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WISSENSDURST/053: Klimawandel und warum - nachgerechnet ... (SB)


Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © by Schattenblick

Grafik: © by Schattenblick


Stefan und Ben haben an einer Fridays-for-Future-Demonstration teilgenommen. Allerdings fühlten sie sich nicht ganz wohl dabei und das nicht nur, weil es ihre erste Demo war, sondern weil sie diese geballte Einigkeit und die unterschwellige Aggression gegen die ältere Generation, die in den Augen der Demonstranten alles gegen die Wand gefahren hat, nicht teilen konnten. Denn die beiden haben sich bereits tief in die Klimaproblematik eingearbeitet und konnten erkennen, dass auch die Future-Leute die gleichen Fehler begehen werden, wie die alten Politiker. Auch sie suchen nach einfachen Lösungen und kümmern sich nicht um den Gesamtzusammenhang, schon gar nicht um das ungebrochen vorherrschende Interesse am sogenannten wirtschaftlichen Wachstum. Damit aber ein Wachstum entstehen kann, muss immer mehr produziert werden - nicht umsonst hören wir in den Nachrichten von den Prognosen, um wie viel Prozent sich die Gewinnerwartung (und somit die erhöhte Produktion) im kommenden Jahr steigern wird. Stefan und Ben sind der Meinung, dass das jedenfalls allen guten Ideen und Vorschlägen zur Verbesserung der Klimasituation im Weg steht.

Die beiden trafen sich am nächsten Tag bei Ben und unterhielten sich lange über ihre Eindrücke von der gestrigen Demonstration. Dann beschlossen sie, sich die Forderungen und Vorschläge der Aktivisten genauer anzusehen.

Stefan: "Du hättest meine Mutter hören sollen, sie ist, wie du weißt, sehr fortschrittlich und manchmal etwas radikal in ihren Ansichten, aber diesmal war sie richtig empört. Sie räumte ein, dass ihre Generation, wie sicherlich etliche davor auch schon, Fehler gemacht hätten, doch sollten die jungen Leute von heute nicht vergessen, dass sie Nutznießer von all den wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischen Errungenschaften sind, die unter anderem genau zu dieser miserablen Situation auf dem Planeten geführt haben. 'Die kommen doch schon mit Smartphone auf die Welt und sind im Internet mehr zuhause als sonstwo', schimpfte sie."

Ben: "Na, ja, mein Vater hat etwas Ähnliches gesagt. Er ist entsetzt, wie wenig man aus Fehlern lernt und dass die Future-Demonstranten wohl vergessen hätten, bestimmte Fragen zu Ende zu denken. Ob sich jemals einer überlegt hat, wo denn der Strom herkommt, der die Produktion der erneuerbaren Energien erst möglich gemacht hat. Die entstehen ja nicht aus der Luft, es braucht entsprechende Maschinen und Fabrikanlagen, die gebaut, und Rohstoffe, die gefördert oder abgebaut werden müssen."

Stefan: "Ich finde auch, dass wir es recht gut getroffen haben, in diesem Teil der Welt geboren worden zu sein. Wir nutzen alle Vorteile der Zivilisation, technischer und verkehrstechnischer Art und vor allem die vielen möglichen Interaktionen in der Medienwelt. Wenn wir uns klar machen würden, wie viel Strom das Googlen verbraucht oder das häufige Aufladen der Smartphones, der Betrieb der Computer, Tablets und Notebooks, würden wir vielleicht etwas sparsamer und umsichtiger damit umgehen. Ständig werden die Social Media von uns aktiviert, das alles ist nur mit einem enormen Stromverbrauch möglich. Tja, und wer hat 's erfunden und möglich gemacht?"

Ben: "Okay, aber wir wollten uns doch sachlich mit den Vorschlägen der Future-Bewegung zur Klimarettung auseinandersetzen, mit ihren angeblich 'bekannten Fakten und Lösungen'."

Stefan: "Genau, du hast recht, also, wo fangen wir an? Ah, ich weiß, mit Sicherheit werden doch schon irgendwo die konkreten Forderungen veröffentlicht worden sein. Sehen wir uns mal im Netz um."

Wenige Augenblicke später saßen beide vor dem Rechner, gaben 'Forderungen der Fridays for Future' Bewegung ein, scrollten sich durch eine Reihe von Veröffentlichungen über die Pressekonferenz der 'FFF' und fassten das Gelesene zusammen.

Stefan: "Also, der Reihe nach, ich schreib' das mal Punkt für Punkt auf, okay?

Das oberste Ziel ist es, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten. Die Forderungen für Deutschland lauten: Bis 2035 sollen die Treibhausgasemissionen bei 'netto null' liegen. Alle dann noch notwendigen CO2-Emissionen sollen ausgeglichen werden, zum Beispiel durch das Anpflanzen von Sauerstoff produzierender Vegetation. Der Kohleausstieg soll bis 2030 erreicht werden. Bis Ende 2019 sollen ein Viertel aller Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Im Jahr 2035 soll die Energieversorgung zu 100% durch erneuerbare Energien erfolgen. Eine Tonne CO2 soll 180 Euro kosten. Dann wird noch darauf hingewiesen, dass das Forderungspapier ganz bewusst nur Ziele beinhaltet, keine Maßnahmen. Das soll heißen, es sei die Verantwortung der Politik, den geeigneten Weg zu finden, um die Forderungen durchzusetzen. So ich denke, damit haben wir alle Punkte erfasst."

Ben: "Schon ein bisschen komisch, dass die Aktivisten schlussendlich alles wieder in die Hände der 'alten' Politiker legen, aber gut, das ist jetzt nicht das vorrangige Problem. Nun zu den einzelnen Forderungen. Gegen das genannte 'oberste Ziel' ist meiner Meinung nach nichts einzuwenden."

Stefan: "Nein, das ist wohl das Mindeste, was erreicht werden sollte."

Ben: "Also weiter: 'Bis 2035 sollen die Treibhausgasemissionen bei 'netto null' liegen'. Was bedeutet das?"

Stefan: "Ich denke, das soll heißen, dass überhaupt keine
Treibhausgase ausgestoßen werden."

Ben: "Aber wie soll das denn funktionieren? Soll innerhalb der nächsten 16 Jahre kein Auto, kein Flugzeug, keine Fabrikanlage mehr in Betrieb sein, kein Schiff mehr fahren, keine Dieselgeneratoren mehr angeschaltet werden? Was geschieht mit den gigantisch vielen Autos, die mit Benzin oder Diesel betrieben werden, dürften die dann ab 2035 nicht mehr fahren? Werden sie alle verschrottet? Wenn dann niemand mehr die alten Autos benutzen darf, auch kein Bus, kein Transporter, kein LKW mehr in Betrieb genommen wird, hätten wir dann Null-Treibhausgasausstoß?"

Stefan: "Vielleicht meinen die Future-Leute damit nur, dass die Menge CO2, die dann noch emittiert wird, bezahlt werden muss, eben mit 180 Euro pro Tonne? Immerhin sprechen sie ja von 'netto-null'?"

Ben: "Du meinst, es handelt sich hier um eine Berechnung, nicht um die tatsächliche Null-Emission an Kohlendioxid?"

Stefan: "Na ja, klingt schon irgendwie sehr inkonsequent. Andererseits sprechen sie auch davon, dass jeder dann noch notwendige CO2-Ausstoß durch das Anpflanzen von Sauerstoff produzierender Vegetation ausgeglichen werden soll. Es könnte sein, dass damit ebenfalls die 'netto-null' gemeint ist? Wobei ich mich frage, was dann der 'notwendige' CO2-Ausstoß sein wird?"

Ben: "Okay, lass uns das einmal durchspielen: ab 2035 kommen keine herkömmlichen Verkehrsmittel mehr zum Einsatz. Kohlekraftwerke sind abgeschaltet."

Stefan: "Dann gehören wohl auch alle Ölheizungen und Öfen sowieso dazu? Müssten die dann alle aus sämtlichen Wohnungen ausgebaut werden und durch elektrische Heizungen ersetzt werden? Die Gasheizungen vielleicht auch noch? Da frage ich mich schon, wie das zu verwirklichen sein soll innerhalb einer solch kurzen Zeitspanne. Wir heizen auch mit einer Ölheizung. Ich stelle mir gerade vor, wie unser Vermieter das gesamte vierstöckige Haus mit acht Mieterparteien umbauen will und wie sich die Kosten dann auf die Miete niederschlagen."

Ben: "Bisher finde ich die Forderungen der Fridays for Future-Leute zwar verständlich, aber dennoch wenig ernsthaft durchdacht."

Stefan: "Genau, und mir scheint zum Beispiel, dass oft vergessen wird, dass es auch Menschen gibt, wie meine Oma zum Beispiel, die in entlegenen ländlichen Regionen leben und auf ein Auto angewiesen sind. Wer bezahlt den Autobesitzern denn ein neues E-Auto? Es haben nicht alle so viel Geld, um sich ein Elektroauto zu kaufen. Außerdem fährt das Auto auch nicht ohne Energie, also Strom, der bezahlt werden will."

Ben: "Mein Vater hat sich neulich gerade über die hohen Stromkosten geärgert und meinte, dass die Kilowattstunde noch nie so teuer war. (31 Cent pro KW/h). Wird es dann nicht noch viel mehr kosten, wenn der gesamte Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird?"

Stefan: "Ich weiß nicht so genau. Aber so müsste es wohl sein, denn jetzt wird ja behauptet, dass der Strom so teuer geworden ist, weil er zu einem erheblichen Teil aus erneuerbaren Energien stammt."

Ben: "Weißt du, ich finde wir sollten uns noch einmal genauer mit der Forderung nach dem Anpflanzen von Sauerstoff produzierender Vegetation befassen, denn es wäre schon wichtig zu prüfen, ob Pflanzen genau das wirklich machen können, ich meine Sauerstoff produzieren. Vielleicht würde die Ausgleichstheorie gar nicht funktionieren?"

Stefan: "Ah, ich erinnere mich, du spielst auf den Biologieunterricht an, stimmt 's? Wie war das noch, die Pflanzen nehmen CO2 aus der Luft auf und so weiter."

Ben: "Ja, stimmt genau. Also, was meinst du?"

Stefan: "Das ist eine gute Idee, aber lass' uns das auf morgen verschieben. Ich habe meiner Mutter versprochen, ihr beim Aufräumen zu helfen. Sie war fast eine Woche krank und bei uns sieht es aus, na ja, eben nicht so toll."

Ben: "Okay, also bis dann. Tschüss."

Fortsetzung folgt ...


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://fridaysforfuture.de/forderungen/

https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/fridays-for-future-schueler-stellen-forderungen-an-die-politik-a-1261773.html

https://www.welt.de/politik/deutschland/article191563835//Fridays-for-Future-Klimaschutz-Aktivisten-praesentieren-Forderungen.html


8. Oktober 2019


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