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GUTE-NACHT/2498: Ein Sack Traumsand (SB)


Mutter Maus im Sandmannhaus

Den ganzen Tag beobachtet Mutter Maus von dem kleinen Loch in der Fußleiste aus, was der Sandmann so treibt. Viele Tage hat er nur geschlafen, Tag und Nacht. "Jetzt arbeitet er wieder", flüstert Mutter Maus ihren Kindern zu, die sich alle nacheinander heranschleichen, um auch den Sandmann bei seiner Arbeit zu sehen. Tief über den Tisch gebeugt, schreibt der Sandmann etwas in das Buch der Träume hinein. Mutter Maus weiß, daß es Geschichten und Lieder sind. Denn sie hat schon oft in diesem Buch gelesen, wenn es offen auf dem Tisch lag. Ganz gespannt ist Mutter Maus schon, wie die Geschichte aussehen wird, die da gerade entsteht. "Vielleicht hat der Sandmann so lange schlafen müssen, um wieder schreiben zu können", überlegt Mutter Maus. "Wann können wir denn wieder im Saal spielen", fragt jetzt das Kleinste der Kinder. "Pst", warnt Mutter Maus, erklärt dann aber, "wenn der Sandmann seine Träume über die Kinder rieseln läßt, dann ist hier wieder Zeit zum Spielen. Aber bis dahin mußt du dich gedulden." Damit schiebt Mutter Maus die Kinder zurück in die Höhle.

"Laßt uns alle zusammen essen!" sagt Großmutter Maus. Es gibt Haferflocken. Die hat Mutter Maus vor Tagen in der Speisekammer des Sandmannes erbeutet. "Und die Wurst?" kommt es da aus einigen Mäulern. "Es gibt keine", sagt Mutter Maus. "Hast du keine gefunden?" fragt das kleinste Mäuschen. "Mutter hatte gestern anderes zu tun, als uns Wurst zu besorgen", sagt Willi knapp. Er will vor den kleinen Mäusen nicht von den Gefahren sprechen, denen sich Mutter Maus gestern abend ausgesetzt hat, als sie auszog, um Wurst zu besorgen und mit leeren Händen wieder nach Hause kam, weil das kleine Stückchen Wurst in das Nasenloch des Sandmannes geraten war...

Erwartungsvoll sehen die Mäuschen ihre Mutter an. "Ein anderes Mal werde ich euch davon erzählen", sagt Mutter Maus. Nachdem alle ihre Haferflocken vertilgt haben und auch der letzte Krümel verspeist ist, bezieht Mutter Maus wieder ihren Aussichtsposten hinter der Fußleiste. Noch immer ist der Sandmann mächtig am Schreiben. Doch da, jetzt steht er auf. Er nimmt das Traumbuch und geht hinüber in eine Ecke, wo viele Säcke stehen. In einen dieser Säcke taucht der Sandmann das Buch tief hinein und läßt es eine Weile darin. Dann zieht er das Buch wieder heraus und verschließt den Sack. Genau diesen Sack zieht der Sandmann aus der Ecke heraus und stellt ihn ab. Nun legt er das Traumbuch wieder auf den Tisch zurück. Mutter Maus beobachtet alles. Sie sieht auch, daß das Buch jetzt zugeschlagen auf dem Tisch liegt. Das ist ärgerlich. Der Buchdeckel ist aus hartem Schiefer. Den bekommt Mutter Maus nicht aufgeschlagen ohne Gefahr zu laufen, sich daran zu klemmen oder gar Schlimmeres.

Aber Mutter Maus verzweifelt nicht. Sie hat eine Idee. Sie wartet darauf, daß der Sandmann das Haus verläßt. Nun hält sie noch Ausschau, ob Kater Mombart in der Nähe ist. Doch der Kater ist nicht zur Stelle und die Katzentür hat der Sandmann zugesperrt. Jetzt kann Mutter Maus schnell hinüber in die Ecke mit den Säcken laufen. In den Säcken befinden sich nicht etwa weitere Haferflocken, sondern Sand. Das hat Mutter Maus bereits vor längerem herausgefunden. In einen dieser Säcke hatte der Sandmann das Traumbuch gesteckt. Als er es wieder herauszog, rieselte ein wenig von dem Sand auch auf den Fußboden. Wenn auch der Sandmann den Sandsack mitgenommen hat, ist jetzt also noch ein wenig von dem Traumsand zurückgeblieben. Viel zu gering, daß der Sandmann sich danach bücken würde, doch viel in den Augen der Mäusemutter. Mutter Maus wischt den Sand auf dem Boden zusammen und schiebt ihn auf ein kleines Blatt, das wohl Kater Mombart über sein Fell mit ins Haus gebracht hat.

Schnell kehrt Mutter Maus mit dem zusammengeglaubten Sand zu ihren Kindern zurück und streut ihnen von dem Traumsand ein wenig in die Augen. Jetzt können auch ihre Kinder wieder in der Nacht träumen.

7. Dezember 2007

Gute Nacht