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GUTE-NACHT/3417: Der kleine Nachtwächter findet das Gespenst (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter


Am Abend schlägt der kleine Nachtwächter - die Laterne in der Hand und die Taschenlampe in der Jackentasche - den selben Weg ein wie am Abend zuvor, geradewegs als hätte er etwas vergessen oder verloren und wolle jetzt danach suchen. Rebell trottet hinterher. Er hat eine Spur aufgenommen und hält an jedem Grasbüschel an, um zu schnuppern.

Heute war Sperrmülltag. Die Müllabfuhr hat alle sperrigen Dinge abgeholt, die nicht in die Mülltonnen passen. Eigentlich müßte jetzt auf den Bürgersteigen alles wieder wie zuvor aussehen und nichts mehr von den Schätzen des Alters künden. Doch weit gefehlt, denn nicht jedes Ding, das weggeworfen wird, nehmen die Müllmänner auch mit. Da gehen sie ganz nach ihren Bestimmungen und diese besagen, daß Baumaterial nicht zum Sperrmüll zu zählen ist, ebenfalls werden die Elektrogeräte nicht mitgenommen. Diese Dinge werden gesondert angemeldet und ein paar Tage später abgeholt.

Daher steht die unheimliche, geräuschemachende Waschmaschiene vom Abend zuvor noch immer auf ihrem Platz auf dem Bürgersteig. Der kleine Nachtwächter wundert sich und geht einmal um die Maschiene herum. Da schaut plötzlich eine Frau aus dem Fenster und sagt: "Kleiner Nachtwächter, was soll das bloß. Jetzt schleppe ich all die Dinge hinaus und die schwersten werden gar nicht mitgenommen. Jetzt muß ich erst noch eine Fuhre für die Elektrosachen bestellen. Aber glaub' man ja nicht, daß ich das schwere Ding wieder ins Haus trage. Die Maschiene bleibt jetzt da stehen." Und noch bevor der kleine Nachtwächter etwas erwidern kann, ist der Kopf der Frau schon wieder verschwunden.

"Nun, mich stört die Maschiene nicht. Dich vielleicht?", fragt er Rebell. Doch ihn stört sie ebensowenig. Er will sie gleich für einen ganz anderen Zweck verwenden und hebt schon sein Bein. Der kleine Nachtwächter kann nur noch den Kopf schütteln.

Als hätte Rebells Strahl etwas ausgelöst, ist plötzlich das unheimliche Geräusch aus der Nacht zuvor wieder zu hören. Der Abend ist noch nicht weit fortgeschritten, deshalb ist es auch noch recht hell im Freien. Das macht die Sache weniger unheimlich. Diesmal will sich der kleine Nachtwächter nicht wieder ins Boxhorn jagen lassen. Er besieht sich die Maschiene von allen Seiten, klappt das Bullauge auf und horcht hinein.

Da, wieder dieses Geräusch. Es kommt von der Hinterseite der Maschiene her. Der kleine Nachtwächter nimmt seine Taschenlampe und leuchtet von der Rückseite in den Motorraum hinein. Plötzlich springt ihm etwas entgegen. Er bekommt einen heiden Schreck. Auch Rebell ist im ersten Moment starr. Dann aber kehren bei beiden die Lebensgeister wieder zurück und der kleine Nachtwächter muß das gesprungene Ding vor Rebell in Sicherheit bringen.

Was aber ist da dem kleinen Nachtwächter entgegen gesprungen? Es war nichts anderes als eine Kröte. "Guten Abend!", lacht sie den kleinen Nachtwächter von der Hand herunter an, "war gestern nicht schnell genug draußen, sonst hätte ich euch zum Tee eingeladen." - "Zum Tee in der Waschmaschiene?", fragt der kleine Nachtwächter verwundert. "Aber sicher doch. Ich habe mich recht gemütlich in dem alten Kasten eingerichtet, ist schließlich mit Dusche und anderem Komfort." - "Das wird es aber nicht mehr lange sein", beginnt der kleine Nachtwächter die Kröte auf etwas Unangenehmes vorzubereiten. "Die Waschmaschiene hat ausgedient. Sie wird fortgeworfen und zertrümmert." - "Aber das ist ja schrecklich!", entfährt es der Kröte. "Ja, und du siehst, du mußt dir ein neue Wohnung suchen. Wenn du magst, kann ich dir dabei helfen. Ich könnte dich beispielsweise zum See hinunter bringen."

Da zögert die Kröte nicht lang. "Ein Bungalow am See, ja davon träume ich schon lange", freut sich die Kröte. So nimmt der kleine Nachtwächter sie denn mit und bringt sie auf seinem Weg durch die Nacht am See vorbei. Dort verspricht er der Kröte, sie ab und an zu besuchen!

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zum 1. Juli 2011