Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → NATURKUNDE


TIERE/146: Der Axolotl ... (SB)



Man kann es sich kaum vorstellen, aber das Tier mit dem seltsamen Namen Axolotl verbringt sein Leben im Stadium einer Larve - es wird also nie erwachsen. Normalerweise handelt es sich bei einem Larvenstadium um eine Entwicklungsphase, die zu einem voll ausgebildeten Lebewesen führt. Wir kennen es bei Fröschen, Raupen, Käfern, vielen anderen Insekten, beispielsweise beim Schmetterling. Der Axolotl ist eine Mischung aus Molch und Salamander. Sein breites Maul, seine großen, runden Augen und die Kiemenästchen, jeweils 3 Stück an jeder Kopfseite, lassen ihn aussehen wie ein nettes Monster mit Antennen. Vielleicht liegt es an seiner nicht voll ausgebildeten Körperform, dass er recht freundlich, fast niedlich dreinschaut. Dieses seltsame Tier hat Fähigkeiten, die ihn weltweit zu einem beliebten Forschungsobjekt gemacht haben. Im Folgenden wollen wir uns diese Besonderheiten einmal genauer ansehen.


Ein weißer Axolotl mit schwarzen Knopfaugen im Aquarium - Foto: 2004, by Erzengel (eigenes Werk), Public domain, via Wikimedia Commons

Foto: 2004, by Erzengel (eigenes Werk), Public domain, via Wikimedia Commons



Der Axolotl vom Aussterben bedroht?

Der Axolotl hat nicht nur besondere Fähigkeiten, man findet ihn auf der ganzen Welt auch nur an einem einzigen Ort. Ein Blick in die Geschichte zeigt, warum das so ist. Im 13. Jahrhundert gründeten die Azteken eine Stadt mitten in dem flachen Texoco-See, der an drei Seiten von Gebirgen, beziehungsweise Vulkanen umgeben war. Vielleicht wurde dieser ungewöhnliche Ort gewählt, weil er einen guten Schutz gegen Angreifer bot. Um die Menschen in der Stadt mit Lebensmitteln zu versorgen, baute man Flöße, sogenannte Chinampas, füllte sie mit Erde auf und baute darauf Getreide und Gemüse an. Weitere Gebäude wurden ebenfalls auf derartigen Flößen errichtet. Auf diese Weise entwickelte sich die Stadt mit schätzungsweise 100.000 Einwohnern zu einer der damals größten Städte weltweit. Allmählich wurde das Wasser des Sees durch die vielen Chinampas verdrängt. Die Flöße sanken tiefer, fanden im Untergrund Halt und wurden zu Ackerland. Dazwischen bildete sich ein Kanalsystem, von dem heute noch einige Kanäle bestehen. Man nimmt an, dass die besonderen Umweltbedingungen im Texoco-See ideal für den Axolotl waren und sie sich deshalb nicht über das Larvenstadium hinaus entwickelten. Das mag der Grund sein, warum sie bis heute auch nur in diesem Gewässer zu finden sind.


Ein blau-grauer Axolotl mit dunklen blau schimmernden Augen - Foto: 2013, by Faldrian (eigenes Werk), CC BY-SA 3.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons

Ein Axolotl in seiner natürlichen, dunklen Färbung
Foto: 2013, by Faldrian (eigenes Werk), CC BY-SA 3.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons


Auch heute noch kommt der wildlebende Axolotl nur im Xochimilco-See vor, der in der Nähe von Mexiko Stadt (Mexico City) liegt, und in dem 170 km langen Kanalsystem, das von dem einst sehr großen Texoco-See übrig geblieben ist. Doch hat sich die Anzahl der im Wasser lebenden, nachtaktiven Lurche stark verringert, so dass seine Art vom Aussterben bedroht ist. Die Touristen, die sich mit viel Lärm und lauter Musik auf den Kanälen entlangfahren lassen, sind eine Ursache für den Rückgang der Population. Ein anderer, weitaus schwerwiegender Grund, sind die in diesen Gewässern ausgesetzten Karpfen und Tilapia (eine Art der Barsche). Sie sollten eine Bereicherung für das Ökosystem sein, fraßen aber die Axolotl, so dass bald nur noch ganz wenige überlebten.


Der Axolotl als Labortier

Unzählige Axolotl werden hingegen in den Laboren auf der ganzen Welt zu Forschungszwecken gehalten. Dieses ungewöhnliche Tier hat Fähigkeiten und Eigenschaften, die von großem wissenschaftlichem Interesse sind. Sie können ihre Gliedmaßen und Organe, sogar Herz und Gehirn, nachwachsen lassen. Wird beispielsweise ein Bein im Überlebenskampf mit Feinden verletzt oder geht verloren, so wächst es innerhalb von Wochen oder Monaten nach. Es ist naheliegend, dass Wissenschaftler aus dem medizinischen Bereich versuchen, die Ursachen für diese Fähigkeit zu ergründen. Hinweise darauf versprach man sich unter anderem von der Entschlüsselung ihres Genoms. Dabei kam heraus, dass das Genom des Axolotls aus 32 Milliarden Basenpaaren besteht und damit 10 mal so groß ist wie das des Menschen.

Doch wie findet man die für das Nachwachsen verantwortlichen Gene? Dass hier noch eine ganze Menge an Forschungsarbeit zu leisten ist, liegt auf der Hand. Die anatomische Ähnlichkeit des wasserlebenden Axolotls mit Landwirbeltieren, lässt hoffen, dass bestimmte Forschungsergebnisse auch auf Säugetiere, also auch auf den Menschen, anwendbar sein könnten. Die auf diesem Gebiet schon seit 20 Jahren forschende Biochemikerin Prof. Elly Tananka fand heraus, dass ein bestimmter Botenstoff eine Zellvermehrung an den verletzten Stellen hervorruft und so die Neubildung von Gewebe in Gang setzt. Auch in diesem Bereich stehen bestimmt noch viele Forschungsarbeiten an. In der Transplantationsmedizin, bei der Heilung von Rückenmarksverletzungen oder in der Stammzellforschung, überall herrscht großes Interesse an den Fähigkeiten des kleinen Wassertieres.

Doch was bedeutet das für die in den Laboren in kleinen Wasserbehältern lebenden Lurche? Es braucht nicht viel Fantasie, sich Experimente auszumalen, wie das Nachwachsen von Gliedmaßen erprobt und beobachtet werden kann. In der medizinischen Forschung werden die Versuche mit der Absicht gerechtfertigt, diese besondere Regenerationsfähigkeit (das Nachwachsen von Organen und Gliedmaßen) zu enträtseln, um verbesserte Heilungsverfahren zu entwickeln. Zwar steht es noch in den Sternen, ob es jemals möglich sein wird, den verlorenen Arm eines Menschen nachwachsen zu lassen, aber vielleicht können verschiedene Heilungsprozesse beschleunigt werden.


Rettung für den Axolotl

Heute gibt es Bemühungen, dieses Tier, das sich in Mexiko großer Beliebtheit erfreut und in der dortigen Kultur einen festen Platz hat, vor dem Aussterben zu bewahren. Forscher und Naturschützer sind sich einig, dass es dafür erforderlich ist, den natürlichen Lebensraum des Axolotls zu erhalten oder wieder aufzubauen, denn nur so kann er in seiner ursprünglichen Form überleben. Seine natürliche Färbung unterscheidet sich von den gezüchteten Artgenossen, sie ist dunkelgrau oder braun-marmoriert mit einer etwas helleren Unterseite. Wichtig für den Lurch ist kaltes, sauerstoffreiches Wasser. Am liebsten hält er sich am Grund des Sees auf. Da nicht bekannt ist, dass die Axolotl noch an einem anderen Ort der Welt vorkommen, geht man davon aus, dass ihre Rettung genau hier in Angriff genommen werden müsste. Zudem wird aufgrund seiner ortsgebundenen Einzigartigkeit vermutet, dass es sich um eine sehr alte Tierart handelt. Dafür spricht, dass der Axolotl bei den Azteken bereits als heiliges Tier verehrt wurde. Der Name Axolotl stammt aus einer aztekischen Nahuatl-Sprache. Die Silbe "Atl" bedeutet so viel wie "Wasser" und die Silbe "Xolotl" steht für einen Gott aus der aztekischen Götterwelt. Er könnte mit "Wassergott" oder "Wassermonster" übersetzt werden.


Der Axolotl als beliebtes Haustier in Aquarien

Sein kindliches, niedliches Aussehen mag der Grund dafür sein, dass sich der Axolotl als Haustier im Aquarium immer größerer Beliebtheit erfreut. Die Tiere, die im Handel zu erwerben sind, stammen allesamt aus Züchtungen. Dabei wurde die ursprüngliche Färbung so verändert, dass den Kunden eine große Auswahl geboten werden kann: es gibt sie als weiße, rosafarbene, hellbraune Tiere oder solche mit dunkel beziehungsweise hell gefleckten Färbungen.


Dieser Axolotl ist weiß, schimmert aber rosa durch und seine Kiemenästchen sind rötlich gefärbt - Foto: 2010, by Henry Mühlpfordt (eigenes Werk), CC BY-SA 3.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons

Fast weißes Exemplar
Foto: 2010, by Henry Mühlpfordt (eigenes Werk), CC BY-SA 3.0
{https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons


Ihre Haltung im Aquarium soll nicht besonders anspruchsvoll sein. Zwar wird es auf diese Weise immer Axolotl als Versuchstier oder als Haustier geben, aber es handelt sich um Lebewesen mit einem eigenen Leben und Überlebensinteressen. Sie existieren sicherlich nicht zur Freude für den Menschen oder als Forschungsobjekt.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2021/10/querschnittslaehmung-heilen-mithilfe-des-axolotl

https://www.zooplus.de/magazin/aquaristik/fischarten-portraits/axolotl

https://www.kindernetz.de/wissen/tierlexikon/steckbrief-axolotl-100.html


4. April 2022

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 173 vom 9. April 2022


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang