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INTERVIEW/021: Biennale Worpswede - Ich bin zufrieden - Jürgen Haase im Gespräch (SB)


Interview am 28. April 2013 in Worpswede

anläßlich der ersten Kunst- und Filmbiennale vom 25. bis 28. April 2013



Prof. Jürgen Haase ist Initiator und Direktor der ersten Kunst- und Filmbiennale Worpswede und Leiter des gemeinnützigen Wilhelm Fraenger-Instituts. Nach der feierlichen Verabschiedung der Delegation polnischer Künstlerinnen und Künstler im Rathaus des Künstlerdorfes beantwortete der Filmproduzent und Autor dem Schattenblick einige Fragen.

Vor dem Rathaus Worpswede - Foto: © 2013 by Schattenblick

Jürgen Haase
Foto: © 2013 by Schattenblick

Schattenblick: Herr Professor Haase, Sie sind der Initiator und Direktor der Kunst- und Film-Biennale Worpswede. Welche Idee liegt dem Projekt zugrunde?

Jürgen Haase: Der Gedanke war, eine europäische Künstlerkolonie nach Worpswede, eines der anerkanntesten Künstlerdörfer in Europa, mit seinen Künstlern und Werken zu bringen. Wir suchen den Dialog zwischen den unterschiedlichen Kolonien und wir haben diese Biennale daher unter das Motto gestellt: "Zwischen den Polen". Damit ist einerseits das Land Polen gemeint, zum andern bedeutet es, daß wir einen starken Spannungsbogen zwischen Kunst und Kultur der beteiligten Länder schlagen.

SB: Wie ist der Kontakt zu den polnischen Künstlerkolonien zustandegekommen?

JH: Der Bürgermeister von Worpswede, Herr Schwenke, und ich sind nach Szklarska Poreba gefahren, um dort mit den Kollegen zu sprechen und zu versuchen, sie für die Kunstbiennale in Worpswede zu interessieren. Wir haben dann ferner mit den Vertretern der Künstlerkolonie Kazimierz Dolny gesprochen, und in beiden Fällen hat man sich sehr über die Initiative gefreut und ihr zugestimmt. Zudem haben wir angeregt, ein sogenanntes Kulturabkommen zwischen diesen drei Künstlerkolonien im Rahmen der Kunst- und Film-Biennale zu schließen, um für die Zukunft in regelmäßigen Abständen einen Austausch zwischen Worpsweder und polnischen Künstlern zu ermöglichen.

SB: Wie ist die öffentliche Resonanz auf die Biennale?

JH: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann Ihnen nur sagen, daß die Presse sich bisher sehr positiv dazu geäußert hat, daß die Stimmen, die ich von den polnischen Kollegen gehört habe, alle sehr positiv waren, und daß die Stimmen, die ich aus dem Publikum und aus dem Worpsweder Kreis und darüber hinaus gehört habe, sehr begeistert waren. Von daher gesehen werten wir diese erstmalige Veranstaltung in dieser Größenordnung unter diesem neuen Aspekt als Erfolg. Daß wir noch vieles anders und besser machen können, daß wir auch dabei gelernt haben, stimmt natürlich auch.

SB: Können Sie das noch etwas konkreter fassen?

JH: Ja. Wir haben hier sieben Spielstätten, vier Galerien, zwei Museen, die Music Hall und das Theater. Das sind viele Orte, an denen sehr Unterschiedliches passiert. Wir haben ein umfangreiches Programm mit 60 Veranstaltungen in vier Tagen absolviert. Mein Eindruck ist, daß es möglicherweise für die Zukunft günstiger sein könnte, wenn wir uns auf weniger Orte konzentrieren. Aber für die erste Biennale wollten wir ganz Worpswede mit einbeziehen. Wenn sich das Ereignis erst einmal etabliert hat, wird man möglicherweise zu einer Konzentration der Veranstaltungen gelangen.

SB: Kann man die Exponate der polnischen Seite noch über die vier Tage der Biennale hinaus sehen?

JH: Die polnischen Kunstwerke bleiben noch weitere vier bis fünf Wochen hier, so daß das noch eine Nachfolgewirkung haben wird. Das ist ein schöner Zeitraum auch für andere Gäste, die Worpswede besuchen. Zudem können die Galerien und Museen darauf hinweisen, daß hier ein besonderer künstlerischer Aspekt durch die polnischen Künstlerkolonien präsentiert wird.

SB: In den Danksagungen klang ja schon an, daß Menschen aus verschiedenen Ländern im Bereich von Kunst und Kultur auf ganz andere Weise miteinander in Kontakt kommen als in der Politik. Gehört dies auch zu der Absicht, die Sie mit der Kunst- und Film-Biennale verfolgen?

JH: Das kann man ganz eindeutig mit ja beantworten. Ich denke, die Politik kümmert sich in der Regel um die Finanzen , um die wirtschaftliche Situation, mit Abstrichen um die soziale Situation innerhalb Europas. Über Kunst und Kultur wird in der derzeitigen aktuellen Situation politisch überhaupt nicht geredet. Ich halte das für einen großen Fehler.

SB: Herr Prof. Haase, vielen Dank für das Gespräch.

Biennale-Transparent vor Ratsgebäude - Foto: © 2013 by Schattenblick

Das Rathaus Worpswede
Foto: © 2013 by Schattenblick

14. Mai 2013