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GUTE-NACHT/3425: Der kleine Nachtwächter muß aufstehen (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter


Gähnend erwacht der kleine Nachtwächter. Er schaut auf die Uhr neben seinem Bett. "Viel zu früh zum Aufstehen", denkt er. Rebell scheint ihm recht zu geben, denn er bleibt in seinem Körbchen.

Eine Stunde später rappelt der Aufziehwecker. Schon beim ersten Ton springt Rebell hoch. Lautes Klingeln mag er gar nicht. Den kleinen Nachtwächter berührt das wenig. Noch im Halbschlaf drückt er den Klingelknopf nieder und schläft weiter. Auch Rebell legt sich wieder hin.

Vorsichtshalber, damit er nicht verschläft, stellt sich der kleine Nachtwächter jeden Morgen bevor er zu Bett geht gleich zwei Wecker: seinen uralten Rasselwecker, bei dem ein Schlägel enormen Krach erzeugt, indem er zwischen zwei Metallhalbkugeln hin und her hämmert, und einen Radiowecker, von dem er sich mit Musik in die Wirklichkeit zurückholen lassen kann.

Nach einer weiteren Stunde versucht nun die Musik den Schlaf des kleinen Nachtwächters zu unterbrechen, erst leise, dann immer ein bißchen lauter werdend. Rebell lassen die sanften Töne noch in Ruhe. Doch je lauter die Musik an sein Ohr dringt, um so unruhiger wird er.

Längst ist er aus dem Korb gesprungen. Und seit einer Viertelstunde wandert er vor dem Bett hin und her. Doch all das kann den kleinen Nachtwächter nicht beeindrucken. Erst als sein Lieblingslied gespielt wird, wandert die Hand zum Nachttisch hin und sucht den Wecker. Ob er diesen ausstellen will oder aber sein Lieblingslied etwas lauter hören möchte ist nicht gewiß, denn anstelle von beiden Möglichkeiten geschieht eine dritte. Wahrscheinlich und ohne es zu wollen zieht der kleine Nachtwächter beim Hinüberlangen zum Nachttisch den Stecker aus der Steckdose. Abrupt verstummt die Musik. Erleichtert bleibt Rebell vor dem Bett stehen. Der kleine Nachtwächter hingegen bekommt die Augen noch immer nicht auf. Anstatt nun aus dem Bett zu springen, fängt er sogar an zu schnarchen.

Zwar gefallen Rebell diese Töne besser als die lauten Musiksalven, doch ihm wäre lieber, sein Herrchen würde ihn endlich zu sich rufen, ihm einen guten Abend wünschen, wie er es stets unternimmt, wenn er frischen Mutes erwacht, und alsbald mit ihm vor die Türe gehen. Doch das Schnarchen des kleinen Nachtwächters spricht eine andere Sprache, und Rebell weiß diese schon richtig zu deuten: "Bis der kleine Nachtwächter in dieser Nacht noch wach wird - falls dies überhaupt geschieht - kann es noch sehr lange dauern. "

Rebell startet einen letzten Versuch und schleckt dem kleinen Nachtwächter erst die Hand ab, dann über das Gesicht. Aber nichts kann sein Herrchen beeindrucken. Ein kleiner Seufzer entfährt dem Hund. Er wendet sich um und strebt zu seinem Körbchen. Doch er legt sich nicht hinein. Er schnappt sich mit seinem Maul sein rotes Kissen und bewegt sich damit wieder zurück zum Bett. Vielleicht gibt es ja doch noch eine Chance, den kleinen Nachtwächter aufzuwecken. Manchmal hilft eben nicht nur Krach, sondern auch Beengtheit. Rebell steigt - noch immer das Kissen im Maul - hinauf auf das Bett seines Herrchens und breitet sich zu dessen Füßen aus. Ob das hilft?

Wahrscheinlich werden in dieser Nacht die Bewohner des Städtchens allein auf sich aufzupassen haben. Leider wissen sie nichts davon.

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zum 12. Juli 2011