Schattenblick →INFOPOOL →KUNST → FAKTEN

DOCUMENTA/036: Filmprogramm vom 05.09. bis 16.09.2012 (dOCUMENTA (13))


dOCUMENTA (13)

Filmprogramm vom 04. bis 16. September 2012



Künstler und Filmemacher: Khaled Hourani und Rashid Masharawi
Do 05.09.12, 20.30 Uhr und 22.00 Uhr Picasso in Palestine

Künstler und Filmemacher: Francis Als, Anri Sala
Do 06.09.12, 20.30 Uhr und 22.00 Uhr
Reel - Unreel
1395 Days Without Red

Künstler und Filmemacher: The Otolith Group, Etel Adnan
Fr 07.09.12, 20.30 Uhr und 22.45 Uhr
I See Infinite Distance Between Any Point and Another
Motion

Künstler und Filmemacher: Red Tremmel und Ruth Robbins, John Menick
Sa 08.09.12, 20.30 Uhr und 22.00 Uhr
Exotic World and the Burlesque Revival
Starring Sigmund Freud

Künstler und Filmemacher: Pierre Huyghe
So 09.09.12, 20.30 Uhr und 23.00 Uhr
The Host and the Cloud

Künstler und Filmemacher: Clemens von Wedemeyer
Mo 10.09.12, 20.30 und 23.00 Uhr
Muster
Teilnehmer: Clemens von Wedemeyer

Künstler und Filmemacher: Albert Serra
Di 11.09.12, 20.00 Uhr - So 16.09.12, 20.00 Uhr
The Three little Pigs
Nonstopvorführung des Films von Albert Serra

*


Künstler und Filmemacher: Mario Garcia Torres

Picasso in Palestine
(Palästina 2012, 52 Min., Arabisch / Englisch mit englischen Untertiteln)
05.09.12
20.30 Uhr und 22.00 Uhr
Bali-Kinos

Am 24. Juni 2011 eröffnete in der International Academy of Art Palestine (IAAP) in Ramallah eine einzigartige Ausstellung. Auf Initiative des Künstlers Khaled Hourani wurde zum ersten Mal in der Geschichte ein Originalgemälde von Pablo Picasso im Westjordanland gezeigt. Buste de Femme (1943), eines der ikonenhaftesten Werke aus der Sammlung des Van Abbemuseum in Eindhoven, überquerte viele sichtbare und unsichtbare Grenzen, um Ramallah zu erreichen. Was passiert mit einem Gemälde von Picasso, wenn es kulturelle und politische Grenzen überschreitet? Verändert sich unterwegs seine Bedeutung? Haben unterschiedliche Orte unterschiedliche Potenziale, um Reaktionen auf ein Kunstwerk auszulösen? Das sind die Fragen, die von Khaled Hourani aufgeworfen werden. Der Filmemacher Rashid Masharawi begleitete die Reise der Buste de Femme, die zwei Jahre der Vorbereitungen und Verhandlungen erforderte, von Eindhoven nach Ramallah. Er schildert als Zeuge und Teilnehmer seine Sichtweise der Reise und der Herausforderungen, die das Projekt von Anfang an begleiteten.


Künstler und Filmemacher: Francis Als, Anri Sala

Reel-Unreel
(Francis Als, Afghanistan / Mexiko 2011, 19 Min., Dari mit englischen Untertiteln)
06.09.12
20.30 Uhr und 22.00 Uhr
Bali-Kinos

Dieser Film speist sich aus Als' Interesse an Straßenspielen von Kindern, etwa die Kunst, ein Rad mit einem Stock anzutreiben, wie er es in Bamiyan und Kabul beobachtete. Da das Objekt, das über die hügeligen Straßen von Kabuls Altstadt gerollt wird, eine Filmspule ist, wird das »Reale« zum »Reel« (englisch für Spule).

1395 Days Without Red
(Anri Sala, Großbritannien 2011, 44 Min., kein Dialog)
06.09.12
20.30 Uhr und 22.00 Uhr
Bali-Kinos

1395 Days Without Red ist ein Filmprojekt, das Sejla Kameric' und Anri Sala gemeinsam geplant, entwickelt und gedreht haben. Das Resultat des Projekts sind zwei separate Filme. Anri Salas Film, der in Zusammenarbeit mit Liria Begeja entstand, handelt von einer Frau, gespielt von Maribel Verdú, die auf ihrem Weg durch das verlassene Sarajewo Tschaikowskys 6. Sinfonie, die Pathétique, hört und dabei die traumatische Erfahrung der 1395 Tage andauernden Belagerung wieder durchlebt.


Künstler und Filmemacher: The Otolith Group, Etel Adnan

I See Infinite Distance Between Any Point and Another
(The Otolith Group, Großbritannien 2012, 33 min., Englisch)
07.09.12
20.30 Uhr und 22.45 Uhr
Bali-Kinos

Die einflussreichen Publikationen von Etel Adnan, veröffentlicht auf Französisch, Englisch und Arabisch, werden auf der ganzen Welt gelesen. Ihr neuestes Buch Sea and Fog beschwört das Meer als eine Metapher für Stärke und untersucht die Natur des individuellen Geists und die individuelle Lebendigkeit der Natur. Der neue Film der Otolith Group wurde vor allem in Adnans Apartment in Paris gedreht und konzentriert sich auf eine Lesung ihres Gedichts Sea (2011), das sich auf Philosophie stützt, um über Materie und Anti-Materie zu meditieren. Der Klang von Adnans Stimme und die leisen, aber immer präsenten Hintergrundgeräusche in ihrem Apartment lassen einen Film mit einer starken meditativen Atmosphäre entstehen. Sea stützt sich auf die Kraft der Philosophie, um die kontinuierliche Mutation von Materie in Geschwindigkeit zu verfolgen. Wenn Poesie als eine Studie von Zwang verstanden werden kann, dann kann I See Infinite Distance Between Any Point and Another als ein Experiment in Konzentration verstanden werden, das von der Mobilität von Ideen und der Bewegung des Ozeans handelt. I See Infinite Distance Between Any Point and Another (2012) könnte als eine Studie von Gesten gesehen werden, die auf Hydra Decapita (2010) in der Trilogie von Arbeiten der Otolith Group zu Hydropolitik und Hydroästhetik folgt.

Motion
(Etel Adnan, Libanon / Deutschland 2012, 90 Min., kein Dialog, Weltpremiere)
07.09.12
20.30 Uhr und 22.45 Uhr
Bali-Kinos

Diese Collage aus Super-8-Filmen der Schriftstellerin, Lyrikerin, Dramatikerin und Künstlerin Etel Adnan ist eine lakonische Studie zu Orten und Augenblicken. Ende 1949 brach Adnan von Beirut nach Paris auf und zog 1955 weiter nach Kalifornien, um an der University of California in Berkeley, Philosophie zu studieren, wo sie zahlreiche Autoren der Beatgeneration kennenlernte. Persönlich durch das Trauma des libanesischen Bürgerkriegs und die Erfahrungen der Dislokation geprägt, spannt sich ihre Arbeit über Sprachen und Kontinente hinweg und stellt seit langem eine unverkennbare Stimme in den kulturellen Diskursen des Mittleren Ostens dar. Malerei und Zeichnung waren immer zentrale Komponenten ihres Werks.


Künstler und Filmemacher: Red Tremmel und Ruth Robbins, John Menick

Exotic World and the Burlesque Revival
(Red Tremmel und Ruth Robbins, USA 2012, 91 Min., Englisch)
08.09.12
20.30 Uhr und 23.00 Uhr
Bali-Kinos

Der Dokumentarfilm Exotic World and the Burlesque Revival (Regie Red Tremmel, Erzählerin Margaret Cho) konzentriert sich auf eine Ziegenfarm mitten in der Mojave-Wüste, die der Ausgangspunkt war für das größte Burlesque-Festival in den USA seit den 1940ern. Der Film entstand zwischen 2001 und 2010 und zeigt die Bemühungen der früheren Striptease-Tänzerinnen Jennie Lee (die in den 1950ern eine Gewerkschaft für Stripperinnen gründete) und Dixie Evans ("Die Marilyn Monroe der Burlesque"), die den Ziegenstall in das erste und einzige Museum und Altersheim verwandelten, das der Burlesque Exotic World (a.k.a. Die Hall of Fame der Burlesque) gewidmet ist. Obwohl ihnen nur geringe Mittel zur Verfügung stehen, weigern sich Jennie und Dixie, die Kunst der Burlesque in Vergessenheit geraten zu lassen. Als Reaktion darauf beginnen junge Anhänger des Burlesque-Revivals, Pilgerreisen zu dem Museum zu machen. Der Film hält den Moment fest, in dem die Anhänger und die älteren Legenden in der prallen Wüstensonne aufeinandertreffen und eine künstlerische Verwandtschaft erschaffen, die die Wiederauferstehung der Neo-Burlesque befördert. Als Pilgerstätte für erotisch-kulturelle Arbeiter ruft Exotic World Fragen über die politischen Aspekte von Geschichte und Sex, Kunst und Kommerzialisierung, Altern, Verwandtschaft, Feminismus und Freude.

Starring Sigmund Freud
(John Menick, USA 2012, ca. 30 Min., Englisch)
08.09.12
20.30 Uhr und 23.00 Uhr
Bali-Kinos

Starring Sigmund Freud (2012) ist eine Erinnerung in Form eines Videos an die wenig bekannte Filmkarriere des Psychoanalytikers. Das Video versammelt Dutzende von Auftritten der Figur Sigmund Freuds auf Filmleinwänden und Fernsehbildschirmen. Nach den 1950er Jahren, als die analytischen Couchen durch Tabletten ersetzt wurden, begann der Vater der Psychoanalyse eine zweite Karriere, indem er sich überall, von einem John-Huston-Flop bis zu einer Star Trek-Folge, verkörperte. Die Arbeit deutet an, dass der "Herr Doktor" seine letzte Ruhestätte womöglich vor der Kamera finden wird, zusammen mit schönheitschirurgisch optimierten Filmsternchen und computeranimierten Fabelwesen.


Künstler und Filmemacher: Pierre Huyghe

The Host and the Cloud
(Frankreich/USA 2010, 122 Min., Französisch mit englischen Untertiteln)
So 09.09.12
20.30 Uhr und 23.00 Uhr
Bali-Kinos

The Host and the Cloud war ein reales Experiment, das in einem für immer geschlossenen Museum am Rand eines Vergnügungsparks stattfand. Es wurde von einem Live-Publikum beobachtet und an drei Tagen - Halloween, Valentinstag und 1. Mai - zwischen 2009 und 2010 teilweise gefilmt. Eine Gruppe von Akteuren, die wie das Personal des ehemaligen Museums wirken, wurden - unter bestimmten Bedingungen - Einflüssen ausgesetzt, die sie mitgestalten und umwandeln konnten. Ihre Rollen und Verhaltensweisen änderten sich, während sie mit einer Reihe von Live-Situationen, räumlichen Anordnungen und bruchstückhaften Geschichten konfrontiert wurden. Während das Ritual in der Live-Situation ablief und jetzt noch einmal im Film abläuft, erleben beide Publikumsgruppen die Entstehung von Ideen und die Erscheinungsweise von Gedanken. In dieser Geschichte über die Gegenwart ist das Subjekt nicht länger der Hauptdarsteller. Die Ansammlung imaginärer Figuren in der Vorstellung des Subjekts, ihre veränderlichen, realen oder fiktionalen Konstellationen, bilden eine Situation, die nach und nach die Stelle des Subjekts einnimmt.

The Host and the Cloud ist eine Geschichte, eine Reise in die Gedankenwelt eines abwesenden Subjekts.

Die fiktive Person, die im Film auftritt, ist das Alter Ego des abwesenden Subjekts in dessen Seelenlandschaft ...
Nun läuft ein weißes Kaninchen durch den Film dieser imaginären Welt...

The Host and the Cloud (2009/10) im Musée des Arts et Traditions Populaires in Paris sowie zwei weitere aktuelle Projekte des Künstlers, La Saison des Fêtes im Palacio de Cristal in Madrid (2010) und A Forest of Lines an der Oper von Sydney (2008), zeigen Subjekte in einer besonderen Umgebung - Lebewesen und fiktive Charaktere zugleich. Obwohl die Bedingungen, unter denen sie gemeinsam existieren, durch Geschichten vorgegeben sind, sind die Beziehungen zwischen diesen Subjekten »real« und beruhen nicht auf einem Drehbuch. Sie sind nicht länger Protagonisten einer Erzählung, sondern Figuren, die in ihr »existieren«.


Künstler und Filmemacher: Clemens von Wedemeyer

Muster
(Deutschland 2012, 79 Min., Deutsch mit englischen Untertiteln, Weltpremiere)
Mo 10.09.12
20.30 Uhr und 22.30 Uhr
Bali-Kinos

Clemens von Wedemeyers Film Muster ist ein Film in drei Akten, dessen Schauplatz das ehemalige Benedektinerkloster Breitenau bei Kassel ist - ein Ort, der in den letzten 150 Jahren tiefgreifenden institutionellen und architektonischen Veränderungen unterlag: Das Kloster wurde zunächst in ein Gefängnis umgebaut, dann in ein Konzentrationslager, später in ein Mädchenerziehungsheim und ist heute eine Gedenkstätte, der eine offene psychiatrische Einrichtung angeschlossen ist. Muster existiert in zwei Versionen: als Film für das Fernsehen und als Installation, die auf drei im Dreieck angeordneten Projektionsflächen gezeigt wird, so dass Ansichten desselben Orts parallel zueinander laufen - ein Versuch, die Komplexität des Gegenstands durch drei verschiedene Zeitebenen zugänglich und begreifbar zu machen. Wedemeyer erzielt diese Wirkung, indem er seine drei Hauptfiguren auf eine Zeitreise durch drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts schickt. Der Titel ist also doppeldeutig: Er bezieht sich auf die Arbeitskopien, die am Ende eines Drehtages angefertigt werden, aber auch auf verschiedene Muster aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts, die an diesem Ort erkennbar sind.

In der Filmversion sind die drei Zeitebenen in einen linearen Ablauf gebracht, der jedoch nicht chronologisch, sondern in Rückblenden und Zeitsprünge verläuft. Im Jahr 1994 besichtigen die Freunde August und Amelie mit ihrem Klassenlehrer die Gedenkstätte Breitenau, ohne jedoch die unvorstellbaren Geschehnissen, die sich hier in der Vergangenheit zugetragen haben, wirklich verarbeiten zu können. Eine Filmvorführung leitet über in das Jahr 1945, wo amerikanische Soldaten in das Arbeitslager Breitenau einrücken, die Wächter verhaften und die Häftlinge mithilfe eines Dolmetschers befreien, der dem Lehrer ähnelt. Zurück auf dem Rundgang der Schüler durch das Kloster findet im Mädchentrakt eine Rückblende in die 1970er Jahre statt, wo Amelie sowohl als Insassin des Mädchenerziehungsheims erscheint und zugleich als Hauptdarstellerin bei den Dreharbeiten für einen Film, der frei an Ulrike Meinhofs Bambule angelehnt ist. Nach weiteren, durch cinematische Effekte eingeleiteten Zeitsprüngen in die Jahre 1945 und 1994, endet der Film mit der Zerstörung eines Zimmers im Mädchenheim der 1970er Jahre.

Die drei Akte von Muster umkreisen drei Motive - Musik, Körper und Sprache - und setzen sich mit Vorstellungen von Gefangenschaft und Befreiung zu verschiedenen Zeiten auseinander. Wie in früheren Arbeiten Wedemeyers, etwa Von Gegenüber (2007), die für die Skulptur.Projekte Münster entstand, und der Multimedia-Multiscreen-Installation The Fourth Wall (2009-2010), untersucht der Künstler auch hier Begriffe des Kinos wie den subjektiven Blick, das Verhältnis zwischen historischer Wahrheit und Geschichtenerzählen und die unsichtbare Anwesenheit der »vierten Wand«, die die Zuschauer von den Ereignissen auf Bühne oder Leinwand trennt, um Illusion möglich zu machen.

An die Vorstellung schließt sich ein Gespräch mit Clemens von Wedemeyer und Bettina Röhl u.a. an.


Künstler und Filmemacher: Albert Serra

The Three Little Pigs
(Deutschland 2012, ca. 7200 Min., Weltpremiere)
Di 11.09.12, 20.00 Uhr bis So 16.09.12, 20.00 Uhr
Bali-Kinos

An jedem Tag der Ausstellung in Kassel drehte Albert Serra einen Film. Nachmittag schneidet, abends zeigt er ihn, zusammen mit Auszügen vom vorhergehenden Tag. The Three Little Pigs bezieht sich ironisch auf drei Momente in der europäischen Geschichte und ihrer kulturellen Identitätsbildung, repräsentiert durch Johann Wolfgang von Goethe, Adolf Hitler und Rainer Werner Fassbinder. Drei Schriften liefern den Text: Goethes Gespräche mit seinem Schriftstellerkollegen und Assistenten Johann Peter Eckermann; Hitlers Tischreden, einer Serie von Monologen und Gesprächen, die sich 1941 bis 1944 im Führerhauptquartier zwischen Hitler und seinem inneren Kreis ereigneten, sowie eine Reihe von Interviews mit und Artikel von Fassbinder.

Die Nonstopvorführung des Films beginnt am Dienstag, 11. September um 20 Uhr und endet am Sonntag, 16. September voraussichtlich um 20 Uhr.


Tickets für die Filmvorführungen erhalten Sie an den Vorverkaufskassen der Bali Kinos (Rainer Dierichs Platz 1).

*

Quelle:
dOCUMENTA (13) - Newsletter vom 4. September 2012
Friedrichsplatz 18, 34117 Kassel
Telefon: + 49 561 707270, Fax: + 49 561 7072739
E-Mail: press@documenta.de
Internet: www.documenta.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2012