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VORSICHT/009: Bezahlt mit vielen Leben ... (SB)


Die drei größten Atomunfälle: Majak, Tschernobyl, Fukushima



Atombombe und Atomenergie - eng mit einander verknüpft

Immer wieder gab es im Laufe der Geschichte der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie kleine und große Störfälle, bei denen Menschen starben, schwere Krankheiten erlitten und auf vielerlei Weise zu Schaden kamen. Radioaktive Stoffe gelangten dabei in unvorstellbaren Mengen in die Umwelt. Drei besonders schwere Katastrophen verdeutlichen das gewaltige Ausmaß der Zerstörung: Majak, Tschernobyl und Fukushima. Sie hinterlassen bis heute andauernde radioaktiv strahlende Böden und Gewässer, die kein Mensch mehr betreten oder nutzen kann. Die Erbauer der Atomanlagen hätten wissen können, welch katastrophale Folgen ein Unfall in einem Atomkraftwerk haben kann. Auch über die furchtbaren Schäden, welche die dabei freigesetzten radioaktiven Stoffe bei Mensch, Tier und Pflanze verursachen, wussten sie Bescheid. Denn 1945 wurden die ersten Atombomben gezündet, um zwei Städte zu zerstören.


In einem Modell ist ein Bezirk von Hiroshima nachgebaut, mit dicht beieinander stehenden Häusern, Straßen, Bäumen, zwei Wasserläufen und drei Brücken - Foto: 2005 by John feather (Own work) [CC BY-SA 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Modell eines Stadbezirkes von Hiroshima vor dem Abwurf der Bombe
Foto: 2005 by John feather (Own work) [CC BY-SA 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons


Amerika warf Atombomben auf zwei Städte

In den Vereinigten Staaten von Amerika wurden die ersten einsatzfähigen Atombomben gebaut, mit der Absicht sie auch als Waffe einzusetzen. Am 6. und 9. August 1945 flogen amerikanische Flugzeuge, beladen mit je einer Atombombe, Angriffe auf die beiden japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki. Nach dem Abwurf dieser Bomben kam es zu einer gewaltigen Explosion, aus der sich ein gigantischer Feuerball ausdehnte mit Temperaturen auf dem Erdboden von ca. 6000 °C. Diese unbeschreibliche Hitze setzte alles in Brand und die folgende gewaltige Druckwelle riss nieder, was nicht schon zu Asche verbrannt war. Die radioaktiven Partikel, unsichtbar und geruchlos, rieselten vom Himmel herab, drangen in Mensch und Material, in Boden und Wasser.


In einem Modell wird nachgestellt, wie alles zu Asche verbrannt und dem Erdboden gleichgemacht wurde. Nur die einstigen Straßen heben sich hell von den dunklen, grauen Ascheflächen ab - Foto: 2005 by John feather (Own work) [CC BY-SA 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Modell eines Stadtbezirks von Hiroshima nach dem Abwurf der Bombe
Foto: 2005 by John feather (Own work) [CC BY-SA 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

An diesem 6. August 1945 fanden in Hiroshima schätzungsweise 70.000 bis 80.000 Menschen sofort den Tod und bis zum Dezember desselben Jahres erlagen weitere 140.000 Menschen ihren Verletzungen und den Strahlenschäden, die durch die enorm hohe Menge an freigesetzten radioaktiven Partikeln verursacht wurden. Eine weitere Atombombe zerstörte am 9. August die Stadt Nagasaki in gleicher verheerender Weise. Hier kamen ungefähr 22.000 Menschen sofort zu Tode und in den Folgemonaten starben weitere ca. 70.000 bis 80.000 Menschen an den Folgen der radioaktiven Strahlung, an der sogenannten Strahlenkrankheit oder an durch die radioaktive Belastung auslösten Krebskrankheiten (vielfach Schilddrüsenkrebs, Knochen-, Blut- oder Lungenkrebs). Es handelte sich um eine Massenvernichtungswaffe, die eingesetzt wurde, um die Bevölkerung zweier Städte zu töten.


Ein bedrohlicher Atompilz, eine gewaltige Wolke steigt dicht über der Stadt hinauf. Die Aufnahme wurde von einem entfernten Außenbezirk kurz nach dem Abwurf der Atombombe auf Nagasaki gemacht - Foto: 1945 by Hiromichi Matsuda (gestorben 1969) [Public domain], via Wikimedia Commons

Atompilz über Nagasaki 9.8.1945. Die aufsteigende Wolke kurz nach der Explosion, fotografiert von Madsuda Hiromichi in einem Außenbezirk der Stadt
Foto: 1945 by Hiromichi Matsuda (gestorben 1969) [Public domain], via Wikimedia Commons

Spätestens nach diesen Atombombenabwürfen hätte der Bau dieser verheerenden Waffe überall auf der Welt verboten werden müssen!

Doch es kam anders. Die Sowjetunion sah in der Atombombe der Amerikaner eine Bedrohung für ihr Land. Um über gleiche Waffen zu verfügen und als ebenbürtiger Gegner auftreten zu können, wurde in der UdSSR ein Atomwaffenprojekt gestartet. Innerhalb kurzer Zeit entstand zunächst eine ganze Stadt, in der die Techniker, Ingenieure und Arbeiter wohnen sollten, die von 1945 bis 1948 an der Atombombe arbeiteten.

Zunächst musste Plutonium beschafft werden, das unerlässlich für den Bau einer nuklearen Bombe ist. Deshalb nahm schon im Juni 1948 der erste Atomreaktor des sogenannten "Chemiekombinat Majak" seine Arbeit auf. Während seines Betriebs wurde eine bestimmte Menge Uran in Plutonium umgewandelt. Es folgte im Dezember die Fertigstellung eines radiochemischen Werks (Wiederaufbereitungsanlage), in der aus dem Uran-Plutonium-Gemisch das für den Bombenbau dringend benötigte Plutonium herausgelöst wurde. In einer weiteren, 1949 fertiggestellten, Anlage wurde es zu Plutoniumhalbkugeln verarbeitet. Dieses nun waffenfähige Plutonium ermöglichte den Bau der ersten sowjetischen Atombombe.

Glücklicherweise wurde bis heute nie wieder eine Atombombe auf eine Stadt geworfen, wohl aber über 2000 gezündet, um ihre Funktion, das heißt, ihre Zerstörungsgewalt zu testen und zwar von den verschiedenen Ländern, die in der Folge ebenfalls solche Atomwaffen bauten. Die offiziellen Atommächte sind: USA, Russland, Frankreich, Großbritannien, China. Aber es gilt als sicher, dass auch Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel über Atomwaffen verfügen. In einem Atomwaffensperrvertrag ist festgelegt, dass die fünf offiziellen Atommächte Nuklearwaffen (Atombomben) besitzen, sie aber nicht an andere Staaten weitergeben dürfen und der Vertrag verpflichtet zur Abrüstung. Allerdings haben Indien, Pakistan und Israel diesen Sperrvertrag nicht unterzeichnet.


Kerntechnische Anlage Majak - Atombomben, Atomkraftwerke und eine geheimgehaltene Katastrophe

In dem Atomkomplex mit Namen "Chemiekombinat Majak" enstanden neben besagten Atombomben auch Kraftwerke. In der Zeit von 1948 bis 1987 wurden zehn Atomkraftwerke in Betrieb genommen, von denen heute noch zwei arbeiten. Seit 1987 wird in Majak allerdings kein atomwaffenfähiges Material mehr produziert.

Die Geschichte dieser Anlage wird von einer gewaltigen Katastrophe überschattet. Ende September 1957 ereignete sich dort ein Unfall mit verheerenden Folgen. Zwar handelte es sich dabei nicht um eine atomare Explosion, sondern um eine chemische, die allerdings dazu führte, dass hochradioaktive Produktionsrückstände, die in Tanks gelagert wurden, in die Umwelt gelangten. Denn bei dem Prozess der Aufbereitung von abgebrannten Uranbrennstäben (aus den Atomkraftwerken) wird spaltbares Plutonium-239 gewonnen. Dabei fallen große Mengen hochradioaktive flüssige Rückstände an. Die Lagerung in großen Tanks ist schwierig und letztlich reichte dann am 29. September 1957 ein kleiner Funke eines defekten Kontrollgerätes aus, um die Explosion auszulösen. Riesige Mengen radioaktiver Stoffe wurden frei, darunter Strontium-90, Cäsium-137 und das hochgiftige Plutonium-239. Es bildete sich eine radioaktive Wolke, die sich in Bodennähe ausbreitete und als leuchtender Schein noch hunderte Kilometer entfernt zu sehen gewesen sein soll. Es wurde verbreitet, dass es sich bei diesem Phänomen um Wetterleuchten oder Polarlicht handeln würde.

Hinsichtlich der freigesetzten Radioaktivität ist der Unfall in Majak vergleichbar mit dem GAU in Tschernobyl. Andere Schätzungen gehen von noch höheren Mengen aus.

Da es sich in Majak um die Explosion eines Tanks handelte, blieb der größte Teil der radioaktiven Partikel auf dem Werksgelände, ein deutlich kleinerer Teil wurde durch den Wind noch 400 km weiter verbreitet. Für die Menschen, die in dieser Region lebten, bedeutete das eine Katastrophe, von der sie zunächst nicht einmal etwas erfuhren. Denn radioaktive Strahlung sieht und riecht man nicht. So wurde mit der Evakuierung der Menschen, man schätzt dass ca. 10.700 Personen umgesiedelt wurden, erst relativ spät begonnen. Man ließ die Bevölkerung lange im Unklaren - auch über die möglichen Folgen der radioaktiven Belastung. Wie viele Menschen starben und wie viele schwer erkrankten, ist nicht genau zu ermitteln. Der Unfall wurde vor der Öffentlichkeit geheimgehalten, damit weiterhin an der Atombombe geforscht, gebaut und sie getestet werden konnte. Erst 1989 wurde diese Katastrophe auch bei uns bekannt.

Es muss kein Störfall in einem Atomkraftwerk sein, kein GAU wie in Tschernobyl oder die dreifache Kernschmelze wie in Fukushima, um eine radioaktive Verseuchung zu verursachen. Generell birgt die Arbeit in Anlagen, in denen die Atomenergie genutzt werden soll, gleich ob zu friedlichen Zwecken der Stromerzeugung oder zum Atombombenbau, unkontrollierbare Gefahren in sich. Niemand kann eine sichere Nutzung der Kernenergie garantieren und Atombomben sollten überhaupt nirgends auf der Welt vorhanden sein.

Daher wäre es notwendig gewesen, dass alle Staaten der Erde sich nach dem Atombombenabwurf durch die USA darauf geeinigt hätten, dass nie wieder und nirgends Massenvernichtungswaffen gebaut werden können!



Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.atomunfall.de/1957-Maja-Kyschtym-Sowjetunion.shtml

https://www.welt.de/kultur/history/article1213772/Der-bestverschwiegene-GAU-der-Geschichte.html

http://www.agenda21-treffpunkt.de/lexikon/NPT.htm

https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article158019918/Die-offiziellen-und-inoffiziellen-Atommaechte.html



7. Februar 2017


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