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AUFBAU/396: Indien - CPI(Maoist) und CPI(M-L) Naxalbari in neuer Einheit


aufbau Nr. 78, september / oktober 2014
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

CPI(Maoist) und CPI(M-L) Naxalbari in neuer Einheit



FUSION Am 1. Mai 2014 wurde eine Presseerklärung veröffentlicht, in der die CPI(Maoist), Kommunistische Partei Indien (Maoistisch) und die CPI(M-L) Naxalbari ihre Fusion bekannt gegeben haben. Für uns ein Grund, um einmal mehr die revolutionäre Bewegung in Indien zu beleuchten.

(agkkzh) Bereits 2004 hatten sich die zwei grössten maoistischen Parteien Indiens[1] zu einer einheitlichen Partei zusammengeschlossen, der heutigen CPI(Maoist) - ein Sprung in der Geschichte der kommunistischen Bewegung Indiens. Die neuerliche Fusion ist bemerkenswert, da in einem so grossen Land wie Indien mit so unterschiedlichen Lebensbedingungen, Klassen, Kastenwesen, patriarchalen Strukturen, Völkern und Religionen die Widersprüche grosses Spaltungspotential haben. Dass die Bemühungen der Partei, die Einheit der revolutionären Kräfte voranzutreiben, trotzdem erfolgreich sind, zeigt, dass die Partei zu korrekten Methoden, richtigen Analysen und Selbstkritik fähig ist.


Jahrzehntelange, reichhaltige Erfahrungen

Die Geschichte der Kommunistischen Partei in Indien ist lang, sie begann bereits 1925. Im Laufe der Jahrzehnte wurden Teile in die herrschende Regierung integriert, andere gaben den bewaffneten Kampf auf, andere führen bis heute den langandauernden Volkskrieg gemäss dem maoistischen Konzept für halbfeudale Länder.

Die heutige CPI(Maoist) beruft sich auf den Bauernaufstand 1967 in Naxalbari im Norden Westbengalens, der eine revolutionäre Bewegung entzündete, die sich rasch und kontinuierlich ausbreitet. Die Bewegung ist zwar noch immer in viele Organisationen aufgesplittert, doch werden die Bemühungen um die Einheit revolutionärer Kräfte weiter vorangetrieben.

Die CPI(Maoist) ist heute wahrscheinlich die weltweit grösste revolutionäre kommunistische Partei, ihre Operationsgebiete erstrecken sich vom Nordosten des Landes den Küstenstaaten entlang bis in den Südosten. In zentralen Waldgebieten sind teilweise der alte Staat und die Grossgrundbesitzer vertrieben worden. In Jahrzehnten harter Kämpfe, in denen tausende GenossInnen ihr Leben verloren haben, wurden Guerilla-Stützpunkte und rote politische Macht in Form von Revolutionären Volkskomitees in Zentral- und Ostindien aufgebaut. Diese werden mittels der Volksbefreiungs-Guerilla-Armee (PLGA) erobert und die Volksmilizen beteiligen sich an ihrem Schutz. Trotz Parteiverbot ist die CPI(Maoist) mittlerweile in rund zwei Dritteln der 28 Bundesstaaten aktiv. Für die Arbeit in den Städten hat die Partei eine äusserst differenzierte Analyse entwickelt[2]. Darin wird für die veränderten ökonomischen und sozialen Bedingungen, wo eine rasante industrielle Entwicklung eine riesige ArbeiterInnenklasse erzeugt hat, ein umfassendes Konzept für den Kampf in den urbanen Zentren dargestellt. Es enthält differenzierte politische und organisatorische Antworten, wie Ziele, Methoden und Richtlinien der Parteiarbeit, ein langfristiger strategischer Ansatz, Formen des Widerstandes, der Aufbau klandestiner Parteiorganisationen, die Mobilisierung der Massen durch eine Vielzahl unterschiedlicher Organisierungsmöglichkeiten wie klandestine und offene Massenorganisationen, Fraktionen in den Gewerkschaften und verschiedene Aktionseinheiten. Aber auch die Analyse der Konterrevolution, militärische Aufgaben, urbane Milizen und Selbstverteidigungsgruppen, Aktionen der Stadtguerilla und die Unterstützung der Guerilla-Volksarmee. In den mit der Partei verbundenen Massenorganisationen kämpfen Millionen von Menschen für revolutionäre Ziele.


Trotz Repression wächst der Volkskrieg

Die Bedeutung der neuen Vereinheitlichung wiegt umso mehr, da der indische Staat immer wieder grosse Repressionskampagnen lanciert. Die aktuelle konzentriert sich in der "Operation Green Hunt" - einem Krieg gegen das Volk. Zehntausende von Menschen sind betroffen: Morde, Vergewaltigungen, Häuser- und Erntezerstörungen, Niederbrennen von Dörfern, Landenteignungen und Vertreibungen sind einige der Methoden. Der indische Staat setzt Militärattacken mittels Boden- und Lufttruppen sowie Drohnen ein.

Trotzdem wächst der Volkskrieg in Wellen. Die neuerliche Expansion im südlichen Teil von Western Ghats entlang der Westküste Indiens wurde durch die Fusion der beiden Parteien ermöglicht. Teile dieses Gebiets gehören zum Unesco-Weltkulturerbe und werden als einer der acht weltweit bedeutendsten Orte der biologischen Vielfalt geschützt. Der indische Staat ist dabei, die Zone zu militarisieren um den bewaffneten Kampf für eine revolutionäre Perspektive zu unterbinden. Weitere indische Bundesstaaten mit der von den GenossInnen entwickelten "Neuen Demokratie" in embryonaler Form sollen mit allen Mitteln verhindert werden.


Solidaritätstag mit den politischen Gefangenen

Jedes Jahr am 15. August feiern die bürgerlichen Kräfte in Indien ihre im Jahre 1947 erlangte "Unabhängigkeit". Für die Bevölkerung Indiens hat sich diese angebliche Unabhängigkeit und die darauf folgende neokoloniale Politik als wahrer Albtraum erwiesen. Um die Ausbeutung reicher Rohstoffe und billiger Arbeitskräfte durch Grosskonzerne zu garantieren, hat sich Indien ein Arsenal an Gesetzen, Dekreten und Verfügungen zugelegt, um im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus alle Formen von Opposition auszulöschen. Im ganzen Land sitzen zehntausende Personen wegen dieser "Anti-Terror-Gesetze" in Haft, oftmals ohne Prozess oder begangene Straftaten, unter ihnen auch viele Mitglieder der CPI (Maoist).

Anlässlich des Jahrestages der "Unabhängigkeit" Indiens organisierte die Rote Hilfe International einen Aktionstag, um Freiheit für die revolutionären Gefangenen zu fordern. Dies im Rahmen der internationalen Kampagne im Kampf für die Anerkennung des Status des politischen Gefangenen und für die Abschaffung der heuchlerischen "Anti-Terror-Gesetze". In verschiedenen Städten Europas, z.B. Brüssel, Hamburg, Toulouse, Locarno und Zürich, wurden Solidaritätsaktionen, Veranstaltungen und Plakatkampagnen durchgeführt. Unsere Solidarität ist deshalb von Bedeutung, da sich Indiens Regierung als die grösste Demokratie der Welt rühmt und es nicht gern hat, wenn ihnen die Welt auf die Finger schaut, während sie ihre Völker und ProletarierInnen terrorisiert. Die "Operation Green Hunt", die sämtliche "demokratischen Menschenrechte" mit Füssen tritt, muss denunziert und bekämpft werden.

[1] CPI(ML)(PW) Communist Party of India (Marxist-Leninist) (Peoples War) und MCCI Maoist Communist Centre of India
[2] "Urban Perspective", bei uns in Deutsch erhältlich, in: Internationale Debatte Nr. 6, Mai 2010

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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

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Quelle:
aufbau Nr. 78, september / oktober 2014, Seite 9
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, basel@aufbau.org
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.org
Redaktion und Vertrieb Schweiz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2014