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BERICHT/164: Kuba - Wandmalereien fördern soziale Stadtentwicklung, Initiative in Havanna (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Dezember 2011

Kuba: Wandmalereien fördern soziale Stadtentwicklung - Erfolgreiche Initiative in Havanna

von Patricia Grogg

andgemälde in Havanna - Bild: © Patricia Grogg/IPS

Wandgemälde in Havanna
Bild: © Patricia Grogg/IPS

Havanna, 6. Dezember (IPS) - Das Viertel Cantarrana im Westen der kubanischen Hauptstadt Havanna war ein grauer Fleck auf der Landkarte - bis Anwohner ihre Häuser mit farbenfrohen Malereien schmückten. Auch der soziale Zusammenhalt in dem Viertel hat von der Kunst profitiert.

"Niemand kannte uns, wir existierten überhaupt nicht", erinnert sich die Ingenieurin Aleida González. Erst die Gemälde hätten den Stadtteil aus der Anonymität befreit. "Jetzt sind wir alle sehr stolz, hier zu leben", versichert die 47-Jährige, die in Cantarrana (span. cantar: singen, rana: Frosch) geboren wurde. Der Name des Viertels geht auf die Hochwasser zurück, die die nahe gelegenen Flüsse über ihre Ufer treten ließen. Mit dem Wasser kamen die Frösche, die ihre Quakkonzerte wochenlang zum Besten gaben.

Unterstützt wird das Kunstprojekt vom Internationalen Komitee für die Entwicklung der Völker (Cisp), einer italienischen Nichtregierungsorganisation, die seit 20 Jahren in Kuba tätig ist. Nach zwei Jahren zeige sich bereits deutlich, dass das Projekt funktioniere, sagt Eduardo Lima, einer der führenden Aktivisten in Cantarrana. "Die Menschen haben inzwischen ein engeres Verhältnis zueinander und sind zur Zusammenarbeit bereit."

Kunst fördert den Zusammenhalt im Stadtviertel - Bild: © Patricia Grogg/IPS

Kunst fördert den Zusammenhalt im Stadtviertel
Bild: © Patricia Grogg/IPS

Anwohner übernehmen mehr Verantwortung für Viertel

Lima ist davon überzeugt, dass das Experiment auch in anderen Teilen der Hauptstadt Erfolg haben könnte. Etwa 300 Einwohner von Cantarrana sind dafür verantwortlich, die Gemälde an den Wänden ihrer Häuser in einem guten Zustand zu erhalten.

Nicht wenige Nachbarn haben sich dazu inspirieren lassen, unter Anleitung durch die Künstler selbst zum Pinsel zu greifen. "Diese Bevölkerungsgruppe fühlte sich lange Zeit gesellschaftlich ausgegrenzt. Inzwischen ist das nicht mehr der Fall", erklärt Miguel Angel González Pi, einer der Maler, die ihr Können weitervermitteln.

"Es ist eine unglaubliche Erfahrung. Ich habe zum ersten Mal unter freiem Himmel gemalt", erzählt Isabel María Llamas, die seit zehn Jahren als bildende Künstlerin tätig ist. Die Bewohner von Cantarrana hätten ihre Arbeit sehr unterstützt.

Die Menschen hätten sogar Materialien zur Verschönerung der Häuser beschafft, was in Kuba nicht einfach sei, sagt Paola Larghi, die das Cisp-Büro in Kuba leitet. Die größere Wertschätzung für Kunst habe dazu geführt, dass auch in anderen Bereichen mehr Verantwortung übernommen werde. "Hygiene und Umweltschutz in dem Viertel haben sich verbessert", stellt sie fest.

Cisp initiierte außerdem das Projekt 'Offener Raum', das die Entwicklung in mehreren armen Stadtbezirken in der Gemeinde Playa nahe Havanna vorantreiben soll. Lokale Kulturinstitutionen und Jugendgruppen beteiligen sich bereits an der Arbeit.

"Kunst ist ein Werkzeug für den Wandel", sagte Larghi kürzlich auf einem Treffen im Rahmen der Italienischen Kulturwoche in Havanna. Der italienische Botschafter in Kuba, Marco Baccin, betonte, dass sein Land die Restaurierung der historischen Altstadt von Havanna sowie den Ausbau erneuerbarer Energien und sozialer Initiativen unterstütze.

Kubanische Architekten wie Mario Coyula befürworten ebenfalls eine größere Beteiligung der Bevölkerung an der Stadtentwicklung, die in den vergangenen 50 Jahren zahlreiche Rückschläge hinnehmen musste. Coyula warb in einem kürzlich veröffentlichten Artikel dafür, den öffentlichen Raum stärker für Bürgerprojekte zu nutzen. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2011