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GUTE-NACHT/3584: Der kleine Nachtwächter wird überrascht (SB)

Der kleine Nachtwächter wird überrascht

Gute Nacht - Geschichten vom kleinen Nachtwächter

Es ist Sommer und Ferienzeit. Da kommt es nicht selten vor, daß Reisende, die zu Fuß, auf dem Fahrrad oder mit dem Wagen unterwegs sind, an der Burg Halt machen und sich diese einmal aus der Nähe betrachten wollen. Die Fremden sind oft überrascht, daß hier in den alten Gemäuern noch jemand wohnt.

Auch an diesem Tag sind wieder Besucher vor Ort. Sie spazieren durch die Räume, während der kleine Nachtwächter noch schläft. Als sie sich aber seinem Schlafraum nähern, schlägt Rebell kräftig an. Der kleine Nachtwächter erwacht sofort, schlüpft in seinen Morgenmantel und tritt vor die Tür.

Die Besucher sind arg überrascht. Sie haben sich zwar auf ihrem Rundgang durch die Burg gewundert, daß in der Burgküche noch so viele alte Töpfe an den Wänden hängen. Doch daraus haben sie nicht geschlossen, daß hier noch jemand wohnt.

"Pardon. Wir waren so neugierig, wie es in der Burg aussieht", sagt einer der beiden Fremden. Der andere ergänzt: "Es regnet draußen und wir wollten uns irgendwo unterstellen."

"Ist schon gut", meint der kleine Nachtwächter, "kochen wir uns doch einen heißen Tee zusammen. Ich ziehe mich nur rasch an." Damit sind die Fremden einverstanden.

Zurück im Schlafzimmer, in das ihm Rebell gefolgt ist, schüttelt er seinen Kopf. "Ich glaube", richtet er das Wort an seinen Hund, "wir sollten lieber am Tage Wache halten als in der Nacht. Wie du siehst, dringen bei uns immer öfter am Tag Fremde ein. In der Nacht besucht uns nur das Käuzchen, der Igel und die Mäuse. Manchmal springt auch ein Reh über die niedrige äußere Mauer in unsere Gärten. Aber sonst ist in der Nacht niemand zu entdecken. Was meinst du, soll ich meinen Beruf wechseln und zum Tagwächter werden?"

Rebell blickt sein Gegenüber aufmerksam an. Dann aber zieht es ihn zu den beiden Fremden hin. Man kann ja nie wissen, ob die nicht irgendwas im Schilde führen. Der kleine Nachtwächter allerdings freut sich über die Gesellschaft. Endlich braucht er nicht nur Selbstgespäche führen, sondern kann bei einer Frage auch auf eine Antwort hoffen.

Es werden an diesem Tag bis zum Abend noch viele Tassen Tee getrunken und so manches erzählt. Die Gäste berichten von den Strapazen ihrer Reise und von dem Erlebten.

In dieser Nacht zieht der kleine Nachtwächter erneut mit seiner Laterne in der einen und der Taschenlampe in der anderen Hand los. An seiner statt ruhen sich die beiden Besucher in den strohgefütterten Betten der Burg aus.

Gute Nacht



zum 3. August 2012