Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

ARBEITERSTIMME/266: "Buchstäblich stehen wir vor dem Nichts ..."


Arbeiterstimme Nr. 179 - Frühjahr 2013
Zeitschrift für die marxistische Theorie und Praxis
Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiter selbst sein!

"Buchstäblich stehen wir vor dem Nichts..."

Von Werner Kempter



Die Redaktion der Arbeiterstimme hat eine, von Dresdner IG Metallern erarbeitete, Biographie des Antifaschisten Fritz Schreiter zur Verfügung gestellt bekommen, die auch mit Unterstützung der Gruppen "Arbeiterstimme" und "Arbeiterpolitik" zustande kam. Schreiter war Gewerkschafter, Kommunalpolitiker und führender Kopf der ostsächsischen kommunistischen Opposition. Er hat mit seiner Familie während des Faschismus ein tragisches Ende gefunden. Mit der Biographie wollen die Metaller in Dresden an ihn erinnern und anlässlich des 80sten Jahrestags der Erstürmung der Gewerkschaftshäuser und der Vernichtung der freien Gewerkschaften durch die Nazis die Träger gewerkschaftlichen Widerstands ehren.


Ganz im Osten von Dresden, schon fast an der Stadtgrenze, gibt es ein Sträßchen, das in die Pirnaer Landstraße mündet. Die Strasse ist nach dem antifaschistischen Widerstandskämpfer, so sagt es das Straßenschild, Fritz Schreiter benannt. Die Straße ist nur wenige 100 Meter lang und führt in eine Industriebrache. Wer war dieser Fritz Schreiter? Nähme man die Lage und Größe der Straße als Grundlage für die Bewertung seiner Bedeutung, dann hätte Fritz Schreiter im antifaschistischen Kampf gegen die Nazis wohl eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Das scheint sich auch in der Wahrnehmung der politisch Aktiven in Dresden zu bestätigen. Niemand kennt hier den Antifaschisten und Widerstandskämpfer Fritz Schreiter. Recherchiert man jedoch in der Literatur und in entsprechenden Archiven, so kommt eine Persönlichkeit zu Tage, die während der Weimarer Republik in Dresden und Sachsen und darüber hinaus eine aktive Rolle gespielt hat. Dafür ließen die Nazis ihn und seine gesamte Familie tragisch büßen. Ihr Leidensweg begann mit der Flucht vor Hitler; er war geprägt vom Elend des Exils und er endete schließlich im Konzentrationslager und Zuchthaus. Fritz Schreiter und seine Frau Emmy kamen ins Zuchthaus Waldheim/Sachsen, der Sohn Axel ins Konzentrationslager Flossenbürg.

Fritz Schreiter und sein Sohn Axel wurden am Ende des Krieges von den Nazis ermordet. Nur Emmy Schreiter überlebte. Sie starb Anfang der 1950er Jahre in Dresden.

Das erschütternde Schicksal des Fritz Schreiter und seiner Familie sollte angesichts zunehmender Naziuntaten wieder ins öffentliche und gewerkschaftliche Bewusstsein gerufen werden. Denn bei der Person Fritz Schreiter handelte es sich um eine Arbeiterpersönlichkeit, die sich standhaft, selbst noch im Zuchthaus, gegen den Faschismus gestellt hat und dessen Lebenslauf zeigt, dass er immer treu an der Seite der Arbeiterschaft stand und für deren Sache kämpfte.

Friedrich Bruno Schreiter (Fritz) war Metallarbeiter, Kommunist, Gewerkschaftssekretär, Kommunalpolitiker und Parteiarbeiter.

In seinem Lebenslauf schreibt er dazu selbst: "Mein vollständiger Name ist Friedrich Bruno Schreiter, geboren am 27. April 1892 zu Dresden-Pieschen. Ich besuchte die 28. Volksschule in Dresden-Trachenberge und lernte das Handwerk der Maschinenschlosserei. Am 2. Januar 1915 kam ich zum Militär und wurde 1918 entlassen". Was aber für Fritz Schreiter eher selbstverständlich war und was er in seinem Lebenslauf nicht zum Ausdruck brachte, das war seine Einbettung in die Organisationen der Arbeiterbewegung im damaligen roten Sachsen. Seine Lehre begann er 1907, ein Jahr später wurde er Mitglied im Deutschen Metallarbeiterverband (DMV) und bald darauf trat er dem Bildungsverein der Arbeiterjugend bei. Im Jahre 1912 wurde er schließlich Mitglied der SPD. Ganz offensichtlich gehörte er zum linken Flügel seiner Partei, was sich dann auch später an seiner konsequenten antimilitaristischen Haltung zeigte. Die positive Haltung der Parteiführung und des Gewerkschaftsapparates zur Kriegspolitik des Reiches muss, wie für viele seiner Generation, geradezu ein Schockerlebnis gewesen sei. Er lehnte den Krieg ab und er stand auf der Seite eines Karl Liebknecht, der im Reichstag gegen die Bewilligung der Kriegskredite stimmte. Als er 1915 eingezogen wurde, kam er, nach der Ausbildung in Zittau, im März des Jahres an die Westfront. Das war die Zeit des mörderischen Stellungskriegs mit seinen Materialschlachten, die hunderttausende Soldaten das Leben kostete. Das wollte der Sozialist Schreiter auf Dauer nicht mitmachen. Im Mai 1917 desertierte er und gelangte über Dresden nach Dänemark, wo er sich an der Antikriegs-Agitation deutscher Exilgruppen beteiligte. Sein Desertieren muss für ihn eine sehr bewusste Entscheidung gewesen sein. Er wollte offensichtlich einen Beitrag zur Beendigung des Völkermordens leisten. In Deutschland verschlechterte sich die soziale Lage des größten Teils der Bevölkerung immer mehr. Das zeigte sich insbesondere im Hungerwinter 1916/17. Die anfänglichen Illusionen eines kurzen, nur wenige Wochen oder Monate währenden Krieges waren in der Bevölkerung völlig verschwunden. Es kam zu ersten Lebensmittelkrawallen und Streiks. Im April 1917 kam es dann zu einer breiten Streikbewegung gegen die mittlerweile kaum noch erträgliche Lebensmittelversorgung, weshalb der Streik auch als "Brotstreik" bekannt wurde.

Es ist anzunehmen, dass diese "vorrevolutionäre Stimmung" im Reich für Fritz Schreiter der Anlass war, zu desertieren. Im Mai 1918 kehrte er heimlich nach Deutschland zurück, wahrscheinlich, um illegale Antikriegspropaganda ins Land zu schmuggeln. Dabei wurde er verhaftet. Von einem Feldgericht wurde er degradiert und zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, die unter dem Vorbehalt des "Strafaufschubs" stand. Das bedeutete, Schreiter musste sich "freiwillig" wieder zum Fronteinsatz melden. Aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen geht nicht hervor, wann er wieder an die Westfront kam. Als es aber dann Anfang November 1918 zur Revolution kam, wurde er von den Kameraden seiner Einheit in den Soldatenrat gewählt und dort zum Soldatenratsvorsitzenden.

Für die Zeit nach der unmittelbaren Rückkehr in die Heimat noch im November 1918 gibt es hinsichtlich der politischen Orientierung Schreiters zwei sich widersprechende Aussagen. In der sozialdemokratischen Volksstimme von 1928 ist zu lesen, dass er nach seiner Rückkehr sofort dem Spartakusbund beigetreten sei, aus dem in der Jahreswende 1918/19 die KPD hervorging. In der Biographie des "Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde" dagegen kann man lesen, dass er sich 1920 der USPD anschloss und mit deren linkem Flügel im Dezember desselben Jahres zur KPD kam.

In der Zeit nach dem Kriegsende arbeitete Fritz Schreiter wieder in seinem alten Beruf als Maschinenschlosser. Es ist davon auszugehen, dass er sich in dieser Zeit gewerkschaftlich und parteipolitisch betätigte. Das war für einen politischen Menschen wie Fritz Schreiter in dem revolutionär aufgewühlten Deutschland der damaligen Zeit gar nicht anders möglich. Erst im Jahr 1920 findet man seinen Namen wieder in Dokumenten. Aus dem Geschäftsbericht des DMV (Deutscher Metallarbeiter-Verband) Dresden geht hervor, dass er von der Ortsverwaltung als politischer Sekretär ab dem 1. April 1920 eingestellt wird.

Das war nur wenige Tage, nachdem reaktionäre Teile der Reichswehr um den Generallandschaftsdirektor Kapp und den General Lüttwitz gegen die sozialdemokratisch geführte Reichsregierung Bauer geputscht hatten, wodurch sich die Regierung zur Flucht nach Dresden und danach nach Stuttgart gezwungen sah. Das war am 13. März 1920. Fünf Tage später war es mit den Putschträumen der Reaktionäre vorbei. Der Putsch war gescheitert, weil die Arbeiterschaft geschlossen dem Aufruf zum Generalstreik ihrer Gewerkschaften und Parteien gefolgt war. Es war ein Erfolg, der nur möglich war, weil die Arbeiterorganisationen in der Not ihre unterschiedlichen Auffassungen in Einzelfragen beiseite ließen und geschlossen gehandelt hatten. Damit hatten sie die Rechts-Diktatur verhindert. Es war eine Sternstunde in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, die sich leider im Januar 1933, als den Nazis die Macht übergeben wurde, nicht mehr wiederholen ließ. Die innere Zerrissenheit der Arbeiterparteien war durch die Ereignisse der nachfolgenden Jahre so tief, dass sich die Bereitschaft zu geschlossenem Handeln nicht mehr herstellen ließ. Der Rest, der Weg in die Katastrophe und die Vernichtung der Arbeiterorganisationen, ist bekannt.

Zu diesem herausragenden Ereignis des Jahres 1920 ist im Geschäftsbericht der DMV-Verwaltungsstelle Dresden kein Wort zu lesen, obwohl sie doch bei der Organisation des Generalstreiks eine aktive Rolle gespielt haben muss. Es ist auffällig, dass sich die Geschäftsberichte in diesen Jahren auf rein gewerkschafts- und wirtschaftspolitische Ereignisse und Dinge beziehen und die allgemeinen politischen Rahmenbedingungen, unter denen die Gewerkschaften arbeiteten, völlig ausklammern. Einzelheiten über die Aufgaben, die Fritz Schreiter beim Dresdner DMV hatte, sind deshalb nicht bekannt. Sie lagen aber bestimmt im Rahmen der notwendig zu erledigenden Tagesaufgaben, die durch die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen dieser Jahre vorgegeben waren.

Auch nach dem Weltkrieg war Dresden eine bedeutende Industriestadt geblieben. 1920 waren von den rund 115.000 Industriearbeiterinnen und -arbeitern im Raum Dresden alleine in den Metallbetrieben mehr als 53.500 Kolleginnen und Kollegen beschäftigt. Davon waren am Jahresende 1920 38.782 im DMV organisiert. Die größte Mitgliederzahl hatte die Verwaltungsstelle im Mai mit 42.305 Mitgliedern. Der Geschäftsbericht spricht von 8.839 Neueintritten im Jahr 1920. Diese positive Mitgliederentwicklung konnte nur an dem erfolgreich geführten Generalstreik gegen den Kappputsch liegen, der bei großen Teilen der Arbeiterschaft die Hoffnung geweckt hatte, dass die zukünftige Entwicklung hin zu einem sozialistischen Deutschland laufen würde. Das Handeln der Reichsregierung nach dem Putsch und die sich verschärfende Wirtschaftskrise enttäuschte jedoch diese Hoffnung bei vielen, so dass die Verwaltungsstelle am Ende des Jahres rund die Hälfte der zugewonnenen Mitglieder wieder verloren hatte.

Die Wirtschaftskrise hatte in Deutschland hauptsächlich ihre Ursache in der Umstellung der Kriegsproduktion auf zivile Produktion. In 40 Betrieben wurde massiv kurzgearbeitet. Im dritten Quartal des Jahres waren 5.222 Mitglieder der Verwaltungsstelle arbeitslos. Die konjunkturelle Lage besserte sich aber ab September. Die arbeitslosen Mitglieder gingen im vierten Quartal auf 2.584 zurück, wogegen die gesamte Arbeitslosigkeit in diesem Quartal mit 15.017 in Dresden ihren Höhepunkt erreichte.

Der Geschäftsbericht beklagt die hohen Steigerungsraten der Lebenshaltungskosten. Es fanden deshalb trotz der Krise Lohnbewegungen statt. In vier Betrieben wurden Lohnerhöhungen mit Streiks durchgesetzt. Im Bereich des "Allgemeinen Tarifs" wurde im Februar für 28.000 Beschäftigte in 300 Betrieben eine wöchentliche Erhöhung von 46 Mark durchgesetzt.

Die Tarifpolitik in jenen Tagen ist nicht mit der heutigen vergleichbar. Es gab ein regelrechtes Tarifgewirr. Neben dem "Allgemeinen Tarif", der mit dem sächsischen Metallarbeitgeberverband verhandelt wurde, gab es Betriebstarifverträge; der Geschäftsbericht spricht von 47 Betrieben, mit denen ein solcher abgeschlossen wurde. Darüber hinaus gab es für einzelne Berufsgruppen Branchentarifverträge. Das betraf z. B. Werkzeugmacher, Elektromechaniker, Zigarettenmaschinenführer, Kesselreiniger und andere Berufe. Jeder dieser Tarifverträge musste einzeln verhandelt und durchgesetzt werden. Daraus lässt sich auch die hohe Belegschaftszahl der Verwaltungsstelle erklären. Es gab laut Geschäftsbericht: 17 Beamte (Sekretäre), 7 Hilfsbeamte 13 Bürokräfte und 21 Kassierer.

Auch in den folgenden Jahren entspannt sich die Situation für die Gewerkschaften nicht. Fritz Föller, der damalige Bevollmächtigte des DMV Dresden, spricht davon, dass die Gewerkschaften "(...) in diesen Jahren die schwierigsten Zeiten seit ihrem Bestehen überhaupt durchmachen mußten". Mit der schwierigen Situation wird auch begründet, dass es in diesen Jahren keinen jährlichen Geschäftsbericht gibt.

Der nächste Geschäftsbericht erscheint erst wieder im Januar 1926 und umfasst die Jahre von 1921 bis 1925, den Zeitraum also, in dem Fritz Schreiter hauptsächlich als Sekretär in der Verwaltungsstelle Dresden tätig war.

Hatte sich bereits seit September 1920 eine konjunkturelle Erholung der Wirtschaft abgezeichnet, so setzte ab Mitte 1921 eine kurze Hochkonjunktur ein. Die Konjunktur hielt 1922 noch an. Aber es begann auch die Geldentwertung zu galoppieren. Hatten 100 Reichsmark im Mai 1922 noch den Gegenwert von 1,50 Goldmark, so waren es im Dezember des Jahres nur noch 6,5 Goldpfennige. Im Jahr 1923 kollabierte die deutsche Währung dann vollständig. Am 1. Oktober 1923 entsprachen 100 Millionen Reichsmark dem Gegenwert von 1,35 Goldmark und am 23. November 1923 waren 1 Billion Reichsmark gerade noch einmal eine Goldmark wert. Auf dieser Basis wurde die Rentenmark eingeführt und die Mark stabilisiert: Der Wechselkurs zur Papiermark wurde mit 1:1 Billion festgesetzt.

Die Einführung der Rentenmark wurde auch durch den Umstand erzwungen, dass ab Herbst 1923 landwirtschaftliche und industrielle Unternehmer zunehmend keine Waren mehr gegen die immer schneller wertlos werdende Papiermark abgaben. Gedeckt war die Rentenmark durch Rentenpapiere, hinter denen Sachwerte in Form von 3,2 Milliarden Goldmark standen. Damit hörte die Inflation schlagartig auf.

Allerdings wuchs wieder die Arbeitslosigkeit. Die Konjunkturschwäche konnte 1924 nicht überwunden werden und die Absatzschwierigkeiten der Industrie spitzten sich besonders im zweiten Halbjahr des Jahres 1925 massiv zu, so dass der Geschäftsbericht der Verwaltungsstelle Dresden vermerkt: "Am Schluß des Jahres waren große Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Betriebsstillegungen zu verzeichnen, ohne daß Aussicht auf Besserung zu verzeichnen war".

Unter diesen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gewerkschaftliche Arbeit zu leisten, ist heute fast nicht vorstellbar. Die Gewerkschaften konnten im Grunde genommen nur noch der Preisentwicklung hinterherlaufen. Im Geschäftsbericht wird dazu festgestellt: "Wir mußten alles daran setzen, daß entsprechend der Teuerung eine Lohnsteigerung eintrat. Da war das Ziel, auch dahin zu wirken, daß die Lohnsteigerung so zeitig eintrat, daß das Geld noch die entsprechende Kaufkraft besaß."

Besonders krass wurde die Situation natürlich dann im Jahr 1923. Mussten bereits in den beiden Vorjahren aufgrund der Teuerung Teuerungszulagen durchgesetzt werden, war das 1923 nicht mehr möglich. Der Geschäftsbericht bemerkt dazu folgendes:

"Im Jahr 1923 jagte eine Lohnbewegung die andere. An Stelle der 14tägigen Lohnverhandlungen folgten 8tägige. Diese waren noch unzureichend, so daß Nachzahlungen bewilligt werden mußten. Die gestellten Forderungen waren während der Verhandlung schon oft durch die Preissteigerungen überholt. Wenn der Lohn zur Auszahlung kam oder mit dein Geld eingekauft werden sollte, war es schon wieder in ein Nichts zerronnen."

Richtig vorstellen kann man sich das heute nur, wenn man sich die konkreten Löhne betrachtet. Im Januar 1923 bekam ein Facharbeiter für zwei Wochen Arbeit einen Lohn von 404 Mark. Ende Juli des Jahres lag der Wochenlohn schon bei 40.500 Mark und Anfang November waren es dann, ebenfalls in der Woche, 12.992 Milliarden Mark!

Nach der Einführung der Rentenmark war die Inflation endlich beendet, aber für den DMV und die Gewerkschaften wurde die Arbeit trotzdem nicht einfacher. Der Verband sah sich dem massiven Angriff der Unternehmer gegenüber. Von deren Seite kamen Forderungen nach Lohnsenkungen und Verlängerung der Arbeitszeit. Begünstigt wurde das Kapital durch die ab 1924 wieder steigende Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Schließlich wurde durch einen Erlass der Reichsregierung, der auf einem im Oktober des Jahres 1923 verabschiedeten Ermächtigungsgesetzes fußte, eine Verordnung über die Arbeitszeit erlassen, die in ihrer Wirkung die Aufhebung der 48-Stunden-Woche für die Unternehmer möglich machte.

Hier ist anzumerken, dass über das Ermächtigungsgesetz vom Oktober 1923 eine Schlichtungsverordnung erlassen wurde, die im Grunde alle Ansätze von Tarifautonomie beendete und der späteren Zwangsschlichtung den Weg ebnete. Die Verordnung sollte dazu beitragen, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu stabilisieren. Soweit der Anspruch. In Wirklichkeit war die Schlichtung ein Instrument in den Händen der Unternehmer, mit dem sie ihre Interessen durchsetzen konnten, das die Gewerkschaften schwächte, weil diese keine tarifpolitischen Erfolge mehr zustande bringen konnten.

Die Unternehmer nutzten natürlich die Möglichkeiten aus dem Regierungserlass zur Arbeitszeit und erreichten über dieses Schiedsverfahren des Reichsarbeitsministers einen Schiedsspruch, wonach "auf Anordnung der Betriebsleitung" 53 Stunden pro Woche gearbeitet werden musste.

Der DMV wollte diesen reaktionären Schiedsspruch nicht akzeptieren und beschloss deshalb, gegen die Arbeitszeitverlängerung zu streiken und leitete die Urabstimmung ein. Offensichtlich wurde von den Verbandsfunktionären die Stimmung in den Betrieben falsch eingeschätzt, denn bei der Urabstimmung wurde das erforderliche Streikquorum nicht erreicht. Dazu bemerkt der Geschäftsbericht: "Das Resultat ergab keine Streikmehrheit. In anderen Bezirken war es nicht besser. Der Kampf gegen die Verlängerung der Arbeitszeit war abgelehnt. Die Verbindlichkeit und Allgemeinverbindlichkeit (des Schiedsspruchs) wurde ausgesprochen".

Auch bei den Lohnbewegungen entwickelte sich ähnlich Negatives. Ab Ende des Jahres 1924 kamen in Sachsen alle Lohnforderungen vor das Schiedsgericht und wurden weit unter den Vorstellungen des DMV entschieden. Im Juli führte ein Schiedsspruch, der eindeutig gegen die Belegschaften gerichtet war und von der Arbeiterschaft abgelehnt wurde, zu einem Großkonflikt. In der Verwaltungsstelle streikten alle größeren Metallbetriebe. Insgesamt waren alleine in Dresden über 6.000 Kolleginnen und Kollegen im Ausstand. Auch dieser Streik wurde durch den verbindlichen Schlichterspruch beendet, nachdem der sächsische Metallarbeitgeberverband die Aussperrung von 135.000 Beschäftigten angekündigt hatte. Weitere kleinere Auseinandersetzungen endeten in ähnlicher frustrierender Weise.

Natürlich hatte die gesamte ökonomische und politische Entwicklung große Auswirkungen auf die Arbeiterschaft und ihre Gewerkschaften. In den Gewerkschaften und unter der Arbeiterschaft wurde heftig gestritten; gestritten über die Strategie und Taktik auf dem Weg zum Sozialismus. Denn dieser war das Ziel der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, gleichgültig, ob der Einzelne sich dem reformistischen oder dem revolutionären Lager zugehörig fühlte. Sichtbar aber wurde die nachlassende Bindungskraft der Gewerkschaften aufgrund der anhaltenden Erfolglosigkeit. So beklagt der Bevollmächtigte Friedrich Föller:

"Alle Einrichtungen der Gewerkschaften wurden herabgesetzt, alle Aktionen durchkreuzt, die Tätigkeit als im Interesse des Kapitals bezeichnet, die Führer verleumdet, als Verräter beschimpft und auch tätlich angegriffen. Dagegen wurden die Unorganisierten als revolutionär gefeiert. In vielen Betrieben hatten die Unorganisierten die Führung, konnten die Gewerkschaften beschimpfen und bekämpfen unter Beifall vieler, die noch Verbandsbeiträge bezahlten".

Und Föller sieht darin den Niedergang der Organisation. Wodurch aber kam es zu diesen Gehässigkeiten innerhalb der Arbeiterbewegung? Dazu geben die Geschäftsberichte wenig Auskunft. In dem Geschäftsbericht wird lediglich vermerkt:

"Die Zerrissenheit und Kämpfe innerhalb der politischen Parteien in der Arbeiterbewegung haben sich auch auf die Gewerkschaftsbewegung übertragen. Jede politische Partei versuchte durch ihre Anhänger auf die Gewerkschaftsbewegung Einfluß zu gewinnen. Das trat besonders bei Wahlen der Ortsverwaltung, zu Generalversammlungen, Gewerkschaftskongressen usw. in Erscheinung. Der gegenseitige Kampf bei solchen Wahlen war alles andere als sachlich und kollegial. Von solchen Kämpfen sind wir natürlich bei unseren Wahlen nicht verschont geblieben ...".

Begonnen hatte die offene politische Spaltung der Arbeiterbewegung mit der Zustimmung der SPD zur Bewilligung der Kriegskredite im Jahr 1914. Mit diesem Schritt trug die SPD den imperialistischen ersten Weltkrieg mit und verriet damit ihre eigenen Ideale und Programmatik. Seit ihrer Gründung hatten sich die Partei und ihre Mitgliedschaft immer als Antikriegs-Partei gesehen. Und jetzt dieses Umfallen! Das führte natürlich in der bewussten Arbeiter- und Parteimitgliedschaft zu heftigen Diskussionen und Reaktionen. Die Folge war, dass sich die Partei während des Krieges spaltete und es nunmehr mehrere Fraktionen auf Seiten der Linken gab. Das waren die Mehrheitssozialdemokratie (MSPD), die USPD und der Spartakusbund, aus dem Ende 1918 die KPD hervorging. Die Gewerkschaften blieben eng mit der MSPD verbunden und waren wie die MSPD zum "Burgfrieden" mit der Reichsregierung bereit. "Burgfrieden" bedeutete, dass sie bereits Anfang August 1914 erklärten, alle gesellschaftlichen Konflikte zu vermeiden und während des Krieges auf Lohnbewegungen und Streiks zu verzichten. Die Gewerkschaften wurden damit zum aktiven Unterstützer des ersten Weltkrieges, der zu extremsten Belastungen der Arbeiterklasse im Inneren führte und an den Fronten die Vorhersage der sozialdemokratischen Parteizeitung Vorwärts vom 25. Juli 1914 wahr machte. Dort war noch wenige Tage vor dem großen Rechtsschwenk der Partei zu lesen: "Die herrschenden Klassen, die euch in Frieden knechten, verachten, ausnutzen, wollen euch als Kanonenfutter mißbrauchen".

Die Spaltung wurde auch nicht durch die Novemberrevolution und das Kriegsende überwunden. Im Gegenteil, die Spannungen verschärften sich und wurden aufgrund der weiteren politischen Ereignisse fast unerträglich. Weiterführende revolutionäre Ziele, getragen von USPD und KPD, scheiterten am Widerstand der SPD-Führung unter Ebert und Noske. Mit Hilfe von rechten Freikorpstruppen wurde in Berlin der Januaraufstand 1919, mit mehr als 150 Toten, niedergeschlagen. Es folgte die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Dann im Januar wurde die Bremer Räterepublik, im Mai 1919 die Münchener Räterepublik niedergeschlagen. In beiden Fällen geschah das auf Befehl Noskes, mit Hilfe der reaktionären Freikorpstruppen. Auch in den Folgejahren kam es zu Unruhen.

Ende Oktober 1923 löste in Sachsen und Thüringen die Reichswehr, im Auftrag des Reichspräsidenten Friedrich Ebert, die sogenannten Arbeiterregierungen auf. Das waren Regierungskoalitionen aus SPD und KPD, in der die SPD die Ministerpräsidenten stellte. Es kam in verschiedenen Städten zu Schießereien. Und wieder gab es Verwundete und Tote.

Diese Ereignisse bildeten die politischen Rahmenbedingungen in der jungen Weimarer Republik. Und diese Bedingungen erklären auch die im Geschäftsbericht des DMV Dresden beklagte und zitierte "Zerrissenheit" und die "Kämpfe innerhalb der politischen Parteien in der Arbeiterbewegung". Immerhin aber führte diese "Zerrissenheit" in der ersten Hälfte der 1920er Jahre nicht zur Spaltung der gewerkschaftlichen Organisationen in politische Richtungen. Das kam erst später. Die gewerkschaftliche Einheit blieb gewahrt. Und obwohl in den allermeisten Fällen in den Verwaltungsstellen des DMV die Sozialdemokraten dominierten und die Führungen der Gewerkschaften dem rechten Flügel der Sozialdemokratie zuzurechnen waren, ging man mit der parteipolitischen Spaltung der Arbeiterbewegung pragmatisch um, indem man Parteifraktionen in den Gremien des DMV zuließ.

Am 30. September 1924 scheidet Fritz Schreiter aus der Hauptamtlichentätigkeit der DMV-Verwaltungsstelle Dresden aus. Das geschieht "freiwillig", wie es der Verwaltungsstellen-Geschäftsbericht aussagt. Das ist insofern von Bedeutung, weil in einer Quelle gesagt wird, dass Schreiter aus dem DMV ausgeschlossen worden sei, weil er im Juni/Juli 1924 Delegierter der KPD beim V. Weltkongress der kommunistischen Internationale in Moskau gewesen sei. Schreiter selbst schreibt 1934 im Exil in einem Brief an eine gewerkschaftliche Hilfsorganisation, dass er seit 25 Jahren Verbandsmitglied sei.

Das Ausscheiden Schreiters aus der aktiven Gewerkschaftsarbeit liegt wohl an seinem kommunalpolitischen Hintergrund. Seit April 1922 gehört er nämlich dem Rat der Stadt Dresden an, aus dem er Anfang April 1924 wieder ausscheidet. Im Dezember des Jahres wird er von den Gemeindeverordneten der Arbeitergemeinde Zschachwitz zum Bürgermeister gewählt. Schreiter hatte sich um das Amt, wie er selbst sagt, nicht beworben, sondern war von der dortigen KPD-Gemeinderatsfraktion als Bürgermeister vorgeschlagen worden. Aufgrund eines "Parteibefehls" der KPD übernahm er das Amt. Damit war er deutschlandweit einer der wenigen Bürgermeister mit einem KPD-Parteibuch - für die Partei ein großer Prestigegewinn.

Das sächsische Kommunalwahlrecht sah die Direktwahl der Bürgermeister damals nicht vor. Vielmehr wurde der Bürgermeister von den Fraktionen der Gemeinde- bzw. Stadtverordneten gewählt. Aus den Protokollen des Gemeinderats in Zschachwitz geht aber hervor, dass die KPD-Fraktion keine absolute Mehrheit hatte. Sie war lediglich mit sechs Mandaten die stärkste Fraktion. Die SPD und die bürgerliche Gruppe hauen jeweils fünf Mandate. Der neue Bürgermeister wurde nun jedoch nicht über ein Bündnis von KPD/SPD gewählt, sondern pikanterweise mit der Unterstützung der bürgerlichen Fraktion. Welche Gründe dabei eine Rolle spielten, ist unbekannt. Aber das Verhalten der Bürgerlichen ist schon interessant, zumal sie dann in der Folgezeit mit der SPD koalierten und gemeinsame Front gegen Schreiter machten.

Die Amtszeit des Bürgermeister Schreiter währte sechs Jahre. Das waren sechs Jahre harter Auseinandersetzungen, die mit härtesten Bandagen zwischen den beiden Arbeiterparteien, teilweise weit unter der Gürtellinie, geführt wurden. Dabei blieben sich SPD und KPD gegenseitig nichts schuldig. Es wurden wegen der Amtsführung Korruptionsvorwürfe gegen Schreiter und Angestellte der Gemeindeverwaltung erhoben, die jedoch im Sande verliefen. Von der SPD wurde ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet, das jedoch vom Dresdner Landgericht wieder aufgehoben wurde. Auch kam aus den eigenen Reihen zunehmend Kritik an Schreiter. So berichtet die Freitaler Volksstimme (SPD-Zeitung, ohne Datum, wahrscheinlich 1928/29) von einem Vorfall in Weißig bei Freital. Dort erklärte ein kommunistischer Gemeindeverordneter als Antwort auf eine Vorhaltung seitens der SPD-Fraktion: "Ihr kommt uns bloß immer mit Schreiter, das ist genauso ein Hanswurst wie alle anderen". Genüsslich schlachtet die Zeitung den Widerspruch zwischen dem revolutionären Anspruch der Kommunisten und den durch die von den realen Verhältnissen getragenen und erzwungenen Zugeständnissen ihrer Mandatsträger aus. Denn die Freitaler Volksstimme meint "da die Gemeinden heute alle nicht auf Rosen gebettet sind, auch in Zschachwitz nicht, werden von dessen Parlament nicht selten Beschlüsse gefaßt, wie sie auch in anderen Gemeinden zur Erhaltung einer gesunden Kommunalpolitik notwendig sind".

Aber nicht nur wegen seiner realistischen Kommunalpolitik kam Fritz Schreiter in die Kritik in den eigenen Reihen, sondern auch, weil er den ultralinken Kurs der Partei ab 1928 nicht mittrug, sondern sich ihm widersetzte.

Auf dem VI. Weltkongress der Kommunistischen Internationale im Juli/August 1928 wurde der linksradikale Schwenk der sogenannten Dritten Periode vollzogen. Der Kongress analysierte, dass in der ersten Periode von 1918 bis 1923 die Revolution auf der Tagesordnung gestanden habe. In der zweiten Periode sei es zur Stabilisierung des Kapitalismus gekommen und in der jetzigen dritten Periode würde sich die allgemeine Krise verschärfen und zu einem neuen revolutionären Aufschwung führen. Richtig an der Analyse war die Einschätzung der sich verschärfenden Krise. Schließlich kam es 1929/30 tatsächlich zur Weltwirtschaftskrise, von der der reformistische Teil der Arbeiterbewegung völlig überrascht wurde. Die entwickelte Politik-Taktik der kommunistischen Führung aber war eine Katastrophe. Zusammen mit dem Opportunismus und der Ignoranz der SPD hat das in Deutschland mit dazu beigetragen, dass der Machtübergabe an die Faschisten durch das reaktionäre Bürgertum seitens der Arbeiterbewegung nichts entgegengesetzt werden konnte.

Verhängnisvoll waren insbesondere die sogenannte Sozialfaschismustheorie und die daraus abgeleitete Gewerkschaftspolitik der KPD. Danach war die Sozialdemokratie der linke Rand des Faschismus und damit eine besonders gefährliche Form der faschistischen Entwicklung. Daraus resultierte, dass es eine Zusammenarbeit mit SPD und Gewerkschaften in Form einer Einheitsfront nicht geben konnte. Mit den sozialdemokratischen Arbeitern dagegen sollte unter kommunistischer Führung eine Einheitsfront gebildet werden, was natürlich nicht gelang. Da die Gewerkschaftsführungen und die Sozialdemokratie eine Einheit bildeten, wurde auch da ein Trennungsstrich gezogen. Aus der so genannten Roten Gewerkschaftsopposition (RGO) wurden eigenständige Gewerkschaftsverbände gebildet, die in Konkurrenz zu den ADGB-Gewerkschaften stehen sollten. Die KPD-Führung stellte dabei ihre Mitglieder häufig vor die Alternative, entweder mit ihren Aktivitäten in den reformistischen Gewerkschaften oder mit ihrer Parteimitgliedschaft zu brechen. Durch diese Taktik verlor die KPD innerhalb kürzester Zeit jeglichen Einfluss in den Gewerkschaften des ADGB. Zwar gab es in der kurzen Geschichte der KPD in ihrer Gewerkschaftspolitik immer wieder Schwankungen mit der Tendenz in Richtung Linksradikalismus, aber dieser Kurs der Dritten Periode bildete eine neue Qualität, die nicht ohne Resonanz in der Mitgliedschaft blieb.

Im Verlauf des Jahres 1928/29 kam es zu zugespitzten Fraktionskämpfen innerhalb der KPD. Insbesondere die Gruppe um den ehemaligen Parteivorsitzenden Heinrich Brandler und August Thalheimer prangern den linksradikalen Kurs der KPD heftig an. Sie vertreten die Taktik der Einheitsfrontpolitik, und zwar der Einheitsfrontpolitik von oben. Das heißt, sie waren der Auffassung, dass es nur dann zu gemeinsamen Aktionen der Arbeiterschaft kommen würde, wenn man sich mit den Führungen aller Arbeiterorganisationen - auch der reformistischen - auf gemeinsame Ziele verständigte. Diese Linie wird von der KPD-Führung nicht akzeptiert.

Als sogenannte Rechte werden Brandler und Thalheimer aus der Partei ausgeschlossen. Ihre Kritik richtet sich besonders gegen die von der KPD vertretene Sozialfaschismustheorie, sowie gegen die von der KPD vertretene spalterische Gewerkschaftspolitik.

Neben den führenden Köpfen der Opposition werden viele andere, die diese Taktik der KPD nicht akzeptieren, ausgeschlossen. Von dem Parteiausschluss sind rund 6.000 Mitglieder betroffen. Ein Teil der Ausgeschlossenen organisiert sich in der KPD-Opposition, kurz KPO genannt. Aus Protest gegen die RGO-Politik der KPD schlossen sich viele profilierte KPD-Gewerkschafter der Organisation an. Nach 1945 finden sich diese, sofern sie den Hitlerfaschismus überleben, beim Wiederaufbau der Gewerkschaften in Ost- und Westdeutschland wieder, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg die IG Metall-Bezirksleiter Ludwig Becker und Willy Bleicher oder auch der Jurist Wolfgang Abendroth, der immer mit den Gewerkschaften eng verbunden war, um nur einige zu nennen.

Ab 1929 tritt die KPO bei Wahlen eigenständig an; meist ohne Erfolg. Auch der erhoffte Masseneinfluss bleibt aus und das, obwohl sie in ihren Analysen, besonders hinsichtlich der weiteren Entwicklung des Faschismus, einen außerordentlichen Weltblick zeigte. Dies war vor allem dem theoretischen Kopf der Gruppe, August Thalheimer, geschuldet. Thalheimer, aus der Vorkriegs-Sozialdemokratie kommend und dem linken Flügel um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verbunden, entwickelte eine Faschismustheorie, die die Entstehung, das Wesen und die Entwicklung des Faschismus richtig darstellte.

Heute ist den meisten politisch Aktiven und Interessierten diese kommunistische Oppositionsgruppe völlig unbekannt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass nach 1945 sowohl SPD als auch KPD/SED nicht an ihr Versagen bei der Bekämpfung des Faschismus erinnert werden wollten und lieber jene, die in ihrer politischen Einschätzung richtig lagen, dem Vergessen preisgaben.

Ende November 1929 treffen die Parteiausschlüsse auch führende Kommunisten in Sachsen, unter ihnen Fritz Schreiter. Die sozialdemokratische Volksstimme in Dresden berichtet in einem ausführlichen Artikel darüber. Neben Fritz Schreiter werden (wahrscheinlich am 13. September) Erich Melcher und Kurt Wagner ausgeschlossen. Die Volksstimme bezeichnet die drei als "alte Garde" und schreibt: "Wenn man von einer alten Garde der Arbeiterbewegung reden kann, so muß man diese drei Kommunisten - obwohl keiner einen weißen Bart trägt - als alte Garde bezeichnen".

Alle drei Ausgeschlossenen waren Kommunisten der ersten Stunde. Schreiter und Melcher kamen aus der Vorkriegssozialdemokratie. Melcher war Mitbegründer des Spartakusbundes und erster Bevollmächtigter des DMV in Stuttgart. Der Vorwurf, der zu ihrem Ausschluss führt, ist parteischädigendes Verhalten in Form von Fraktionsarbeit, Erstellen von Fraktionsrundschreiben, sowie von Kontakten zur SPD. Zu Schreiter führt die Zeitung noch an "(...) 1919 und 1920 traten die ersten Differenzen mit der KPD in der Gewerkschaftsfrage ein, die ja letzten Endes zu seinem jetzigen Hinauswurf aus der KPD führten."

Der Parteiausschluss hat für Fritz Schreiter politische und auch persönliche Folgen. In Zschachwitz spaltet sich die Gemeinderatsfraktion der KPD. Vier Gemeindeverordnete gehen mit Fritz Schreiter in die Opposition, zwei bleiben bei der "Linie". Schriftlich geben diese zu Protokoll, dass sie dem Bürgermeister in Zukunft das Vertrauen entziehen.

In Zschachwitz selbst scheint dagegen das Misstrauen gegen Schreiter weniger ausgeprägt gewesen zu sein. In einer Protestresolution vom 31. Januar 1930 erklären sich 89 Mitglieder und Sympathisanten der KPD mit den Ausgeschlossenen solidarisch und fordern "(...) die sofortige Rücknahme aller Ausschlüsse sogenannter Rechter. Wir fordern Herstellung einer wirklichen innerparteilichen Demokratie. In vollem Bewußtsein unserer revolutionären Überzeugung bringen wir zum Ausdruck, daß wir mit den Handlungen und Ansichten unserer Genossen Schreiter, Melcher, Wagner, Quaitsch, Beyer, Fehrmann, Klahre, Genossin Schreiter einverstanden sind. Wir stellen uns hinter diese Genossen und hinter alle ausgeschlossenen 'Rechten'. Wir bringen zum Ausdruck, daß wir gemeinsam mit ihnen kämpfen: gegen die falsche Linie, für eine einheitliche, revolutionäre kommunistische Partei".

Trotz zweifelloser politischer Sympathie und Unterstützung durch Teile der KPD-Mitgliedschaft und der Einwohnerschaft kann sich Fritz Schreiter als Bürgermeister nicht halten. Ende November 1930 steht die turnusmäßige Neuwahl des Bürgermeisters durch die Gemeindeverordneten an.

Anfang November diskutiert das Gremium die Frage. Von den KPO-Leuten wird Schreiter zur Wiederwahl vorgeschlagen "(...) in der Hauptsache in der Begründung, daß der größere Teil der Einwohnerschaft für eine Wiederwahl des Herrn Schreiter sei". Die SPD spricht sich gegen ihn aus, obwohl ihm im Vorfeld informell angeboten worden war, dass im Falle des Übertritts in die SPD die Unterstützung der Partei für eine Wiederwahl durchaus möglich sei.

In der anschließenden Abstimmung schließlich sprechen sich 11 Gemeindeverordnete gegen die Wiederwahl von Schreiter aus und fünf dafür. Damit endet am 30. November 1930 seine Tätigkeit als Bürgermeister in Zschachwitz.

Für Fritz Schreiter und seine Familie beginnt nun eine Zeit der Ungewissheit. Ökonomisch ist er zwar einigermaßen abgesichert. Er bekommt aufgrund einer Bestimmung in der sächsischen Gemeindeordnung nach dem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt eine Rente in Höhe von 50 Prozent seiner letzten Bezüge über die Dauer von sechs Jahren. Damit geht es der Familie zwar besser als der Mehrheit der Arbeitslosen während der Weltwirtschaftskrise. Doch seine berufliche Perspektive ist düster. Die Aussicht, neue Arbeit zu finden, ist nicht zuletzt wegen seines Bekanntheitsgrades äußerst gering. Er "muß sich" deshalb, wie er selbst schreibt, "wirtschaftlich auf eigene Füße stellen" und beantragt im Mai 1931 beim Gemeinderat einen so genannten Aktiv-Vorschuss in Höhe von 3.500 Mark. Solche Vorschüsse, die durch die Übergangsrenten gesichert wurden, waren üblich und konnten von den Gemeinden auf gesetzlicher Grundlage bewilligt werden. Nicht so in Zschachwitz. Sein Antrag wird mit einer fadenscheinigen Begründung abgelehnt.

Was Fritz Schreiter in den Jahren bis Anfang 1933 macht, ist durch Dokumente nicht belegt. Es ist aber sicher nicht spekuliert, wenn man davon ausgeht, dass er sich intensiv der Arbeit in der KPO gewidmet haben wird. In der Biographie des ISGV (Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde) ist zu lesen, dass er sich "weiter gegen die Nationalsozialisten" engagierte und auf öffentlichen Veranstaltungen seine politische Haltung vertreten habe.

Die Krise der Weimarer Republik spitzt sich bis zum Januar 1933 weiter zu. Auf Drängen von Großindustriellen, Bankiers und Großagrariern beruft Reichspräsident Hindenburg am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler. Das alles geschieht ohne den Widerstand der Parteien und Organisationen der Arbeiterschaft. Sowohl SPD als auch KPD glaubten noch, dass die Nazis binnen weniger Wochen abwirtschaften würden. Doch das Gegenteil war der Fall. Wie von August Thalheimer in seiner Analyse beschrieben, errichteten die Nazis ihre Diktatur binnen kürzester Zeit. Von nun an wurde es für Antifaschisten sehr gefährlich in Deutschland.

Am 27. Februar brannte - von den Faschisten inszeniert - in Berlin der Reichstag. Das war der Auftakt zur Vernichtung der kommunistischen Partei. Noch in der Nacht wurden deutschlandweit massenhaft führende Kommunisten verhaftet. Auch Fritz Schreiter sollte verhaftet werden. Angehörige der SA wollten ihn aus seiner Wohnung in Zschachwitz abholen. Er hielt sich aber zu dem Zeitpunkt in Dresden auf und bereitete seine Flucht in die Tschechoslowakei vor. Im März des Jahres wird Schreiter wegen des Verdachts des Hochverrats die Rente gesperrt.

Im April 1933 schließlich emigriert Fritz Schreiter mit seiner Frau Emmy und dem Sohn Axel in die Tschechoslowakei. Dort arbeitet er anfangs in Grenznähe für die illegale KPO. Später geht die Familie nach Prag. Doch bereits im September reist die Familie über Polen nach Schweden. Vermutlich erhoffte sie sich dort bessere Bedingungen und Hilfe zum Überleben, da es dort eine politische Gruppe gab, die wie die KPO zur "Internationalen Vereinigung der Kommunistischen Opposition (IVKO)" gehörte. Doch solche eventuellen Hoffnungen erfüllen sich nicht. Die Familie litt existenzielle Not. Das geht aus Briefen Fritz Schreiters an das "Fachliche und Politische Flüchtlingskomitee" hervor, eine Organisation der schwedischen Gewerkschaften.

Am 19. März schreibt Schreiter an das Komitee und bittet um Hilfe: "Es geht mir darum, aus der niederdrückenden Situation als Unterstützungsbegehrender rasch herauszukommen ... Buchstäblich stehen wir vor dem Nichts, haben keinerlei sonstige oder Nebeneinkünfte, sondern leben tatsächlich von der Hand in den Mund, ausschließlich von dem, was uns die schwedischen Arbeiterorganisationen in sozialistischer Solidarität durch die Beschlußfassung des Komitees zukommen ließen.

­... Ich bitte zu helfen, weiter zu helfen uns drei Menschen. Wie schlimm, wie hilfsbedürftig die Lage ist, dürfte die Tatsache ergeben, daß es mir bis heute noch nicht möglich war, die Miete für das Dach über dem Kopfe zu bezahlen für den Monat März. Außerdem habe ich bei diesem schlechten Wetter nicht einmal mehr ganze Schuhe..."

Um seine prekäre Situation und die seiner Familie zu verbessern, bittet er das Komitee um einen Zuschuss in Höhe von 600 Kronen. Er schreibt: "Ich habe die Absicht, Land zu pachten, dort einige gärtnerische Produkte für den Eigengebrauch zu erzeugen, eine Bretterbude zum Wohnen für die Familie aufzurichten und eine Benzinpumpe zu stellen, um durch Verkauf von Automobilbedarf die zur Ernährung meiner Familie erforderlichen Unterhaltsmittel durch eigene Arbeit zu erwerben".

Doch es geschieht seitens des Komitees nicht viel. Es scheint so, als würde die Familie, aus nicht ersichtlichen Gründen, hingehalten. Schreiter schreibt das Komitee Ende Mai noch einmal an. Moderat kritisiert er in dem Brief die Behandlung seines Falles durch das Komitee. Er schreibt: "Ich bemerke noch, daß mir von Seiten meiner Gewerkschaftsorganisation und zwar lokal, wie gesamt, nachdrücklichst erklärt wurde, daß sie für meine Unterstützung durch das Komitee sind und sie diesem gesagt hätten, daß die Behandlung des vorliegenden Falles von ihnen nicht verstanden werde...".

Aus einem weiteren Brief vom Juni 1934 an das Stockholmer Komitee geht hervor, dass die Familie inzwischen nach Dänemark gereist ist. Auch hier ändert sich vorerst an der prekären Lage der Familie nichts, denn das Kopenhagener Unterstützungskomitee lehnt vorerst jede Hilfe für Fritz Schreiter und seine Familie ab. Der Grund liegt in einem Brief, den das Stockholmer Komitee an den IGB geschrieben hatte, der den Dänen vorlag, und in dem Schreiter offensichtlich diffamiert wurde. In dem Brief wird vor Schreiter gewarnt. Es wird ihm vorgeworfen, dass er der kommunistischen und syndikalistischen Presse Material geliefert hätte und dass der den Flüchtlingssekretär Olberg bedroht hätte. Alle Vorwürfe werden von Schreiter energisch zurückgewiesen. In seinem Brief an das schwedische Komitee schreibt Schreiter: "Darüber hinaus werden mir noch Vorhaltungen gemacht (in Kopenhagen von dem dänischen Komitee), daß meine Familie von Stockholm weggegangen ist, was gar nicht nötig gewesen sein sollte. Ich finde es - gelinde gesagt - höchst eigenartig, einen organisierten Kollegen und politischen Flüchtling zunächst ... den traurigsten Lagen auszusetzen, ihm über ein halbes Jahr die Weiterreise anzutragen, ihm dazu noch die Mittel anzubieten, dabei bestimmte Vorkommnisse als Differenzen nicht zu erwähnen und dann in Abwesenheit, fast drei Wochen später, an den IGB zu schreiben, was einem Urteil gleichzusetzen ist. In Stockholm hätte man doch länger als zwei Wochen Zeit gehabt in einem geordneten Verfahren auf Anklage und Verteidigung, nach gewerkschaftlichen und sozialistischen Regeln, den Dingen auf den Grund zu gehen".

Fritz Schreiter fordert die Rücknahme und Richtigstellung der gemachten Vorwürfe und kündigt an, sollte das nicht geschehen, nach Stockholm zurückzukehren.

Aus den vorliegenden Unterlagen geht nicht hervor, wie sich die Dinge weiter entwickelt haben. Auch ist Fritz Schreiter mit seiner Familie nicht wieder nach Schweden zurückgekehrt, was ihm und seinem Sohn wohl das Leben gerettet hätte. Er ist in Dänemark geblieben und lebte bis zum April 1940 in der Stadt Helsingör nördlich von Kopenhagen.

Auch wird nicht ersichtlich, warum das Stockholmer Komitee Schreiter hingehalten hat und ihn aus dem Lande haben wollte. Vielleicht lag es an seiner politischen Vergangenheit, vielleicht wurden alte persönliche Rechnungen aus dem politischen Raum beglichen, oder es lag einfach an seiner Person. So berichtet Erwin Gräff, ebenfalls ein KPO-Emigrant, der später in Schweden blieb, dass Schreiter wohl etwas cholerisch veranlagt gewesen sei und sich nicht mit der notwendigen Demut benommen hätte, weshalb man ihn loshaben wollte.

Am 9. April 1940 überfiel Nazideutschland Dänemark. Für die Familie Schreiter, die bereits im Jahr 1934 aus Deutschland ausgebürgert worden war und auf den Fahndungslisten der Gestapo stand, bedeutete dies höchste Gefahr. Noch am Tag des Überfalls fuhr die Familie mit der normalen Fähre nach Schweden. In einem Brief, der wahrscheinlich von Fritz Wiest (Spartakusgruppe/KPO) stammt, ist zu lesen: "Unser Freund Fritz Schreiter, der bei der deutschen Invasion in Dänemark lebte, flüchtete nach Schweden, wurde aber dort nicht ins Land gelassen. Wie wir bisher in Erfahrung bringen konnten, soll seine Einreise abgelehnt worden sein mit der Begründung, daß, wenn er im Besitz von tausend Kronen sei, sie ihn nicht als Flüchtling anerkennen können (Schreiter hat die letzten Jahre mit Frau und Sohn gearbeitet) und mußte zurück nach Dänemark".

In Dänemark taucht die Familie unter. Aber über kurz oder lang fliegt sie auf, wird von der Polizei festgenommen, der Gestapo ausgeliefert und nach Deutschland gebracht. Emmy Schreiter kam bis zum Kriegsende ins Zuchthaus Waldheim. Der Sohn Axel wurde ins Konzentrationslager Flossenbürg gebracht.

Zusammen mit dem tschechischen Widerstandskämpfer Rudi Skohoutil und dem Freitaler Antifaschisten Willy Schneider wurde Fritz Schreiter der Prozess vor dem Volksgerichtshof gemacht. Die Anklage warf den Dreien vor, im Ausland, besonders in der damaligen Tschechoslowakei und in Dänemark, Hochverrat vorbereitet zu haben und umstürzlerische Schriften ins Reich gebracht und verteilt zu haben. In der Urteilsbegründung hieß es: Fritz Schreiter müsse "die härteste Strafe treffen ... (er würde) im hohen Grade dazu beitragen, die Verwirklichung der Volksgemeinschaft zu erschweren, da sich durch den Inhalt der Schreiben verblendete Volksteile sich immer wieder verleiten ließen, sich gegen das Volksganze zu stellen ... Hinzu kommt, daß er in der Hauptverhandlung heute noch als ein verstockter und unbelehrbarer Kommunist anzusehen ist."

Wegen Hochverrats wurde Fritz Schreiter zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Er wurde ins Zuchthaus Waldheim in Sachsen gebracht. Auf seine Initiative hin bildet sich dort eine illegale Widerstandsgruppe sozialistischer Häftlinge. Im Zuchthaus müssen die Häftlinge für die Kriegsproduktion arbeiten; es werden dort Teile für Flugzeugmotoren hergestellt. In ihrem Buch "In den Netzen der Erinnerung" (Rowohlt, 1986) schreibt die bekannte Publizistin Carola Stern über Fritz Schreiter:

"Welche Entwürdigung es für einen politischen Gefangenen bedeutet, Waffen für Hitlers Krieg herstellen zu müssen, schert jene, die das angeordnet haben, nicht. Im Gegenteil. Und wenn es jemanden scheren sollte, so kann er doch nichts ändern. Also bleibt nur, sich zu fügen. Friedrich Schreiter, einem oppositionellen Kommunisten und führenden Mann der KPO, muß der Gedanke, sich nicht wehren zu können, selbst in der Gefangenschaft 'mitmachen', Kriegswaffen produzieren zu sollen, unerträglich gewesen sein. Seit es die Nazis gibt, hat er ihnen Widerstand entgegengesetzt: als Dresdner Stadtrat, als Zschachwitzer Bürgermeister, dann nach seiner Flucht, in der Emigration, zuerst an der deutsch-tschechischen Grenze, dann von Kopenhagen aus und schließlich, als die Wehrmacht Dänemark und Norwegen besetzte, im dänischen Untergrund, wo er aufgespürt und zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist. Und jetzt soll er für Hitlers Krieg arbeiten?

Als Techniker oder Ingenieur (Schreiter war Maschinenschlosser, W.K.) zum Vorarbeiter in der Schlosserei bestimmt, sitzt Schreiter in einem von den Übrigen abgetrennten Raum. Der kleine, hagere Mann mit dem weißgrauen Haarschopf und der Nickelbrille auf der Nase muß nach den Zeichnungen des auftraggebenden Betriebs die Drehbänke, Bohr- und Fräsmaschinen für die zu bearbeitenden Werkstücke einrichten und später die fertigen Stücke mit den Zeichnungen vergleichen, also auf die Genauigkeit hin kontrollieren. Nach geraumer Zeit wird in der Rüstungsfirma festgestellt, daß hin und wieder die Toleranzen der im Zuchthaus bearbeiteten Flugzeugmotorenteile von dem Vorarbeiter gefälscht worden sind. Wegen Sabotage und Verzögerung der Rüstungsproduktion wird Schreiter zum Tode verurteilt und 1944 in Brandenburg-Görden hingerichtet. (Hier irrt C. Stern. Schreiter wurde nachweislich in Dresden hingerichtet. W.K.) Die Menschen außerhalb des Zuchthauses erfahren nichts davon, oder sie nennen es Verrat."

Das Schicksal der gesamten Familie verläuft ähnlich dramatisch. Der Sohn Axel Schreiter wurde ins KZ Flossenbürg in Bayern gebracht. Dort wurde er nachweislich am 6. April, wenige Wochen vor Kriegsende, im Alter von 25 Jahren umgebracht.

Von Emmy Schreiter, geb. Sander, von Beruf Verkäuferin und selbst in der KPD und später in der KPO aktiv, ist von der Zeit vor 1933 wenig bekannt. Sie durchlitt aber wie Fritz Schreiter und der Sohn Axel die gesamte Zeit des Widerstandes und der Emigration. 1941 wurde sie zu drei Jahren und zwei Monaten Zuchthaus verurteilt. Die Nazis entließen sie aber nach der Haftzeit nicht. Erst am Kriegsende wurde sie daraus befreit. Sie übernahm 1945 die Leitung eines Erholungsheimes in Bansin auf Usedom. Ab 1950 war sie die Zweite Vorsitzende der Dresdner VVN. Sie starb im Jahr 1953 im Alter von 57 Jahren in Dresden.

*

Mich haben unterstützt die Kollegin und Kollegen des AK Soziales der IGM Vst. Dresden Sonja Loch, Hans-Jürgen Knäschke und Peter Schley.

Bei der Erstellung des Textes haben wir uns auf folgende Quellen, ohne Einzelangaben gestützt:

- Geschäftsberichte des DMV VSt. Dresden aus den Jahren 1920 bis 1924;
- Wikipedia; Material der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg;
- Material des Instituts für Sächsische Geschichte und Volkskunde;
- Material des Stadtarchivs der Stadt Dresden;
- Material, zur Verfügung gestellt von Professor Theodor Bergmann/Stuttgart;
- Texte zur Arbeiterbewegung/50 Jahre KPD(Opposition) Theodor Bergmann 1978;
- Jakob Moneta: Die Gewerkschaftspolitik der KPD in der Weimarer Republik, in "Die Rote Gewerkschaftsinternationale" / A. Losowski/1978;
- Walter Fabian, Klassenkampf um Sachsen, 1930


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Kriegsjahr 1917, die Menschen stehen nach Lebensmitteln an.
- Abzeichen des Deutschen Metallarbeiter Verbandes
- Abzeichen der RGO

*

Quelle:
Arbeiterstimme Nr. 179 - Frühjahr 2013, Seite 15 bis 23
Verleger: Thomas Gradl, Postfach 910307, 90261 Nürnberg
E-Mail: redaktion@arbeiterstimme.org
Internet: www.arbeiterstimme.org
 
Die Arbeiterstimme erscheint viermal im Jahr.
Das Einzelheft kostet 3 Euro,
Abonnement und Geschenkabonnement kosten 13 Euro
(einschließlich Versandkosten).
Förderabonnement ab 20 Euro aufwärts.


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2013