Drei radikal neoliberale Regierungen haben die sozialen Gräben vertieft, den Reichtum im Finanz- und Handelssektor konzentriert und verurteilten 78% der Bevölkerung zu einem Leben mit weniger als einem Dollar pro Tag.

Mit einer Analphabetenrate von 38% im Jahr 2007, mit 27% der Bevölkerung in extremer Unterernährung und einer hohen mütterlichen Sterblichkeitsrate wurden durch den Markt mehr als 1.5 Millionen Mitbürger nach Costa Rica, Honduras und El Salvador vertrieben. Eine reale sozio-ökonomische Katastrophe.

Nicaragua ist traditionell ein Land geprägt von kleinbäuerlicher Ökonomie, kleinen und mittleren Landbesitzern mit weniger als 5 Hektar. Die Mehrheit von ihnen hat ihr Land während der Jahre der Revolution 1979 bis 1990 bekommen, aber viele erhielten nie einen Eigentumstitel. Deswegen galten sie in der neoliberalen Phase als nicht kreditwürdig. Und mussten ihr Land verkaufen. Das genau definiert diese Etappe: Grosse Teile der während der Revolution aktiven Kleinbauernschaft sind heute Tagelöhner in Costa Rica oder anderen Nachbarländern.


Sozial-politische Führungspersönlichkeiten in der Regierung

FRAGE: Was bedeutet in diesem komplexen Rahmen die Rückkehr des Sandinismus an die Regierung?

WILLIAM GRIGSBY: Der Wahlsieg des FSLN im Jahr 2006 war sehr knapp, man könnte fast sagen prekär. Ein Sieg mit der geringsten Anzahl an Wählerstimmen seiner ganzen Geschichte, mit einem kaum günstigen gesellschaftlichen Kräfteverhältnis für den Wandel und grosser Skepsis in der Bevölkerung, besonders der politischen Klasse gegenüber. Die Menschen hatten den Pakt zwischen FSLN und der liberalen Partei Arnoldo Alemáns vor 8 Jahren noch vor Augen. In diesem Moment befand auch ich mich bei den "Daniel-Skeptikern", will sagen: Skeptisch gegenüber der neuen Regierung unter Daniel Ortega.

Aber der erste Schritt, der meine Beachtung auf sich zog und tief beeindruckte, war, dass Daniel Ortega viele Männer und Frauen in sein Regierungskabinett berief, die während der vorangegangenen Jahre aktive Führungspersönlichkeiten sozialer Bewegungen waren. Im Kampf gegen die Privatisierung von Wasser, Energie, Gesundheitswesen und Bildung; aktiv in Verbauchernetzwerken, Gewerkschaften, Kleinbauernorganisationen etc.

Eine andere wichtige Regierungsentscheidung war der Beitritt Nicaraguas zur "Bolivarianischen Alternative für die Völker unseres Lateinamerika" (ALBA)(1). Eine fundamentale strategische Entscheidung, welche die Lösung der schweren Energiekrise ermöglichte. Man muss bedenken, dass wir eine Stromrationierung auf 11 Stunden pro Tag hatten, als der FSLN an die Regierung kam. Das ist heute vorbei und wir bewegen uns auf Unabhängigkeit im Energiesektor zu. Bis 2014 ist geplant, 78% des Energiebedarfs aus sauberen Energien, wie Geothermik, Solar, Windenergie, Biomasse zu decken.


Die kleinbäuerliche Produktion wiederbeleben

FRAGE: Welche sind die zentralen Punkte des aktuellen Regierungsplans?

WILLIAM GRIGSBY: Auf der Produktionsebene ist es das wichtigste, den landwirtschaftlichen Sektor zu stärken, d.h., die kleinen und mittleren Produzenten mit Krediten, Beratung und technischen Betriebsmitteln zu unterstützen. Mit besonderem Fokus auf Sicherstellung der Eigenversorgung und ausgehend von den drei alltäglichen Hauptnahrungsmitteln: Mais, Bohnen und Reis. Wir sind hier auf einem guten Weg.

An zweiter Stelle steht die Industrialisierung dieses weiterhin sehr unterentwickelten Bereiches. Es gibt hervorragenden Reis. Aber er wird nach Nordamerika verkauft, in Miami abgepackt und als nordamerikanisches Produkt verkauft. Wir haben zurzeit die benötigten Maschinen zur Verpackung nicht zur Verfügung. Dasselbe gilt bei der Milchverarbeitung zu Käse und der Möglichkeit, sie mit entsprechendem Mehrwert zu exportieren. Mit Unterstützung durch ALBA sind einige Projekte auf dem Weg, um diese vordringlichen Probleme anzugehen: Milchverarbeitung, Käsereien, Verpackung von Schweinefleisch und vieles andere.

All diese Pläne im Landwirtschaftssektor beinhalten weder Enteignungen noch Nationalisierungen. Sie basieren einzig auf den Kreditvergaben, technischer Unterstützung und Beratung, und besonders auf dem politischen Willen.

Ein weiterer entscheidender Aspekt der aktuellen Etappe ist die Revolutionierung im Energiesektor, über die wir bereits gesprochen haben. Ebenso die Re-Verstaatlichung (oder Ent-Privatisierung) des Gesundheits- und Bildungswesens. Zwei grosse Errungenschaften des Volkes.


Die Bildungsrevolution

FRAGE: Bedenkt man, dass der Kampf gegen den Analphabetismus in den 80er Jahren ein Grundpfeiler der sandinistischen Politik war .... Wo steht die Bildung heute?

WILLIAM GRIGSBY: Eine neue Bildungsrevolution findet statt, die verschiedene Aspekte beinhaltet: Veränderung der Lerninhalte in der Grund- und weiterführenden Schule. Die Stärkung der beruflichen Ausbildung - das Technische Institut hat heute zehnmal mehr Schüler als noch vor 2.5 Jahren. Das erlaubt die Ausbildung zu technischen Berufen wie Mechaniker, Schreiner, etc. Ebenso die Absicherung einer adäquaten Verbindung zwischen dem Niveau der weiterführenden Schule und dem Universitätsniveau. Bis 2007 lag die Erfolgsquote in Mathematik von Schulabgängern, die einen Ingenieursstudiengang beginnen wollten, bei 1.4%. Heute weisen schon 10 von 100 Schülern akzeptable Mathematikkenntnisse vor. Und das ist ein Anlass zur Freude, auch wenn es die noch vorhandenen Schwächen des Bildungswesens aufzeigt. 2004 und 2005 gab es hierzulande eine Debatte, da der Bildungsminister dieser Zeit angeordnet hatte, Mathematik aus dem Lehrplan der weiterführenden Schule zu streichen, und versicherte, dass man im Erwachsenenleben viele der erlernten Lektionen niemals bräuchte!

FRAGE: Auf der anderen Seite wird die Lehrerausbildung wieder auf aktuellen Stand gebracht.

WILLIAM GRIGSBY: Ein wirklicher qualitativer Sprung ist die Alphabetisierung. Am kommenden 19. Juli, zur 30 Jahr Feier des siegreichen Aufstandes 1979, wird die UNESCO Nicaragua zu einem Land frei von Analphabetismus erklären, mit einer Analphabetenrate in der erwachsenen Bevölkerung unter 1.4%. Dank der kubanischen Methode "Yo sí puedo" (Ja, ich kann doch), die ein Wunder ist.


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Hambre Cero (null Hunger): eine klientelistische Initiative?

(SF, GF) Eines der herausragenden Programme der sandinistischen Regierung nennt sich "Hambre Cero", in Anlehnung an das ähnliche Sozialprogramm gleichen Namens, das Präsident Lula in Brasilien eingeführt hat.

Es soll 75.000 Familien in den 5 Regierungsjahren zugute kommen und besteht aus der Vergabe eines "Produktiv-Bonus" an Kleinbäuerinnen. Diese bekommen eine Kuh und ein Paar Schweine, 10 Hühner, einen Hahn, und Saatgut für eine erste Ernte Mais und Bohnen. Ausserdem werden technische Unterstützung und weitere Betreuung mit dem Ziel der Stärkung des Selbstwertes der Kleinbäuerinnen zugesichert.

Bedingung ist, dass die Familie über eine Parzelle Land verfügt, auf der das Vieh weiden kann, Gehege für Geflügel hat und die Aussaat garantieren kann. Mit den jährlich durch den Verkauf der Produkte generierten Gewinnen wird ein Fond unterstützt, der wiederum anderen Familien zugute kommen soll.

"Ein assistentialistisches und klientelistisches Programm", kritisieren Medien skeptisch sowohl in Nicaragua als auch international.

"Die, die von Assistentialismus sprechen haben ganz bestimmt noch keinen Hunger erlebt und kennen die Beschränkungen in den ländlichen Regionen meines Landes nicht", so die vehemente Antwort von William Grigsby. Und er fügt hinzu, dass die, die von Klientelismus sprechen, nicht beachten, wie irreal es ist zu glauben, dass die 32.000 Familien, die 2007 und 2008 von dem Programm profitiert haben, alle Sandinisten wären. Grigsby argumentiert: "Unmöglich in den weit entlegenen Gebieten der Kampagne eine Meinungsabfrage durchzuführen, wo angeblich politische Gefolgschaft verlangt wird, um vom Hambre Cero Programm profitieren zu können."

Die Realität spricht für den Erfolg der Anstrengungen. Für 2009 ist ein Wachstum im Landwirtschaftsbereich von 5% in Aussicht, "trotz der tiefgehenden internationalen Wirtschaftskrise" betont der nicaraguanische Journalist.

Andere kritische Stimmen unterstreichen, dass "das Hambre Cero nicht das Problem grundsätzlich löst". Grigsby hält dagegen: "Das Programm hat nicht das Ziel, das Problem grundsätzlich zu lösen, sondern die Nahrungsmittelversorgung einer bestimmten Anzahl kleinbäuerlicher Familien zu sichern. Von den Verkäufen von Fleisch, Milch, Eiern und Getreide profitiert die produzierende Familie genauso wie die Kommune, die die Lebensmittel zu entsprechend moderaten Preisen erwerben kann".

Will man die aktuellen Probleme auf dem Land wirklich analysieren, so schliesst der Leiter von "La Primerísima", dann würde man nicht auf den Produktiv-Bonus abzielen, der gut funktioniert und voranschreitet, sondern auf die Situation der 20% an ländlichen Familien, die derzeit nicht einmal über ein kleinstes Stück Land verfügen. "Das ist der am stärksten benachteiligte Sektor.An diesen muss die sandinistische Regierung in Zukunft vordringlich denken. Zur Zeit ist dieser nur durch die Alphabetisierung begünstigt, was wichtig ist, aber nicht ausreichend."


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Ausstehende Probleme

(SF, GF) Nicaragua lebt nicht im Paradies, trotz der sozialen und wirtschaftlichen Fortschritte. Die Regierung hat im letzten Jahr starke Spannungen mit Nichtregierungsorganisationen und der feministischen Bewegung provoziert. Grund der Auseinandersetzungen mit den Feministinnen war die Entscheidung der Regierung, das Recht auf therapeutische Abtreibung zu annullieren, das seit 1895, über 100 Jahre, in der Verfassung verankert war. William Grigsby beurteilt dies als "einen Ausdruck politischer Arroganz und Borniertheit" und setzt auf die Möglichkeit der Rückgängigmachung der Entscheidung, gegen die noch offene rechtliche Einsprüche laufen. Der Direktor von La Primerísima betont, dass das Hauptdefizit der Regierung "dieses mit den Frauen ist, durch die Zustimmung zu dem Gesetz des Verbotes der therapeutischen Abtreibung."

Es entspricht der Realität, dass es Regierungsentscheidungen gibt, "die bestimmte institutionelle Rechtswege nicht zu respektieren scheinen. Es kann manchmal eine politische Erklärung dafür geben, aber wahrgenommen wird es als eine Art Autoritarismus, die Durchführung der Angelegenheiten gemäss dem Belieben der politischen Führer."

Aber genauso wenig, wie es Grigsby Bauchschmerzen bereitet, über die Arroganz der politischen Führung zu sprechen, hält er damit zurück, "die Arroganz bestimmter Nichtregierungsorganisationen zu benennen, einschliesslich einiger internationaler NGOs. Die Regierung bereitet die Ausarbeitung eines neuen Regelwerkes für NGOs vor. Ich glaube nicht, dass man damit die Unterstützung der Entwicklung des Landes eingrenzen will, der Arbeit mit Frauen, Kleinbauern, Indígenas oder Analphabeten. Aber der neue Staat will darüber informiert sein, was gemacht wird. Und schlägt vor, die Grenze zu ziehen zwischen Zusammenarbeit und gezielter politischer Aktivität. Nicht einmal in Europa können NGOs einfach machen, was sie wollen und müssen staatliche Stellen über ihre Programme und Aktionspläne informieren". gibt Grigsby zu bedenken.

Ein konkretes Beispiel ist das Radio "La Primerísima" selbst, das Grigsby leitet und das als nicaraguanische NGO eingetragen ist. "In den 17 Jahren unserer Existenz haben wir jedes Jahr unsere Berichte abgeliefert, unsere Steuern bezahlt und unsere Aufträge dargelegt. Um jeglichen Vorwand zu vermeiden, politisch sanktioniert zu werden. Auch wenn es uns nicht immer gefällt, ist es korrekt, dass NGOs ihre Berichte und Dokumente den Behörden vorlegen. Der Staat hat das Recht zu wissen, was gemacht wird", räsoniert Grigsby. Und er erinnert daran, dass der neue sandinistische Staat, im Unterschied zu den vorigen neoliberalen Regierungen, die Verantwortung übernommen hat für wichtige Bereiche wie das Gesundheitswesen, Bildung, und soziale Entwicklungspläne für den ländlichen Raum (Hambre Cero: Null Hunger, Usura Cero: Vergabe zinsgünstiger Kredite, um kleine Unternehmensgründungen wie z.B. Schneidereien zu fördern.). "Aufgaben, welche die neoliberalen Regime zuvor weder gemacht noch interessiert haben und die sie einfacherweise an NGOs und die Zivilgesellschaft delegiert haben" schliesst William Grigsby.


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Von Wahlen und PutschkomplizInnen

(dd) Warum hat der Oberste Wahlrat Nicaraguas bis heute die definitiven Resultate der Präsidentschaftswahlen 2006 nicht veröffentlicht?! Und warum reklamiert da kaum wer? William Grigsby erklärt es: Beim provisorischen Auszählungsstand kam Eduardo Montealegre, der von den USA, den europäischen Botschaften und dem nationalen Grosskapital gesalbte Präsidentschaftskandidat auf den Platz 2 hinter Ortega und damit automatisch ins Parlament und die damit verbundene Immunität. Die schützt ihn bisher vor einer strafrechtlichen Anklage wegen gigantischem Finanzbetrug. Bei der Gesamtauszählung rutschte er jedoch auf den dritten Rang hinter den Kandidaten der Liberalen Partei des Ex-Präsidenten Arnoldo Alemán. Damals versprach Montealegre Ortega die "Regierbarkeit" für den Rang 2. Gemachter Deal. Anders nach den Gemeindewahlen vom November 2008. Hier hat der Wahlrat zwar definitive Resultate vorgelegt, aber, zumindest im Internet, ohne sie zu belegen. Und die Kampagnen gegen den "sandinistischen Wahlbetrug" laufen seither heiss. Tatsächlich stinkt da etwas. Allerdings, so der Stand unseres Wissens, auf verschiedenen Ebenen. Nach übereinstimmenden Aussagen glaubwürdiger Insidern hat der FSLN die Wahlen in Managua hauchdünn gewonnen; liess die Ergebnisse danach aber vom Wahlrat aufblasen. Aber: Auch Eduardo Montealegre, der für die gesamte antisandinistische Rechte in Managua angetreten war, hatte von Wahlbetrug profitiert, vor allem in einem Stadtdistrikt, wo die Liberalen die sandinistische Wahlorganisation unterwandert hatten und ein fröhliches Mehrmals-wählen-gehen-Fest veranstaltet hatten. Tatsache ist, dass Montealegre bis heute nie die seinen Sieg angeblich beweisenden Wahlakte vorgelegt hat.

Aktiv war Montealegre dafür in Sachen Putsch in Honduras. Kürzlich eilte er nach Tegucigalpa, um sich von Goriletti "informieren" zu lassen. Die Reise war Teil einer Kampagne der gesamten nicaraguanischen Rechten gegen die prinzipientreue Politik der Ortegaregierung gegen den Putsch und gegen die Anwesenheit des gestürzten Präsidenten Zelaya in Nicaragua. Unter gesamte Rechte ist auch der Grossteil der "sandinistischen Dissidenz" einzuordnen. Laut dem weitgehend den Putsch begrüssenden und die "sandinistische Erneuerungsbewegung" MRS unterstützende Blatt Nuevo Diario wusste etwa auch MRS-Parlamentarier Víctor Hugo Tinoco, vor den letzten Wahlen als linke und "ethische" Garantie gegen Ortegas Totalitarismus gehandelt, dass Ortega habe mit der Unterstützung für den Versuch Zelayas, die Grenze zu Fuss zu überschreiten, Nicaragua der Gefahr eines Konfliktes mit Honduras ausgesetzt habe (25.7.09). eine weitere "dissidente" Ikone, die Schriftstellerin Gioconda Belli, weiss in ihrem Blog im selben Blatt zwei Tage später, dass Zelaya und die Putschisten beide schuld an der misslichen Lage sind und wendet sich ebenfalls scharf gegen den irgendwie kriegstreibenden Versuch des Gestürzten, ohne Gorilettis Erlaubnis in die Heimat zurückzukehren. Sie vermutet hinter solchem Wahnwitz Chávez und Ortega, die eine Lektion erteilen wollen, dass ein gewählter Präsident niemals abgesetzt werden darf, auch nicht, so die sich ansonsten als sandinistische Unbeugsame Darstellende, nur jetzt grad auf Putschistenlogik Abfahrende"wenn er alle Verfassungsprozesse seines Landes verletzt". MRS-Co-Chef Mundo Jarquín kritisiert Ortegas Solidarität gegen den Putsch, da Goriletti diese als "Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes" auffassen könnte (EFE, in La Prensa Honduras, 25.7.09).


Anmerkung:

(1) Die Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika - Handelsvertrag der Völker (Span.: Alianza Bolivariana para los Pueblos de Nuestra América - Tratado de Comercio de los Pueblos, ALBA-TCP) ist ein wirtschaftliches und politisches Bündnis von Staaten Lateinamerikas und der Karibik. Das Bündnis soll eine Alternative zur von den USA geplanten gesamtamerikanischen Freihandelszone ALCA darstellen.


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Quelle:
Correos de Centroamérica Nr. 158, 10. August 2009, S. 15-17
Herausgeber: Zentralamerika-Sekretariat, Zürich
Redaktion: Postfach, 8031 Zürich, Schweiz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2009