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VORSICHT/019: Entdeckungen - Phosphor im Urin ... (SB)



Viele lebenswichtige Ressourcen werden knapp. Die Weltbevölkerung wächst und der Bedarf an sauberem Trinkwasser, an guter Luft, an nährstoffreichen Böden, an geeignetem Sand zur Herstellung von Glas, sowie auch als wichtiger Grundstoff für sämtliche Bauten wie Häuser, Straßen oder Brücken wird auch immer größer. Das sind nur wenige Beispiele. In dieser Reihe widmen wir uns zunächst einem als knappe Ressource eher unbekannten Rohstoff: dem Phosphor.


Phosphor - nicht nur Rohstoff, sondern ein lebenswichtiger Baustein für alle Lebewesen

Seit einigen Jahren wird deutlich, dass auch so wichtige Rohstoffvorkommen wie Phosphor sich in nicht mehr ferner Zeit ihrem Ende zuneigen. Die Bedeutung von Phosphor für Mensch, Tier und Pflanze ist vielen nicht bekannt. Ohne Phosphor kann kein Organismus funktionieren, kein Stoffwechsel, keine Vermehrung, keine Fortpflanzung stattfinden. Phosphor ist ein wichtiger Bestandteil der Zellen aller Lebewesen, auch der Pflanzen. Doch handelt es sich nicht nur um einen direkt lebenswichtigen Stoff, er wird zudem auch als wesentlicher Bestandteil von Düngemitteln genutzt und trägt in ganz erheblichen Maße zur Lebensmittelerzeugung bei. Ohne Dünger würde es keine Ernten geben, die auch nur im Entferntesten ausreichen, um die Nachfrage an Getreide, Obst und Gemüse zu decken. Die Weltbevölkerung wächst weiterhin rasch an und damit steigt der Bedarf an Lebensmitteln und schon heute ist sicher, dass die Nahrung nicht für alle reichen wird.

Doch wie kam es überhaupt zur Entdeckung von Phosphor? Woher wusste man, wie man ihn nutzen kann? Kann man diesen Stoff zurückgewinnen? Was kann mit ihm oder aus ihm hergestellt werden? Wo kommt er in der Natur vor? Wo liegen die Vorkommen auf der Erde, wie sind sie verteilt, wer nutzt sie in welchem Maße und ist der Abbau von Phosphor gefährlich, umwelt- oder gesundheitsschädlich? Eine Menge Fragen, die sich um diesen in der Öffentlichkeit doch ziemlich unbekannten Stoff ranken. Fangen wir in diesem ersten Teil am besten ganz am Anfang mit der Entdeckung von Phosphor an.


"Phophor mirabilis" - der wunderbare Lichtträger

Die Entdeckung des Phosphors reicht weit zurück bis in das Jahr 1669. Der Hamburger Apotheker Hennig Brand befasste sich neben seinem Beruf auch noch, wie viele seiner Zeitgenossen, mit der Alchemie und war von der Idee gefangen, aus "Niedrigem" "Wertvolles" zu erzeugen. Einfacher ausgedrückt befasste er sich damit, weniger wertvolle Metalle in Gold zu verwandeln, andere suchten nach dem "Stein der Weisen", einem Mittel, dass zur Unsterblichkeit verhelfen sollte. Als Apotheker war ihm der menschliche Körper vertraut und er vermutete, dass ihm eine besondere, eine veredelnde Kraft innewohne, die in der Lage sei, zugeführte einfache Nahrung in Bestandteile des Organismus zu verwandeln. Diese Kraft, so nahm er an, könne vielleicht auch die "materia prima" erzeugen. Dabei handelt es sich um eine Art Urmaterie oder Urstoff. Damals kursierten verschiedene Ansichten über diese Materie, so auch jene etwas magisch wirkende Annahme, sie sei gar nicht wirklich stofflich. Wie dem auch sei, Hennig Brand wollte mit ihr Silber in Gold verwandeln. Um an diese "materia prima" zu gelangen, sammelte er in großen Fässern viele Liter Urin, aus dem er einen Liquor destillieren wollte. Leider hatte Brand entweder keine Laboraufzeichnungen angefertigt oder hinterlassen.


Ein alter bärtiger Mann kniet vor einem hell leuchtenden Glaskolben - Gemälde: 1771, by Joseph Wright of Derby [Public domain], via Wikimedia Commons

Gemälde: 1771, by Joseph Wright of Derby [Public domain], via Wikimedia Commons


In einem Brief an den Gelehrten Leibniz schrieb er jedoch genau über dieses Experiment. Es heißt dort, dass man den Harn (Urin) nimmt und ihn bis zur Sirupkonsistenz abdampft. Dann füllt man ihn in eine Retorte und müsse ihn destillieren, bis alles Flüchtige verschwunden ist. Schließlich bilden sich rötliche Tropfen. Dann müsse man diese Substanz, die er "Oleum Urinae" nannte, erneut destillierten - übrig bliebe nur noch eine schwarze Masse, die er in ein geschlossenes Steingefäß füllte und, so heißt es, das Ganze 16 Stunden lang erhitzte. Weiter steht in dem Brief geschrieben, dass man im Verlauf dieser Prozedur zuerst Dämpfe oder weiße Wölkchen erhält, dann eine klebrige Masse und zuletzt einen Körper, der von einer festen und dichten Beschaffenheit ist und alles was während der Arbeit herauskommt, sehr hell leuchten würde.

Einer anderen Quelle können wir entnehmen, dass es Hennig Brand durch diese besondere Labortätigkeit gelungen ist, ein paar wenige Gramm einer weißen, aggressiven Substanz zu erhalten, die sich an der Luft selbst entzündete. Ein wenig von dieser Substanz gab er auf etwas Sand, welcher sich in einen Glaskolben befand. Als er sie mit einem heißen Glasstab berührte, brannte sie in einem kalten, hellen Licht auf. Er wiederholte sein Experiment und war erstaunt über das helle Leuchten im Dunkeln, was ihn dazu veranlasste diese Substanz "Phosphor mirabilis", den wunderbaren Lichtträger, zu nennen.

Damals wusste er nicht, dass er ein lebenswichtiges Element entdeckt hatte, das in der Folge viele segensreiche Erfindungen, wie beispielsweise die Zündhölzer (Streichhölzer), möglich machte. Leider wurden mit diesem Stoff auch die Phosphorbomben gebaut, die verheerende Verwüstungen anrichteten und unzähligen Menschen im Zweiten Weltkrieg einen fürchterlichen Tod durch Verbrennen am lebendigen Leib brachten.

Fortsetzung folgt ...


Im nächsten Teil widmen wir uns der Frage, wie und wo Phosphor in der Natur vorkommt, wie es entdeckt und abgebaut wurde und von wem es genutzt wird.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.deutschlandfun.de/vor-350-jahren-apotheker-hennig-brand-entdeckte-den-phosphor.871.de.html?dram:article_id=462132

https://www.welt.de/dieweltbewegen/article13585089/Am-Phophor-haengt-das-Schicksal-der-Menschheit.html

https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/landwirtschaft/umweltschutz/23828.html


30. November 2019


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