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TIERE/107: Der Igel, kein Haustier, aber menschennah ... (SB)



Wer kennt ihn nicht, den Igel. Selbst wenn man noch nicht das Glück hatte, ihm persönlich zu begegnen, so aber vielleicht in Märchen, Trickfilmen oder Comics. Doch über sein Leben in der freien Wildbahn ist im allgemeinen wenig bekannt. Wissenschaftler nennen ihn intelligent, andere meinen er sei listig und schlau. Auf jeden Fall gehört er zu den Meistern der Anpassung. Er selbst hat sich über viele Millionen Jahre kaum verändert, seine Umwelt schon. In bewundernswerter Weise ist es ihm gelungen, mit neuen Bedingungen zurechtzukommen. Anzutreffen ist er in weiten Teilen Europas. Hier hat er hat seinen Lebensrhythmus dem Wechsel der Jahreszeiten angepasst. Aber eine Heimat hat er auch in Asien und Afrika gefunden. Er kommt also nicht nur mit den winterlich kalten Temperaturen klar, sondern auch mit der Hitze der Wüstengebiete. Der Äthiopische Wüstenigel beispielsweise - er mißt nur ca. 20 cm - hat große, gut durchblutete Ohren, die zur Wärmeableitung geeignet sind und seine Stacheln sind sehr hell, eine gute Tarnung auf dem Sand.



Wohlgenährter großer Igel zwischen grünen Blättern, auf dem Boden liegen Körner und Futterreste - Foto: © 2017 by Schattenblick

Igel in der Dämmerung auf Futtersuche
Foto: © 2017 by Schattenblick

Zurück zu unseren Igeln hier in Europa. Sie gehören zu den Insektenfressern, aber verspeisen ebenso gerne Obst oder Gemüse. Davon müssen sie viel essen, besonders wenn der Herbst naht und die ersten Blätter von den Bäumen fallen. Ende September, Anfang Oktober wird es merklich kühler, dann sind sie fast pausenlos auf der Suche nach etwas Essbarem. Sie verschlingen wahrlich große Mengen und legen ordentlich an Körpergewicht zu. Bringt ein Jungigel rund 500 Gramm auf die Waage, dann ist er gut gerüstet für seinen Winterschlaf. Ausgewachsene Stacheltiere können bis zu 1000 Gramm wiegen. Im Gegensatz zum Eichhörnchen, dass in dieser Zeit ebenfalls ausgiebig mit Fressen beschäftigt ist, zählt der Igel zu den echten Winterschläfern. Das Eichhörnchen frisst sich eine Speckschicht an, hortet aber in verschiedenen Verstecken auch noch Nüsse als Wintervorrat, denn es wacht zwischendurch immer mal wieder auf. Der Igel aber schläft bis März, April durch. Das heißt, alles was er an Nährstoffen für diese lange Zeit braucht, muss er sich zuvor in Form einer dicken Fettschicht angefuttert haben.


Der Winterschlaf will gut vorbereitet sein

Die Igel reagieren sehr empfindlich auf Temperaturänderungen. Sie merken, wann es Zeit wird, sich eine geeignete Unterkunft zu suchen. Steht der Winter kurz bevor, wird die Suche nach Nahrung immer schwieriger. Sie müssen weite Gebiete durchstreifen, um noch etwas zu finden. Diese Zeit ist besonders für junge und unerfahrene Igel gefährlich. Wenn die Temperaturen auf 6 Grad Celsius fallen, ergreift den Igel eine schläfrige Trägheit. Jeder ältere Igel weiß, dass es nun allerhöchste Zeit ist, sich zu verkriechen. Es kann nämlich durchaus geschehen, dass es überhaupt nicht mehr wärmer als 6 °C wird, sondern eher noch kühler. Wenn der Igel es bis dahin nicht geschafft hat, eine Höhle zu beziehen, führt die Schläfrigkeit dazu, dass er einfach draußen liegen bleibt und im Winter erfriert.


Foto: 2013 © by Michael Gäbler / Wikimedia Commons, via Wikimedia Commons

Junger Igel im Gras
Foto: 2013 © by Michael Gäbler / Wikimedia Commons, via Wikimedia Commons

Igel graben selbst keine Erdlöcher oder Höhlen, vielmehr suchen sie einen Unterschlupf in verlassenen Höhlen anderer Tiere, unter Holzstößen oder Laubhaufen. Sorgfältig und mit reichlich Laub polstern sie ihr Winterquartier aus. In einer solchen gut ausgefüllten Höhle bleibt es relativ warm, selbst wenn im Winter bis zu minus 20 °C herrschen sollten. Eine dichte Schneedecke schützt ebenfalls vor Kälte. Die Stacheltiere schlafen je nach Wetterlage von Oktober bis April, trinken und essen während dieser Zeit nichts. Möglich ist ihnen dies, weil ihre Körperfunktionen auf "langsam geschaltet" sind. Ihre Körpertemperatur sinkt stark ab auf ca. + 4 °C und ihr Herz schlägt nur 5 mal in einer Minute. In so einem Zustand verbraucht der Igelkörper nur ganz wenig Energie. Wenn es im Frühjahr wieder wärmer wird, erwacht der Igel allmählich. Er hat ungefähr 40 Prozent seines Gewichtes verloren. Jetzt heißt es: Wasser und Nahrung suchen. Manchmal meldet sich der Winter auch im Frühjahr noch einmal mit niedrigen Kältegraden zurück. Dann wird es für den Igel gefährlich, weil er nichts zu Essen findet.


Aufgewacht und los geht es zu Igelabenteuern

Ist der Winter endgültig vorbei und beginnt nach und nach alles zu blühen, finden sich viele Insekten und Käfer ein. Doch noch muss der Igel weit laufen, um an ausreichend Nahrung zu gelangen. Obwohl er nur ca. 10 cm lange Beinchen hat, legt er damit doch weite Strecken zurück. An einem Tag kann er durchaus 2 Kilometer weit laufen. Im Frühsommer, wenn die Igelmännchen gestärkt sind, werden sie unruhig und suchen Feld- oder Waldränder auf, um dort auf ein Weibchen zu treffen. Doch so einfach ist das Werben nicht. Es kann manchmal Stunden dauern, bis sich die Igelin zur Paarung bereit findet. Nach vollbrachtem Werk geht der Igel wieder seiner Wege, um sich vielleicht noch mit einem weiteren Weibchen zu paaren. Die Igelin bleibt zurück und muss auch ganz allein für die Aufzucht der Kleinen sorgen.

Nach ca. 3 Wochen hält sie Ausschau nach einem geeigneten Platz, um die Jungen zu gebären. Auch hier erweisen sich Holzhaufen oder -kisten, verlassene Erdhöhlen oder ein Platz tief im Gestrüpp am Feldrand als geeignet. Nach 4 bis 5 Wochen kommen bis zu 5 Igelbabys zur Welt. Bei der Geburt sind ihre Stacheln noch in der Rückenhaut verborgen, damit die Mutter nicht verletzt wird. Aber schon wenige Stunden nach der Geburt richten sich die zarten Stacheln der Babys auf. Igelbabys sind blind und hilflos. Sie trinken nur Muttermilch, essen können sie noch nicht.

Die Igelmutter muss immer wieder ihre Kleinen zurücklassen, um selbst etwas zu fressen. Die Aufzucht der Jungen kostet sie viel Energie. Sie muss viel essen und trinken. Doch stets beeilt sie sich, denn sie will schnell wieder bei ihren hilflosen Jungen sein. Würde die Mutter zum Beispiel von einem Uhu gefressen werden, würden auch die Kleinen sterben.

Wenn alles gut geht und die Igelkinder eine Größe von 15 cm und ein Gewicht von 150 g erreicht haben, erkunden sie die Welt außerhalb ihrer Unterkunft. Sie lernen, was man fressen kann und was nicht. Ihre Nahrung finden sie mit ihrem feinen Geruchssinn. Sehen können Igel nur schlecht. Wenn sie einen neuen Geruch aufgespürt haben, dann spucken sie auf ihre Schulter, wobei sie sich halb schräg auf die Seite drehen. Wissenschaftler beobachteten dieses Verhalten zwar, fanden bislang jedoch keine Erklärung dafür.

Können die Jungen sich selbst versorgen, wird es Zeit für die Mutter, sich von ihnen zu trennen. Sie wird sie nicht mehr wiedersehen. Auch die Kleinen bleiben nicht zusammen, jedes wird sich ein eigenes Revier suchen, wie gesagt, Igel sind Einzelgänger.


Gut zu erkennen sind die großen Ohren des Igel und sein dichtes Stachelkleid (bis zu ca. 8000 Stacheln) - Foto: © 2017 by Schattenblick

Igel auf einem Vogelfutterplatz - ob da was für ihn dabei ist?
Foto: © 2017 by Schattenblick


Igel und Mensch

Igel sind wahre Anpassungskünstler. Da Menschen immer größere Gebiete für sich und ihre Bauten beanspruchen, gibt es immer weniger wild bewachsene Grünflächen. Doch Igel finden sich auch in den Städten zurecht. Sie leben in Parkanlagen oder in den Vorgärten, eigentlich überall dort, wo noch ausreichend Buschwerk zu finden ist, hohes Gras wächst oder Holz und Geäst aufgehäuft wurde. Selbst die nächtliche Beleuchtung durch Straßenlaternen kann dem Igel zum Vorteil gereichen. Die Lichtquellen werden von Insekten und Käfern umschwirrt, die aber irgendwann so erschöpft sind, dass viele von ihnen einfach zu Boden fallen. Schlimm für die Käfer und Motten, gut für den Igelmagen.

Der Straßenverkehr bleibt die allergrößte Gefahr für den Igel. Jedes Jahr finden Millionen Igel auf den Straßen Mitteleuropas den Tod. Die Verkehrswege durchschneiden die Lebensräume der Igel. Wollen sie ihren Weg fortsetzen in ein neues Grünland, müssen sie die Straße überqueren. Doch dafür sind sie zu langsam beziehungsweise die Autos zu schnell.

Igel gehören zu den urtümlichsten Lebewesen und bewohnen unsere Erde schon seit ca. 60 Millionen Jahren. Heute stehen sie unter Naturschutz. Sie können in den verschiedensten Regionen leben - in Wüsten, Steppen, Hochmooren und selbst in Höhen von 2500 km kann man auf sie treffen.

Macht die moderne, technische und Wildtier unfreundliche Welt der Menschen dem Igel den Garaus? Zum Glück gibt es viele Menschen, die dem Stacheltier wohlgesonnen sind und es unterstützen möchten. Das ist allerdings nicht einfach und bevor man zur guten Tat schreitet, sollte man sich unbedingt informieren, was für den Igel wirklich gut und hilfreich ist.

Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.dresden.de/de/rathaus/aemter-und-einrichtungen/unternehmen/111/ratgeber/igel.php

http://www.kindernetz.de/oli/tierlexikon/igel/-/id=74994/nid=82114/1em3xn4/index.html

TV-Dokumentation
"Abenteuer Erde"
Die geheimnisvolle Welt der Igel
Dokumentation, Deutschland, 2012
Film von Kurt Mündl
45 Min.


21. August 2017


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