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GUTE-NACHT/2989: Hinter der Mauer - Igitt, igitt (SB)


Gute Nacht Geschichten


An diesem Abend sind Anselm, Solveig und Oma nicht allein in dem Gartenhaus. Etwas schleicht an der Decke entlang und beginnt sich dann auf den Tisch herunter abzuseilen, genau über Omas Kopf. Solveig sieht das Spinnentier zuerst und fängt an zu schreien: "Igitt, igitt!" Anselm steht auf und langt über Omas Kopf. "Keine Panik. Die ist gleich tot!"

Oma blickt über sich und hält Anselms Hand fest. Durch die Bewegungen in der Luft zieht sich der ungebetene Gast gleich wieder ein Stück nach oben zurück. "Eine kleine Spinne ist doch kein Grund, sich zu fürchten", findet Oma. "Aber ich hasse Spinnen!", schimpft Solveig und Anselm stimmt ihr zu, er mag Spinnen ebenfalls nicht und findet sie eklig. Sie seien nur dazu gut, jemanden zu erschrecken.

Inzwischen ist Oma aufgestanden und holt ein Glas. Sie steigt auf einen Hocker und fängt mit einem Stückchen Pappe die Spinne in dem Glas ein. Die Pappe bleibt auf der Öffnung liegen, damit die Spinne nicht wieder herauskrabbeln kann. "Nun schaut sie euch doch einmal genau an", bittet Oma die Kinder, "sie sieht doch gar nicht angsteinflößend aus." - "Aber die langen Beine...!", stöhnt Solveig. "Mit denen mußt du ganz besonders vorsichtig sein. Ein Weberknecht verliert seine dünnen Beinchen ganz schnell."

Weil Oma so liebevoll von dem eingesperrten Tier in dem Glas spricht, folgen die Kinder und betrachten es. Im Gegensatz zu anderen Spinnen sieht der Weberknecht gar nicht so gefährlich und auch nicht so eklig aus, finden die Kinder. "Was machst du jetzt mit dem Weber?", fragt Solveig. "Das ist ein Weberknecht", erklärt Oma, "und ich werde ihn freilassen. Keine Angst, ich lasse ihn im Garten raus. Da fühlt er sich sicher auch gleich viel wohler. Er liebt es, an Mauern herum zu klettern. Hierher hat er sich nur verirrt."

"Magst du alle Spinnen?", fragt Solveig. "Nun, ich mag sie nicht unbedingt und ich würde auch nicht jede über meine Hand laufen lassen, aber darum brauche ich sie noch lange nicht umzubringen. Früher habe ich das getan. Aber dann hatte ich eine Begegnung mit einer besonders großen und häßlichen Spinne, wie ich damals fand. Sie saß an der Wand auf dem Flur meiner Eltern. Ich konnte sie leicht erreichen und mit meinem Schuh totschlagen. Als ich das tat, gab es ein ganz schreckliches Geräusch, nicht von dem Schlag mit dem Schuh, sondern von dem Zerdrücken des Spinnenkörpers. Ich fand das so entsetzlich, denn es wurde mir klar, daß ich einfach ein anderes Lebewesen getötet hatte, nur weil ich es so fürchterlich fand und auch Angst vor ihm hatte. Aber was hatte mir die Spinne denn getan? Sie war doch selbst auf der Flucht vor mir und wollte nur entkommen, mich aber gar nicht angreifen. Von da an habe ich mir geschworen, keine Spinnen mehr zu töten. So habe ich es dann auch gehalten und sie von da an immer vorsichtig eingefangen und nur noch vor die Tür gesetzt. Zum Glück gibt es in unserer Gegend ja keine gefährlichen Spinnen."

Jetzt berichtet Anselm: "Kalle, mein Freund, hat aber erzählt, daß manchmal giftige Spinnen aus ihrem Terrarium verschwinden und dann in einem anderen Haus auftauchen können." - "So etwas gibt es schon", weiß Oma, "es ist schon dumm von den Menschen, daß sie die Tiere aus fernen Ländern mitbringen, die hier gar nicht heimisch sind. Das kann so einiges in der Natur durcheinander bringen wie die Hasen in Australien. Solveig möchte von den Hasen in Australien hören, aber Anselm geht dazwischen: "Kalle möchte auch eine Spinne, aber seine Eltern sind dagegen. Deshalb hat er sich schon mal heimlich einige eingefangen." Nun erzählt Oma: "Euer Opa hatte auch einmal eine Spinne. Sie hatte ein weißes Kreuz auf ihrem Rücken." - "Eine Kreuzspinne?", fährt Anselm dazwischen, "die sind doch gefährlich!" - "Nicht die Arten hier bei uns. Es war eine Gartenkreuzspinne und ihr schien es in Opas Palme sehr gut zu gefallen. Sie lebte lange Zeit darin. Als wir dann aber umzogen, war die Spinne verschwunden. Opa hat sie nie mehr wiedergesehen." Solveig fragt, ob Opa darüber traurig gewesen sei. "Ja, das kann man so sagen."

24. Juli 2009

Gute Nacht