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GUTE-NACHT/2359: Teddy bei dem Stöckchenverkäufer (SB)


In der Einkaufsstraße

Der Regen hat aufgehört, vom Himmel herunter zu fallen. In den Straßen strömen jetzt die Menschen wieder herbei. Aus den Geschäften kommen sie, um gleich im nächsten Laden erneut zu verschwinden oder sie setzen ihren Weg fort, den sie wegen des Regens unterbrochen haben.

Ein Mann kommt herbei und will auf der Straße seine Ware verkaufen. Der Boden ist noch feucht, deshalb breitet er eine Plastikplane aus. Darauf legt er eine größere Pappe. Auf diese Pappe will er seine Schätze plazieren. Es sind jede Menge Stöckchen. Was will der Mann mit all diesen Stöcken?

Ersteinmal breitet er sie auf seiner Pappe aus. Die Pappe schiebt er sich so hin, daß es einladend aussieht. Dabei stößt er an etwas Schwarzes, das aussieht wie ein Stein. Aber es ist gar nicht hart. Der Mann schaut sich diesen merkwürdigen Stein genauer an. Der Stein ist nichts anderes als der zusammengekauerte Teddybär unter seinem Hut.

"Na, was bist du denn für ein feiner Kerl?" sagt der Mann und findet auf seiner Pappe auch für den Teddy eine schöne Stelle. Er krümmt dessen Beine so, daß er Teddy auf den Po setzen und den Hut zwischen seine Beine legen kann. "Nun kannst du mir beim Verkaufen helfen. Du sammelst das Geld ein, während ich diese Stöcke hier verkaufe. Eigentlich kann man nicht viel mit ihnen anfangen. Aber sie sehen doch sehr schön aus. Siehst du?" sagt der Mann und hält Teddy einen vor die Nase. Teddy gibt keine Antwort.

Indess kommt ein Kind vorbei und wirf ein Zehn-Centstück in Teddy's Hut. "Mama, der hat aber einen lustigen Anzug!" sagt das Kind und ist auch schon wieder fort. "Ein lustiger Anzug?" wundert sich der Mann und schaut an sich herunter. "Was für ein Anzug?" fragt er jetzt zu Teddy gewandt, lacht dann aber, "ach, dich hat sie gemeint! Du hast einen Anzug an, sogar mit vier tollen silbernen Knöpfen dran. Schick siehst du aus! Und ein Geldstück hast du auch schon bekommen. Ich glaube, du wirst mir Glück bringen. Bis heute Abend habe ich sicher alle Stöcke verkauft. Hoffentlich vermißt dich keiner, dann nehme ich dich gerne mit zu mir nach Hause."

"Hallo!" beginnt ein erster Kunde das Gespräch, "was sind das für Stöcke, die sie da verkaufen? Kann ich damit meine Briefe öffnen? Oder sind es Spazierstöcke für kleine Teddybären?" Nun lacht der Kunde und macht auf seinem Absatz kehrt. Ernsthaft war dieser Mann nicht an einem der Stöcke interessiert. Aber seine Erklärungen findet der Verkäufer ganz überzeugend. Er nimmt einen seiner Stöcke in die Hand und zeigt sie Teddy. "Schau, wenn du genau hinsiehst, erkennst du die kleinen Gesichter, die sich auf diesen Stöcken verstecken und die ich mit ein bißchen Farbe hervorgeholt habe. Die Stöcke sind einfach nur schön. Aber die Menschen brauchen immer einen Grund, warum sie sich etwas kaufen sollten. Deshalb erkläre ich ihnen, daß meine Stöcke als Zeigestock dienen können, der Spitze hier kann wirklich so etwas wie ein Brieföffner sein und dieser hier kann einer Blume, beispielsweise einer Orchidee, Halt bieten. Na und der da wäre ein passender Spazierstock für dich!" Den letzten nimmt der Mann und lehnt ihn gegen Teddy.

"Was kostet der Teddy?" fragt jetzt eine Stimme und der Mann wendet sich ihr zu. "Der Teddy ist unverkäuflich, aber diese Stöcke können sie kaufen." So geht das nun den ganzen Tag. Noch viele Münzen erhält Teddy in seinen Hut. Am Abend packt der Mann die letzten Stöcke mit ihren geheimnisvollen Gesichtern ein und nimmt wie versprochen, Teddy mit zu sich nach Hause. Der Mann freut sich, daß keiner vorbeigekommen ist, um ihm zu sagen, daß der Teddy sein Eigentum wäre.

"Morgen nehme ich dich als meinen persönlichen Glücksbringer wieder mit in die Einkaufsstraße", sagt der Mann zu Teddy und bietet ihm für die Nacht einen schönen Platz auf dem großen, alten Sofa an.

25. Juni 2007

Gute Nacht