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BERICHT/126: Kunst unkonventionell vermittelt (Portal - Uni Potsdam)


Portal - Die Potsdamer Universitätszeitung 10-12/2008

Kunst unkonventionell vermittelt
Studierende lernten in Potsdams Schlössern, moderne und alte Kunst zu erklären

Von Änne Söll, Andreas Köstler vom Institut für Künste und Medien


Am 18. Juli eröffnete die Ausstellung "Neue Kunst in den Neuen Kammern!" im so genannten Gästeschloss Friedrichs II. in Sanssouci. Zum ersten Mal in der Geschichte der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zog die zeitgenössische Kunst in die historischen Räume des 18. Jahrhunderts ein. Dr. Änne Söll und Prof. Dr. Andreas Köstler vom Institut für Künste und Medien begleiteten im vergangenen Sommersemester dieses inzwischen beendete Ausstellungsprojekt mit dem Seminar "Topos Sanssouci". Dadurch bekamen Studierende die Möglichkeit, direkt vor Ort Besuchern die zeitgenössischen Kunstwerke zu vermitteln.


"Topos Sanssouci" hieß ein Seminar, in dem Lehrende der Universität Potsdam einen bisher eher unüblichen Weg der Ausbildung von Studierenden beschritten. Die Wissenschaftler machten ihre Studierenden, finanziell unterstützt von der Universitätsgesellschaft und mit theoretischem Wissen ausgestattet, zu Sprecherinnen in der Ausstellung "Neue Kunst in den Neuen Kammern!". Die Exposition dauerte von Juli bis September. Zustande gekommen ist jene Idee von der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts auf Anregung der Kuratoren Ellen Kobe und Dr. Marvin Altner.

Da die Kunstvermittlung zum zunehmend wichtigen Praxisfeld angehender Kulturwissenschaftlerinnen herangewachsen ist, darüber hinaus die Studienreform neue und experimentelle Formen der Lehre hervorbringt, galt es, in der Frage der Kunstvermittlung unkonventionelle Wege zu gehen. So boten die Studierenden keine traditionellen Führungen an, sondern standen als Ansprechpartnerinnen für die Besucher der Ausstellung mit ihrem Wissen zur Verfügung und sprachen diese auch gezielt an. Gerade im Rahmen des zeitlich reglementierten Führungsbetriebs von Sanssouci stellte diese Form der Kunstvermittlung einerseits eine Herausforderung dar; andererseits ergänzte und erweiterte diese besondere Ausstellungsbegleitung das Konzept der Ausstellung und die Wirkung der ortsspezifischen Kunstwerke selbst, legten diese es doch gerade auf eine "Störung" der schnellen touristischen Rezeption der Räume an.

Wenn zum Beispiel die Künstlerin Coco Kühn den Kamin des prächtigen Jaspissaals mit goldbesprühten Dosen füllte, so schien sich die Masse des Wegwerfmaterials auf den ersten Blick in die verschwenderische Dekoration des Raums einzufügen. Erst auf den zweiten Blick wurde der Kontrast zwischen einem maschinell verfertigten Verbrauchsgegenstand des 21. Jahrhunderts und der handgearbeiteten, üppigen Dekoration des 18. Jahrhunderts deutlich. Gerade die künstlerische Intervention innerhalb der historischen Räume bot also die Gelegenheit, diese Räume neu zu sehen, sie als solche wahrzunehmen und ihren Bezug zur Welt des 21. Jahrhunderts zu überdenken.

Ziel der Vorbereitung im Seminar war es, die wissenschaftlichen Grundlagen für eine fundierte Vermittlungsarbeit zu schaffen und damit ein Scharnier zwischen der heutigen Situation in den Räumen der Schlösser-Stiftung und ihrer wissenschaftlichen, historisch ausgerichteten Untersuchung zu schaffen. Das Programm des Seminars war dementsprechend breit gefächert; es umfasste die Auseinandersetzung mit der Architektur- und Ausstattungsgeschichte des Ortes, den "Topoi", die Sanssouci zu einem festen Begriff, aber auch Klischee der preußischen Aufklärung haben werden lassen, eine Einführung in die Erforschung der höfischen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts und der Zeremonialforschung, die Geschichte ortsspezifischer Kunst seit den 1960er Jahren, eine Auseinandersetzung mit Theorien der künstlerischen Intervention im Raum und last but not least eine Auseinandersetzung mit alternativen Formen der Kunstvermittlung.

Es zeigte sich, dass gerade die Besuche in den Räumen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten während des Seminars eine Veranschaulichung und Konkretisierung des theoretischen Wissens für die Studierenden ermöglichte und dieses wiederum auch teilweise auf die Probe stellte. Die enge Nachbarschaft von Universität Potsdam und Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hat sich hier als Glücksfall einer produktiven Verzahnung beider Forschungs-, Ausbildungs- und Ausstellungsinteressen erwiesen. Die Zusammenarbeit zwischen Universität und Stiftung darf gerade in der Ausbildung der Studierenden und ihrer Qualitätssicherung als sehr fruchtbar gelten.


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Quelle:
Portal - Die Potsdamer Universitätszeitung Nr. 10-12/2008, Seite 4-5
Herausgeber:
Referat für Presse-, Öffentlichkeits- und Kulturarbeit (PÖK)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Januar 2009