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GUTE-NACHT/3557: Eine außergewöhnliche Bande - Teil 32 (SB)


Erna verläßt den Second-Hand-Laden und ist schnell wieder bei Willi. Die neuerworbenen Schuhe reicht Erna ihm hin. Ob sie passen? Das interessiert Erna jetzt am meisten. Auch Willi ist gespannt, ob er bald wieder mit Schuhen durch die Gegend laufen kann. Während er auf Erna gewartet hat, war so manch einem Passanten aufgefallen, daß Willi nur einen einzigen Schuh trug. So war Willi Blicken von merkwürdig bis belustigt ausgesetzt. "Warum können die sich nicht um sich selber kümmern oder einem wenigstens helfen?" hatte Willi sich gefragt.

Jetzt aber freut sich Willi, das neue Paar paßt. "Was wird nun mit deinem einzelnen Schuh?" fragt Erna. "Den hebe ich besser einmal auf, falls ich wieder einen Schuh verliere. Für den Mülleimer ist er doch noch etwas zu schade." Erna stimmt zu.

"Wie geht es nun weiter?" fragt Willi, "wir wollten uns ja erst morgen an der Kirche mit Paule und Hugo treffen." "Laß uns schauen, ob es ein Heim für Wanderer wie uns hier in dieser Stadt gibt", schlägt Erna vor. Die beiden begeben sich auf den Weg mit den neu besorgten, aber schon getragenen Schuhen an Willis Füßen und mit den Wanderschuhen an Ernas. In ihrem Rucksack stecken die Badelatschen.

Die goldenen Damenschuhe, die Erna gegen das gebrauchte Paar Herrenschuhe eingetauscht hat, liegen bereits auf dem Rücksitz des Autos, mit dem die Second-Hand-Verkäuferin nach Hause fährt. Sie freut sich, für den nächsten Theaterbesuch günstig ein Paar passende Schuhe ergattert zu haben. Schon trällert sie einige Arien der Oper vor sich hin, und die beiden goldenen Damenschuhe haben das Gefühl wieder heimgekommen zu sein. Die Welt der Opern ist ihnen vertraut. An die Strapazen der letzten Tage denken sie nicht mehr zurück und sie verschwenden auch keinen Gedanken an Italien. Schließlich kommt in der Theaterwelt Italien auch zu ihnen.

Indessen geht es den Stiefeln, den kleinen Turnschuhen und noch so einigen anderen Schuhen gar nicht so gut. Noch immer stehen Paule und Hugo an der Straße und strecken ihren Daumen heraus. Keiner will sie mitnehmen. Wenn es jetzt auch noch zu regnen beginnt, wird erst recht kein Wagen mehr anhalten. In stiller Übereinkunft setzen Paule und Hugo ihre Füße in Bewegung und trotten in Richtung Stadt.

Gerade als es zu regnen beginnt, haben sie eine Bushaltestelle erreicht. Hier setzen sie sich auf die Bank. "Bleiben wir hier bis morgen!" schlägt Paule vor. Hugo sagt nichts, also ist er einverstanden. Die Bank werden sich die beiden Wanderer die Nacht über teilen. Denn der Boden ist naß.

Paule streckt seine Hand in den Regen aus. Er hat Durst. Nicht viel, was er sich zu trinken einfängt. Doch es löscht etwas seinen Durst. Dann setzt er sich auf die Bank, wickelt seine Jacke um sich und versucht zu schlafen. Zu Hugo sagt er: "Gute Nacht, Alter." Und Hugo antwortet:

"Guten Nacht."



zum 2. April 2012