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GUTE-NACHT/3549: Eine außergewöhnliche Bande - Teil 24 (SB)


Gute-Nacht-Geschichten

Eine außergewöhnliche Bande



Am Morgen erwacht Willi noch vor den anderen. Er gähnt. Dann merkt er, daß irgendetwas nicht stimmt. Irgendwie fröstelt es ihn. Willi steht auf und jetzt erst bemerkt er, daß seine Schuhe nicht da sitzen, wo sie sollten - nämlich an seinen Füßen. Ein Blick in die Runde und Willi stellt fest, daß nicht weit von ihm entfernt seine Schuhe im Heu stehen. Daneben stehen auch die Stiefel von Hugo und die neuen Schuhe von Paule. "Was soll das", schimpft Willi und geht einen Schritt auf seine Schuhe zu, "hat Erna mal wieder ihren Willen durchgesetzt. Sie kann doch nicht einfach, wenn wir schlafen, uns die Schuhe ausziehen." So brummelt Willi vor sich hin. Davon werden auch die anderen wach. Paule fragt, was los sei. Doch Willi gibt ihm keine Antwort. Soll Erna halt ihren Willen wiedereinmal durchgesetzt haben. Einen Streit deshalb anzufangen lohnt einfach nicht und Ernas freudiges Erwachen scheint Bände zu sprechen.

So kann es manchmal gehen, Erna freut sich, daß die Männer wohl doch ein Einsehen hatten und ihre Schuhe auszogen, während Willi sich ärgert und Erna verdächtigt. Paule und Hugo dagegen bemerken gar nichts. Dabei war alles doch ganz anders. Die Schuhe waren selber in den Kreis im Heu getreten. Jetzt sitzen sie wieder fest an den Füßen von Erna, Willi, Paule und Hugo und die Wanderung nach Italien geht weiter.

Der Weg führt am Vormittag durch einen Wald. Dabei bleiben die Wanderer strikt neben der Straße, die durch den Wald führt. Sie wollen sich schließlich nicht verlaufen. Dann gegen Mittag sind sie aus dem Wald wieder draußen und marschieren die Landstraße entlang. Die Sonne scheint heiß und Erna will eine Rast einlegen. "Meine Füße brennen", sagt sie, "ich glaube, ich habe eine Blase." - "Das kommt davon, wenn man neue Schuhe anzieht", meint Paule und Hugo schweigt wie immer. Erna setzt sich an den Straßenrand ins Gras und zieht die Schuhe aus. Etwas Wasser aus einer Flasche, die sie aus ihrem Rucksack zieht, schüttet sie über ihre Füße. "Das tut gut", meint sie. "Du solltest nicht so sorglos mit deinem Trinkwasser umgehen", sagt Willi schroff, "wer weiß, wie weit wir heute noch kommen und ob wir Gelegenheit haben, uns neues Trinkwasser zu besorgen."

Erna hört nicht auf seinen Rat und trinkt den Rest der Flasche leer. Sie steckt die leere Flasche in ihren Rucksack und überlegt, ob sie vielleicht die Wanderschuhe eine Weile gegen die goldenen Damenschuhe tauschen soll. Schließlich haben ihr die Wanderschuhe eine dicke Blase eingebracht. "Was kann man nur gegen Blasen machen", fragt Erna in die Runde."

Paule und Willi interessiert das nicht. Sie sind mit sich selber beschäftigt. Willi nimmt einen Schluck aus seinem Flachmann und Paule sucht nach etwas Eßbarem in seinem Rucksack.

Hugo setzt sich neben Erna und starrt ins Gras. Leise sagt er: "In die Schuhe pinkeln. Alter Wandermannstrick." Erna versteht erst nicht, was Hugo da gemeint hat. Daß er überhaupt etwas gesagt hat, verschlägt ihr die Sprache. Dann hallen Hugos Worte in Ernas Kopf noch einmal nach und sie vermutet einen schlechten Scherz dahinter. Doch wenn Hugo sein Schweigen bricht, muß an seinen Worten schon etwas dran sein. Denn ohne Grund, gibt er nie etwas von sich.

Während Erna noch überlegt, ob sie Hugos Worten Folge leisten will oder nicht, drängt Willi zum Aufbruch. Er sieht Erna mit den goldenen Damenschuhen an den Füßen und spöttelt: "Damit brauchen wir ja Jahre bis nach Italien." - "Ich muß meiner Blase etwas Ruhe gönnen", kontert Erna "und barfuß wären wir noch langsamer." Damit herrscht erst einmal Ruhe. Keiner der vier Kumpane sagt weiter noch etwas. Sie trotten ihres Weges.

Doch still ist es trotzdem nicht, auch wenn die Vier nicht hören, was da geflüstert wird. Es sind die goldenen Damenschuhe, die sich beschweren. So hatten sie sich die Reise nach Italien nicht vorgestellt. Den langen Weg an Ernas Füßen wollen sie nicht zubringen. Und während sie schimpfen und wettern und Erna ab und zu ein bißchen zwicken, freuen sich die Wanderschuhe, daß sie sich ein wenig ausruhen können und noch dazu an frischer Luft umhergetragen werden. Toll, daß sie jetzt die Aussicht genießen dürfen, während die goldenen Damenschuhe ganz staubig werden und sich den Abend herbeisehnen, um sich endlich wieder ausruhen zu können und zu schlafen.

Guten Nacht



zum 25. März 2012