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GUTE-NACHT/2997: Hinter der Mauer - Nachtfalter (SB)


Gute Nacht Geschichten


Beim Putzen der Fenster liegen zwei tote Nachtfalter auf der Fensterbank. Oma will sie schon mit dem Handbesen auf die Schaufel fegen, da bittet Anselm um eine leere Streichholzschachtel. Vorsichtig schiebt er die beiden Falter in die Schachtel und verschließt sie.

"Was hast du denn damit vor?", fragt Oma. "Weiß noch nicht?", gibt Anselm zurück. "Aber nicht, daß du mir Solveig damit erschreckst", mahnt Oma.

Anselm klettert in den Apfelbaum. Die Äpfel hier im Baum sind noch lange nicht reif. Nur die Sommeräpfel hinten an der Mauer fallen schon herab, einige auch über die Mauer auf die Gräber.

Da kommt Solveig mit einem Eimer. "Hilfst du mir, Äpfel auflesen? Heute gibt es Pfannkuchen mit warmem Apfelmus", sagt sie. Zuerst hat Anselm keine Lust. Aber da sich jetzt die Gelegenheit bietet, mal wieder durch das Loch auf den Friedhof zu schlüpfen, ist er einverstanden. Also steigt Anselm vom Baum herunter und kriecht geradewegs durch das Loch zwischen Mauer und Zaun. Die wenigen Äpfel, die hier liegen, schiebt er durch das Loch zu Solveig hindurch. Die Streichholzschachtel mit den Faltern liegt auch dabei.

Solveig schaut gleich hinein, was da wohl drinnen ist und erschrickt. Sie will die toten Falter schon fortwerfen, da kommt ihr eine Idee. Aus der Sandkiste holt sie eine kleine Schaufel. Damit begibt sie sich wieder zur Mauer. Sie streckt ihren Kopf hindurch und ruft nach ihrem Bruder. Anselm aber ist verschwunden. Solveig läuft zum Gartenhaus. Vielleicht hat er sich ja hinter ihr, als sie an der Sandkiste war, vorbei wieder in den Garten geschlichen. Doch auch im Gartenhaus ist Anselm nicht.

Die Streichholzschachtel in der einen, die Schaufel in der anderen Hand, kriecht Solveig durch das Loch zum Friedhof hinüber. Das Grab, welches Solveig mit Omas Hilfe von Unkraut befreit hat, ist zum Teil bereits wieder zugewachsen. Aber eine kleine Stelle findet Solveig dennoch. Hier gräbt sie ein kleines Loch in die Erde, hinein legt sie die Streichholzschachtel und bedeckt diese mit Erde. Dann sitzt sie zuerst bedächtig da, bevor sie ein kleines Lied singt.

Plötzlich hört sie Oma rufen: "Solveig!" Da fallen dem Mädchen die Pfannkuchen wieder ein und die Äpfel für das Apfelmus. Schnell kriecht sie durch das Loch zurück. Auf der anderen Seite sieht sie Oma nach ihren Enkeln suchen.

Erst jetzt, als Solveig durch das Loch zum Friedhof zurück ist, blickt Oma in ihre Richtung. Solveig nimmt den Eimer und trägt ihn zu Oma hin. "Wo steckt denn nun schon wieder Anselm?", möchte Oma wissen. "Vielleicht im Hochstand?", schlägt Solveig vor, um bloß Oma nicht auf den Gedanken an den Friedhof zu bringen. Schließlich muß sie dann wohl zugeben, daß sie selber dort drüben war.

"Ach was, wenn die Pfannkuchen fertig sind, wird Anselm schon wieder auftauchen", meint Oma und damit sollte sie recht behalten.

5. August 2009

Gute Nacht