aufbau Nr. 100, März/April 2020
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus
Radio Widerspruch: Auf Sendung
Die Radiosendung "Widerspruch" des Revolutionären Aufbaus Winterthur wurde eben 10 Jahre alt. Über die Perspektive des revolutionären Radios.
(raw) Zum Start unserer Sendung auf Stadtfilter, einem
UNIKOM-Radio, ähnlich dem LoRa, gab es Bedenken, ob unser Format nicht
zu tendenziös, zu "linksextrem" sei. Wir wurden vorerst nur als Gäste
ins Radiostudio eingeladen, weil man um die "journalistische
Ausgewogenheit" bangte. Anscheinend haben wir überzeugt und ein
Publikum gefunden, denn seit 10 Jahren machen wir ein unabhängiges
Radioprogramm für den Stadtfilter, in welchem wir unsere Inhalte
liefern können. Dabei steht für uns die Diskussion der Tages- und
Weltgeschehen aus einer proletarischen Perspektive im Zentrum. Denn
dies sind die Themen, bei denen bereits Meinungen vorhanden sind. Hier
schaffen wir mit dem Widerspruch nicht nur einen Gegenstandpunkt,
sondern können durch Recherche auf linke Projekte und weitere
revolutionäre Medienschaffende verweisen und deren Analysen
weiterverarbeiten. Dabei gelingt es immer wieder erstaunlicherweise
gut, in den sogenannten "heiklen" Fragen wie denjenigen um die
revolutionäre Gewalt die bürgerlichen Interpretationen zu brechen. Wir
erweitern den Raum für Meldungen, welche oft wenig Beachtung finden.
Wir wissen nicht, wie viele Hörerinnen und Hörer unsere Sendung hat. Doch diese Frage stellt sich unserer Meinung nach tatsächlich nicht zwingend. Vielmehr halten wir seit 10 Jahren an der Produktion dieser Sendung fest, weil sie zum einen einem Teil unseres Konzeptes zur Gegenmacht entspricht. Denn man kann die Aneignung der Medien mit der marxistischen Aneignung der Produktionsmittel vergleichen, wie dies Hans Magnus Enzensberger in seinem Text 'Baukasten zu einer Theorie der Medien' (1970) proklamiert. Er sieht in den elektronischen Medien einerseits eine mobilisierende Kraft schlummern, andererseits erlauben sie seiner Meinung nach die Verteilung von Informationen als Güter über materielle Grenzen hinweg, was als eine Chance für soziale Gleichberechtigung gedeutet wird. Anders als andere sieht Enzensberger die Medien, insbesondere technisierte, elektronische Medien als nicht vorstrukturierend: Das heisst, die Kritik an der Verschränkung zwischen Medien, Macht und Gesellschaft soll nicht auf den Charakter des Mediums abzielen, sondern vielmehr darauf, wie die medialen Strukturen verteilt sind, sprich, wer befähigt ist, darauf zuzugreifen oder sie zu produzieren. So wäre die Lösung nach Enzensberger nicht die Ablehnung von Medien - eine Haltung der Linken, wie er in seinem Text an mehreren Stellen kritisiert - sondern eine Umnutzung der medialen Mittel, was schlussendlich auch eine Umstrukturierung der Machtgefüge innerhalb einer Gesellschaft begünstigen würde. Enzensberger geht also von einer, dem Träger der Medien inhärenten Neutralität aus, so dass man diese umformen, aneignen und neu deuten kann. Kurzum propagiert Enzensberger damit: Don't hate the media - become the media!
Unabhängig davon, ob man glaubt, dass technische Mittel eine Neutralität haben oder nicht - eine Frage, die man auch bei der politischen Nutzung von Social Media zu Hauf diskutieren könnte - ergibt sich für uns noch eine weitere Funktion durchs Radiomachen: Wir steuern damit auch einen inneren Prozess der inhaltlichen Auseinandersetzung und Politisierung zum aktuellen Tagesgeschehen. Und wir verfügen durch das Radio über ein Gefäss, welches uns als Kollektiv zusammenarbeiten lässt.
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Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)
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Quelle:
aufbau Nr. 100, März/April 2020, Seite 6
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, basel@aufbau.org
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.org
Redaktion und Vertrieb Schweiz:
aufbau, Postfach 8224, 8036 Zürich
E-Mail: info@aufbau.org
Internet: www.aufbau.org
Der aufbau erscheint dreimonatlich.
Einzelpreis: 2 Euro/3 SFr
Abo Inland: 30 Franken, Abo Ausland: 30 Euro,
Solidaritätsabo: ab 50 Franken
veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2020
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