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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/403: Iran-Report Nr. 1 - Januar 2018


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 1 - Januar 2018
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Landesweite Proteste in Iran
• Revolutionsgarden wollen sich um Ordnung und Sicherheit der Städte kümmern
• Justizsprecher: Bestehende Gesetze lassen öffentliche Prozesse nicht zu
• Juden nach Zerstörung einer Synagoge in Schiras besorgt
• Umstrittenes Gesetz zum Schutz von Frauen
• Ringer musste auf Befehl verlieren
• Fußballfans baten russische Moderatorin, sich nicht sexy zu kleiden
• Genmanipulierte Produkte - eine neue Gefahr für die Umwelt?
• Mehr als die Hälfte der Aids-Kranken sind unter 35 Jahre alt
• Angehörigen religiöser Minderheiten ist Mitarbeit in Stadträten nicht erlaubt


LANDESWEITE PROTESTE IN IRAN

Seit Ende Dezember protestieren in Iran tausende Menschen auf den Straßen. Begonnen haben die Proteste in Maschad, der zweitgrößten Stadt des Landes und Hochburg der Konservativen und Hardliner. Sie richteten sich gegen die katastrophale Lage der Wirtschaft, gegen die hohe Arbeitslosigkeit, die himmelschreiende Korruption, den drastischen Anstieg der Preise, vor allem bei Grundnahrungsmitteln, und die von der Regierung angekündigte Erhöhung des Benzinpreises. In zahlreichen Fabriken haben die Werktätigen schon seit Monaten keinen Lohn mehr bekommen. Die weit verbreitete Armut hat sogar Teile der Mittelschicht erreicht.

Die Regierung von Präsident Hassan Rohani hatte alle Karten auf das Atomabkommen gesetzt. Sie hatte die Hoffnung, dadurch die Aufhebung der Sanktionen und einen Aufschwung der Wirtschaft erreichen zu können. Doch das Abkommen hat bisher für normale Bürgerinnen und Bürger keine spürbare Besserung gebracht. Ein Grund hierfür ist, dass die USA Banken und Großunternehmen daran hindern, mit Iran Geschäfte zu machen, beziehungsweise in dem Land zu investieren. Seit der Regierungsübernahme durch Präsident Donald Trump ist der Druck seitens der USA auf Iran erheblich gestärkt worden. Aber nicht nur der Druck aus den USA ist die Ursache des wirtschaftlichen Misserfolgs. Auch Misswirtschaft, Korruption, eine marode Verwaltung, die dringend reformiert werden müsste und die Willkür der Machthaber verhindern einen für die Bevölkerung spürbaren wirtschaftlichen Aufschwung.

Zwar ist es der Regierung Rohani gelungen, die Inflation zum ersten Mal nach einem Vierteljahrhundert auf eine einstellige Zahl zu senken. Sie liegt zurzeit bei etwa neun Prozent. Auch das Bruttosozialprodukt stieg im vergangenen Jahr auf 12,5 Prozent. Dies ist fast ausschließlich auf den Ölexport zurückzuführen. Aber die Früchte dieser geringen Erfolge bleiben bei den Reichen, die Massen gehen leer aus.

Die Proteste breiteten sich blitzartig auf zahlreiche Städte Irans aus. Und sie bekamen zunehmend einen politischen Charakter. Bald wurden die vom System gezogenen roten Linien überschritten. Selbst der sonst unantastbare Revolutionsführer Ali Chamenei blieb von der Wut der Protestierenden nicht verschont. "Nieder mit Chamenei", "nieder mit der Islamischen Republik" skandierten die Demonstranten. "Das Volk bettelt, der Führer spielt die Rolle Gottes", riefen sie. Auch die Rolle Irans in der Region, in Syrien, Libanon, Irak, Jemen und Palästina wurde scharf kritisiert. "Weder Gaza noch Libanon, mein Leben opfere ich für Iran", wurde auf Kundgebungen gerufen. Die prekäre Situation in der gesamten Region könnte möglicherweise zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Iran, den arabischen Staaten und Israel mit den USA im Hintergrund führen.

Zwar sind die Proteste und die Wucht der Kritik gegen den Staat angesichts der wirtschaftlichen Lage nachvollziehbar. Dennoch hat die Rebellion, die sich so rasch landesweit verbreitete, selbst die besten Kenner des Landes überrascht. Es sind die größten Proteste seit 2009. Damals ging es um die umstrittene Wiederwahl des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Diese Proteste, die nach einem Wahlkampf erfolgten, waren rein politisch, sie waren organisiert, hatten eine Führung sowie bestimmte und klare Forderungen. Demgegenüber bleibt es bei den gegenwärtigen Unruhen im Dunkeln, welche Kräfte dahinterstecken, wer sie organisiert hat und wohin die Proteste führen werden. Der Kampf um die Deutungshoheit ist im vollem Gange.

Bereits am zweiten Tag warf Vizepräsident Eshagh Dschahangiri den Hardlinern vor, die Proteste organisiert zu haben. Ziel sei es Rohanis Reformkurs zu torpedieren. "Der Rauch des Feuers, das ihr geschürt habt, wird in eure Augen dringen", sagte er. "Wirtschaftliche Probleme sind für manche zum Vorwand geworden, die hinter den Kulissen Pläne gegen die Regierung schmieden. Wenn sich die Politik auf den Straßen in Bewegung setzt, werden jene, die auf sie gesetzt haben nicht mehr bestimmen, wann sie zum Stillstand kommt", so Dschahangiri.

Tatsächlich war es auffallend, dass die Erzkonservativen, die in Maschad das Sagen haben, zunächst die wirtschaftlichen Forderungen der Demonstranten und ihre Kritik an der Regierung unterstützt haben. Selbst als die Proteste politisch wurden, warnten sie nur davor, dass mögliche Feinde der Islamischen Republik die "berechtigten Forderungen" des Volkes in eine falsche Richtung lenken könnten. Es ist also denkbar, dass die Hardliner, die schon seit Jahren nichts unterlassen, um Rohanis Regierung zu schwächen, unterstützt von den mächtigen Revolutionsgarden, die Proteste im Hintergrund initiiert haben und diese dann außer Kontrolle geraten sind. Gerüchte, die seit geraumer Zeit im Umlauf sind, sprechen gar von einem möglichen Staatsstreich der Revolutionsgarden. Diese sind nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich und politisch die wichtigste Kraft im Land. Sie bilden einen Staat im Staat.

Möglich ist aber auch, dass sowohl die Hardliner als auch die Reformer von den Unruhen überrascht wurden. Dafür spricht der relativ sanfte Umgang mit den Rebellierenden während der ersten Tage. Wortführer beider Seiten äußerten Verständnis für die Nöte der Menschen, versuchten aber zugleich den politischen Schaden einzugrenzen. Allerdings wurde der Zugang zu den sozialen Netzwerken stark eingeschränkt. "Probleme mit Gewalt und Terror zu lösen, ist keine Option (...) - das können und werden wir nicht mehr dulden", warnte Innenminister Rahmani Fazli.

Dass die ausländischen Mächte, die Proteste unterstützen und darauf Einfluss zu nehmen versuchen, ist naheliegend. US-Präsident Donald Trump erklärte, die Menschen im Iran wollten nicht mehr hinnehmen, dass "ihr Geld und ihr Wohlstand zugunsten von Terrorismus gestohlen und vergeudet wird." Und das US-Außenministerium forderte alle Länder dazu auf, die Rebellion im Iran zu unterstützen. Israels Geheimdienstminister Yisrael Katz wünschte den Demonstranten viel Erfolg. Auch aus Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten kamen ermunternde Zusprüche für die Aufständischen.

Präsident Rohani, der sich erst am 31. Dezember zu den Vorgängen äußerte, warnte vor gewaltsamen Aktionen und forderte gleichzeitig "Raum für Politik". "Das ist das Recht des Volkes", sagte er. "Wir sind ein freies Land und daher haben die Menschen auch ein Recht auf Meinungsfreiheit." Er fügte aber hinzu: "Kritik ist etwas anders als Verbreitung von Gewalt und Zerstörung öffentlicher Güter." Er machte gleichzeitig deutlich, dass seiner Regierung die Hände gebunden seien und sie nicht die Macht habe, ihre Reformpläne durchzusetzen. Ihm und seiner Regierung würden ständig Steine in den Weg gelegt. Damit meinte er vor allem die Justiz, aber auch den Revolutionsführer Chamenei.

"Wir haben eure Probleme gehört", sagte Rohani an die Demonstranten gerichtet. Er betonte, dass bei den Demonstrationen nicht allein die Regierung und ihre Wirtschaftspolitik Ziel der Kritik gewesen seien. Auch die Justiz und das gesamte System seien kritisiert worden. Viele hätten die "Intransparenz" beklagt. Zu den Äußerungen Trumps sagte Rohani: "Dieser Herr in den USA, der sich jetzt besorgt um das iranische Volk zeigt, hat vor kurzem das gleiche Volk als "Terroristen" bezeichnet. Jemand, "von Kopf bis Fuß" gegen Iran sei, sollte nun nicht den Besorgten vorheucheln." Auffallend spät nahm Revolutionsführer Ali Chamenei zu den Protesten Stellung. Er machte das Ausland für die Unruhen verantwortlich. "In den vergangenen Tagen haben Feinde Irans unterschiedliche Mittel wie Geld, Waffen, Politik und Geheimdienste eingesetzt, um für Unruhe in der Islamischen Republik zu sorgen", sagte er am 2. Januar. Namen der "Feinde" nannte Chamenei nicht.

Die Proteste, an denen zunächst vorwiegend Angehörige unterer Schichten und Jugendliche Teilnahme, waren ein Schrei, die Wut von Benachteiligten und Unterdrückten, eine ernste Warnung an die Herrschenden.

Das Regime reagiert auf die Proteste einerseits mit zunehmender Gewalt. 21 Personen kamen bisher bei den Auseinandersetzungen ums Leben, darunter auch ein Polizist und ein Mitglied der Basidsch-Miliz. Fast 2.000 Demonstrationen befinden sich inzwischen im Gefängnis. Die Justiz drohte bereits mit harten Strafen. Der Zugang zu den sozialen Netzwerken, über die sich die Protestierenden verständigen und organisieren können, ist kaum noch möglich.

Andererseits versucht das Regime, seine Macht durch Gegendemonstrationen zur Schau zu stellen. So fanden an mehreren aufeinander folgenden Tagen in Teheran und einigen anderen Städten staatlich verordnete Kundgebungen statt, an denen Zehntausende teilnahmen. "Nieder mit den USA", "Nieder mit Israel", Nieder mit Saudi-Arabien", skandierten die Teilnehmer. Sie bekundeten ihre Unterstützung für Revolutionsführer Ali Chamenei, verurteilten die Ausschreitungen und die "vom Ausland gesteuerten Unruhestifter". Diese Massenkundgebungen seien "ein harter Schlag ins Gesicht der ausländischen Feinde der Islamischen Republik und deren einheimische Lakaien gewesen", schrieb die staatliche Agentur Irna.

Auch auf Seiten der Reformer wurden Stimmen laut, die die Proteste der vorangegangenen Tage verurteilten. Der Bekannte Journalist Abbas Abdi, einer der Strategen der Reformbewegung, beklagte die "Passivität" gegenüber den Rebellierenden und forderte "hartes Vorgehen gegen Unruhestifter". "Hinter den Protesten stecken reaktionäre arabische Staaten, die Rache üben und Iran in eine Lage, ähnlich wie die im Irak, in Libyen und Syrien drängen wollen." Abdi warnte davor, die Gefahr zu unterschätzen.

Der Oberbefehlshaber der Revolutionsgarde Mohammad Ali Dschafari beschuldigte den früheren Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad, zu den Protesten aufgerufen zu haben. Er nannte ihn nicht beim Namen. "Ein früherer Verantwortlicher, der in letzter Zeit sich gegen die Grundwerte des islamischen Staates geäußert hat", habe über eine ihm nahestehende Webseite zu Protesten aufgerufen, sagte der General. "Wir sind dabei, den Fall zu untersuchen. "Sollten sich die Berichte bestätigen, werden wir gebührliche Maßnahmen gegen die Person treffen."

Ahmadinedschad hatte in den letzten Wochen harte Kritik vor allem gegen die Justiz geübt. Er hatte auch indirekt Chamenei angegriffen. "Wenn jemand vom Volk nicht akzeptiert wird, muss er gehen, gleichgültig welche Position er innehat", sagte der Ex-Präsident.

Unterdessen forderten die USA eine "Dringlichkeitssitzung" des UN-Sicherheitsrats und des UN-Menschenrechtsrates zum Thema Iran. UN-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich bestürzt über die Gewalt in Iran.


WARUM DIE PROTESTE?

Bei unserem Redaktionsschluss, am 11. Tag der Unruhen, wurden die Proteste in einigen Städten sporadisch fortgeführt. Sie konnten zwar bisher nicht zum einem Machtwechsel führen - und dies scheint zum jetzigen Zeitpunkt auch unwahrscheinlich - haben aber die längst bestehende Spaltung im System der Islamischen Republik spürbar vertieft. Während die Hardliner und Konservativen fordern, mit harter Faust gegen die Demonstranten vorzugehen, zeigen sich die Reformer und Gemäßigten um das Schicksal der Gefangenen besorgt. Während die Hardliner die Proteste als von außen gesteuert und die Demonstranten als deren Lakaien bezeichnen, äußern Reformer Verständnis für die Anliegen der Protestierenden. Sie haben durchgesetzt, dass sich eine nicht öffentliche Sitzung des Parlaments mit den Protesten und deren Hintergründe beschäftigt. Man könne nicht alle Schuld dem Ausland in die Schuhe schieben, sagte Präsident Hassan Rohani. Es gebe berechtigte Forderungen, nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische und solche, die das gesamte System der Islamischen Republik betreffen.

Der Chef der Teheraner Justiz, Gholamhossein Esmaili, sprach von ersten Ermittlungen gegen "Aufrührer und Unruhstifter. "Wir werden gegen Personen, denen "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit" nachgewiesen werde, rasch und entschieden vorgehen", sagte er.

Noch am 4. Januar hatte Armeechef General Abdurahim Mussawi mit dem Einsatz des Militärs gegen "Randalierer" gedroht. "Der große Satan (die USA), die Zionisten und ihr neuer Wasserträger (Saudi-Arabien) wollten dem Iran schaden ... falls es notwendig gewesen wäre, hätte sich auch die Armee an dem Kampf gegen die vom Teufel verführten beteiligt", sagte der General.

Generalstaatsanwalt Mohammad Dschafar Montaseri sprach von einem amerikanisch-israelisch-saudischen Plan, Unruhen im Iran zu initiieren und zu koordinieren. Ein Agent der CIA habe die Mission "Erfolgreiche Annäherung" geleitet. Dem Plan gemäß sollte zunächst gegen die Teuerung der Preise demonstriert werden, darauf sollten politische Proteste folgen, die schließlich in einen Volksaufstand münden. Die Saudis hätten die Mission finanziert und Israels Sicherheitsdienst sie unterstützt.

Am Freitag den 05.01.2018 forderte der erzkonservative Freitagsprediger Ahmad Chatami ein erbarmungsloses Vorgehen gegen Rebellierende. Er bezeichnete diese als "Feinde des Islams und Irans". Chatami, der zu den schärfsten Gegnern von Präsident Rohani gehört, warf der Regierung vor, das Internet und die sozialen Netzwerke nicht ausreichend kontrolliert zu haben. Das Internet sei der Weg, den die Feinde beschritten, um Einfluss zu nehmen. "Wenn ihr eurem Feind erlaubt, in euer Haus zu kommen, geht ihr zugrunde" sagte Chatami. "Man sagt das Internet ist zu einem Feld geworden, auf dem der Glaube, die Moral und unsere Jugend geschlachtet werden. Lasst es nicht zu!"

Im Gegensatz zu den Hardlinern versuchen die Reformer und Gemäßigten die Lage zu beschwichtigen. Hamid Abutalebi, ein enger Berater von Präsident Rohani, reagierte auf die Äußerungen Chatamis. Es sei nicht fair, alle Schuld der Regierung in die Schuhe zu schieben. Er warnte die Justiz, Demonstranten hinrichten zu lassen. "Einige Dinge kann man dann nicht mehr reparieren", sagte er.

Die Reformfraktion im Parlament forderte Rechtsbeistand für verhaftete Demonstranten. "Es ist unsere legislative Pflicht, den Verhafteten, besonders den Studenten, einen angemessenen Rechtsbeistand zu beschaffen", sagte die Abgeordnete Fatemeh Saidi. Hierum solle sich die von den Reformern durchgesetzte Sondersitzung des Parlaments kümmern.

Der Abgeordnete Mahmud Sadeghi sagte laut Irna, unter den 90 verhafteten Studenten wären zehn, über die es keine Information gebe. Es sei nicht bekannt, von welcher Behörde sie verhaftet worden seien und an welchen Orten sie sich befänden. Er zeigte sich besorgt darüber, dass die Justiz zu hart gegen die Inhaftierten vorgehen könnte. Der Vizerektor der Teheraner Universität, Majid Sarsangi, sagte der Presse, einige festgenommenen Studenten seien wieder frei. Das Innenministerium gab bekannt, dass 90 Prozent der Verhafteten unter 30 Jahre seien. Jugendliche unter 20 sollen aus der Haft entlassen werden.

Der Zeitpunkt für die landesweiten Proteste kam überraschend. Es gab keinen aktuellen Anlass und keine Organisation, die dazu aufgerufen hat. Auch fehlte ein einheitlicher, konkreter Forderungskatalog. Beklagt werden in erster Linie die, für die unteren Bevölkerungsschichten unerträgliche, wirtschaftliche Lage, aber, wie erwähnt, zunehmend ebenfalls die politischen Verhältnisse. Die Teilnehmenden sind auf der einen Seite einfache Bürgerinnen und Bürger, auf der anderen Seite Aktivisten aus ganz unterschiedlichen politischen Lagern, die kaum miteinander in Einklang gebracht werden können. Alle Parteien versuchen, der Rebellion ihren Stempel aufzudrücken.

Damit ist es kaum denkbar, dass die Rebellion zu einem Macht- oder gar einem Regimewechsel in Iran führt. Sicher ist dahingegen, dass sie den schon seit Jahren andauernden Machtkampf zwischen den Hardlinern und Konservativen und Reformern und Gemäßigten erheblich verschärfen wird. Die Islamische Republik steht seit geraumer Zeit an einem Scheideweg. Während Präsident Rohani eine Öffnung nach außen und, mit Einschränkungen, auch nach innen anstrebt, wollen die Rechten und Hardliner, wie sie sagen, an den Errungenschaften der Revolution festhalten. Sie befürchten, dass jeder Einfluss von außen, insbesondere der kulturelle Einfluss des Westens, den islamischen Staat unterhöhlen und früher oder später zu einem Regimewechsel führen könnte.

Bei diesem Machtkampf haben die Rechten weit mehr Hebel als die Reformer in der Hand. Die Justiz, der Wächterrat, die Revolutionsgarde, das Militär, die Geheimdienste und auch die größten Wirtschaftsunternehmen stehen zur ihrer Verfügung. Damit können sie jede einschneidende Reform verhindern. An ihrer Spitze steht Revolutionsführer Ali Chamenei, der mit nahezu unbegrenzter Macht ausgestattet ist.

Diesen Mächten gegenüber ist die Regierung machtlos. Sie könnte sich aber auf die Mehrheit des Volkes stützen, die sich nach Veränderung, nach tatsächlichen Reformen sehnt. Das hat sich bei der Wiederwahl Rohanis gezeigt. Diese Mehrheit können die Rechten nicht ganz ignorieren, es sei denn, sie entschließen sich zu einer noch härteren Diktatur. Diese wäre aber vermutlich sehr kurzlebig. Noch ist es nicht klar, welcher der beiden Lager die gegenwärtigen Proteste zu seinen Gunsten verbuchen wird. Die Ermunterung der Protestierenden, die aus den USA, aus Israel und den arabischen Staaten kommen, werden sicherlich eher den Hardlinern nutzen als den Reformern.


REVOLUTIONSGARDEN WOLLEN SICH UM ORDNUNG UND SICHERHEIT DER STÄDTE KÜMMERN

Mohammad Resa Yasdi, Befehlshaber der Revolutionsgarden (Pasdaran) für die Hauptstadt Teheran, erklärte am 10. Dezember auf einer Sitzung des Teheraner Stadtrats, Sondereinheiten der Pasdaran werden sich um die Ordnung und Sicherheit der Städte kümmern. "Das Beben der Drogensucht schreit in Teheran zum Himmel", sagte er. Das sei keine "Schwarzmalerei". Allein ein einzelner Drogensüchtiger in der Familie könne die ganze Familie ruinieren.

"Drogensucht, Armut, Scheidungen und andere Schädlinge sind wie Erdbeben, die die Stadt Teheran ins Wanken bringen", sagte der General. Die Pasdaran hätten 23 "Schädlings-Typen", wie Räuber, Lumpen und Gesindel definiert. Die Sondereinheit der Pasdaran werde in Zusammenarbeit mit der Polizei den "Kampf gegen die Schädlinge" führen. "Warum sollte für das Aufsammeln von Lumpen und Gesindel nur die Polizei verantwortlich sein? Wir werden den Ordnungskräften beistehen."

Offenbar sind die Pasdaran entschlossen, nun auch in den Städten, vor allem in der Hauptstadt auf den Straßen präsent zu sein. Dadurch würden sie ihren ohne viel zu großen Einfluss auch politisch erheblich steigern. Zudem würde die Präsenz der Pasdaran auf den Straßen zu einer Militarisierung des öffentlichen Lebens führen.

Das Innenministerium, das für die Ordnungskräfte verantwortlich ist, sprach sich gegen den Plan der Pasdaran aus. Salman Samani, Sprecher des Ministeriums, sagte am 11. Dezember laut Irna: "Soweit ich weiß, gibt es keine Anfragen um Hilfe seitens der Ordnungskräfte. Für die "Beseitigung der Schädlinge" sei das Innenministerium verantwortlich. Es gebe eine nationale Arbeitsteilung. Daran müsse man sich halten, sonst gebe es Chaos.


JUSTIZSPRECHER: BESTEHENDE GESETZE LASSEN ÖFFENTLICHE PROZESSE NICHT ZU

Der Sprecher der Justiz, Gholamhossein Mohseni Ejehi, sagte am 11. Dezember auf einer Versammlung der Studenten der Scharif-Universität in Teheran: "So lange die Gesetze uns nicht daran hinderten, konnten wir die Gerichtsprozesse öffentlich führen. Doch derzeit lassen die Gesetze öffentliche Prozesse nicht zu." Er selbst sei für öffentliche Prozesse und für öffentliche Berichterstattung, sagte Ejehi. "Als ich Richter war, wurden die Gerichtsverhandlungen sogar vom Fernsehen übertragen". Offenbar hatte Ejehi die Gerichtsverhandlungen gegen den Teheraner Bürgermeister vor fast zwanzig Jahren im Blick, die damals tatsächlich vom Fernsehen übertragen wurden.

Vor einigen Jahren seien Gesetze verabschiedet worden, denen zufolge die Prozessinhalte nicht vor Urteilsverkündung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürften. Es gebe zwar immer noch Prozesse, die öffentlich seien, aber er frage sich, was sie für einen Sinn hätten, wenn nicht öffentlich über sie berichtetet werden dürfe.

Ejehi appellierte an alle Verantwortlichen und Beteiligten, sich dafür einzusetzen, dass Prozesse für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, ausgenommen Prozesse, die die Sicherheit des Landes gefährden oder aus moralischen Gründen nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten.


JUDEN NACH ZERSTÖRUNG EINER SYNAGOGE IN SCHIRAS BESORGT

Die Föderation iranisch-amerikanischer Juden in Los Angeles und New York zeigten sich nach der Zerstörung einer Synagoge in der Stadt Schiras besorgt. Sie forderten die Bestrafung der Täter.

Den Presseberichten zufolge wurden in der Nacht vom 23. Auf den 24. Dezember in einer Synagoge in der Nähe der Stadt Schiras zwei Exemplare der Tora und einige Gebetsbücher zerrissen. Die Polizei habe mit Ermittlungen begonnen. Ein Mitglied der jüdischen Gemeinde in Schiras sagte in einem Interview mit einem israelischen Sender, auch Fensterscheiben der Synagoge seien zerbrochen worden.

"Angesichts dieser offensichtlich antijüdischen Ereignisse fordern wir die Islamische Republik auf, für die Sicherheit der Gebetsstätte der Juden und der Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Iran zu sorgen und die Täter zu bestrafen", hieß es in der Erklärung der Föderation.

In Iran gab es vor der Revolution etwa 100.000 Juden. Die meisten von ihnen verließen nach der Revolution das Land. Zurzeit leben etwa 10.000 Juden in Iran.


UMSTRITTENES GESETZ ZUM SCHUTZ VON FRAUEN

Ein Artikel von Sahra Ayatollahi, der Vorsitzenden des Kultur- und Sozialrats für Frauen und Familie, in der konservativen Tageszeitung Kayhan bezüglich des geplanten Gesetzes zum Schutz von Frauen in der Familie führte, vor allem bei Frauen, zu heftigen Reaktionen. Das Gesetz richtet sich gegen Missbrauch und Gewalt gegen Frauen und ihrer Benachteiligung in der Familie.

Ayatollahi äußerte in ihrem Artikel die Ansicht, das Gesetz würde den Frieden in der Familie stören. Die Frauen würden ihre Pflichten versäumen und der Mann würde seine Position als Hauptperson der Familie verlieren. Ferner räume das Gesetz übermäßige Freiheiten für Frauen ein und lasse die Aggressionen von Frauen gegen Männer außer Acht. Schließlich wolle das Gesetz Frauen schützen, die " sich aus eigenem Willen den Männern zum sexuellen Missbrauch anbieten". Ayatollahi meinte mit dem Gesetz würden "illegale Abtreibungen" gefördert und Prostituierte geschützt.

Die Parlamentsabgeordnete Parwaneh Salahschuri, Vorsitzende der Frauenfraktion, meinte zu dem Artikel: "Wenn man die Äußerung von Ayatollahi hört, hat man den Eindruck, hinter ihren Äußerungen stehe ein frauenfeindlicher Mann."

Schahindocht Mollawerdi, die frühere Vizepräsidentin für Frauen und Familie und derzeitige Sonderberaterin des Präsidenten, die das Gesetz ursprünglich entworfen hatte, sagte auf einer Tagung: "Der Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen gehört zu den Aufgaben, für die die ganze Gesellschaft verantwortlich ist."

Einer Umfrage zufolge wurden 66 Prozent der Frauen zumindest einmal in ihrem Eheleben der Gewalt ihres Mannes ausgesetzt.

Masumeh Ebtekar, amtierende Vizepräsidentin für Frauen und Familie, erklärte, der Artikel von Ayatollahi enthalte "falsche Behauptungen" und sei stellenweise "beleidigend". Sie bedauerte, dass ein solcher Artikel überhaupt veröffentlicht worden sei.

Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet. Zurzeit wird es von Sachverständigen und religiösen Instanzen geprüft. Dabei geht es vor allem darum, festzustellen, ob es mit den Grundsätzen des islamischen Glaubens übereinstimmt.

Indes gab der Teheraner Polizeichef Hossein Rahimi bekannt, dass Frauen, die sich in der Öffentlichkeit "unislamisch" kleiden oder sich "schlecht benehmen", seit geraumer Zeit nicht mehr zur Wache gebracht und bestraft, sondern belehrt würden. Frauen, die islamische Vorschriften missachteten, würden gebeten, an Lehrklassen teilzunehmen, "um ihre Sichtweise und ihr Benehmen zu korrigieren", sagte Rahimi am 27. Dezember laut iranischer Medien.

Es gebe bereits 120 Lehrklassen. Rund 8.000 Frauen seien in diesen Klassen aufgeklärt worden. Offenbar sind die Verantwortlichen in Iran zu der Einsicht gelangt, dass sie mit strengen Kontrollen und der Bestrafung von Frauen kaum etwas ausrichten können. Das Gegenteil ist der Fall. Seit Jahren schon werden die Kleidungsvorschriften von Frauen immer lockerer gehandhabt. Vor allem in den Großstädten sieht man häufig Frauen am Steuer oder in den Cafés und Restaurants mit nur symbolisch getragenen Kopftüchern. Manche Frauen verzichten sogar gänzlich auf das Kopftuch. Ob nun die neue Vorgehensweise der Polizei zum Ziel führen wird, bleibt höchst fraglich. Sie ist nicht viel weniger diskriminierend als die alte Methode.


RINGER MUSSTE AUF BEFEHL VERLIEREN

Der Freistil-Ringer Ali Resa Karimi, der bei der U23-Ringer WM in Polen als einer der Favoriten auf die Goldmedaille galt, musste auf Befehl im Achterfinale gegen den Russen Alichan Schabrailow verlieren. Denn im Falle eines Sieges hätte er gegen einen israelischen Ringer antreten müssen. Es war bereits das zweite Mal, dass Karimi aus demselben Grund auf einen Sieg verzichten musste. "Ich hatte so hart trainiert und so fest an den WM-Titel geglaubt. Dann aber kamen die Anweisungen und es war wie ein Eimer kaltes Wasser auf all meine Träume", sagte der 23-Jährige laut dpa vom 28. November der Agentur ISNA.

Es ist iranischen Teams oder einzelnen Sportlern verboten, gegen israelische Mannschaften beziehungsweise Athleten zu kämpfen. Wer das Verbot missachtet, wird bestraft. Zuletzt wurde im August der Kapitän der Fußballnationalmannschaft, Massoud Schojaei, aus dem Team ausgeschlossen, weil er mit seinem Club Panionios Athen in der Europa League gegen Maccabi Tel Aviv gespielt hatte. Es ist möglich, dass ihm auch die Teilnahme an der WM 2018 in Russland verweigert wird.

In einer Video-Botschaft an Karimi, die auf Facebook veröffentlicht wurde, sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, jenes Iran, das einem Ringer eine Niederlage befohlen habe, damit er nicht gegen einen Israeli kämpfen müsse, werde niedergehen. "Stellt euch vor, eine Regierung hätte den Sportlern ihres Landes vorgeschrieben, nicht gegen Schwarzhäutige oder Schwule zu kämpfen!", sagte der Regierungschef. "Das iranische Volk ist dazu verdammt, für die eigene Regierung die Zeche zu zahlen. Schließt einmal die Augen und denkt an Ali Resa. Er hat unendlich lang trainiert und gehofft, Weltmeister zu werden. Aber das Regime meint, es sei besser für ihn, eine Niederlage zu erleiden als gegen einen Israeli zu kämpfen." An Karimi gerichtet, sagte Netanjahu: "Jene, die dich zur Niederlage gezwungen haben, werden selbst zu den Verlierern gehören. Ein Regime, das den Wettbewerb und die schöpferischen Talente seiner Bürger tötet, ist zum Untergang verdammt. Das gilt auch für die, die Israel zu vernichten drohen."

Auf diese Botschaft reagierte der Chef der iranischen Ringerföderation, Rassul Chadem, mit den Worten: "Es ist richtig, dass die Iraner mit Begeisterung auf die Goldmedaille für ihren Kapitän warteten. Aber vergessen Sie nicht, die Iraner sind sich in einem Punkt einig: Sie und alle Ihre Gleichgesinnten sind große Feinde des iranischen Volkes. Glauben Sie ja nicht, dass Sie in diesen trüben Gewässern fischen können. Merken Sie sich, unser Volk bildet, unabhängig von der ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit den Feinden gegenüber eine Einheit."


FUßBALLFANS BATEN RUSSISCHE MODERATORIN, SICH NICHT SEXY ZU KLEIDEN

Tausende iranische Fußballfans richteten über soziale Netzwerke die Bitte an die russische Sportjournalistin Maria Komandnaja, sich bei der WM-Auslosung nicht sexy zu kleiden. Sie wollten die Direktübertragung der Zeremonie, die von Komandnaja gemeinsam mit dem englischen Ex-Fußballer Gary Lineker moderiert und durch das iranische Fernsehen übertragen wurde, vollständig und ohne Unterbrechung miterleben. Sie befürchteten, dass das staatliche Fernsehen wie üblich die Übertragung unterbrechen würde, sobald leicht gekleidete Frauen auftreten. "Bitte hilf uns mit der Wahl deiner Garderobe, damit auch wir die ganze Zeremonie sehen können" schrieb ein Fan laut dpa vom 28. November auf der Instagram-Seite der Moderatorin. "Bitte Ausschnitte nicht zu tief", "bitte nicht zu viel Busen, sonst wird hier zensiert", schrieben andere. Einer schickte der Moderatorin eine Fotomontage von ihr mit "islamischer" Kleidung und schrieb, so müsse die Moderatorin aussehen, damit die Übertragung nicht zensiert werde. Sie müsse die Zeremonie mit den Worten eröffnen: "Im Namen Gottes und des Propheten beginnen wir hiermit die Auslosung der WM." Sie antwortete, sie werde versuchen, sich "dezent" zu kleiden, doch letztendlich habe der Weltverband FIFA darüber zu entscheiden.

Die ganze Aktion war vergeblich. Das Fernsehen zensierte den gesamten ersten Teil der Zeremonie im Moskauer Kremlpalast. Gezeigt wurde nur die Auslosung selbst. Zur Überbrückung des ersten Teils strahlte das Fernsehen ein Interview mit dem ehemaligen portugiesischen Superstar Luis Figo aus. Zu allem Übel hatte Iran bei der Losung auch wenig Glück. Die iranische Mannschaft muss in Gruppe B gegen Portugal, Spanien und Marokko spielen.


GENMANIPULIERTE PRODUKTE - EINE NEUE GEFAHR FÜR DIE UMWELT?

Der Direktor des Instituts für biotechnologische Landwirtschaft Irans gab kürzlich in einem Interview bekannt, dass außer genmanipuliertem Reis und Baumwolle, demnächst auch genmanipulierter Raps und Mais die Erlaubnis zum Verkauf erhielten.

Diese Äußerung hat insbesondere bei Umweltaktivisten heftige Reaktionen ausgelöst und das Thema Genmanipulation erneut aktualisiert.

Die Einfuhr von genmanipulierten Produkten auf den Markt ruft überall in der Welt zahlreiche Gegner auf den Plan. Solche Produkte sind in manchen Ländern verboten. Die Gegner der Genmanipulation befürchten, dass solche Produkte unbekannte Krankheiten auslösen und Krebskrankheiten fördern könnten.

In Iran wurde die Debatte über Genmanipulation nie offen und klar geführt. Die Befürworter der Genmanipulation argumentieren damit, dass genmanipulierte Produkte keinerlei giftige Mittel zur Schädlingsbekämpfung bräuchten. Dies sei ein großer Vorteil. Doch Masumeh Ebtekar, die frühere Leiterin der Umweltbehörde, erklärte in einem Interview mit der BBC, einige Produkte, die BT-Gene haben, benötigten trotzdem Mittel zur Schädlingsbekämpfung (Glyphosate).

Demgegenüber behauptete der derzeitige Leiter der Umweltbehörde, Isa Kalantari, der seit langen Jahren zu den Verfechtern genmanipulierter Produkte in der Landwirtschaft gehört, die Gegner der Genmanipulation hätten keine logisch und wissenschaftlich fundierten Argumente. "Was sie sagen, sind Parolen." Er werde die Genmanipulation weiterhin fördern.

Fest steht jedenfalls, dass in Iran, wie überall auf der Welt, das Geschäft mit genmanipulierten Produkten äußerst lukrativ ist. Daher meinen die Gegner, den Verfechtern für genmanipulierten Produkte gehe es keineswegs um den Kampf gegen die Armut, sondern um gute Geschäfte. Wie es scheint wird in Iran in naher Zukunft die Genmanipulation ein Thema werden, das, neben Wassermangel, Dürre und Umweltverschmutzung, die Umweltschützer beschäftigen wird. Bemerkenswert ist, dass in Iran genmanipulierte Waren nicht etikettiert werden und die Käufer nicht wissen, ob zum Beispiel der Reis, den Sie kaufen, genmanipuliert ist oder nicht.


MEHR ALS DIE HÄLFTE DER AIDS-KRANKEN SIND UNTER 35 JAHRE ALT

Der Leiter des Amtes zur Kontrolle ansteckender Krankheiten, Parvis Afsar Kaseruni, gab am 1. Dezember die neuesten Daten über Aids-Kranke bekannt. Demnach lag die Zahl der Aids-Infizierten im vergangenen September bei 36.571, davon sind 83 Prozent Männer. Demgegenüber schätzt das Nationale Zentrum für Verhinderung von Aids-Krankheit, dass in Iran zwischen 70.000 und 100.000 Personen mit Aids infiziert sind.

Nach Angaben des Zentrums ist die Krankheit in 65,4 Prozent der Fälle auf infizierte Nadeln zurückzuführen, die Drogensüchtige benutzen, 20,1 Prozent auf ungeschützten Sexualverkehr. 53 Prozent der Aids-Kranken sind im Alter von 21 bis 35 Jahren.

"Vor fünf oder sechs Jahren lag der Anteil der Ansteckungen durch Sex bei 16 oder 17 Prozent" zitiert AP in einem Bericht vom 30. November den stellvertretenden Gesundheitsminister Mohammad Mehdi Guja. "Heute sind es schon 40 Prozent, in einigen Provinzen sogar noch mehr." Das sei für die Behörden ein Warnsignal.

Das Gesundheitsministerium will die Aufklärung über die Krankheit verstärken. Auch soll die Suche nach Aids-Kranken und die Hilfeleistungen verstärkt werden. Das Ministerium habe innerhalb der vergangenen zwei Jahren 74 mit Aids infizierten schwangere Frauen, die nicht über ihre Krankheit informiert waren, ausfindig gemacht und die notwendigen Maßnahmen zu ihrer Behandlung getroffen. Damit hätten 97 Prozent der Frauen gesunde Kinder geboren. Das Ministerium plant nun, bis Ende des Jahres, landesweit bei schwangeren Frauen Tests durchzuführen. Zurzeit gibt es in Iran 160 Beratungszentren für den Kampf gegen die HIV-Viren. Sie sind in verschiedenen Provinzen verteilt. Sie führen Tests durch, beraten und behandeln die Patienten anonym.

Den Angaben des Ministeriums zufolge, sind bisher in Iran 10.000 Menschen an Aids gestorben. Dies sagte Mohammad Mehdi Guya, Leiter des Amtes für ansteckende Krankheiten am 9. Dezember der Presse.


ANGEHÖRIGEN RELIGIÖSER MINDERHEITEN IST MITARBEIT IN STADTRÄTEN NICHT ERLAUBT

Am 18. Dezember lehnte der Wächterrat den Beschluss des Parlaments ab, den Angehörigen religiöser Minderheiten zu erlauben, in den Stadträten mitzuarbeiten.

Dem Bericht der staatlichen Agentur Irna zufolge hatte das Parlament am 12. Dezember mit 152 Stimmen den Beschluss gefasst. 41 Abgeordnete lehnten ihn ab, 13 enthielten sich. Dem Beschluss nach hätten sich Angehörige religiöser Minderheiten an ihrem Wohnort für einen Sitz im Stadtrat bewerben können.

Hintergrund der Debatte um diesen Beschluss, der zu einer monatelangen Auseinandersetzung zwischen dem Parlament, der Regierung und dem Wächterrat führte, war die Wiederwahl des zaroastrischen Stadtrats Sepanta Niknam. Sein Rivale Ali Asghar Bagheri hatte gegen die Wahl protestiert, der Wächterrat, der Beschlüsse des Parlaments ablehnen kann, hatte ihm Recht gegeben. Der Rat führte das Argument an, dass in jeder Gemeinde, in der Muslime die Mehrheit der Bewohner bildeten, die Gemeinde nicht von religiösen Minderheiten vertreten werden könne.

Dies rief die Reformer in der Regierung und im Parlament auf den Plan, was schließlich den Beschluss des Parlaments zufolge hatte. Nun konnte Niknam seine Arbeit im Stadtrat wiederaufnehmen.

Doch am 18. Dezember teilte der Wächterrat dem Parlament seine Ablehnung mit, mit der Begründung, der Beschluss stehe im Widerspruch zu der Verfassung der Islamischen Republik. Darin wiederholte der Rat das Argument, religiöse Minderheiten könnten nicht über Angelegenheiten eines Ortes bestimmen, in dem die Muslime die Mehrheit der Bewohner bilden.

Laut Verfassung kann nun das Parlament versuchen, durch eine Änderung des Gesetzes die Zustimmung des Wächterrats zu erlangen. Gelingt dies nicht, muss der Schlichtungsrat einschreiten und eine Lösung finden. Bis dahin wird Niknam nicht im Stadtrat arbeiten können.

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KULTUR

• Zwei Computerforscher mit Preisen ausgezeichnet
• Pop-Konzert mit deutschen Musikern in Iran
• 230 Festnahmen bei einer Party


ZWEI COMPUTERFORSCHER MIT PREISEN AUSGEZEICHNET

Der mit jeweils 500.000 Dollar dotierte Preis wird alle zwei Jahre an muslimische Forscher ohne Berücksichtig von Wohnsitz und Staatsangehörigkeit sowie an nichtmuslimische Forscher, die in einem islamischen Land leben, vergeben. Die Auszeichnung trägt den Namen Mostafa, einen Beinamen des Propheten Mohammed.

Die Preisträger waren in diesem Jahr der 53-jährige iranisch-deutsche Mohammad Amin Schokrollahi, der an dem Polytechnikum in Lausanne lehrt und der 72-jährige türkisch-französische Erol Gelenbe, der am Imperial College in London tätig ist. Beide wurden für ihre Leistungen bei der Systembewertung von Modellen und Programmierungen ausgezeichnet. Vor zwei Jahren hatten die taiwanisch-singapurische Forscherin auf dem Gebiet der Nanotechnologie, Jackie Ying, und der jordanisch-amerikanische Chemiker Omar Yaghi den Preis erhalten.

Laut Satzung werden die Kandidaten für den Preis von wissenschaftlichen Einrichtungen oder von Forschern vorgeschlagen. Vergeben wird der Preis von der Mostafa Stiftung. Finanziert wird die Stiftung aus religiösen Abgaben. Ziel der Preisvergabe ist die Förderung von Forschung und moderner Technologie.


POP-KONZERT MIT DEUTSCHEN MUSIKERN IN IRAN

Es war ein ungewöhnliches kulturelles Ereignis: der Auftritt einer deutschen Pop-Band am 11. Dezember in Teheran. Die Band Schiller aus Hamburg gab insgesamt fünf Konzerte in Teheran. Alle Aufführungen waren vollständig ausverkauft. Schiller gehört bereits seit Jahren zu den beliebtesten Musikgruppen in Iran. Christopher von Deylen, Leiter der Gruppe, sagte nach seiner Ankunft in Teheran, er und seine Mitspieler hätten "ein gutes Gefühl", in Teheran auftreten zu dürfen. Sie seien auf die Reaktionen des Publikums sehr gespannt. Als er vor etwa zehn Jahren zum ersten Mal in Iran gewesen sei, habe er nicht gedacht, dass er jemals in Iran werde auftreten können, so Deylen. Seit langem schon wünschen sich die iranischen Fans seiner Gruppe einen Auftritt in Teheran. Er freue sich, dass er diesen Wunsch nun erfüllen könne.

Ein Auftrittsversuch 2008 war an dem Widerstand von konservativen Geistlichen gescheitert. Das bereits mit dem Kulturministerium ausgehandelte Programm musste kurzfristig abgesagt werden.

Die Reaktion des Publikums sowie die nachfolgenden Kritiken in den sozialen Netzwerken waren durchweg positiv. Die Erlaubnis, westliche Musik in Iran, insbesondere Pop-Konzerte, aufzuführen, ist schwer zu erhalten. Allerdings hat sich die Lage in den letzten Jahren vor allem in der Hauptstadt spürbar gelockert, während in manchen anderen Städten, wie Maschad, selbst iranische Musik-Darbietungen verboten sind.

Viele User sozialer Netzwerke haben die Hoffnung geäußert, dass mit dem Auftritt der Deutschen nun auch andere Musikgruppen in Iran auftreten könnten.


230 FESTNAHMEN BEI EINER PARTY

Laut einem Bericht der Agentur Isna vom 22. Dezember hat die Polizei 230 Jungen und Mädchen, die an Partys teilgenommen hatten, festgenommen, 140 in einem Garten außerhalb Teherans und 90 in einem Wohnviertel der Hauptstadt. Dabei soll der Konsum von alkoholischen Getränken festgestellt worden sein. Zudem seien die Mädchen unverschleiert und leicht gekleidet gewesen. Die Polizei hatte von den Partys erfahren, weil über soziale Netzwerke und per SMS Einladungen zu den Partys verschickt worden waren.

In der Islamischen Republik sind gemischtgeschlechtliche Partys sowie der Konsum alkoholischer Getränke verboten. Aber besonders Jugendliche in Iran lassen sich durch das Verbot nicht vom Konsum abhalten. Der Alkoholkonsum ist in Iran weit höher als zu der Zeit, in der das Verbot nicht bestand.

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WIRTSCHAFT

• Atomabkommen
• Vier Prozent Wachstum in diesem Jahr
• Ausbau des einzigen Ozeanhafens eingeweiht
• Abkommen der Anrainerstaaten am Kaspischen Meer
• Ein Schreiben über Umwelt, das für Streit sorgte
• Schulen mussten wegen Luftverschmutzung schließen


ATOMABKOMMEN

Nachdem US-Präsident Donald Trump sich geweigert hatte zu bestätigen, dass Iran sich an seine im Atomabkommen eingegangenen Verpflichtungen gehalten hat, hätte der US-Kongress am 12. Dezember über das Atomabkommen mit Iran eine Entscheidung treffen müssen. Doch der Kongress ließ den Termin verstreichen und spielte damit den Ball auf das Feld des Präsidenten zurück.

Zuvor hatte Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani noch einmal das Abkommen gelobt. "Ich denke, Iran hat eine richtige Entscheidung getroffen", sagte er am 2. Dezember im staatlichen Fernsehen. "Das Öl kann wieder exportiert werden, die Versicherungen sind aktiv, die petrochemische Industrie kann nun ihre Produkte leichter exportieren. Allerdings gibt es auch Probleme, die aber beseitigt werden." Die westlichen Mächte hätten Iran wirtschaftlich isolieren wollen. Das sei ihnen jedoch nicht gelungen.

Laridschani erwähnte die Versuche der USA, das Abkommen zu kündigen, aber Iran werde nicht "übereilt" auf diese Versuche reagieren.

Am 11. Dezember mahnte Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif an, Europa solle nicht dem Konfrontationskurs der USA im Atomstreit folgen. Sein Land versuche, "das Feuer im Nahen Osten zu löschen", schrieb Sarif in einem Beitrag für die New York Times. "Dabei werden die Brandstifter in unserer Region immer wilder und verrückter." Wen er mit den Brandstiftern meinte, sagte Sarif nicht. Er forderte alle Nachbarn Irans zur Kooperation auf und verteidigte die Politik seines Landes "zur Herstellung des Friedens" in Syrien und Jemen.

Die USA bezeichnete Sarif als unglaubwürdig und warnte Europa vor Kompromissen mit den USA in Bezug auf das Atomabkommen. Europa solle die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen, schrieb der Minister. Das Atomabkommen bezeichnete er als "einen seltenen Erfolg der Diplomatie. Europa sollte Washingtons Entschlossenheit nicht nachgeben (...). Das würde die gleichen Dynamiken wie vor dem Abkommen in Gang setzen."

Am 12. Dezember legte UN-Generalsekretär Antonio Guterres dem Sicherheitsrat einen Bericht vor, in dem er bestätigte, dass Iran seine Verpflichtungen erfüllt habe. Die Weigerung Präsident Trumps, dies zu bestätigen, habe "leider eine erhebliche Unsicherheit" für die Zukunft des Abkommens erzeugt.

Am selben Tag sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini vor dem Europaparlament zum Atomabkommen mit Iran: "Wir können uns zusätzliche Spannungen im Nahen Osten nicht erlauben und auch keine weitere nukleare Weiterverbreitung. Wir dürfen nicht zulassen, dass ein Deal zerschlagen wird, der funktioniert, dessen Zusagen eingehalten werden." Über das Abkommen wache das strengste Kontrollsystem, das je existiert habe. "Zwölf Jahre haben wir in extrem schwierigen Umständen verhandelt, um dieses Ergebnis zu erreichen. Jetzt neu über dieses Abkommen oder über einen Teil davon zu verhandeln, ist im Moment keine Option", sagte Mogherini.

Auch Iran lehnte mögliche Neuverhandlungen über das Abkommen entschieden ab. "Wir werden das Abkommen weder neu verhandeln noch irgendetwas abkürzen oder hinzufügen", sagte Vizeaußenminister Abbas Araghtschi am 13. Dezember in Wien. Statt das Abkommen immer wieder in Frage zu stellen, sollte es endlich korrekt umgesetzt werden. Die Erwartungen der USA, alle Probleme im Nahen Osten mit dem Abkommen zu lösen, sei abwegig. "Das Abkommen hat ein Problem im krisengeschüttelten Nahen Osten gelöst", sagte Araghtschi.

Das Schicksal des Abkommens ist immer noch ungewiss. Präsident Trump hatte vor zwei Monaten gehofft, der Kongress werde harte Sanktionen gegen Iran beschließen. Damit, so sein Kalkül, werde das Abkommen entweder zerstört oder die Vertragspartner würden sich zu Neuverhandlungen bereit erklären. Nun befindet sich der Präsident in einer schwierigen Lage. Die Verantwortung liegt nun bei ihm. Er hatte gesagt, sollte der Kongress keine Lösung finden, werde er selbst das Abkommen kündigen. Es ist fraglich, ob er dies tatsächlich tun wird.


VIER PROZENT WACHSTUM IN DIESEM JAHR

Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) liegt das Wachstum in Iran bei vier Prozent. Irans Wirtschaft sei dabei, sich allmählich zu erholen, hieß es. Präsident Rohani hatte kürzlich im Parlament gesagt, seine Regierung strebe ein Wachstum von über fünf Prozent an.

Vertreter des IWF waren zu Besuch in Teheran, sie führten Gespräche mit den Verantwortlichen der Wirtschaft und veröffentlichten am 18. Dezember nach ihrer Reise das Ergebnis dieser Gespräche. In dem Bericht heißt es, die iranische Wirtschaft beginne sich unabhängig von der Ölindustrie zu erholen. Voraussichtlich werde das Bruttosozialprodukt im laufenden iranischen Jahr (bis 21. März) ein Wachstum von 4,2 Prozent erreichen. Es werde erwartet, dass das Wachstum mit den geplanten Reformen im finanziellen Bereich mittelfristig bei 4,5 Prozent liegen werde.

Aufgrund des vorhergesagten Anstiegs der Benzinpreise werde die Inflationsrate, die derzeit bei 9,9 Prozent liegt, im nächsten Jahr vorübergehend steigen. Mittelfristig werde sie jedoch wieder auf eine einstellige Zahl sinken.

Der IWF empfiehlt dringend, mit den Reformen im Finanzbereich zu beginnen. Senkung der Staatsschulden, Vereinheitlichung der Devisenkurse, bessere finanzielle Ausstattung der Banken, Kampf gegen faule Kredite gehörten zu den Maßnahmen, die eingeleitet werden sollten.

Der Arbeitsmarkt habe sich nach Ansicht der IWF-Vertreter leicht verbessert. Es sei aber nötig, unnötige bürokratische Hürden abzubauen und bestehende Gesetze zu überprüfen. Der IWF weist auch auf akademisch ausgebildete Frauen als eine "brachliegende Quelle für Produktion und Wachstum" hin. Er empfiehlt, für Frauen und Männer den gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu akzeptieren, die gesellschaftlichen Hürden für Frauenarbeit abzubauen und durch Kindergeld und Hilfen für schwangere Frauen, den Frauen mehr Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen.


AUSBAU DES EINZIGEN OZEANHAFENS EINGEWEIHT

Der Ausbau des einzigen Ozeanhafens, den Iran besitzt, spielt sowohl wirtschaftlich als auch geostrategisch eine bedeutende Rolle. Chabahar liegt am Arabischen Meer. Der Hafen ermöglicht den Warentransport für die Länder im Mittleren Osten, die keinen Zugang zum Meer haben. Besonders günstig ist er für Indien, weil er dem Land ermöglicht, seine Güter vorbei an seinem Rivalen Pakistan nach Mittelasien zu transportieren.

An der Einweihungsfeier am 3. Dezember nahmen neben dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani auch Repräsentanten aus Indien, Katar, Afghanistan, Pakistan und anderen Nachbarländern teil. Durch den Ausbau wurde die Kapazität des Frachtumschlags von bisher 2,5 Millionen Tonnen auf 8,5 Millionen Tonnen erhöht und damit um mehr als das Dreifache gestärkt. Durch den Ausbau ist der Hafen in der Lage, mit dem im Bau befindlichen pakistanischen Hafen Gwadar, der 80 Kilometer entfernt liegt, zu konkurrieren.

Wie fast alle Großprojekt, wurde auch der Ausbau von Chabahar von dem mit der Revolutionsgarde verbundenen Konzern Chatam al-Anbia durchgeführt. Die Kosten betrugen 340 Millionen Dollar.

Um bei den Pakistanis kein Gefühl der Rivalität aufkommen zu lassen, sagte Rohani: "Wir sollten in einen positiven Wettbewerb eintreten. Wir begrüßen andere Häfen in der Region, wir begrüßen die Entwicklung von Gwadar."

Indien hat den Ausbau finanziell unterstützt. Inklusive der Eisenbahnanbindungen hat sich Neu-Delhi mit insgesamt rund 400 Millionen an dem Projekt beteiligt. Bereits im November konnte Indien über Chabahar Weizen nach Afghanistan exportieren.


ABKOMMEN DER ANRAINERSTAATEN AM KASPISCHEN MEER

Den Äußerungen des russischen Außenministers Sergej Lawrow zufolge wollen sich die Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres auf einen Status des Binnengewässers einigen. "Wir haben eine Lösung für alle offenen Schlüsselfragen gefunden" zitierte am 5. Dezember dpa den Minister. Demnach äußerte Lawrow bei einem Treffen mit den Außenministern Irans, Aserbaidschans, Kasachstans und Turkmenistans die Hoffnung, bei dem nächsten Gipfel der fünf Staaten im neuen Jahr ein Abkommen zur Unterzeichnung vorlegen zu können.

Seit Jahren gibt es zwischen den Anrainerstaaten Auseinandersetzungen über die Seegrenzen und die Aufteilung des Bodens des ölreichen Kaspischen Meeres, des größten Binnengewässers der Welt. Hier gibt es reichlich Gas und Öl.


EIN SCHREIBEN ÜBER UMWELT, DAS FÜR STREIT SORGTE

Isa Kalantari, Leiter des Umweltamtes, verteidigte am 14. Dezember im Parlament sein geheimes Schreiben über Wasserversorgung in der südwestlichen Provinz Chusistan und warf Parlamentsabgeordneten vor, ihn beleidigt zu haben. Die Abgeordneten aus Chusistan waren darüber verärgert, dass Kalantari behauptet hatte, es gebe in Chusistan keine Wasserprobleme. Einige Tage zuvor wurde ein Video verbreitet, auf dem zu sehen war, wie Kalantari und die Abgeordneten sich gegenseitig beschimpften.

Kalantari sagte an die Abgeordneten gerichtet: "Ich bin nicht Frau Ebtekar." Masumeh Ebtekar war die Vorgängerin von Kalantari. Sie gehört zu den bekanntesten Personen, die sich für den Schutz der Umwelt einsetzen.

Der Abgeordnete Ghassem Saedi erwiderte, Ebtekar habe das Amt besser geleitet als Kalantari. Kalantari forderte die Abgeordneten auf, sich bei ihm zu entschuldigen.

In dem Brief schreibt Kalantari, Chusistan habe kein Wasserproblem. Das Problem liege bei der Verschwendung des Wassers. Jährlich würden zwei Milliarden Kubikmeter Wasser in Chusistan vergeudet. "Wenn man das nicht tut, gibt es kein Wasserproblem." Das Landwirtschaftsministerium habe verboten, in dieser Provinz Reis anzupflanzen. Doch im vergangenen Jahr seien 1,2 Milliarden Kubikmeter Wasser für die Anpflanzung von Reis verbraucht worden, sagte Kalantari. Seiner Meinung nach werde auch für den Anbau von Zuckerrohr zuviel Wasser verbraucht, das heißt statt 23.000 Kubikmeter, 24.000 Kubikmeter.

Die Abgeordneten aus Chusistan sind auch darüber erbost, dass Kalantari geschrieben habe, man könne aus Chusistan Wasser in benachbarte Provinzen umleiten. "Kalantari will hinter verschlossenen Türen und zum Nachteil der Bevölkerung in Chusistan handeln", sagte der Abgeordnete Ali Golmoradi.


SCHULEN MUSSTEN WEGEN LUFTVERSCHMUTZUNG SCHLIEßEN

Am 17. Dezember ordnete der zuständige Leiter für Stadtentwicklung, Hassan Karimi, die Schließung sämtlicher Schulen und Lehranstalten für Großteheran und Umgebung an. Die Schließung dauerte mehrere Tage. Auch das Wetteramt erklärte, der Grad der Luftverschmutzung sei für alle Bewohner, insbesondere für ältere Personen, gesundheitsschädlich. Auch aus den Städten Tabris, Arak, Orumieh und Isfahan kamen Warnungen. Es war in diesem Jahr das erste Mal, dass die Schulen schließen mussten.

Die Menge der Schadstoffe in der Luft lag im Süden Teherans bei 185 Mikrogramm pro Kubikmeter und im Stadtzentrum bei 174 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der von Weltgesundheitsorganisation festgelegte Standard liegt bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Das Teheraner Gesundheitsamt empfahl schwangeren Frauen, Kindern und Herz- und Lungenkranken, ihre Wohnungen nicht zu verlassen.

In der Hauptstadt Teheran, die am Gebirgshang liegt, erreicht die Luftverschmutzung in den Wintermonaten bedrohliche Ausmaße. Die Zahl der Autos überfordert die Kapazität der Stadt. Es sind mehr als fünf Millionen Fahrzeuge, die zu 90 Prozent in Iran produziert wurden, bei denen der Benzinverbrauch besonders hoch ist. Auch das Benzin hat trotz der Verbesserung der Raffinerien nicht die gewünschte Qualität. Teheran gehört zu den am meisten verschmutzten Städten der Welt.

Das Thema Umweltverschmutzung beschäftigte auch die iranische Presse. Die Zeitung Ghanun schrieb, "in vielen Städten Irans haben die Bewohner seit Jahren im Herbst und

Winter keinen blauen Himmel gesehen. Winter und Frühling haben ihren Sinn verloren, das ganze Jahr über ist die Luft verschmutzt. Staub, Rauch und Blei in der Luft machen den Bewohnern das Atmen schwer. Wie in jedem Jahr reagieren die Verantwortlichen auf die Luftverschmutzung mit Schließung der Schulen und damit, das jedes Auto nur an jedem zweiten Tag fahren darf. Das sind kurzfristige Maßnahmen, die das Problem nicht lösen."

Das Problem lasse sich nicht über Nacht lösen, schreibt die Zeitung weiter. Die Luftverschmutzung habe längst die Grenzen der Warnsignale überschritten. Die Signale seien ignoriert worden. "Offenbar ist die Umweltverschmutzung ein Dauergast Irans."

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AUSSENPOLITIK

• Iran und USA
• Frankreich kritisiert Rolle Irans in der Region
• Israel und Saudi-Arabien gegen Iran
• Iran will weiterhin in Syrien präsent sein
• Brief des CIA-Direktors an General Soleimani
• Feindschaft zwischen Iran und Israel nimmt an Schärfe zu
• Überflugverbot für bulgarische Maschine dementiert


IRAN UND USA

US Außenminister Rex Tillerson hat bei einem Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Frederica Mogherini in Brüssel erklärt, Iran sei ein Faktor der Instabilität im Nahen und Mittleren Osten. Iran müsse gezwungen werden, die im Atomabkommen eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. "Daher werden wir den Druck auf Iran fortsetzen", sagte der Außenminister. Zugleich erklärte das US-Außenministerium, die Regierung habe nicht vor, den Kongress zu weiteren Sanktionen gegen Iran zu drängen.

Zwar hat die internationale Atombehörde (IAEA) mehrmals bestätigt, dass Iran seine Verpflichtungen einhalte. Dennoch ist die US-Regierung der Meinung, Iran verletze durch sein Raketenprogramm und seine Rolle im Nahen Osten den "Geist" des Abkommens.

Tillerson griff Iran wegen seiner Politik in der Region an. Irans Aktivitäten führten zur Destabilisierung der Region, zum Beispiel durch die Unterstützung der Huthis in Jemen, die Lieferung von Waffen und der Einsatz von Militärpersonal in Syrien sowie die Lieferung von Waffen an die Hisbollah in Libanon. "Diese Aktivitäten können nicht ignoriert werden", sagte Tillerson. "Wir werden unsere Maßnahmen fortsetzen, damit Iran begreift, dass sein Verhalten für uns inakzeptabel ist." Die USA wünschten sich ein gemeinsames Vorgehen mit ihren europäischen Verbündeten gegen Iran.

Der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Bahram Ghassemi, reagierte am 6. Dezember auf einer Pressekonferenz in Teheran auf die Vorwürfe Tillersons. Die USA seien Iran gegenüber feindlich eingestellt, weil sie den Terrorismus unterstützten, sagte Ghassemi. Die Vorwürfe gegen Iran könnten als Reaktion auf den unerbittlichen Kampf verstanden werden, den Iran gegen Terroristen führe.

Am 14. Dezember versuchte die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, durch Ausstellung von Teilen der Rakete, die Huthi-Rebellen auf Saudi-Arabien abgeschossen haben, zu beweisen, dass die Rakete aus Iran stamme. "Diese Beweise sind nicht von der Hand zu weisen", sagte sie. Die Bauart zeige deutlich, dass es sich bei der Rakete um ein iranisches Fabrikat handele. Die Rakete stamme aus dem Industriezentrum Schahin Bagheri, das zum iranischen Verteidigungsministerium gehöre, sagte sie und fügte hinzu: "Der Kampf gegen iranische Aggression ist nicht allein unser Kampf, er ist der Kampf der ganzen Welt. Iran versteckt sich hinter dem Atomdeal. Es ist Zeit aufzuwachen."

Die abgeschossene Rakete auf Saudi-Arabien müsse eine schillernde Alarmglocke für den Sicherheitsrat sein, sagte Haley. "Wenn wir nichts tun, verpassen wir die Gelegenheit, weitere Gewalt Irans zu verhindern." Die internationale Gemeinschaft müsse Iran zur Rechenschaft ziehen

Iran bestritt, jemals Waffen an die Huthis geliefert zu haben. "Iran hat Jemen nie Raketen zur Verfügung gestellt und diese Unterstellungen sind absolut grundlos", sagte Irans UN-Botschafter Gholamali Choschru. "Das Ziel dieser Vorwürfe ist, die Verbrechen Saudi-Arabiens in Jemen zu vertuschen."

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif bezeichnete im Twitter den Auftritt Haleys als "Schau". Er habe sich an den Auftritt des früheren Außenministers der USA, Colin Powel, erinnert, der damals im UN-Sicherheitsrat erklärt habe, es gebe unbestrittene Beweise dafür, dass Irak Massenvernichtungswaffen besitze.

Irans Verteidigungsminister, General Amir Hatami, bezeichnete die Vorwürfe der USA als "haltlose Behauptungen". "Das sind Reaktionen auf die Niederlage, die die USA mit ihrer Politik im Nahen Osten erlitten haben", sagte er. Der Auftritt von Haley sei eher ein "absurdes Theater". Selbstverständlich werde Iran dagegen juristische Maßnahmen ergreifen. Welche, sagte der General nicht.

Am 19. Dezember verkündete Präsident Trump die Strategie seiner Regierung. In Bezug auf Iran sagte er, er habe, damit Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen gelange, Sanktionen gegen die Revolutionsgarde angeordnet und sich geweigert, zu bestätigen, dass Iran sich an seinen Verpflichtungen gehalten habe.

Wie das Weiße Haus am 21. Dezember in einer Erklärung mitteilte, haben Trump und der saudische König Salman bei einem Telefonat die Notwendigkeit betont, vor dem UN-Sicherheitsrat Iran für den Raketenangriff auf Saudi-Arabien verantwortlich zu machen. Beide Staatsoberhäupter waren sich darin einig, dass die iranischen Revolutionsgarden diesen Angriff ermöglicht haben.


FRANKREICH KRITISIERT ROLLE IRANS IN DER REGION

Frankreichs Außenminister Jean-Yves Drian kritisierte in einem Interview mit dem französischen Sender France 2 am 13. Dezember Irans Außenpolitik. Iran plane einen Korridor zur Erweiterung seines Einflusses über Syrien bis zum Mittelmeer. Er forderte zu dem Russland und Iran auf, mit dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, um den seit sechs Jahren andauernden Krieg in Syrien zu beenden.

Frankreich werde den weiteren Ausbau der militärischen Präsenz Irans in Syrien nicht hinnehmen. "Präsenz Irans bis zum Mittelmeer? Nein", sagte der Minister. Zu der Rolle Irans und Russlands in Syrien sagte er, Russland leiste Hilfe für die Luft- und Bodenkräfte, aber Iran bringe seine paramilitärischen Kräfte in das Land und unterstütze zudem die libanesische Hisbollah.

Drian forderte, die Souveränität und territoriale Integrität Syriens zu akzeptieren. "Syrien muss wieder autonom werden, das bedeute Unabhängigkeit von anderen Staaten", sagte er. "Wenn ihr in der Lage seid, Assad nach Sotschi zu holen, könnt ihr ihm sagen, dass er mit den Bombardierungen aufhören und den Transport von Hilfsgütern ermöglichen soll."

Die eigentlichen Spieler in syrischen Krieg seien Russland und Iran, sagte Drian weiter. Sie sollten sich gemeinsam mit den Vereinten Nationen für eine politische Lösung der Krise in Syrien einsetzen. Den Umgang Assads mit dem eigenen Volk bezeichnete er als "barbarisch". "Für mich ist es unvorstellbar, dass Menschen, die so sehr unter Assad gelitten haben, ihn als einen Teil der Lösung betrachten könnten".

Eine Woche zuvor hatte Drian Iran aufgefordert, sein Raketenprogramm einzustellen und seine "Machtgelüste in der Region" zu beenden. Auch Frankreichs Präsiden Emanuel Macron hatte Iran aufgefordert, seine Politik im Nahen Osten "weniger feindlich" zu gestalten.

Etwas zurückhaltender verhielt sich Frankreich zu der Frage, ob Iran die Huthi-Rebellen in Jemen militärisch unterstützt und ihnen Raketen geliefert habe. Die UN-Botschafterin der USA bei der UNO hatte am 16. Dezember Teile der Rakete, die aus Jemen auf Saudi-Arabien abgefeuert worden war, zur Schau gestellt und behautet, die Rakete stamme aus Iran. Der Sprecher des Außenministeriums in Paris hatte, von der Agentur Reuters um eine Stellungnahme zu dem vorgeführten "Beweismaterial" gebeten, erklärt, die UNO habe noch keine einheitliche Meinung dazu und Frankreich sei noch dabei, den Fall zu untersuchen. Er betonte, dass Paris über das iranische Raketenprogramm besorgt sei. Er forderte Iran auf die UN-Resolution 2231 zu akzeptieren. In dieser Resolution wird Iran verboten, ballistische Raketen zu bauen, die für den Transport von Atomwaffen geeignet sind.

Der frühere Außenminister Irans und derzeitiger Berater des Revolutionsführers, Ali Akbar Welayati, reagiert scharf auf die Kritik Drians. "Wenn Frankreich international eine Rolle spielen will, darf es nicht sich dem Diktat der USA beugen und als Gehilfe von (Präsident Donald) Trump in Europa agieren. "Zurzeit ist Frankreich der Gehilfe von Trump in Europa", sagte Welayati am 17. Dezember in Teheran vor der Presse. Er bestritt erneut, dass Iran jemals Raketen an die Huthis geliefert habe.

Am 25. Dezember äußerte sich der Sprecher des Teheraner Außenministeriums Bahram Ghassemi zum angekündigten Besuch des französischen Präsidenten. Es gebe keine Vorbedingungen für die Gespräche zwischen Teheran und Paris, sagte er. Berichte über entsprechende Vereinbarungen seien abwegig und falsch. Er kritisierte Frankreich, das sich "bei seinen Stellungnahmen (...) zu oft von anderen Staaten beeinflussen" lasse. Teheran begrüße den Besuch des französischen Außenministers und des Präsidenten. Es gebe mit Frankreich über die Lage in der Region viel zu besprechen. Zu der Kritik des französischen Außenministers an der Rolle Irans in der Region sagte Ghassemi, sein Land habe es geschafft, extremistische Gruppen wie den Islamischen Staate (IS) aus der Region zu vertreiben. "Wir möchte daran erinnern, dass ohne den Einsatz Irans die Lage nicht nur in der Region, sondern auch in Europa, also auch in Frankreich, anders aussehen würde als heute." Die Europäer sollten aufpassen, nicht in die Falle der USA und ihren unwissenden Verbündeten zu geraten.


ISRAEL UND SAUDI-ARABIEN GEGEN IRAN

Seit geraumer Zeit bahnt sich ein Bündnis zwischen Saudi-Arabien und Israel gegen Iran an. Während die Saudis über diesen Plan schweigen, reden israelische Politiker immer deutlicher über die Notwendigkeit eines Bündnisses gegen den gemeinsamen Feind. Zuletzt sagte der israelische Bildungsminister Naftali Bennett in einem Interview mit der BBC am 28. Dezember, Israel sei bestrebt, im Nahen Osten Bündnisse zu schließen. Es liege im Interesse aller arabischer Staaten, Iran "Zügel anzulegen". Für diese Staaten sei Iran eine weitaus größere Bedrohung als für Israel. Denn "wir sind stark (genug), um uns zu wehren". "Die arabischen Staaten sind mehr auf Israel angewiesen, als wir auf sie." Der zunehmende Einfluss Irans in Syrien und Libanon sei ein wichtiger Grund für eine gemeinsame Politik zwischen Israel und den arabischen Staaten.

Wenige Tage zuvor hatte der israelische Geheimdienstminister, Yisrael Katz, den saudischen König Salman aufgefordert, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Riad einzuladen und den Kronprinzen Bin Salman nach Israel zu schicken. Iran sei dabei in Libanon eine Fabrik zur Herstellung von Raketen aufzubauen, sagte Katz in einem Interview mit der saudi-arabischen Zeitung Ilaf am 14. Dezember. Das werde Israel unter keinen Umständen dulden, ebenso wenig werde Tel Aviv die Lieferung von Waffen über Syrien an die Hisbollah hinnehmen.

Bennett bestritt, dass Israel in der Region isoliert sei. Israel habe "sehr gute" bilaterale Beziehungen, sagte er.

Die harte Haltung der USA gegenüber Iran wurde in Riad mit Freuden begrüßt. In einer offiziellen Mitteilung, die von der saudischen Nachrichtenagentur verbreitet wurde, wird Iran vorgeworfen, die Hisbollah und die Huthis mit Waffen zu unterstützen. Auch die Arabischen Emirate riefen die Weltgemeinschaft auf, gegen die iranische Bedrohung vorzugehen.


IRAN WILL WEITERHIN IN SYRIEN PRÄSENT SEIN

Der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Ali Schamchani, sagte am 18. Dezember der Presse, Iran wolle weiterhin in Syrien präsent sein. "Mit der Zustimmung der syrischen Regierung werden wir dortbleiben und unsere militärischen Beratungen bis zur Vernichtung aller Terroristen weiterführen." Auf die Kritik gegen die iranische Einflussnahme seitens des Westens und Israels sagte Schamchani, es sei das Recht Irans seine nationalen Interessen zu verfolgen und für die Sicherheit der Region zu sorgen.

Iran, Russland und die Türkei bemühen sich seit längerem, als "Garantiemächte" in Syrien einen Waffenstillstand durchzusetzen und Frieden wiederherzustellen. Während Russland und Iran die Regierung von Präsident Assad unterstützen, vertreten die Türken die Interessen der Rebellen. Das Ziel der drei Mächte sei, nach deren Angaben, einen "Kongress der Völker Syriens" zu organisieren, auf der sich alle "Gruppen der syrischen Gesellschaft" treffen, eine Verfassung ausarbeiten und freie Wahlen vorbereiten. Es hat mehrere Treffen in der kasachischen Hauptstadt Astana gegeben, zuletzt am 22. Dezember. Dabei wurde für den 29. und 30. Januar eine Syrien-Konferenz im russischen Badeort Sotschi geplant, an der alle am Krieg beteiligten Partein teilnehmen sollen.

Einer dpa-Meldung vom 22. Dezember zufolge hat der Chefunterhändler der syrischen Regierung, Baschar al-Dschafari, seine Teilnahme an dem Kongress zugesagt. Der Kongress könne "als Grundlage für einen Dialog" zwischen den Syrern dienen. Demgegenüber sagte ein Vertreter der Opposition, Ahmad Tuma, man könne nicht von einem Dialog sprechen und zugleich das Volk töten. Am 26. Dezember lehnte die syrische Opposition ihre Teilnahme ab. "Die Russen versuchen mit dieser Konferenz die Genfer Gespräche zu umgehen und der syrischen Bevölkerung Bedingungen aufzudrängen", zitierte die dpa Oppositionssprecher Ahmed Ramadan. Zudem wolle Russland eine bereits ausgearbeitete Verfassung durchsetzen.


BRIEF DES CIA-DIREKTORS AN GENERAL SOLEIMANI

Mike Pompeo, Direktor des amerikanischen Geheimdienstes CIA, hat am 2. Dezember bestätigt, dass General Soleimani, Oberbefehlshaber der Al-Kuds-Brigade, der Abteilung der Revolutionsgarde für Auslandseinsätze, sich geweigert habe, einen Brief von ihm in Empfang zu nehmen. Er hatte nach eigenen Angaben dem General in dem Brief mitgeteilt, dass die USA für jede Beeinträchtigung ihrer Interessen im Irak, Iran und Soleimani verantwortlich machen würden. Pompeo, der für seine aggressive Haltung gegenüber Iran bekannt ist, erläuterte, "wir wollten sicher sein, dass die Iraner uns verstehen." Doch Soleimani habe den Umschlag nicht geöffnet. "Aber das hat mir nicht das Herz gebrochen", sagte Pompeo scherzend.

Dass der Direktor des amerikanischen Geheimdienstes dem General eines Landes, zu dem die USA keine diplomatischen Beziehungen pflegen, einen Brief schreibt, ist ungewöhnlich. Zudem einen Brief, den Iran gegen die USA propagandistisch ausschlachten kann. Politische Beobachter vermuten, dass dies die Gerüchte über einen Wechsel an der Spitze des US-Außenministeriums bestätigt. Diese besagen, dass Pompeo demnächst das Außenministerium übernehmen soll. Er steht Präsident Donald Trump sehr nah. Auch er gehört zu den entschiedenen Gegnern des Atomabkommen mit Iran und tritt für eine harte Politik gegen das Land ein.

Drei Tage zuvor hatte der Büro-Chef des Revolutionsführers, Mohammad Mohammadi Golpajegani, während eines Vortrags in Teheran erzählt, vor kurzem, als sich Soleimani in Syrien aufgehalten habe, habe ein Bote ihm einen Brief von dem Direktor der CIA überreichen wollen. Aber der General habe gesagt: "Ich will den Brief nicht lesen, ich will mit diesen Leuten überhaupt nichts zu tun haben."


FEINDSCHAFT ZWISCHEN IRAN UND ISRAEL NIMMT AN SCHÄRFE ZU

Die Feindschaft zwischen Iran und Israel hat in den letzten Monaten erheblich an Schärfe gewonnen. Grund dafür ist, dass Iran nach der fast vollständigen Vertreibung des Islamischen Staates (IS) aus Syrien und Irak seine militärischen Kräfte nicht aus diesen Ländern abgezogen, sondern im Gegenteil, seine Präsenz verstärkt hat. Israel betrachtet diese Präsenz nahe der israelischen Grenze als Bedrohung.

Daher warnte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 3. Dezember abermals vor Aktivitäten Irans in der Region. In einer Video-Botschaft, die auf Facebook verbreitet wurde, sagte Netanjahu: "Lasst mich die Politik Israels noch einmal erläutern. Wir werden einem Regime, das zur Vernichtung des jüdischen Staates entschlossen ist, nicht erlauben, Atomwaffen zu besitzen, wir werden diesem Regime nicht erlauben, dass es sich in Syrien militärisch verschanzt." Seiner Meinung nach erlaube das Atomabkommen, das 2015 zwischen Iran und den UN-Vetomächten plus Deutschland geschlossen wurde, innerhalb eines Jahrzehnts ein ganzes Arsenal von Atomwaffen zu produzieren.

Von dieser Videobotschaft gab es eine längere Version, die vor dem Saban-Forum in Washington abgespielt werden sollte. Doch wenige Stunden nachdem Syrien Israel beschuldigte, einen Militärstützpunkt in der Nähe von Damaskus bombardiert zu haben, entschied sich der Ministerpräsident für die kürzere Fassung.

Der britische Sender BBC hatte vor wenigen Wochen, gestützt auf eine Quelle aus dem Westen, berichtet, Iran sei dabei in der Nähe von Damaskus einen Militärstützpunkt zu errichten. Manche Beobachter sind der Meinung, dass eben dieser Ort von Israel bombardiert wurde.

Netanjahu verglich die Islamische Republik mit Nazi-Deutschland. "Beide Regimes haben zwei wichtige Dinge gemeinsam. Erstens ein rücksichtsloses Streben, den Menschen Tyrannei und Terror aufzuzwingen, und zweitens ein rücksichtsloses Streben nach Mord an Juden", sagte er. Er kenne die Geschichte, daher spreche er häufig über Iran. "Wenn Tyrannen zur Zerstörung meines Volkes aufrufen, dann glaube ich ihnen. Ich habe nicht den Luxus, ihre Drohungen mit Völkermord in den Wind zu schlagen."

Auch in Iran mangelt es nicht an Attacken gegen Israel. Bei fast allen staatlich organisierten Kundgebungen werden israelische Fahnen verbrannt und "Tod Israel" gerufen. Zuletzt hat Iran auf die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA mit harscher Kritik reagiert. "Mit diesem heiligen Ort soll man die Muslime nicht provozieren", warnte Präsident Hassan Rohani am 6. Dezember auf einer internationalen Konferenz zur Stärkung der panislamischen Einheit in Teheran. Es gehe um islamische Heiligtümer, die nun weltweit auf dem Spiel stünden. In dieser Lage "kann und wird Iran nicht still sitzen", drohte der Präsident. Er rief die Muslime in aller Welt auf, sich gemeinsam gegen diese "amerikanisch-zionistische Verschwörung" zur Wehr zu setzen. Auch den Palästinensern empfahl er, "mutiger als je zuvor" gegen solche Verschwörungen vorzugehen.

Auch Revolutionsführer Ali Chamenei bezeichnete auf der Konferenz Trumps Entscheidung als Folge der "Lähmung und Inkompetenz" der US-Führung. "Die Zionisten werden einen heftigen Schlag erhalten" und am Ende werde Palästina von der Besatzung befreit werden, sagte Chamenei. "Jerusalem zur Hauptstadt des besetzten Palästinas zu erklären, zeigt lediglich die Verzweiflung und Handlungsunfähigkeit (der USA und Israels)". "Letztendlich wird Palästina befreit werden, und die Palästinenser sowie die islamische Welt werden als Sieger dastehen", sagte Chamenei.

Rohani begrüßte in einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dass er als amtierender Vorsitzender der Organisation für islamische Zusammenarbeit (OIC) einen Gipfel zum Thema Jerusalem für den 13. Dezember einberufen habe.

Am 8. Dezember rief der erzkonservative Teheraner Freitagsprediger Ayatollah Ahmad Chatami die Palästinenser zu einem Aufstand gegen Israel auf. Er sagte, auf Trumps Entscheidung könne es nur eine Reaktion geben: "eine neue Intifada". Am selben Tag gab es in einigen Städten Irans staatlich organisierte Demonstrationen und Massenkundgebungen. "Nieder mit Amerika", "Nieder mit Israel", "Befreiung Jerusalems steht bevor", skandierten die Teilnehmer. Neu war die Parole "Nieder mit Trump". Dabei wurden Flaggen der USA und Israels verbrannt. Die Behörde für islamische Propaganda erklärte, Ziel der Demonstrationen sei, den Palästinensern zu zeigen, dass Iran ihnen "bis zum finalen Sieg und der Befreiung Jerusalems" beistehen und ihren Kampf unterstützen werde.

Am 12. Dezember bot General Ghassem Soleimani, Oberbefehlshaber der Al-Kuds Brigade, einer Abteilung der Revolutionsgarde für Auslandseinsätze, in einem Telefonat mit dem Kommandeur der palästinensischen Al-Qassam-Brigaden den Palästinensern Hilfe an. "Alle bewaffneten Gruppen in der Region stehen bereit, um die AL-Aksa-Moschee zu verteidigen", sagte der General laut Sepahnews.


ÜBERFLUGVERBOT FÜR BULGARISCHE MASCHINE DEMENTIERT

Einem Bericht der dpa vom 30. November zufolge hat Iran bestritten, einer bulgarischen Maschine den Überflug über iranisches Territorium nicht erlaubt zu haben. Damit reagierte das Teheraner Außenministerium auf einen Vorwurf des bulgarischen Außenministeriums, Teheran habe einer Regierungsmaschine mit Präsident Boiko Borissow und Ex-König Simeon II. an Bord den Überflug über Iran nicht gestattet. Außenministerin Ekaterina Sachariewa erklärte, Teheran habe die Maschine aufgefordert, den iranischen Luftraum zu verlassen. Die Maschine sei dieser Aufforderung gefolgt und habe über die Türkei und Irak ihren Flug fortgesetzt.

Die Erlaubnis zum Überflug sei der bulgarischen Botschaft in Teheran erteilt worden, sagte Irans Außenamtssprecher Bahram Ghassemi. Doch der Pilot habe dem Kontrollturm falsche Daten gesendet, was ein Verbot des Überflugs zur Folge gehabt habe. Bulgarien sei ein mit Iran befreundeter Staat und der iranische Luftraum sei für bulgarische Maschinen stets frei, betonte Ghassemi.

Trotz dieser Erklärung gewinnt der Fall eine gewisse Brisanz, wenn man bedenkt, dass das Ziel der Maschine die Hauptstadt Saudi-Arabiens Riad war.

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Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Anja Hoffmann
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2018

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