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ARBEITERSTIMME/335: 70 Jahre atomare Bedrohung - Teil 3


Arbeiterstimme Nr. 192 - Sommer 2016
Zeitschrift für die marxistische Theorie und Praxis
Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiter selbst sein!

70 Jahre atomare Bedrohung
Atomrüstung, Politik mit Atomwaffen, Kalter Krieg, Teil III


Israels "geheime" Atomwaffen

Heute versprechen sich auch kleine, aber mächtige Regional-Staaten wie etwa Israel von seinem bisher offiziell selbst weder zugegebenen noch dementierten (Politik "nuklearer Zweideutigkeit") - tatsächlich aber existierenden Atomwaffenbesitz - außerhalb jeder international vertraglichen Sanktion den Schutz bzw. die Möglichkeit zum militärischen Präventiv- wie auch Vergeltungsschlag gegen eine unterstellte, von außen massiv drohende oder sich abzeichnende Vernichtung. Und Staaten wie die BRD, die dem Atomwaffensperrvertrag von 1963 beigetreten sind, tragen noch zu ihrer Atomwaffenaufrüstung bei. Als Israel im ersten Irakkrieg 1991 von irakischen Scud-Raketen beschossen wurde, handelte man in geheimen Deal Außenminister Genscher die Zusage zu Bau und Lieferung von insgesamt sechs voraussichtlich bis 2017 auf deutschen Werften (HDW Kiel, Nordseewerke Emden) gebauten U-Booten ab, wobei von den zu erwartenden ca. 2,6 Mrd. Euro Baukosten die Bundesrepublik als Militärhilfe für einen Staat in hochsensibler Konflikt- und Spannungsregion etwa die Hälfte übernimmt. Diese modernsten konventionellen U-Boote der Dolphin-Klasse auf der Basis der 212A-Bauart für die Bundesmarine mit ihren geräuscharmen Dieselelektrik-/Brennstoffzellenantrieben und großer Einsatzreichweite, verfügen über speziell vergrößerte Torpedorohre, durch die von Israel entwickelte Marschflugkörper (Popeye Turbo), die Atomsprengköpfe tragen, unter Wasser abgefeuert werden können. Israels neue U-Boote, von denen vier inzwischen ausgeliefert sind, können damit unentdeckt vor jeder möglichen Küste der Welt, besonders aber der Mittelmeer- und Golfregion, auftauchen und in Angriffs- und Zweitschlagsfähigkeit von See aus Ziele an Land oder zu Wasser in kurzen bis mittleren Reichweiten von bis zu 350/1.500 km atomar bedrohen und vernichten (technische Angaben und Zahlen u. a. nach wikipedia und Zeitschrift Europäische Sicherheit & Technik).

Israels Weg zur Atombombe wurde vor allem initiiert und gefördert schon vom ersten Staatspräsidenten David Ben Gurion, dem Wissenschaftler Ernst David Bergmann und dem Politiker der Arbeiterpartei, Schimon Peres, in verschiedenen Funktionen als Minister- und Staatspräsident, Außen- und Verteidigungsminister und sogar Friedensnobelpreisträger (1994). Die hier nicht näher zu beschreibende Entwicklung führte seit etwa 1955 in der spannungsgeladenen Konflikt- und Kriegsregion des Nahen Ostens über wechselnde Unterstützungen durch die USA, England, Frankreich, Südafrika und mehrere Stationen der Kooperation, Geheimhaltungsabkommen und unsauberen Deals zum Ziel mit allen unerlaubten Mitteln und skrupelloser Schläue. Erstmals 1986 faktisch offiziell belegt durch die Denunziation des israelischen Whistleblowers Mordechai Vanunu (Vanunu-Affäre). Der einstige Atom-Techniker am geschickt getarnten, von US-Hawk-Abwehrraketen umstellten, überwiegend unterirdischen Atomforschungs- und Kernwaffenprojekt Israels in der Negevwüste bei Dimona, wurde im Ausland von Israels Geheimdienst Mossad im Anschluss eines London-Besuchs, wo er der Presse sein Wissen angeboten hatte, nach Rom gelockt, von dort nach Israel entführt, vor Gericht des Hochverrats angeklagt und 1993 zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Noch immer ist ihm, dem weit mehr als Barack Obama oder Peres der Friedensnobelpreis zustehen würde, seit seiner vorzeitigen Entlassung 2004 jeder Kontakt zu Journalisten und die Ausreise untersagt und ist er wiederholter Staatsschikane, Strafverfolgung und zeitweiser Inhaftierung ausgesetzt. Mehr als einmal brachte Israels provokative Strategie der Erpressungen, um an die Bombe zu gelangen, den Nahen Osten an den Rand des Abgrunds einer atomaren Auseinandersetzung (Sechstagekrieg 1967) unter Beteiligung und Verwicklung anderer Atomweltmächte (USA, SU). Bereits 1967 soll Israel über mindestens zwei eigene Atomsprengköpfe verfügt haben, deren Einsatz im äußersten Fall gegen Ägypten und Syrien vorgesehen war. Man wird gleichwohl Israels Sorge um die eigene Existenz nach den Erfahrungen des jüdischen Volkes mit dem Nazi-Holocaust, nie wieder Opfer, nie wieder wehrlos zu sein, verstehen müssen. Man muss aber seine in Tätermanie seit Jahrzehnten dazu angewandten staatswillkürlichen und auf militärische Vorherrschaft und Unterdrückung gegenüber dem palästinensischen Volk zielenden Praktiken weder billigen noch akzeptieren. Sowohl das israelische militärische Vorgehen in der Vergangenheit im Libanon (1982) als auch die militärische Besetzung und Kontrolle der mit befestigten jüdischen Wehrsiedlungen gespickten West Bank und immer wieder die kriegerischen Einfälle in den Gazastreifen, beide wie Ghettos umzäunt und ummauert von den hässlichsten Sperranlagen der Welt, sind eines zivilisierten Landes unwürdig und menschlich wie völkerrechtlich schärfstens zu verurteilen.

Israels kombinierte Atomstreitmacht besteht heute zu Luft (F15/F16-Bomber, Mittel-/Langstreckenrakete Typ Jericho mit verlängerten Reichweiten bis 11.500 km, Cruise Missiles), zu Land (taktische Gefechtsköpfe für Panzer und Artillerie) und Wasser (U-Boote, Schnellboote). Nach weit differierenden Schätzungen beträgt die Anzahl der atomaren Sprengköpfe zwischen 100 und eher wahrscheinlichen 400. Gegen ausgemachte Bedrohungen aus der Region durch Atomprojekte anderer Staaten wie im Fall der zwischen 1980 und 1991 mehrmals angegriffenen und zerstörten irakischen Reaktoranlagen von Tammuz 1+2 (Osirak) bei Bagdad, begegnete Israel mit von seinem engsten Verbündeten USA gedeckten Präventivschlägen seiner Luftwaffe, die erneut in den vergangenen Jahren gegen errichtete Atomforschungsanlagen im Iran erwogen und angedroht wurden. Dabei wird man davon ausgehen müssen, dass eine gegen Israel einsetzbare iranische Atombombe bislang eine von westlicher Angstpropaganda absichtlich geschürte Chimäre ist.

Szenarien im Kalten Krieg - Schlachtfeld Deutschland

Der Westen rechnete in einem atomaren 3. Weltkriegs-Szenario in Deutschland neben den angenommenen Gefechtsräumen norddeutsche Tiefebene und Hof-Korridor (Nordostbayern) besonders im nordosthessischen sog. Fulda-Gap mit massiven Vorstößen des Warschauer Paktes. Man erwartete gerade dort mit 80.000 Mann und ca. 1.500 Panzern überlegen auftretende Truppen des Warschauer Paktes (WP), die in dem sich als günstige "Lücke" anbietenden wellenförmigen Gelände mit breiten waldlosen Schneisen und Senken durchbrechen und schnell bis in den dann nur noch etwa 80 km entfernten Großraum Frankfurt und an den Rhein vordringen würden, um die BRD in zwei Hälften zu zerteilen. Als Strategie dagegen entwickelten die USA/NATO das Konzept Air-Land-Battle (Luft-Land-Krieg) unter Einschluss der Verwendung taktischer nuklearer Gefechtswaffen. Heute zeugen der zum Touristen-Freilichtmuseum umgestaltete frühere US-Beobachtungspunkt "Point Alpha" in der Nähe der osthessischen/thüringischen Grenzorte Rasdorf/Geisa und das in nächster Nähe neu angelegte Grenzlandmuseum von der damals gezielt genährten Bedrohungshysterie, die einseitig nahezu ungebrochen in das Gedenkkonzept übernommen wurde. Die verkehrsmäßige zivile Infrastruktur der BRD wurde, soweit vor Ort erforderlich, zuerst an militärstrategisch erwogenen Überlegungen und Planungen ausgerichtet. Wer aufmerksam auf bundesdeutschen Autobahnen lang fährt, kann immer wieder völlig schnurgerade eben verlaufende Abschnitte ausmachen von ca. 2 bis 2,5 km Länge, mit lediglich durch eine Doppelleitplanke getrennten Fahrbahnen ohne Grünstreifen. Dabei handelte es sich um soweit schon unterirdisch mit Strom- und Wasserversorgung und Kommunikationsanlagen vorbereitete Behelfsstart- und Landebahnen für Kampfflugzeuge und Transporter der NATO-Luftwaffen. Künstliche Wasserstrassen wie der in ungefährer Nord-Südrichtung verlaufende Main-Donau-Kanal und weiter nördlich der Elbe-Seitenkanal zwischen Wolfsburg und Lauenburg/Lübeck dienten neben ihrem lediglich sehr eingeschränkten wirtschaftlichen Zweck vor allem als mögliche Barriere, um aus dem Osten nach Westen vorrückende Panzer- und Truppenverbände des WP für gewisse Zeit aufzuhalten. Brücken, Strassen und Autobahnen vor allem in Grenznähe zur DDR wurden von vorneherein mit Sprengkammern und -schächten auch für Atomminen angelegt (und wie zu vermuten ist auch auf der "Gegenseite"). Was die westdeutsche Bevölkerung lange Zeit am wenigsten wusste, war der geplante Einsatz von mit Atomgranaten kurzer Reichweiten bis 10-20 km bestückten Artilleriegeschützen, Panzerhaubitzen und Kurzstreckenraketen von 30 bis max. ca. 130 km Reichweite auch noch auf eigenem Terrain im Zuge der sog. Vorneverteidigung und "flexible response" (flexible Reaktion) der NATO gegen eine angenommene konventionelle Panzerübermacht des WP. Im Ernstfall wären so ohne Evakuierung ganze Landstriche mit der eigenen Bevölkerung atomar zerstört und radioaktiv verseucht worden. Recherchen von Kriegsdienstverweigerern und Zivildienstleistenden brachten zu Beginn der 80er Jahre an den Tag, dass Hunderttausende von ihnen längst entsprechend zivil-militärischer Verwendung, bestehender Zivilschutzpläne und der Sicherstellungsgesetze der Notstandsverfassung im Ernstfall für Kriegshilfsdienste in Krankenhäusern, Sozialeinrichtungen, Lazaretten und Transport- und Logistikaufgaben vorgesehen waren und begannen, sich auch dem in öffentlichen Erklärungen und Protestaktionen gegenüber den zuständigen Behörden und Ämtern zu verweigern.

Falklandkrieg, Atomkriegsparanoia und Massen-Proteste in den 80er Jahren

1982 ging mit dem Falklandkrieg (argent. Islas Malvinas) zwischen Großbritannien (unter Premier M. Thatcher) und Argentinien unter der Militärherrschaft General L. Galtieris die Ära der klassischen Staatenkriege mit dem wenig glanzvollen Kontersieg überlegener britischer Marineinfanterie vorerst dem Ende zu. So weit ab vom Mutterland hätte diese aber keine Woche länger mehr durchhalten können. Zum Menetekel wurde die Versenkung des veralteten leichten argentinischen Kreuzers "General Belgrano" (ehem. USS Phoenix der US-Marine) durch Torpedos eines britischen Atom-U-Boots, bei der allein 323 Marinesoldaten starben. Auf britischer Seite waren auch weitere Kriegsschiffe mit Atomwaffen an Bord beteiligt und traf es u.a. die Fregatte "Sheffield", die von einer französischen Luft-Schiff-Lenkrakete Exocet getroffen wurde und in Brand geriet. Noch 2003 protestierte der argentinische Präsident N. Kirchner gegen die damalige atomare Bedrohung für sein Land, die wohl eher nur auf dem Papier bestand. Ein Krieg mit derartigem Material- und Truppenaufwand (etwa 30.000 auf britischer, 24-55.000 Soldaten auf argentinischer Seite, auf beiden Seiten zusammen um die 900 Gefallene) um eine von nur etwa dreitausend Menschen bewohnte unwirtliche Inselgruppe - wenngleich geostrategisch als natürlicher "Flugzeugträger" nicht unbedeutend für die Kontrolle des Atlantik-Zugangs zur Antarktis - wäre nach Ansicht britischer Militärhistoriker heute völlig undenkbar. Dennoch nahm der Krieg um die Falklands in seinen verschiedenen Gefechtsszenarien und mit den Einsätzen von Spezialeinheiten auch Merkmale späterer sog. begrenzter Militärschläge vorweg, wobei die Briten das Kernland Argentinien nicht angriffen, wo wenig später 1983 die Militärdiktatur fiel. Der Konflikt um den gegenseitigen Besitzanspruch auf die Falklands hält bis heute an. Die in verschiedenen Gefechten erfolgreichen französischen Exocet-Raketen wurden weltweit zum Verkaufsschlager.

Das Jahr darauf 1983 war ausgehend von den heute bekannten Fakten, außer vielleicht während der Augusttage des Ost-Berliner Mauerbaus 1961, der bald darauf folgenden Kubakrise im Oktober 1962 und den Nahostkriegen (1967, 1973), für Europa und Deutschland die heißeste Phase überhaupt des gesamten Kalten Krieges als gelte es, den Wahnsinn noch zu steigern. Man wird hier von einem latenten "Dritten Weltkrieg" Phase III sprechen können. In Westdeutschland überfluteten gerade die aus den USA importierte Aerobic- und hausgemachte Neue Deutsche Musikwelle die Bevölkerung wie ein Konsum-Tsunami. Der Panikrocker Lindenberg ließ seinen Sonderzug musikalisch grenzüberschreitend nach Pankow rollen und Greenpeace überflog mit einem Ballon demonstrativ die Grenze nach Ost-Berlin, um gegen die atomare Hochrüstung in West und Ost zu protestieren. Im bürgerlichen Blätterwald machten die gefälschten Hitlertagebücher landesweit Furore und bescherten dem Stern-Magazin die größte Journalistenblamage. Der im März 1983 neu gewählte CDU-Kanzler Kohl vollendete, was sein ein Jahr zuvor mittels Misstrauensvotum gestürzter Vorgänger Helmut Schmidt in der SPD nicht mehr durchsetzen konnte: die Stationierung neuer, nach einem US-General benannter, atomarer Mittelstreckenraketen Typ Pershing II sowie Tomahawk-Marschflugkörper in Westdeutschland und den Beneluxländern als vermeintlicher Antwort auf die neue Generation vom Warschauer Pakt stationierter SS 20-Raketen. Die Grünen feierten frenetisch ihren erstmaligen Einzug als Antiatom- und Friedenspartei in den Deutschen Bundestag. An über 100 Standorten der BRD verteilt lagerten zudem mehr als 4.000 atomare US-Gefechtsköpfe. Hunderttausende unterzeichneten den Minimalprotest des Krefelder Appells aus der Friedensbewegung gegen den NATO-Nachrüstungsbeschluss der sozial-liberalen Regierung von 1979. Unter prominenter Beteiligung wie des Frankfurter Zoodirektors Grzimek, evangelischen Altbischofs Kurt Scharf und der katholischen Journalistin Vilma Sturm gründeten sich Bürgerinitiativen wie die von Pfarrer Arnold Haumann, dem Philosophen und Friedensaktiven Nikolaus Koch u. a. 1981 in Essen initiierte für ein blockfreies Deutschland im blockfreien Europa. Sie konnte in kurzer Zeit Hunderte von Unterstützenden gewinnen. Anders als der Krefelder Unterschriftenappell schlug sie in einem Manifest, das auch allen Bundestagsabgeordneten zugänglich gemacht wurde, ein praktisches politisches Aktionsprogramm der westdeutschen Basismobilisierung vor. Bereits am 10.10.1981 hatten sich schon über 300.000 Menschen im Bonner Hofgarten zur bis dahin größten Nachkriegs-Manifestation gegen Krieg und für Frieden eingefunden, gab es erstmals massenhafte Blockadeaktionen gegen US-Militärstandorte wie der Carl-Schurz-Kaserne am Hafenumschlagplatz der US-Armee in Bremerhaven. An einer Reihe von Atomraketenlagern besonders im süddeutschen Mutlangen bei Schwäbisch Gmünd, bei Großengstingen auf der Schwäbischen Alb und Neu-Ulm demonstrierten zahlreiche örtliche Friedensgruppen, bundesweite Friedensorganisationen und unterstützende Intellektuelle wie Heinrich Böll, Helmut Gollwitzer, Dorothee Sölle und Walter Jens mit gewaltfreien Sitzblockaden, kilometerlangen Menschenketten und symbolischen Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen den weltweiten atomaren Kriegs- und Katastrophenzwang. Mit ca. 700.000 Teilnehmenden an den '83er-Ostermärschen war es die Glanz- und Hochzeit der neuen grün-alternativen Friedensbewegung in der BRD als Erbin der Ohne-mich- und Kampf-dem-Atomtod-Bewegung der 50er und 60er Jahre. Sie wurde geprägt von Personen wie Antje Vollmer, Jutta Ditfurth, Petra Kelly, Roland Vogt, Joschka Fischer, dem rechtslastigen Friedensforscher Alfred Mechtersheimer und dem einstigen Panzergeneral Gert Bastian. Sie formierte sich quer durch die ganze Bevölkerung hindurch, von der Hausfrau und Rentnerin bis zu Juristen, Ärzten und Naturwissenschaftlern gegen Atomkrieg. Ihr entsprachen in der DDR, die sich bereits zunehmend mit ernsten Wirtschaftsproblemen konfrontiert sah, und wo laut Propaganda der Staat selbst die "größte Friedensorganisation" darstellte, originär zaghafte oppositionelle Pflänzchen wie die aus dem zentralen Kirchenbund vorsichtig unterstützte bibelinspirierte Basisbewegung "Schwerter zu Pflugscharen" und zahlreiche weitere kleine Friedensinitiativen wie die "Offene Arbeit" unterm schützenden Kirchendach. Wie groß und unmittelbar allerdings die atomare Kriegsbedrohung in diesem Halbjahr tatsächlich war, ahnten von den vielen emotionalisierten FriedensdemonstrantInnen und Menschen hüben wie drüben wohl nur die wenigsten. Der heiße "Raketen"-Herbst dieses Jahres war in klimatischer Milde nur für die Winzer in westdeutschen Weinlanden ein "guter Jahrgang".

Zwischenfälle und US-/NATO-Provokationen

Es ist davon auszugehen, dass es zwischen 1956 und 1995 bei mindestens 20 dokumentierten Situationen zur beinahe Auslösung eines atomaren 3. Weltkriegs gekommen ist. In 25 Ländern auf der ganzen Welt befand sich zu Hoch-Zeiten des Kalten Kriegs ein verschieden einsetzbares Arsenal von bis zu 80.000 Atomsprengköpfen, mit deren Explosivkraft man das ganze Sonnensystem hätte pulverisieren können (Angaben nach Leschs Kosmos, Albtraum Atombombe, ZDF). Noch 1995 sorgte der Einsatz einer Wetterrakete norwegischer Wissenschaftler zur Erkundung von Polarlichtern für eine MOB-Aktivierung der russischen Nuklearvergeltung. Man blieb dort allerdings an den Schalthebeln des Untergangs noch mal besonnen. 1981 war es in der neuen Reagan-Ära im nördlichen Eismeer zu einem massiven Aufmarsch einer alliierten NATO-Flotte mit Flugzeugträgereinsatz und unter Beteiligung Westdeutscher Flottenteile (U-Boote) gekommen, der sich gegen den bedeutenden sowjetischen Flotten- und U-Boot-Stützpunkt bei Murmansk als Manöverziel richtete. NATO-Bomber übten dabei nahe am realen Objekt Zielangriffe gegen vermeintliche sowjetische Raketenstellungen und Militärflugplätze um Murmansk. Aufgrund dabei neu erprobter Radartarn- und Störtechniken wurde der anrückende NATO-Kampfverband von den Sowjets erst sehr spät entdeckt und sorgte für entsprechende Unruhe im Kreml und in der hoch alarmierten Militärspitze. Dem sollten noch weitere riskante Vorstöße der USA und NATO folgen, die sich in der Wahrnehmung zu einer sich fortlaufend verstärkenden Bedrohungskulisse für die UdSSR steigern mussten, um die stets frühwarntechnisch unterlegene Sowjetunion auszutesten, Lücken ausfindig zu machen und die sowjetische Verteidigung bedrohlich in Zugzwang zu bringen. Wann immer sich US-amerikanisches, NATO- und russisches Militär zu Luft, Land und See zu nah kamen, setzte ein riskantes Katz-und-Maus-Spiel des sich gegenseitigen Belauerns, Täuschens, Provozierens und Überwachens ein. Dass man hierbei vor allem von westlicher Seite gefährlich mit der atomaren Eskalation Vabanque spielte, schien die beteiligten verantwortlichen Regierungen wenig zu beunruhigen. In keinem vergleichbaren Ausmaß gingen jedoch - mit Ausnahme von Chruschtschows misslungenem Kuba-Poker - ähnliche Initiativen mit Schein- und realen Bedrohungen von sowjetischer Seite aus, die dabei immer in die Defensive geriet bzw. gezielt gebracht werden sollte, um eigene westliche Überlegenheit zu demonstrieren und russische Reaktionen zu ergründen (provozieren). So auch bei einer Reihe der im Folgenden kurz geschilderten Zwischenfälle.

Fall 1: Gefährlicher Atom-Fehlalarm

Am 26.9. des Jahres 1983 meldete ein russischer Aufklärungssatellit der Kosmos-Baureihe, Typ Oka (Auge), ausgerüstet mit hochsensibler Infrarottechnik, über dem US-Staat Montana der Reihe nach den Abschuss von fünf atomaren amerikanischen Interkontinentalraketen mit Ziel SU. Der russischen Seite im Kommandozentrum für die strategische Satelliten- und Luftraumüberwachung Serpukhov bei Moskau blieben höchstens wenige Minuten Zeit zur Reaktion mit nuklearer Vergeltung. Der kommandierende Oberst Stanislaw Petrow entschied nach kurzer Prüfung von Satellitenaufnahmen, die über dem US-Gebiet keine Raketenstarts verzeichneten und wie er im Interview versichert "intuitiv nach Gefühl", dass es sich dabei kaum um einen massierten Atomangriff von US-Seite handeln könne und lag damit so richtig wie beim Russischen Roulette. Der russische Vergeltungsschlag unterblieb, der Oberst wurde für seine Besonnenheit nicht gelobt, ausgezeichnet oder befördert, aber auch nicht bestraft, hatte er doch geltende Befehle ignoriert. (Wäre dieser soldatische "Ungehorsam" im Dienst nicht erfolgt, würde dieser Artikel jetzt kaum geschrieben werden). Eine wie sich herausstellte schadhafte Software des Satelliten hatte grelle Sonnenstrahlenreflexe zwischen den Wolken irrtümlich für Raketenzündungen gehalten. Ob dabei auch gezielte Sabotage von westlicher Seite mit im Spiel war, wurde nie aufgeklärt. Mit Nachdruck arbeiteten die USA damals gerade an ihrem sog. SDI-Programm ("Star Wars") zum Abschuss herannahender russischer Raketen durch im Weltraum stationierte Pulks von Laserstrahlwaffen, um sich erneut den strategischen Vorteil zu verschaffen. Waren etwa davon bereits im Erdumlauf befindliche Testmodule gezielt oder durch Zufall an der Lichttäuschung beteiligt? Der ungewöhnliche Verlauf des atmosphärischen Ereignisses mit seiner fünffachen Wiederholung könnte durchaus dafür sprechen. Petrow, Jg. 1939, quittierte bald danach den Dienst, wurde unter dem Einfluss privater Schicksalsschläge ein verbitterter, zorniger Mann und begann aus Kummer zu trinken. Erst spät in den vergangenen paar Jahren wurde er mehrfach, darunter 2006 von der UNO (World Citizen Award), mit z.T. dotierten Preisen für sein mutiges Verhalten ausgezeichnet. Das anerkennende Lob, er sei ja ein Held, weist der mitunter schnell schroff werdende Mann und Kevin Costner-Fan eher ärgerlich untertreibend von sich, er sei kein Held, nur eben "zur richtigen Zeit am richtigen Ort" gewesen (siehe Doku-Fiction Der Mann, der die Welt rettete von Peter Anthony; USA/DK/Russl. 2014, gesendet von ARTE am 4.8.2015).

Fall 2: UdSSR als "Reich des Bösen"

Das nördliche Seegebiet vor der pazifischen Küste der Sowjetunion bei der zu ihr gehörenden Halbinsel Kamtschatka, damals wie heute ein wichtiger russischer Stützpunkt für Radarstationen und die sowjetische Pazifik-Kriegsmarine mit ihren großen Atom-U-Booten, war im gleichen Jahr Schauplatz eines US-Flottenmanövers (FleetEx '83) mit drei beteiligten atomaren US-Flugzeugträgern, um wiederum die sowjetische Raketenabwehr zu testen und zu verwertbaren Reaktionen zu provozieren. Dabei verletzten zum Schein angreifende US-Militärflugzeuge wiederholt russischen Luftraum. Am 1.9. kam es mitten im Manöver-"Kampfgebiet" westlich der Südspitze der ehemaligen russischen Verbannungsinsel Sachalin zu dem bis heute nicht eindeutig geklärten Abschuss eines mit 269 Passagieren besetzten Jumbos mit der Bezeichnung KAL 007 der Koreanischen Airlines durch einen sowjetrussischen SU-15-Abfangjäger. Das auf dem Nachtflug von Anchorage/Alaska nach Seoul befindliche südkoreanische Zivilflugzeug, das weitab nördlich von seinem regulären Kurs schon Hunderte von Meilen in russischem Luftraum unterwegs war, die Kamtschatka dabei schon direkt überflogen hatte und auf Funkrufe nicht reagierte, war nicht eindeutig identifizierbar. Offenbar wurde es vom sowjetischen Radar mit einem gerade im gleichen Luftraum etwa auf Parallelkurs fliegenden vierstrahligen Aufklärungsjet Boeing C 135 der US Air Force verwechselt, so dass der russische Pilot von einer militärischen Luftraumverletzung ausgehen musste, der er befehlsgemäß zu begegnen hatte. War dabei die sowjetische Radaraufklärung oder der Funk des KAL-Passagierjets vom US-Militär bewusst getäuscht oder sogar gestört, der koreanische Jumbo vielleicht als "Köder" benutzt worden und der beteiligte Sowjetpilot womöglich in eine raffiniert gestellte Falle gegangen? Man wird es wohl nie genau erfahren und mag an solch Ungeheuerliches zwar denken, aber es kaum real annehmen. Dennoch blieben viele offene Fragen, auch weil das Ereignis hinterher vor einer "entrüsteten Weltöffentlichkeit" von US-Seite weidlich propagandistisch ausgeschlachtet wurde. Beim Presseauftritt im Weißen Haus jedenfalls nahm unter Abspielung des abgehörten Funkverkehrs des russischen Piloten US-Präsident Reagan das offensichtliche Fehlverhalten der Russen zum willkommenen Anlass, in auffallend heftiger Weise gegen die UdSSR als "Evil Empire" (Reich des Bösen) zu hetzen und polemisch übersteigert vom "koreanischen Massaker" zu sprechen, eigene Mitverantwortung für die durch die aggressiven US-Manöver geschaffene hochbrisante Lage wie üblich ausblendend."

Zu erinnern ist weiterhin daran, dass nur wenig später am 22.10.1983 eine von überdrehter Kubahysterie infizierte US-Invasion auf der kleinen strategisch völlig unbedeutenden Karibikinsel Grenada (300 km², 70.000 Einw.) stattfand, um dort eine neu etablierte linke Regierung zu beseitigen. Die als Anlass vorgegebenen russischen Raketenwaffen wurden jedoch nie gefunden. Und nur drei Tage zuvor erfolgte der Terroranschlag gegen die in Beirut/Libanon damals präsente US-Armee, bei dem 241 amerikanische Soldaten starben. Daraufhin versetzten die USA alle ihre Militäreinheiten weltweit in Alarmbereitschaft, Hintergrund genug für überzogenen Bedrohungs- und Verfolgungswahn in jedwede Richtung und direkt von Bedeutung im folgenden Fall 3.

Fall 3: Fünf Minuten vor zwölf bis zum Atomkrieg

Dem üblichen NATO-Herbstmanöver 1983 in Europa "REFORGER" (Return of Forces to Germany/Streitkräfte kehren zurück nach Deutschland) folgte noch eine weitere geheime Kommandoübung mit Namen "ABLE ARCHER" (Tüchtiger Schütze), als top secret behandelter Generalstabsübung zur Freigabe von Atomwaffen im Falle eines massierten Angriffs durch den Warschauer Pakt. Gleichzeitig nahmen nicht wie sonst üblich nur Statthalter von Regierungsverantwortlichen daran teil, sondern von der Ostfunkaufklärung registriert wurde der Umzug von Reagan und anderer westlicher Regierungsschefs in ihre atomsicheren Schutzbunker. Die Regierungsspitze in Bonn wechselte in ihren Atombunker in der Eifel. Im Zuge des sinnigerweise "Cemetry Network" (Nachrichtennetz Friedhof) lautenden NATO-Kommunikationssystems wurden auch die Codes aller NATO-Atomwaffen plötzlich geändert. Für die sowjetischen Spionage- und DDR-Aufklärungskanäle und STASI-Kundschafter der Hauptverwaltung Ausland (HVA mit Leiter General Markus Wolf) bedeutete all dies zusammengezählt die höchste Alarmstufe eines unmittelbar bevorstehenden Atomschlags und führte zur Mobilmachung des Warschauer Paktes. Im russischen Atomwaffenlager der DDR bei Himmelpfort nördlich von Berlin und auch auf polnischen Luftstützpunkten wurden am 8./9.11. emsige Vorkehrungen getroffen, um zum bis damals einzigen Mal Atomsprengköpfe zu aktivieren und auf Fliegerhorsten wie dem nahe gelegenen in Großdölln russische Suchoi-Bomber damit zu bestücken, die startklar gemacht wurden und mit laufenden Düsenaggregaten schon abflugbereit waren. Nach Expertenansicht war die BRD damals nur noch fünf Minuten von einem Atomangriff aus dem Osten entfernt. Als die westliche Seite all das erst über ihre eigenen Geheimdienstkanäle erfahren haben wollte, was wenig plausibel erscheint, zeigte sich der Schauspieler Ronald Reagan, dem der Atomkatastrophenfilm "The Day After" angeblich respektvollen Eindruck gemacht und Depressionen bereitet haben soll, deeskalierend sichtbar anwesend im Weißen Haus und brach unbekümmert zum Flug zu seiner Ranch in Texas auf, wo ihn die Medien bei der entspannten Gartenpflege filmten. Ein Atomkrieg, das sollte für die Seite gemäß dem Motto "Friedensgrüße nach Moskau" als deutliches Zeichen daraus zu entnehmen sein, konnte demnach kaum unmittelbar bevorstehen. Offensichtlich war der Bogen dieses Ernstfallszenarios weit überspannt worden und aus dem Ruder gelaufen, ehe es umgehend zurückgefahren und beendet wurde. Oder aber man war sogar absichtlich soweit gegangen. Die Dummen und Getäuschten waren jedoch wieder mal die Russen, denen man propagandistisch auch noch kriegsvorbereitende Aktivitäten anlasten konnte. Eine Art kryptisches Mißverständnis, wie es für viele ähnliche Vorfälle als typisches Merkmal des "nuklearen Regimes" lange Zeit kennzeichnend war. Erst im Zuge des ab 1985 bescheiden einsetzenden Entspannungsklimas beim atomaren Wettrüsten wurde auch eine ständige telefonische Direktleitung zwischen dem Weißen Haus und dem Kreml installiert, um solche Fehlannahmen kommunizierend auszuschließen. Direkt verbunden war man bis dahin lediglich mit den ausländischen Botschaften im eigenen Land (Daten und Fakten u.a. zit. nach wikipedia und ZDF-History, TV-Dokumentation Welt am Abgrund von Andreas Orth).

Ende nuklearer Blockkonfrontation, neue Kriege

So trugen die geschilderten problematischen und konfliktgeladenen Begebenheiten sowie öffentlichen Massenproteste nicht unwesentlich mit dazu bei, dass angesichts solcher letztlich unkalkulierbarer Gefahren in das internationale atomare Wettrüsten allmählich etwas mehr "entspannende" Bewegung kommen sollte. Der einst über Jahrzehnte hinweg akut drohende atomare 3. Weltkrieg schien fürs erste sogar mangels Bedarf an Konfrontation zu bannen zu sein. Die UdSSR steuerte durch ihre konventionelle wie gerade im Nuklearbereich heillose militärische Überrüstung in Form einer schlagkräftigen Unterwasserflotte der größten Atom-U-Boote der Welt, ganzen Geschwadern kleinerer atomarer Jagd- und Aufklärungs-U-Boote, die sie nicht nur freiwillig, sondern vor allem auch unter dem Druck durch den kapitalistischen Block betrieb, absehbar auf den wirtschaftlichen Ruin zu. Es musste dringend etwas Durchgreifendes geschehen. Nach der nur kurzen Amtszeit des letzten Kreml-Parteihardliners Juri Andropow ging der gar nicht mehr so rote Stern des dynamischen Kaukasiers und liberal aufgeschlossenen Agrarverwaltungs-Ingenieurs Michael Gorbatschow im Osten auf. Unter seiner Ägide hielten wesentlich nur von oben verordnete Liberalisierungsprogramme wie "Glasnost" und "Perestroika" ohne wirkliche soziale Basis in Partei- und Staatsapparat und nur sehr bedingt mitgetragen im Volk und in den Massenorganen Einzug in die Innenpolitik der UdSSR. Mehr öffentliche Transparenz, Meinungsbeteiligung und demokratischer Umbau an sich wären keine schlechten revolutionären Mittel für den Sozialismus-Aufbau gewesen. Allerdings schon einige Jahrzehnte vorher und unter Vermeidung oder doch deutlicher Minderung all der wüsten bis verbrecherischen Exzesse der unsäglichen, paranoiden Stalin-Ära. Sie waren keineswegs historisch unvermeidbar und unterliefen von innen heraus den sozialen Kommunismus bis zur unrettbaren Fäulnis. Sie bedeuteten Verrat an der sozialistischen Idee und Weltrevolution und kosteten überdies zig Millionen Menschen das Leben. Die "letzte Schlacht" um den Fortbestand des bürokratischen Sowjetkommunismus bahnte sich nun unweigerlich an. Es drohte unverhohlen das kapitalistisch straffe, neoliberal kopierte Reformregiment in Politik, Staat und Wirtschaft mit einseitiger Begünstigung der neureichen Krisenprofiteure und Parteiopportunisten, die schnell die Seiten ins neue System wechselten und wachsender Verarmung und Entrechtung der Massen (siehe dazu die detailreiche Studie des ehemaligen Wirtschaftsreferenten in der Dt. Botschaft in Moskau in den '90er Jahren und Wirtschaftswissenschaftlers Frank Hoffer; Literaturliste). Nicht minder innerlich ausgehöhlte und beim Volk delegitimierte Systeme wie die DDR stellten sich diesem unterminierenden Mechanismus zwar instinktiv nichts Gutes ahnend entgegen, aber nur weil ihre morschen, ideenlosen und verknöcherten alten Herrschaftseliten und fügsamen Parteikader zu Recht den Verlust an Macht und Einfluss in Staat, Politik und Gesellschaft befürchten mussten. Zudem hatten sie keine sozialistische Antwort mehr auf die aktuelle Herausforderung als noch mehr Bürokratie und Stasi. Und der eiserne Republikaner und Kriegsrüster Reagan fühlte sich wohl auch gerade dadurch ermutigt, es bei seinem PR-Auftritt während seines Berlin-Besuches 1987 publikumswirksam seinem einstigen Vorgänger Kennedy gleichzutun, der fast 25 Jahre zuvor ein geteilter Berliner sein wollte, um diesmal an die Adresse des russischen Staatspräsidenten direkt von der Berliner Mauer seinen legendären Appell zu richten: "Mr. Gorbatschow, tear down this wall!" (Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer ein). Die Folgen für eine gravierende weltpolitische Zäsur deuteten sich damit schon merklich an. Reagan und Gorbatschow trafen sich alsbald zu neuen atomaren Abrüstungsgesprächen mit Abschluss 1987 des INF-Vertrags zwischen den USA und der UdSSR über das Verbot der Herstellung und Lagerung atomarer Mittelstrecken-Waffen. Die Tage von Pershing II und SS 20 waren wenige Jahre nach ihrer Einführung bereits gezählt.

Zwei völkerrechtswidrige Irakkriege

1988 endete die auf höchstem Gefahrenniveau so brandgefährliche achtjährige Amtsperiode Reagans und der Neue Weltordnungs-Verkünder und Mittelost-Kreuzzügler George Bush sen. trat folgerichtig auf den Plan. Er betrieb zielstrebig gegen französische und britische Einwände die deutsche Vereinigung mit und führte 1990/91 eine alliierte "Koalition der Willigen" ähnlich wie im Fall Korea unter Alibi-UN-Mandat in den ersten US-Golfkrieg gegen den Irak, der 2003 einen weiteren unter Führung des folgsamen Sohnes George W. Bush jun. nach sich zog. Dies waren schon keine reinen Staatenkriege (wie zuletzt bei der Destabilisierung und dem Zerfall von Jugoslawien in den 90er Jahren) mehr, sondern von Anlage und Verlauf stellvertretender "Befreiungskrieg" und hegemoniale Strafaktion gegen einen anmaßenden Regionaldespoten aus eigener westlicher Aufzucht und dessen laizistisches Staatsregime. Hinter dem Despoten Saddam Hussein, der eine manische Vorliebe für eine Atommacht Irak hatte, stand nur noch eine klientele Minderheit seines national und religiös gespaltenen Volkes, dessen innere Auflösung und Teilung dadurch nur noch beschleunigt wurde und den internationalen "islamistischen" Terror weiter nährte und beförderte. Hier sollen jedoch nicht weitere signifikante Einzelheiten und Fakten zu Verlauf und Folgen der beiden Kriege dargestellt werden, sie sind hinlänglich bekannt und können in der kritischen Literatur an anderer Stelle nachgelesen werden. Die Atomwaffenthematik hatte dabei zudem nur eine Randbedeutung, da die vermeintliche Annahme, der Irak würde über ein fortgeschrittenes Atomprogramm, also auch schon mögliche Atomwaffen verfügen, sich als völlig grundlos und propagandamäßig überzogen erwies. Erwiesen ist hingegen, dass die US- und britische Seite in beiden Feldzügen uranabgereicherte gehärtete Munition verwendeten. Zusammen mit den bei Sprengungen irakischer Munitionsdepots mutmaßlich freigesetzten Giftstoffen (Nervengifte) führte das auf eigener Truppenseite zu menschlichen Schadensfolgen wie dem sog. Golfkriegssyndrom. Nur soviel sei noch angemerkt: Im Nachhinein betrachtet hätte man zur unblutigen Rückgabe des besetzten Kleinstaates Kuwait vermutlich leichthin durch diplomatische Verhandlungen und Konfliktbereinigung unter zielstrebiger UN-Vermittlung gelangen können, zumal es auch frühe Verhandlungsangebote des Irak gab, was aber vielleicht ein paar Jahre länger gedauert hätte, aber weitaus weniger Leid, Opfer und Zerstörung gekostet hätte. Ein alliiertes Kommando unter UN-Mandat hätte zumindest unter die unbedingte Maßgabe gestellt werden müssen, nach Vertreibung des irakischen Aggressors an der Grenze zum Irak Halt zu machen. Stattdessen fiel man nun wesentlich angeführt von der Koalition USA-GB selbst völkerrechtswidrig als Aggressor mit über 800.000 Mann (USA/GB: 630.000; übrige NATO-Staaten: 75.000; arabische Staaten: 103.000) alliierten Bodentruppen in den Irak ein, um bei kaum wirksam erfolgter und nur geringer Gegenwehr völlig unverhältnismäßig und der Konfliktlage gänzlich unangemessen weiter aus der Luft vernichtende Bombardierungen vorzunehmen, dabei die zivile Infrastruktur fast ganz zu zerstören oder lahmzulegen und Zehntausende an zivilen und militärischen Toten und verwundeten Opfern auf irakischer Seite (Soldaten: ca. 35.000 Gefallene/75.000 Verwundete) zu produzieren bei selbst nur wenigen hundert Opfern (390/780). Erst wenn diese Dinge einmal genügend als weltordnender Kriegs- und Unterwerfungsterror des Westens verstanden werden, wird man auch begreifen lernen, warum und wie es als Reaktion zu einem derartig exzessiven Gegenterror in kämpfenden Zellen wie Al Queida, Boko Haram oder zur militärischen Formation des menschen- und kulturverachtenden sog. Islamischen Staats (ISIS) kommen konnte.

Es dauerte nur noch wenige Jahre und die DDR, UdSSR, der östliche Satellitenstaaten-Block und Warschauer Pakt waren bis spätestens 1993 Geschichte und neue Erben traten an. Das labile Zerfallsrestgebilde Russland/GUS, durch Staatensezessionen an der westlichen und südlichen Peripherie wirtschaftlich deutlich geschwächt und um etwa die Hälfte seiner ursprünglichen EinwohnerInnenschaft gebracht, war für viele Folgejahre keine Weltmachtkonkurrenz mehr. Das begann sich erst wieder seit ungefähr Anfang bis Mitte der 2000er Jahre zu ändern: durch die akkumulierenden Neureichtümer in Staatskonzern- und privatem Oligarchenbesitz der mittlerweile zahlreichen weiteren Erdöl- und vor allem Erdgaserschließungen. Durch den Auftritt sich darauf gründender, robust profilierender Apparatschikgestalten aus der früheren Kommunistischen Partei-Nomenklatur wie Putin mit neu erstarktem militärischem Selbstbehauptungs- und Absicherungsdrang (siehe Krim/Ost-Ukraine/Syrien). Dazu trug die scham- und skrupellos gegen alle diplomatisch und faktisch gegebenen Zusagen des Westens dennoch betriebene NATO-Osterweiterung (Polen, Baltikum, Tschechien/Slowakei; die Ukraine, Moldawien, Georgien als Bündnis-Kandidaten) ihren nicht unwesentlichen Teil bei. Ein "Feind" der Menschheit war - wenn auch ohne dessen Atomwaffenarsenale - vorerst beseitigt, der andere beanspruchte die alleinige Ordnungsrolle als noch verbliebene "einzige Weltmacht" (Zbig Brzezinski).

Die atomare Situation heute

Nach 70 Jahren ist die Atomrüstung gekennzeichnet von einem deutlichen Weniger an vorgehaltener Atomrüstung und Trägersystemen gegenüber früheren Hoch-Zeiten von 70 bis 80.000 Atomsprengköpfen. Der Löwenanteil entfiel und entfällt auf die USA und Russland. Vor 20 Jahren waren es immerhin noch 40.000.

Das SIPRI-Jahrbuch 2014 geht von folgender Auflistung aus: USA: 2.080 einsetzbare Sprengköpfe/5.020 Reserve; Russland: 1.780/5.900; F: 290/10; GB: 160/65; China: -/250; Pakistan: -/100-200; Indien: -/90-110; Israel: -/80; Nordkorea: -/0-10. Gesamt: 4.310/11.565; max.: 15.875 (zit. nach Bulletin of Atomic Scientists, NRDC Nucleur Notebook 2001-2015; als Tabelle in: Rote Fahne, Nr. 32, 7.8.2015).

Dies entspricht etwa der allgemein aktuell immer wieder genannten Zahl von 16 bis 17.000 Sprengköpfen einschl. Reserven. Sie sagt nichts über ihre Effektivität (Sprengkraft) und Umfang und Schlagkraft der Trägersysteme aus, die die zahlenmäßige Reduktion mindestens ausgleichen! Man kann heute mit deutlich weniger Atomwaffen auskommen, ohne die Einsatz-Doktrin aufgeben und auf Abschreckungswirkung verzichten zu müssen, Der mehrfache "Overkill" des gesamten Globus ist immer noch möglich. Es ist auch davon auszugehen, dass vor allem bei den nicht vertraglich erfassbaren Staaten Pakistan, Indien, Israel und Nordkorea, die keine Kontrolle zulassen und Angaben nennen, die Zahlen noch deutlich nach oben abweichen können (siehe Abschnitt über Israels Atomwaffen). Es gibt nach wie vor die strategischen Trägerkomponenten Bomber, Rakete, "mit jeweils unterschiedlichen Reichweiten und U-Boot, ergänzt ggfs. von Marschflugkörpern, weitreichender Gefechts-Artillerie und Torpedos. Und es dürfte bereits auch so etwas wie die fern lenkbare Atom-Drohne geben. In Deutschland lagern unter US-Kontrolle offiziell noch etwa 20 Atomsprengköpfe am Standort Büchel (Eifel). Weitere befinden sich noch in holländischen, belgischen, italienischen und türkischen NATO-Depots. Weniger Waffen bedeutet nicht automatisch geringere Gefahr und Bedrohung, wenn diese auf mögliche Einsätze hin präzisiert, optimiert und wie inzwischen feststeht modernisiert werden. Zudem liegt die Sprengkraft vielfach im mehrere hundert Kilotonnen- bis deutlich über 1 Megatonnen-Bereich (zum Vergleich: die Hiroshima-Bombe hatte eine Sprengkraft von "nur" 13 Kilotonnen). Die möglichen verheerenden Explosionswirkungen dieser Massenvernichtungswaffen sind also noch immer jenseits Vorstellbarem. Die Marschrichtung aus verschiedenen Abkommen und Verträgen zielt zwar auf Gefahren-"Begrenzung", "Abrüstung", "Defensivierung", hält aber immer noch genug Schlupflöcher und Lücken bereit, um Atomwaffenländern die Optionen offen zu halten, die sie sich offen halten lassen wollen. Waren früher Vorwarnzeiten von wenigen Minuten bis knappe halbe Stunden die Regel, sind es heute z.T. mehrere Stunden bis Tage. Das eröffnet zumindest mehr Zeit für Überprüfungen und Rückkopplungen bei Fehlalarmen etc. Dort, wo sich gegnerische Militär- und Atommächte unmittelbar gegenüber stehen, also in Nah-/Mittelost (Israel-Syrien-Iran), im Duo Pakistan-Indien, im Trio China-Nordkorea-USA (als Garantiemacht für Südkorea und Japan) und leider auch wieder verstärkt im Trio USA-NATO-Russland (NATO-Ostflanke, Türkei, Baltikum, Polen, Ukraine, Georgien) schrumpfen wie zwischen Indien und Pakistan Vorwarn- und Reaktionszeiten auf kaum mehr als noch 2-3 Minuten zusammen, in denen bei Irrtümern keine Zeit mehr bleibt anders als mit dem Gegenschlag zu reagieren.

Nukleare Abschreckung mit Atom-U-Booten

Von entscheidender Bedeutung (neben Flugzeugen und landgestützten Mittel- und Langstreckenraketen) für die nukleare Option sind nach wie vor und vielleicht sogar vermehrt die seegestützten Systeme in Form Atomraketen tragender nuklearer U-Boote (SSBN = Kürzel für ballistische Atomraketen tragende U-Boote), derzeit in verschiedener Stückzahl und Größe unterhalten von USA, Russland, GB, F, China und Indien, in konventioneller, aber atomar bestückbarer Variante auch Israel. Von ihnen geht derzeit aus verschiedenen Gründen die größte unberechenbare Gefahr aus. Alle etwa 30 bis 35 zur Zeit die Weltmeere befahrenden SSBN dienen der Fähigkeit zum vernichtenden Gegenschlag (assured destruction) und politischen Abschreckung. Im Unterschied zu Flugzeugen und Interkontinentalraketen Langzeit getaucht nur schwer bzw. nicht zu orten, stellen sie die überlebensfähige Komponente einer Atommacht dar und sollen im Kriegsfall einem Staat zumindest die Zweitschlagsfähigkeit sichern. Sie müssen zum Abschuss ihrer Raketenwaffen nicht auftauchen, um Ziele auf See oder an Land zu vernichten und können so bei stark eingeschränkten Fahrgeräuschen unentdeckt nahe an gegnerische Küsten heranfahren, die Reaktionszeiten der Gegenseite minimieren und deren Raketenabwehr unterlaufen. Die nahezu perfekte und darum so präferierte Kriegswaffe, wenn ein Land sie sich leisten kann. Die schlagkräftigsten Kontingente stellen mit 14 großen SSBN die USA (Ohio-Klasse; 170 m lang, 19.000 t Verdr., 24 Trident II-Raketen, Reichweite 12.000 km, je 3 Mega-t; ein Teil ist mit Tomahawk-Marschflugkörpern ausgerüstet), gefolgt von Russland mit zwölf Booten ähnlicher Größe (Delta-, Typhoon-, Borei-Klasse). Die größten je gebauten U-Boote sind die der Typhoon-Klasse (172 m lang, 27.000 t, 20 SS-N-20-Raketen mit jeweils 5 MIRV (= Mehrfachsprengköpfe) zu je 200 Kilo-t, 8.300 km Reichweite; dazu kommen noch SS-N-15 mit 45 km Reichweite und je 200 kt). Zum Vergleich: die derzeit modernsten sechs konventionellen U-Boote der Bundesmarine der 212 A-Klasse haben eine Länge von 56 m und max. Tauchverdrängung von 1.830 t. Russland hat vier neue Borei-Boote im Bau, so groß wie die Ohio-Klasse der USA, mit 16 Bulawa SS-N-32X-Raketen, bis 550 kt, 10.000 km). Die Briten und Franzosen verfügen über jeweils noch vier Atom-U-Boote (Vanguard- bzw. Triomphant-Klasse) etwas kleinerer Bauart, aber nicht minder effektiver Bewaffnung. Alle vier Mächte führen jährlich zwischen 6 bis 35 Patrouillenfahrten eines Teils ihrer Boote quer durch die Weltmeere durch. Sie finden über mehrere Monate ständig getaucht statt. Nicht berücksichtigt sind hier auf US- und russischer Seite noch eine größere Anzahl etwas kleinerer Atom-Jagd-U-Boote mit Nuklearbewaffnung in Form von Torpedos mit Atomsprengköpfen und Marschflugkörpern.

Indien stellt in diesem Jahr sein erstes eigenständig entwickeltes ballistisches Unterwasserabschusssystem in Gestalt eines SSBN in Dienst, ein zweites lief gerade vom Stapel. Drei weitere sind bewilligt, insgesamt sechs sollen gebaut werden. Wozu braucht Indien diese offensive Stärke? Es sind mittelgroße, nuklear angetriebene Boote (112 m Länge, 6.000 t Wasserverdrängung), die jeweils mit 12 selbst entwickelten SLBM (Kürzel für Mittelstreckenraketen) ausgerüstet sind, die nukleare Gefechtsköpfe von etwa 100 Kilo-t (die Hiroshima-Bombe hatte 13 kt) tragen mit einer Reichweite zwischen 750 und 1.900 km. Indien sichert sich damit derzeit einen strategischen Vorteil nicht nur gegenüber dem Erzfeind Pakistan, das wiederum mit einer kombinierten nuklearen Streitkraft von Bombern (frz. Mirage V, amerikanische F-16), eigenen Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern dagegen zu halten versucht. Beide Länder stehen außerhalb jeder atomaren Vertragsgebundenheit, ebenso wie Nordkorea und Israel. China rüstet seit Indienststellung seines ersten Atom-U-Bootes (127 m Länge, 6.600 t Verdr.) 1987 unter Wasser inzwischen weiter auf. Es trug 12 Raketen des Typs JL-1 mit nuklearen Gefechtsköpfen von je 250 kt und einer Reichweite von 2.150 km. Seit 2010 folgten weitere Neuentwicklungen der JIN-Klasse (137 m, 11.000 t). Insgesamt sechs davon sind vorgesehen, ausgerüstet mit 12 JL-2-Raketen (Reichweite 8.000 km, 1 Megatonne) oder drei MIRV (Mehrfachsprengköpfe) mit jeweils 100 kt. China hat ab 2014 auch mit ständigen Patrouillenfahrten seiner U-Boote begonnen (Information und Zahlenangaben zit. nach D. Stockfisch: Seegestützte nukleare Abschreckung/Strategische U-Boote in: Europäische Sicherheit & Technik, Heft 6/2014, S. 66-68). Im Einzelnen zu Daten und Fakten ist zu verweisen auf das Internetportal atomwaffena-z.info, das über die gegenwärtigen nuklearen Streitkräfte der neun Atommächte erschöpfend Auskunft gibt, wozu hier nicht der Platz ist.

Neue Eskalationen?

Die USA haben in Polen ein neues Raketenabwehrsystem errichtet, das die russische Zweitschlagskapazität unterminiert (dem ABM-Vertrag zuwider läuft) und der russischen Seite wieder Anlass ist, gerade mit neu erprobten Systemen und modifizierten Reaktionsmustern gegen zurüsten. Wir haben es also in den genannten Zweier- und Dreier-Konstellationen mit einer deutlich erhöhten bis brisanten Gefahrenlage und vier Virulenten atomaren Welt-Krisenherden zu tun. Noch 2009 schien die von Barack Obama in seiner Prager Rede verkündete völlige atomare Abrüstung begründete Hoffnungen zuzulassen. Als Vorschußlorbeer erhielt er sogar den Friedensnobelpreis, ohne ihn sich bislang verdient zu haben. An gleichem Ort wurde 2010 ein neues START-Abkommen zwischen den USA und Russland zur Abrüstung ihrer strategischen Atomwaffen vereinbart. Doch bald folgte die Meldung, dass vom US-Verteidigungsminister eine atomare Modernisierung beabsichtigt ist. Der Haushaltsentwurf des US-Energieministeriums sah dazu für den Zeitraum von 2012 bis 2015 eine Summe von 2 Mrd. US-Dollar für die "Modernisierung" der auch im Eifelstützpunkt des deutschen Jabo-Geschwaders 33 eingelagerten Atombombenwaffe des Typs B 61 vor. Und erst jüngst wurde bekannt, dass die USA in den nächsten 30 Jahren die unvorstellbare Summe von 1.000 Mrd. USD in Atomenergie und Atombewaffnung investieren wollen. Das entspräche jährlich in etwa dem Umfang des gegenwärtigen deutschen Verteidigungshaushalts von ca. 33 Mrd. Euro. Russland setzte ab 2011 mit Verweis auf NATO-Erweiterungspläne eine Modernisierung seiner Atomwaffen in Gang und es steht zu befürchten, dass es absehbar den INF-Vertrag zur Beseitigung der Mittelstreckenraketen aufkündigen will. Die Büchse der Pandora, aus der alle Übel der Welt entwichen sind, ist geöffnet. Es besteht nur noch die Zuversicht des Prinzips Hoffnung.


Literatur (Auswahl)

Historisches: Bernd Stöver: Der Kalte Krieg. Geschichte eines radikalen Zeitalters 1947-1991. München 2007. Eric Hobsbawm: Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. München 1998 (der Klassiker!). Stephanie Cooke: Atom. Die Geschichte des nuklearen Irrtums. Köln 2011 (umfassende Geschichte des Nuklearzeitalters der amerikanischen Wissenschaftspublizistin). Richard Rhodes: Die Atombombe. Oder die Geschichte des 8. Schöpfungstages. Nördlingen 1988 (das wegen seiner parteilichen US-Sicht nicht unbedingt objektivste, aber umfassendste Standardwerk zur US-A-Bombe; 915 S.); Thomas Powers: Heisenbergs Krieg. Die Geheimgeschichte der deutschen Atombombe. Hamburg 1993 (treffendes Pendant des Pulitzer-Preisträgers zum Rhodes-Buch, 767 S.; die zentrale These vom "Widerstand" deutscher Atomforscher ist allerdings zweifelhaft). Helmut Rechenberg (Hg.): Werner Heisenberg: Deutsche und jüdische Physik. München 1992 (Ges. Aufsätze Heisenbergs v. 1933 bis 1968, m. Report aus erster Hand in Kapitel III: "Das deutsche Uranprojekt im Zweiten Weltkrieg", S. 125-166). Mark Walker: Die Uranmaschine. Mythos und Wirklichkeit der deutschen Atombombe. Berlin 1990 (Grundlagenbuch des amerikanischen Historikers und Mathematikers zur dt. Atomforschung von 1938 bis 1945). Richard Lourie: Sacharow. Eine Biographie. München 2003. Ronald Friedmann: Klaus Fuchs. Der Mann, der kein Spion war. Rostock 2005. Bernd Salewski (Hg.): Das Zeitalter der Bombe. Die Geschichte der atomaren Bedrohung von Hiroshima bis heute. München 1995 (vermittelt guten Ein- u. Überblick);

Faktisches: Elke und Jannes K. Tashiro: Menschen nach dem Atomkrieg. Zeugnisse, Berichte, Folgerungen. München 1982 (m. Vorwort von R. Jungk; spricht für sich selbst). Stockholm International Peace Research Institute SIPRI (Hg.): Rüstung und Abrüstung im Atomzeitalter. Ein Handbuch. Reinbek b. Hamburg 1977 (Standard; sehr hilfreiche Fakten, Zahlen, Grafiken!). Gert Krell, D. S. Lutz: Nuklearrüstung im Ost-West-Konflikt. Potentiale, Doktrinen, Rüstungssteuerung. Baden-Baden 1980. Holger Strohm: Friedlich in die Katastrophe. Eine Dokumentation über Atomkraftwerke. Frankfurt 1981 (erw. Neuausgabe des unübertroffenen Klassikers). WeltTrends: Atomare Abrüstung. Schwerpunktthema der WT, Zeitschrift für internationale Politik, Heft Nr. 81, Nov./Dez. 2011, S. 24-71). Amory B. Lovins/L. Hunter Lovins: Atomenergie und Kriegsgefahr. Reinbek bei Hamburg 1981 (das unverblümt offene Buch zu Hintergründen und Zusammenhängen). Yoel Cohen: Die Vanunu-Affäre. Israels geheimes Atompotential. Heidelberg 1995 (die Geschichte eines mutigen Verrats).

Politisches: Aldebaran (d.i. August Thalheimer): Grundlinien und Grundbegriffe der Weltpolitik nach dem 2. Weltkrieg. Kuba (Exil) 1946 (treffende Analyse und zugleich Atom-Irrtum des marxistisch-luxemburgischen Dialektikers, KPD-Gründers und Vordenkers der KPD-Opposition). Gruppe Arbeiterpolitik (Hg.): Westblock- Ostblock. Welt- und Deutschlandpolitik nach d. Zweiten Weltkrieg. Internationale monatliche Übersichten 1945-48 von A. Thalheimer. GFSA e.V., Bremen 1992 (es gibt kaum besseres zu der Zeit aus kritisch-marxistisch kommentierender Sicht). Robert Kurz: Weltordnungskrieg. Bad Honnef 2003 (Ideologie- und Globalisierungskritik vom verstorbenen scharfzüngigen Diagnostiker des kapitalistischen Niedergangs). Robert Jungk: Der Atom-Staat. Vom Fortschritt in die Unmenschlichkeit. München 1977 (vom Erfinder der Zukunftswerkstätten; ein Klassiker der Atomkritik). Herman Kahn: Nachdenken über den Atomkrieg. Konflikt-Szenarios mit simulierten Situationen im Dienst der Friedenstrategie. Bern und München 1984 (vom "Thinktanker" mit Super-IQ der Rand Corperation, der den Atomkrieg für führbar und überlebbar hielt). Frank Hoffer: Perestroika. Die unfreiwillige Zerstörung des sowjetischen Vergesellschaftungszusammenhangs oder warum das letzte Gefecht verloren ging. Marburg 1992. George F. Kennan: Im Schatten der Atombombe. Eine Analyse der amerikanisch-sowjetischen Beziehungen von 1947 bis heute. Köln 1982 (eines der wichtigsten Bücher zum Kalten Krieg; der US-Diplomat, SU-Kenner und Politikberater galt durch seinen Aufsatz "Sources of Sovjet Conduct" = Ursprünge sowjetischen Verhaltens in 'Foreign Affairs' 1947 fälschlich als Begründer der Strategie des "containment" = Eindämmung/Zurückdrängung in ihrer militärischen Wendung zur Truman-Doktrin). John Newhouse: Krieg und Frieden im Atomzeitalter. Von Los Alamos bis SALT. München 1990 (die Schilderung eines halben Jahrhunderts gefährlicher Weltpolitik eines Mitglieds des Außenpolitischen Ausschusses des US-amerikanischen Senats von 1959-1964). (Weitere verwendete Literatur siehe ARSTI Nr. 187: Das Atomdilemma, s. 29-34)

Quellen/Internetportale:
FriedensForum, Heft 4, Juli/Aug. 2015; m. Schwerpunkt: 70 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki; S. 24-46 (versch. AutorInnen der Friedensbewegung stellen die gesamte aktuelle Atomwaffen-Problematik in übersichtlichen Beiträgen dar; Einzelheft-Bezug über:
friekoop@friedenskooperative.de. www.atomwaffena-z.info (gelegentlich etwas unpräzise, was einzelne Daten-und Fakten betrifit, aber ein ungeheurer gesammelter und mit Tabellen/Grafiken gut illustrierter Fundus auf einem Blick; deckt alle Aspekte lexikalisch übersichtlich ab; leicht verständliche, grafisch ergänzte Erklärungen usw.).

www.friedensratschlag.de; (Kasseler Friedensratschlag; als sehr hilfreich erweisen sich die vielen Themen-Dossiers und Ratschlags-Dokumentationen).

www.friedenskooperative.de (Netzwerk Friedenskooperative, Bonn; Koordinations- und Informationsstelle).

www.koop-frieden.de (Bonn; die Kooperation für den Frieden e.V. ist wie der Friedensratschlag ein bundesweiter Zusammenschluss von Organisationen, Initiativen und Gruppen der Friedensbewegung; beide Gruppierungen organisieren jährlich Aktionskonferenz u. bundesweiten Friedensratschlag mit bis zu 300 Teilnehmenden; geben die Zeitschriften Friedensjournal und FriedensForum heraus);

www.imi-online.de (Informationsstelle Militarisierung, Tübingen (die Handwerker und "Sachbearbeiter" aller wichtigen Themen).


E. K., Bremen, 12.11.2015

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Quelle:
Arbeiterstimme Nr. 192 - Sommer 2016, Seite 8 bis 17
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Internet: www.arbeiterstimme.org
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2016

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