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GUTE-NACHT/3040: Von der Fensterbank auf den Balkon (SB)


Gute Nacht Geschichten


Die Geschwister Irma und Anton brüten über ihren Hausaufgaben. "Es ist so schönes Wetter", stöhnt Irma, "wollen wir nicht eine Runde Ball spielen?" Doch Anton als der Ältere hat Mama versprochen, zuerst die Hausaufgaben zu erledigen und es so auch mit seiner jüngeren Schwester Irma zu halten. Irma hat überhaupt keine Lust in die Schule zu gehen. "Lesen kann ich doch schon!", sagt sie immer, "das hat mir doch Oma beigebracht." In der Schule langweilt sich Irma nur, weil die anderen noch nicht so schnell lesen können wie sie.

"Kann ich nicht wenigstens auf dem Balkon meine Hausaufgaben machen?", fragt Irma. Anton überlegt: "Da spricht eigentlich nichts dagegen." Laut sagt er: "Ok. Aber klettere nicht wieder über die Brüstung und verschwinde." Irma gibt ihr Ehrenwort. Sie rafft ihre Hefte und Stifte und geht zur Balkontür. Als sie an der Fensterbank vorbei kommt, fällt ihr Blick auf die beiden kleinen Figuren auf der winzigen Bank im Fenster. "Euch hole ich auch nach draußen!", schlägt sie den beiden vor. Zuerst bringt sie ihre Hefte hinaus, dann holt sie die Figuren mitsamt der Bank und plaziert diese vor sich auf den Tisch.

"Hier draußen ist doch viel bessere Luft, nicht wahr?", freut sich Irma. Sie schaut zum Himmel hoch und findet, daß diese Stimmung sicher den ganzen Nachmittag anhalten wird. "Ich brauche dringend noch eine Brause. Euch bringe ich auch etwas mit."

Irma geht zur Küche, nimmt die Kanne mit dem Früchtetee und kippt sich ein halbes Glas voll. Dann geht sie zum Kühlschrank und holt sich den Orangensprudel heraus. Damit gießt sie das Glas voll. Jetzt steckt sie drei Strohhalme in das Glas und begiebt sich wieder auf die Terasse. "So, hier ist für jeden ein Strohhalm. Es gibt Irma-Mix. Mama mag nicht, wenn ich zuviel Sprudel trinke. Aber wenn ich ihn mit Tee mische ist das ok. Mir schmeckt das gut." Irma nimmt einen Schluck und reicht den beiden Kleinen auch je einen Strohhalm an den Mund. Gut, daß diese Halme einen Knick haben. So kann Irma die Halme den Kleinen mundgerecht zurecht biegen.

"Wenn ich hier draußen bin, in den blauen Himmel starre und dabei mein Irma-Mix trinke, komme ich mir wie in den Ferien in Spanien vor. Da gab es Fanta, die hatte die gleiche Farbe wie jetzt meine Brause. So eine Fanta gibt es nicht bei uns zu kaufen. Deshalb ist es wie im Urlaub." Wieder nimmt Irma einen Schluck. Dann fragt sie die Kleinen: "Ward ihr schon einmal in Spanien?"

Der eine Kleine fällt gerade von der Bank herunter. Das versteht Irma als ein Nein. "Na, dann will ich euch mal Spanien zeigen." Irma geht in ihr Zimmer und holt die Karten, die sie sich aus Spanien mitgebracht hat. Zu jeder Karte kann sie den kleinen Leuten eine Geschichte erzählen, wie blau das Meer war und wie heiß die Sonne. "Es gab Paelia zu essen und zum Frühstück Tomatenmarmelade. Das hab ich vorher noch nie gegessen. Und hier in der Stadt haben wir eingekauft. Aus dem Ort habe ich meinen Ball ..."

Plötzlich steht Anton in der Balkontür: "Mit wem redest du eigentlich?" - "Ich übe Lesen!", sagt Irma schnell. Doch das glaubt Anton ihr nicht. "Du prahlst doch immer, daß du schon lesen kannst!?", entgegnet Anton. "Heute übe ich aber mal!" - "Vergiß darüber nicht deine Rechenaufgaben. Schlagfertig sagt Irma: "Die hab ich schon gemacht." Da will Anton sie nachgucken. Irma hat geschummelt. Die Rechenaufgaben hat sie noch nicht gemacht.

"Lügen haben kurze Beine", sagt Anton, "jetzt weißt du warum! Und nun kommst du wieder zu mir rein, sonst bist du noch nicht fertig, wenn Mama kommt." Bereitwillig geht Irma hinter Anton her, aber nur um dann noch einmal umzukehren mit der Ausrede, sie habe die Hefte und Stifte vergessen. Auf dem Balkon flüstert sie den Kleinen zu: "Ich komme bald wieder, bleibt ihr schön in Spanien!"

30. September 2009

Gute Nacht