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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/374: Iran-Report Nr. 1 - Januar 2017


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 1 - Januar 2017
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Rohanis Charta für Bürgerrechte
• Die Rechte greift Außenminister Sarif an
• Frauen im Parlament fordern Heraufsetzung des Heiratsalters
• Obdachlose schlafen in Gräbern
• 120 Personen bei einer Party festgenommen


ROHANIS CHARTA FÜR BÜRGERRECHTE

Bereits vor seiner Wahl 2013 hatte Rohani eine Charta der Bürgerrechte angekündigt, die die Bürgerrechte, vor allem das Recht auf Meinungsfreiheit, faire Gerichtsprozesse und den Schutz der Privatsphäre, garantieren sollte.

Nun wurde die Charta vorgelegt. Bei einer Rede am 28. Dezember in Teheran sagte Rohani: "Unser Volk muss Forderungen stellen und gegenüber der Regierung, der Justiz, dem Parlament und den Sicherheitsdiensten seine Rechte einfordern." An seine Kritiker gerichtet, die ihm vorwerfen, die Charta erst jetzt, fünf Monate vor der nächsten Präsidentschaftswahl, vorgelegt zu haben, sagte er, ein Entwurf der Charta sei bereits zu Beginn seiner Amtsübernahme veröffentlicht worden. Seitdem seien verschiedene Experten-Meinungen eingeholt worden, die von Juristen und anderen Sachverständigen bearbeitet worden seien. Daher sei erst nun der endgültige Text vorgelegt worden.

Es gebe aufgrund der Parteizugehörigkeit, der ethnischen Zugehörigkeit und sogar aufgrund der äußeren Erscheinung von Personen oft Vorurteile, die die Rechte der Bürger verletzen würden, sagte Rohani. "Bei Ermittlungen dürfen private Angelegenheiten nicht öffentlich gemacht werden. (...) Es kann durchaus sein, dass Ermittler einen Brief entdecken oder am Arbeitsplatz einer Person Dinge entdecken, die auf ein Vergehen hinweisen. Dennoch haben die Ermittler nicht das Recht, private Angelegenheiten öffentlich zu machen."

Es ist allgemein bekannt, dass in der Islamischen Republik politische Gefangene verhört und durch Folter zu Geständnissen gezwungen werden.

"Manche Leute sind einfach psychisch krank", fuhr Rohani fort. "Lasst es sein, das Privatleben der Menschen zu erforschen. Wenn eine Straftat vorliegt, die gesellschaftlich schädlich ist, muss sie verfolgt werden. Dabei muss es gleichgültig sein, um wen es sich bei dem Täter handelt. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich."

Rohani forderte die Justiz auf, sich gegenüber der Öffentlichkeit über Korruptionsfälle klar zu äußern. Es gebe Delikte, bei denen es um Milliarden Dollar gehe, die vergeudet oder veruntreut würden. Dazu müsse sich die Justiz klar positionieren und auf Fragen der Bevölkerung antworten. Andernfalls gingen Milliarden Dollar und das Vertrauen in den Staat verloren, sagte Rohani.

Wie Rohani zugab, wird die Charta für Bürgerrechte künftig allerdings nicht direkt als Gesetz gelten. Er betonte jedoch, dass sie von jedem angewendet werden müsse. Es sei das erste Mal seit der Gründung der Islamischen Republik, dass die Rechte der Bürger aufgelistet und klar definiert würden. Diese Rechte zu garantieren, gehöre zu den zentralen Forderungen der Bevölkerung.


DIE RECHTE GREIFT AUßENMINISTER SARIF AN

Für die Ultras und Konservativen gilt Außenminister Mohammad Dschawad Sarif als der eigentliche Architekt der Außenpolitik der Regierung Rohanis und als wichtigster Initiator des Atomabkommens. Daher wird kein Versuch unterlassen, um ihn zu diskreditieren. Einer der schärfsten Kritiker Sarifs ist der Abgeordnete aus Maschad, Dschawad Karimi Ghoddussi. Dieser hatte nach einer nicht öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Außenpolitik behauptet, Sarif, der dem Ausschuss bei dieser Sitzung Bericht erstattete, habe eingestanden, in Bezug auf das Atomabkommen Fehler gemacht zu haben. Die Äußerung machte in den rechten Medien Schlagzeilen, was zu heftigen politischen Auseinandersetzungen zwischen Konservativen und Anhänger der Regierung führte. Das Außenministerium dementierte unverzüglich die Behauptung. Was Sarif gesagt habe, habe weder mit den Atomverhandlungen noch mit dem Abkommen selbst zu tun gehabt, sondern einzig mit einem konkreten Fall.

Auch Parlamentspräsident Ali Laridschani bestätigte, dass der vom Sarif eingestandene Fehler nicht das Atomabkommen betroffen habe, sondern nur einen einzelnen Punkt, der Gegenstand der Verhandlungen gewesen sei. Zwölf Mitglieder des Ausschusses veröffentlichten darauf einen Teil des Sitzungsprotokolls. Daraus geht hervor, dass Sarif bei den Atomverhandlungen gefordert habe, eine Verlängerung der vorhandenen US-Sanktionen gegen Iran auszuschließen. Diese Forderung hätten die US-Vertreter mit der Begründung abgelehnt, eine solche Vereinbarung könnte die Republikaner im Kongress dazu ermuntern, noch vehementer als bisher gegen das Abkommen vorzugehen. Zudem habe US-Außenminister John Kerry ihm versichert, die Obama-Regierung werde eine Verlängerung der Sanktionen auf jeden Fall verhindern. Sarif sagte, er habe seinem amerikanischen Kollegen vertraut. Das sei ein Fehler gewesen.

Zahlreiche Abgeordnete kritisierten Ghoddussi, der, wie sich herausstellte, bei der Ausschusssitzung gar nicht persönlich dabei gewesen war. Die Bekanntgabe der Inhalte nichtöffentlicher Sitzungen des Parlaments zerstöre das Vertrauen zwischen der Exekutive und Legislative, argumentierten sie. So werde die Regierung bei Wiederholung solcher Fälle mehr als bereits bisher zögern, die Abgeordneten über bestimmte Vorgänge zu informieren.

Das Teheraner Außenministerium hat in einer Erklärung vom 27. Dezember auch Berichte über den angeblichen Versuch Sarifs, zu dem neu gewählten amerikanischen Präsidenten Donald Trump Kontakt aufzunehmen, entschieden zurückgewiesen.

Die Berichte basierten wiederum auf einer Äußerung Ghoddussis, der ebenfalls behauptet hatte, Sarif habe nach dem Sieg Trumps bei den Präsidentschaftswahlen in den USA versucht, zu diesem Kontakt aufzunehmen. "Es ist für die iranische Bevölkerung nicht verwunderlich, dass Herr Ghoddussi auf seine unmoralische, unlogische und unreligiöse Behauptung beharrt. Es ist aber bedauerlich, dass er dies tut", hieß es in der Erklärung.

Ghoddussi hatte behauptet, US-Außenminister John Kerry hätte seinem Kollegen Sarif versichert, dass die Demokraten die Wahl gewinnen würden. Aber nachdem die Republikaner gesiegt hätten, habe Sarif versucht, über die EU-Außenbeauftragte Frederica Mogherini zu dem Team von Trump, und insbesondere zu seinem nominierten Außenminister Kontakt aufzunehmen. "Mogherini wird deswegen in zwei Tagen nach Washington fliegen", sagte Ghoddussi.

In der Erklärung des Außenministeriums heißt es weiter. Sarif gehöre zu den wenigen Politikern, die den Ausgang der Wahlen in den USA richtig eingeschätzt hätten. Er habe einen Sieg von Trump für "ziemlich wahrscheinlich" gehalten.


FRAUEN IM PARLAMENT FORDERN HERAUFSETZUNG DES HEIRATSALTERS

Einige Mitglieder der Frauenfraktion im islamischen Parlament gaben bekannt, dass sie an einer Gesetzesvorlage zur Heraufsetzung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestheiratsalters arbeiteten. Ihr Ziel sei es, das Mindestheiratsalter für Frauen auf 18 Jahren festzulegen. Fatemeh Solghadr sagte der Agentur Misan, die der Justiz nahesteht, einige geistliche Instanzen hätten der Initiative bereits ihre Zustimmung erteilt.

Die Vizevorsitzende der Frauenfraktion, Tajebeh Siawaschi Schahenajati, sagte, der Gesetzentwurf werde erst einmal von Sachverständigen bearbeitet.

Der Geistliche Ayatollah Makarem Schirasi, einer der religiösen Instanzen in der heiligen Stadt Ghom, erklärte die Heirat von Frauen unter 12 Jahren als religiös unzulässig.

Die Fatwa (religiöse Vorschrift) von Schirasi lautet: "Früher wurde den Eltern erlaubt, Ehen für ihre minderjährigen Kinder zu schließen, was gewöhnlich keine Probleme verursachte. Doch in unserer Zeit hat sich erwiesen, dass solche Eheschließungen nicht günstig für Jungen und Mädchen sind und schlimme Folgen haben können. Daher sind solche Eheschließungen nicht erlaubt und werden religiös nicht akzeptiert."

17 Prozent der in Iran registrierten Scheidung erfolge durch Frauen, die vor dem 18. Lebensjahr geheiratet hätten, sagte Solghadr. Hauptgrund für die frühe Eheschließung bei Frauen sei die Armut der Familie. Frauen, die in jungen Jahren heirateten, fielen häufig bald in Depressionen.

Dem Gesetz nach liegt das Mindestheiratsalter für Frauen derzeit bei 12 Jahren und bei Männern bei 15 Jahren. Ausnahmen können nur durch religiöse Instanzen oder durch ein Gericht erlaubt werden.

Bemühungen, das Heiratsalter heraufzusetzen, hat es in der Islamischen Republik bereits oft gegeben. Vor der Revolution lag das Mindestalter für Frauen bei 15 und für Männer bei 18 Jahren. Die Herabsetzung erfolgte 1981 durch das erste Parlament der Islamischen Republik. Im Jahr 2000 verabschiedete das Parlament eine Heraufsetzung des Mindestheiratsalters auf 15 Jahre für Frauen, 18 Jahre für Männer. Doch das Gesetz wurde damals vom konservativ besetzten Wächterrat abgelehnt.


OBDACHLOSE SCHLAFEN IN GRÄBERN

Fotos von Obdachlosen, die der Fotograf Said Gholamhosseini in der Tageszeitung "Schahrwand" veröffentlichte, lösten in der Bevölkerung, und auch bei Politikern, großes Entsetzen aus. Die Bilder stammen aus dem Ort Schahriar, etwa 20 Kilometer von der Hauptstadt Teheran entfernt. Zahlreiche Medien veröffentlichten Berichte und Kommentare zu den Fotos.

Der Bekannte Filmemacher Asghar Farhadi schrieb mit Blick auf die Fotos einen Brief an Präsident Rohani, in dem es heißt: "Mein ganzes Wesen ist erfüllt von Scham. Mit diesem Brief möchte ich alle, die seit mehr als dreißig Jahren in unserem Land Verantwortung tragen, an diesem Schamgefühl teilnehmen lassen."

Rohani reagierte auf den Brief und zeigte sich betroffen. "Wir haben gehört, dass einige Arme und Obdachlose in Pappkartons unter Brücken schlafen, uns ist aber nichts davon bekannt, dass Menschen in Gräbern schlafen", sagte er am 28. Dezember bei einer Rede in Teheran. Der Brief von Farhadi habe ihm wehgetan. "Wer kann es dulden, dass in einem großen Land wie Iran mit dieser Religion, dieser reichen Kultur (...) einige Landsleute, die von der Gesellschaft geschädigt worden sind, in Friedhöfen Obdach suchen. Früher wurde von Menschen gesprochen, die lebendig begraben wurden. Aber nun flüchten Menschen in Gräbern, um sich vor Kälte zu schützen."

Einige Obdachlose erzählten, dass ihnen selbst ein Grab nicht gegönnt werde. "Man hat versucht, uns mit Gewalt zu vertreiben", sagte einer von ihnen. Der Provinzgouverneur von Teheran, Hossein Haschemi, erklärte, es handele sich um Drogenabhängige, die in Camps untergebracht seien. Viele weigerten sich dorthin gebracht zu werden. Möglicherweise hätten einige Widerstand geleistet, aber niemand sei geschlagen oder misshandelt worden. Einige Zeitungen berichteten von Zwangsvertreibungen. Dabei soll auch Gewalt angewendet worden sein.


120 PERSONEN BEI EINER PARTY FESTGENOMMEN

Den Medienberichten zufolge wurden am 12. Dezember 120 Personen bei einer Party in Teheran festgenommen. Laut Angaben des Staatsanwalts Abbas Dschafari Dolatabadi seien dabei 15 Flaschen alkoholische Getränke sichergestellt worden. 15 der anwesenden Personen seien betrunken gewesen. Den Festgenommenen wurde zudem vorgeworfen, an einer Party mit verschiedenen Geschlechtern teilgenommen zu haben.

In Iran ist der Konsum von Alkohol und Drogen verboten, was aber die Menschen nicht daran hindert, diese zu konsumieren. Offenbar hat das Verbot mehr Menschen zu Drogenkonsum verleitet als zu der Zeit als das Verbot noch nicht bestand. Der Drogenkonsum ist jedenfalls ungleich stärker verbreitet als noch zu Schahs-Zeiten.

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KULTUR

• Berliner Ausstellung der Teheraner Sammlung abgesagt
• Auftrittsverbot für Cellistin


BERLINER AUSSTELLUNG DER TEHERANER SAMMLUNG ABGESAGT

Einer Meldung der AFP vom 27. Dezember zufolge wurde die seit langem geplante und immer wieder verschobene Ausstellung von Kunstwerken des Teheraner Museums für zeitgenössische Kunst in Berlin endgültig abgesagt. Offizieller Grund hierfür ist, dass Iran bislang immer noch keine Ausfuhrgenehmigung für die Kunstwerke erteilt hat. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), Hermann Parzinger, erklärte, die Stiftung habe der Zusammenarbeit und dem kulturellen Austausch mit den iranischen Partnern große Bedeutung beigemessen. "Die Ausstellung ist eine Idee beider Häuser. Mit großem Bedauern haben wir uns aber nun zu diesem Schritt entschließen müssen. Die SPK bekennt sich jedoch weiterhin zum kulturellen Austausch, auch mit Iran, und wird diesen Dialog mit geeigneten Maßnahmen auch weiter befördern."

Ursprünglich sollte die Ausstellung der als sensationell bezeichneten Kunstsammlung, darunter Werke von Andy Warhol, Pablo Picasso und Francis Bacon, aber auch Werke moderner iranischer Künstler, am 4. Dezember in der Berliner Nationalgalerie eröffnet werden. Doch der Termin konnte nicht eingehalten werden. Parzinger sagte Spiegel-Online damals, er glaube nicht, dass die Eröffnung der Ausstellung noch vor Jahresende (2016) stattfinden könne. Beide Seiten seien bemüht, den Plan zu realisieren. Er gebe die Hoffnung nicht auf. "Wir können bis Ende Januar warten, aber nicht länger."

Die Diskussion um den "großen Schatz" des Teheraner Museums für Zeitgenössische Kunst dauert schon einige Jahren. Die Werke moderner europäischer Maler wurden in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf Anordnung der damaligen Kaiserin Farah gekauft. Sie selbst sagte kürzlich in einem Interview, sämtliche Werke seien mit staatlichen Geldern gekauft worden, sie seien somit Eigentum des iranischen Volkes.

Die Sammlung, die nach Einschätzung von Experten 1.400 bis 1.500 Werke umfasst, ist die wertvollste Sammlung moderner Kunst außerhalb Europas und den USA. Ihr Wert wird auf mehr als drei Milliarden US-Dollar geschätzt.

Nach der Revolution von 1979 hatten die gesammelten Werke für die neuen Machthaber in Teheran keinen Wert. Sie betrachteten sie als Ausdruck westlicher Dekadenz. So wanderten die Bilder in den Keller und blieben dort über Jahre versteckt. Glücklicherweise wurden nur wenige Bilder beschädigt. Überraschend wurden einige Werke 2005 im Museum für Zeitgenössischen Kunst in Teheran ausgestellt. Zuletzt wurden vor sechs Jahren 33 Bilder ausgestellt, was von den Besuchern sehr begrüßt wurde, was aber auch das internationale Interesse für die noch versteckten Werke weckte.

Westliche Museen sind nun seit Jahren bemüht, eine Auswahl der Werke ausstellen zu können. Zum ersten Mal wurde in der Regierungszeit von Mohammad Chatami (1997-2005) über das Thema diskutiert. Mit der Machtübernahme von Präsident Ahmadinedschad wurde das Thema dann aber wieder zu den Akten gelegt. Erst nach der Einigung im Atomkonflikt (2015) und der neuen, auf Öffnung bedachten Außenpolitik der Regierung Rohani entstand die Hoffnung, einen kulturellen Austausch wieder aufnehmen zu können. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier besuchte während seines Aufenthalts in Teheran 2015 das Museum für Zeitgenössische Kunst. Dabei äußerte er die Hoffnung, dass die Kunstsammlung in Deutschland ausgestellt werden könne. Am Ende seiner Gespräche mit der iranischen Führung sagte er, er freue sich, mitteilen zu können, dass eine Auswahl der Sammlung in Deutschland ausgestellt werde.

Die iranische Seite wollte die Gelegenheit nutzen, um die Außenwelt auch mit der modernen iranischen Kunst bekannt zu machen. So wurde vereinbart, dass neben 30 Werken europäischer Künstler auch 30 Werke iranischer Künstler ausgestellt werden sollten. Die Kosten für die Ausstellung, auch für den Transport und die Versicherung, wollte die deutsche Seite übernehmen. Das Auswärtige Amt stellte hierfür 2,8 Millionen Euro zur Verfügung.

Widererwarten sprachen sich iranische Künstler und Galeristen allerdings gegen die Ausstellung aus. Sie betonten zwar, dass sie den Kunst- und Kulturaustausch begrüßten, aber eine Ausstellung ablehnten, die "nicht transparent und voller Unstimmigkeiten" sei. Die Ablehnung hatte offenbar zwei Hauptgründe. Erstens wurde das "Kulturgeschäft" abgelehnt, weil das Abkommen über die Ausstellung ohne Einbeziehung der Künstler und Galeristen erfolgt sei, zweitens wurde bemängelt, dass die Auswahl der Werke iranischer Künstler nach Meinung unabhängiger Experten nicht die iranische Kunstszene repräsentieren würde.

Zudem bestand die Furcht, dass die wertvollen Werke ausländischer Künstler mit Blick auf die noch bestehenden Sanktionen gegen Iran im Ausland beschlagnahmt werden könnten. Es wurde daran erinnert, dass einige Werke bereits früher im Ausland versteigert wurden. Die Kulturverantwortlichen in Iran sind sich zwar sicher, dass diese Werke mittlerweile wieder in Iran seien. Doch niemand kann garantieren, dass es sich bei den zurückgekehrten Bildern nicht um Fälschungen handelt. Ausländische Experten, die sich um die Sammlung gekümmert haben, wundern sich auch darüber, dass noch keine vollständige Liste der Werke existiert. Auch sie vermuten, dass sich unter den vorhandenen Werken, auch Fälschungen befinden.

Bei einem Treffen mit Künstlern am 24. September versuchten Vizekulturminister Ali Moradkhani und der Direktor des Museums für Zeitgenössische Kunst, Madschid Mollanorusi, die bestehenden Bedenken zu zerstreuen. Doch die Argumente konnten die Künstler nicht überzeugen. Der Verein iranischer Künstler veröffentlichte am 9. Oktober eine Erklärung, in der es hieß: "Noch sind uns die Vereinbarungen mit den Ausstellern und die Listen der Werke, die in Deutschland ausgestellt werden sollen, nicht bekannt und noch ist nicht klar, ob die Bilder im Namen von Personen ausgeliehen werden sollen oder im Namen des Museums. Zudem ist die Liste der vorhandenen Werke uns nicht bekannt. Es bleibt fraglich, weshalb die Werke mit dieser Eile ins Ausland geschickt werden sollen."

Die Position der iranischen Künstler wird nachvollziehbar, wenn man das tiefe und berechtigte Misstrauen der Künstler gegenüber den staatlichen Instanzen mit einbezieht.

Auch in Deutschland war die Ausstellung nicht unumstritten. Ein wichtiger Grund für die Skepsis war der Teheraner Museumsleiter Mollanoruzi, der in demselben Museum einen Karikaturenwettbewerb über den Holocaust organisiert hatte. Deswegen hatte sich Kulturstaatsministerin Monika Grütters bereits zuvor von dem Projekt distanziert.


AUFTRITTSVERBOT FÜR CELLISTIN

Der populäre iranische Popsänger Benjamin Bahadori trat zweimal in Teheran mit seiner Band auf, aber der Stuhl der Cellistin Melanie Awanesian blieb beide Male leer. Der Konzertveranstalter Salim Ahmadi sagte der Agentur Kar am 26. Dezember: "Alle bürokratischen Hürden waren für das Weihnachtskonzert und den Auftritt von Melanie in der Musikhalle des Milad-Turms überwunden. Doch wenige Minuten vor Beginn des Konzerts wurde ihr der Auftritt verboten. Alle unsere Proteste waren vergeblich. Aus Achtung vor der Künstlerin und dem Publikum, das sie sehen und hören wollte, haben wir ihren Stuhl freigelassen und ihr Instrument daraufgelegt."

"Wir wollten am ersten Weihnachtstag besonders unseren christlichen Mitbürgern eine Freude machen (...), dann kam auf einmal das Verbot", sagte Ahmadi weiter. "Wir haben von allen relevanten Behörden eine Erlaubnis, dann kommt aber ein einziger Typ, der neuerdings große Ansprüche stellt, und verdirbt alles", sagte Bahadori.

Welche Instanz das Verbot angeordnet hatte, ist nicht bekannt. "Ich bin davon überzeugt, dass wenn alle Verantwortlichen, die den Auftritt von Melanie genehmigt hatten, dabei gewesen wären, sie nichts gegen die Aufführung einzuwenden gehabt hätten. Ich hatte persönlich mit einigen von ihnen gesprochen. Alle zeigten sich hilfsbereit", sagte Ahmadi.

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WIRTSCHAFT

• Unmut über Verlängerung von US-Sanktionen
• Ungewisses Schicksal des Atomabkommens
• Rohani: Ohne Atomabkommen wären wir pleite
• Atombetriebene Schiffe geplant
• Kaufverhandlungen mit Airbus und Boing abgeschlossen


UNMUT ÜBER VERLÄNGERUNG VON US-SANKTIONEN

Medienberichten zufolge hat der Beschluss des US-Kongresses, die bestehenden Sanktionen gegen Iran zu verlängern, in Iran viel Unmut erzeugt und Protest hervorgerufen. Abgeordnete im islamischen Parlament kündigten eine Beschlussvorlage an, die die Wiederaufnahme des nationalen Atomprogramms ermöglichen soll, das im Rahmen des Atomabkommens von 2015 reduziert worden ist. Es handele sich um einen Eilantrag, der die Regierung verpflichten soll, das Atomabkommen aufzukündigen und das "friedliche" Atomprogramm vollständig wiederaufzunehmen, sollte der US-Präsident den Kongressbeschluss unterzeichnen, sagte der Abgeordnete Akbar Randschsadeh der Agentur Isna am 2. Dezember. Außenamtssprecher Bahram Ghassemi kommentierte: "Was das Parlament gerade plant, ist noch diskussionsbedürftig." Es sei ein Fehler, im Voraus auf politische Entwicklungen reagieren zu wollen. "Wir wollen zunächst abwarten und alle politischen und rechtlichen Schritte überprüfen."

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagte während seines Besuchs in Indien am 3. Dezember, selbst wenn Präsident Obama den Kongressbeschluss unterzeichnen sollte, wäre dieser wirkungslos. "Man kann ein von der UNO ratifiziertes internationales Abkommen nicht einfach annullieren." Zudem sei der Beschluss ein erheblicher Autoritäts-und Glaubwürdigkeitsverlust der amerikanischen Regierung. Man könne einen Vertragsbruch nicht durch die politischen Entwicklungen in den USA rechtfertigen.

Revolutionsführer Ali Chamenei sagte, die Verlängerung der Sanktionen stehe im Widerspruch zum Atomabkommen. Sollte der Beschluss tatsächlich in Kraft treten, werde Iran entsprechend reagieren.

Am 5. Dezember traf Ali Akbar Salehi, Vizepräsident und Chef der iranischen Atombehörde, US-Energieminister Ernest Moniz in Wien. Dabei protestierte er gegen den Beschluss des US-Kongresses. Sollte der Beschluss umgesetzt werde, sehe sich Iran genötigt, darauf entsprechend zu reagieren. Die US-Regierung werde an dem Atomabkommen festhalten, sagte Moniz. Darauf werde Präsident Obama bestehen.

Am 5. Dezember sagte der chinesische Außenminister bei einem Treffen mit Sarif, alle an dem Abkommen beteiligten Staaten (China, Russland, USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien) seien für die Umsetzung des Atomabkommens verantwortlich.


UNGEWISSES SCHICKSAL DES ATOMABKOMMENS

Nach dem Beschluss beider Kammern in den USA, die Sanktionen gegen Iran zu verlängern, besteht die Gefahr, dass das Atomabkommen annulliert wird. In Iran werden die Stimmen gegen das Abkommen immer lauter und in den USA wird der neuen Präsident Donald Trump, der zuvor das Abkommen als "katastrophal" bezeichnet hatte, es vermutlich nicht unangetastet lassen.

In Iran meldeten sich gewichtige Stimmen gegen das Abkommen zu Wort. Justizchef Sadegh Laridschani übte am 5. Dezember laut Medien scharfe Kritik an der Verlängerung der US-Sanktionen und fragte die für die Atomverhandlungen Verantwortlichen, was für einen Nutzen das Abkommen gebracht habe. "Wir haben zunächst gedacht, das Abkommen werde für das Land Vorteile bringen, daher haben wir ihm zugestimmt." Nun seien Monate vergangen und die Verantwortlichen sollten die Frage, was für Vorteile das Abkommen gebracht habe, klar beantworten.

Die Verlängerung der Sanktionen lieferte den Regierungsgegnern einen willkommenen Anlass, die Rolle der iranischen Verhandlungsdelegation im Atomkonflikt sowie die Außenpolitik der Regierung Rohani im Allgemeinen als Irrweg darzustellen. Aus diesem Grund fühlte sich Rohani genötigt zu betonen, dass jeder Schritt bei den Atomverhandlungen mit Revolutionsführer Ali Chamenei abgesprochen und von ihm abgesegnet worden sei. Bei einer Rede zum Tag des Studenten an der Universität Teheran am 6. Dezember betonte der Präsident: "Wir haben keine Entscheidung getroffen, ohne sie zuvor mit dem Revolutionsführer abgesprochen zu haben. Seine schriftlichen Anweisungen, die ich weitergeleitet habe, liegen vor." Allerdings könne es hier und dort Unzulänglichkeiten gegeben haben, fügte er hinzu. Aber alle Schritte seien auf der Basis der Anweisungen des Revolutionsführers erfolgt.

Am 6. Dezember schickte Iran ein Protestschreiben an den UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Darin heißt es, die USA hätten sich verpflichtet, auf weitere Sanktionen gegen Iran zu verzichten. Die Verlängerung der Sanktionen sei eine eindeutige Verletzung des Abkommens. Damit seien die USA für alle negativen Folgen verantwortlich. Daher seien die Vereinten Nationen nun aufgefordert, die Vertragspartner an ihre eingegangenen Verpflichtungen zu erinnern und jeden Schritt, der dem Abkommen widerspricht, zu verurteilen.

Am 7. Dezember tagte in Teheran das "Gremium zur Kontrolle der Umsetzung des Atomabkommens". Dem Gremium gehören Präsident Rohani, Parlamentspräsident Laridschani, Außenminister Sarif, Verteidigungsminister Dehghan, Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats Schamchani, Chef der iranischen Atombehörde Salehi, der Beauftragte des Revolutionsführers im Nationalen Sicherheitsrat Dschalili sowie der außenpolitische Berater des Revolutionsführers Welayati an.

Die Beschlüsse des Gremiums gab Welayati am 12. Dezember bekannt. "Die Islamische Republik wird ganz gewiss auf die Beschlüsse der US-Kammern entsprechend reagieren", sagte er. Was das Gremium im Einzelnen beschlossen habe, werde in den nächsten Tagen bekannt gegeben. "Das wird die Menschen in unserem Land freuen und den Feind hoffnungslos machen."

Indes betonte die US-Regierung, dass die beschlossene Verlängerung nicht jene Sanktionen betreffen würden, die wegen des Atomprogramms gegen Iran verhängt worden waren, sondern die Sanktionen, die wegen Verletzungen der Menschenrechte und der Unterstützung des Terrorismus verhängt wurden. Die Verlängerung dieser Sanktionen negiere nicht das Atomabkommen.

Laut einem Bericht der Agentur Isna forderte Rohani Außenminister Sarif in einem Schreiben auf, in den nächsten drei Monaten zu prüfen, welche diplomatischen und rechtlichen Schritte gegen die USA unternommen werden könnten. In einem weiteren Schreiben an Salehi beauftragte er den Chef der Atombehörde, eine Studie über die Herstellung von nuklearem Treibstoff für iranische Schiffe in Auftrag zu geben.

Am 15. Dezember wurde der Beschluss der beiden US-Kammern offiziell zum Gesetz. Zwar hat Obama den Beschluss nicht unterzeichnet, aber er hat die Frist, die für die Unterzeichnung vorgesehen ist, verstreichen lassen. Somit tritt das Gesetz automatisch in Kraft.

Am 17. Dezember forderte Sarif die EU auf, zu überprüfen, ob seitens der USA ein Bruch des Atomabkommens vorliegen würde. Daraufhin schlug die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ein Treffen aller an dem Abkommen beteiligten Länder vor. Wann und auf welcher Ebene das Treffen stattfinden soll, wurde nicht bekannt.

Am 18. Dezember erklärte Präsident Rohani bei einem Treffen mit dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Iran könne das Abkommen nicht einseitig einhalten, wenn die anderen Vertragsparteien sich nicht daran hielten. "Das Abkommen war eine sehr wichtige Errungenschaft, die wir definitiv nicht brechen wollen", daher werde Iran ihm vorerst treu bleiben.


ROHANI: OHNE ATOMABKOMMEN WÄREN WIR PLEITE

In einem Interview, das am 1. Januar vom staatlichen Fernsehen ausgestrahlt wurde, sagte Präsident Hassan Rohani, "ohne Atomabkommen hätten wir höchstens unsere Angestellten bezahlen können. Aber jetzt sind wir in der Lage 37.000 Milliarden Tuman (1 Euro entspricht etwa 3.000 Tuman) für die Entwicklung unseres Landes zu investieren." Die Öleinnahmen hätten sich verdoppelt. Ein weiterer Vorteil des Atomabkommens bestehe darin, dass das iranische Atomprogramm nun ganz legal sei, während es früher aus der Sicht der Vereinten Nationen als illegal eingestuft worden sei.

Die Möglichkeit neue Flugzeuge zu kaufen, gehöre zu den weiteren Vorteilen des Abkommens, sagte Rohani. Die Iraner zahlten jährlich ungefähr vier Milliarden Dollar für Flüge ins Ausland. Nach der Erneuerung und Modernisierung der Luftflotte würden diese Gelder den einheimischen Fluggesellschaften zugutekommen. Bis zum Frühjahr würden bereits einige neue Passagiermaschinen geliefert werden.

Fünf Monate vor den nächsten Präsidentschaftswahlen bezeichnete Rohani die Arbeitslosigkeit als ein besorgniserregendes Problem. Er sagte, das Studium verzögere den Prozess der Beschäftigung. "Vor wenigen Jahren lag die Zahl der Studierenden bei 2 bis 2,2 Millionen. Heute haben wir fast fünf Millionen Studierende. Jährlich haben wir 800.000 bis 900.000 Studienabsolventen, die eine Arbeit suchen." Hinzu kämen weitere Personen, die ohne Studium Arbeit suchten.

Von 2007 bis 2011 sei die Zahl der Beschäftigten fast konstant geblieben, sagte Rohani weiter. Aber in den vergangenen zwei Jahren habe sich die Zahl der Beschäftigten um 1,7 Millionen erhöht. Insgesamt gibt es laut Rohani rund 23 Millionen Beschäftigte in Iran. Der Präsident hatte im März vergangenen Jahres ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent in Aussicht gestellt. Tatsächlich verzeichnete das Land in den vergangenen sechs Monaten ein Wachstum von 6,4 bis 7,4 Prozent. Rohani versprach, die Landeswährung stabil zu halten.

Zu den verbotenen Konzertveranstaltungen in einigen Städten sagte Rohani: "Nach Monaten, gar Jahren soll in einer Stadt ein Konzert veranstaltet werden, die Veranstalter erhalten dazu aufgrund der bestehenden Gesetze die Erlaubnis. Das Wohnungsamt, die Polizei, auch das Kulturministerium mischen sich unterschiedlich ein. Und am Ende wird das Konzert unter irgendeinem Vorwand verboten. Wir sollten darauf achten, der Bevölkerung keine zusätzlichen Probleme zu schaffen. Wir sollten nicht so streng sein. Unser Glaube ist leicht und verständlich. Gott erteilt keinerlei Befehle, die Probleme schaffen. Wenn wir immer nur Probleme sehen und nicht einfach leben können, haben wir den Islam nicht richtig verstanden", sagte der Präsident.


ATOMBETRIEBENE SCHIFFE GEPLANT

Einer Meldung der Agentur Reuters vom 13. Dezember zufolge hat Präsident Rohani Wissenschaftler beauftragt, atombetriebene Schiffe zu entwickeln. Aus dem Auftrag, den die staatliche Nachrichtenagentur Irna veröffentlichte, geht nicht hervor, ob es sich dabei nur um den Bau atombetriebener Überwasserschiffe handelt oder auch um U-Boote. Die Entscheidung, atombetriebene Schiffe zu bauen, bezeichnete Rohani als eine Reaktion auf die Verlängerung der US-Sanktionen gegen Iran Anfang Dezember. Aus iranischer Sicht stellt die Verlängerung eine Verletzung des Atomabkommens dar.

In einem Schreiben an den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) forderte Rohani die IAEA auf, den Plan zur Entwicklung der atombetriebenen Schiffe technisch, technologisch und wissenschaftlich zu unterstützen.

Am 18. Dezember traf der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Yukiya Amano, zu einem eintägigen Besuch in Teheran ein. Zunächst führte er ein Gespräch mit dem Vizepräsidenten und Chef der iranischen Atombehörde Ali Akbar Salehi, der sich über die Zusammenarbeit mit der IAEA sehr positiv äußerte. Iran werde seine im Rahmen des Atomabkommens eingegangenen Verpflichtungen genauestens erfüllen, sagte Salehi. Sollten sich jedoch die Vertragspartner nicht an das Abkommen halten, werde auch Iran andere Optionen in Betracht ziehen.

Bei einem Treffen Amanos mit Präsident Rohani kam auch das Vorhaben Irans zur Sprache, atombetriebene Schiffe zu entwickeln. Rohani versprach, auch in diesem Bereich mit der IAEA zusammenzuarbeiten. Amano äußerte sich zunächst nicht zu dem Plan.

Salehi sagte später auf einer Pressekonferenz, er haben dem Chef der IAEA alle Einzelheiten des Plans erläutert und dabei mit ihm auch über den Grad der Urananreicherung gesprochen.

Rohani brachte Amano gegenüber seinen Unmut über den USA zum Ausdruck. Die Verlängerung der Sanktionen gegen Iran widerspreche dem Abkommen. Der Weg, den die USA gewählt hätten, werde das Vertrauen der Welt gegenüber den Vereinigten Staaten stören.

Amano bestätigte, dass Iran bislang sämtliche im Abkommen vorgesehenen Verpflichtungen erfüllt habe. "Das Abkommen ist eine große Errungenschaft, die die Internationale Atomenergiebehörde mit aller Kraft unterstützen wird", sagte Amano. Es sei wichtig, dass beide Seiten sich daran hielten.

Bereits am 6. Dezember hatte die IAEA ihren Mitgliedsstaaten mitgeteilt, dass Iran die vorgeschriebene Menge an Schwerwasser inzwischen wieder einhält. Das Land hatte, wie von der Regierung bekannt gegeben und von Diplomatenkreisen bestätigt wurde, elf Tonnen Schwerwasser ins Ausland, in das Nachbarland Oman, exportiert. Im November hatte die IAEA kritisiert, dass Iran 100 Kilogramm mehr als die erlaubte Menge Schwerwasser besitze. Iran sind insgesamt 130 Tonnen erlaubt.

Mit Schwerwasser lässt sich in Atomreaktoren Plutonium herstellen, was wiederum zur Herstellung von Nuklearwaffen verwendet werden kann. Amano hatte am 17. November in einem Bericht an das IAEA-Gouvernement mitgeteilt, dass Iran bereits zum zweiten Mal die vorgeschriebene Menge an Schwerwasser überschritten habe. Dazu erklärte Teheran, das zusätzliche Schwerwasser sei zum Verkauf an andere Länder nach Oman gebracht worden. Um welche Staaten es sich dabei handelt, wurde nicht bekannt gegeben.

Indes hat das Weiße Haus in Washington erklärt, dass die Pläne von Rohani, atombetriebene Schiffe zu entwickeln, keine Verletzung des Atomabkommens darstellte. Das berichtete die Agentur Reuters am 13. Dezember unter Berufung auf einen Politiker im Weißen Haus, der nicht namentlich genannt werden wollte.


KAUFVERHANDLUNGEN MIT AIRBUS UND BOING ABGESCHLOSSEN

Vizeminister für Verkehr und Städtebau, Asghar Fachrieh, bestätigte am 12. Dezember in einem Interview mit der AFP, dass Vertreter des Airbus-Unternehmens in Teheran eingetroffen seien, um die Verhandlungen über den Kauf von 100 Maschinen abzuschließen. Auch Farhad Parwaresch, Chef der Iran Air, erklärte im staatlichen iranischen Fernsehen, der Kaufvertrag mit Airbus werde in wenigen Tagen unterzeichnet. Er gehe davon aus, dass die erste Maschine im April 2017 in Teheran eintreffen werde.

Ursprünglich hatte Teheran von dem Kauf von 112 Airbus-Maschinen gesprochen. Doch die Zahl wurde auf 100 reduziert. Iran verzichtete laut Angaben von Airbus auf die Lieferung des weltweit größten Passagierflugzeugs, dem A 380. Die Genehmigung für den Verkauf wurde seitens der USA im vergangenen Monat erteilt. Diese Genehmigung war nötig, weil einige in den USA produzierte Teile in den Airbus-Maschinen verbaut sind.

Arbeitsminister Ali Rabai erklärte am 14. Dezember: "Mit dem Abschluss der Verhandlungen werden sieben Airbus-Maschinen ab April nächsten Jahres an die Fluggesellschaft Iran Aseman geliefert." Seinen Angaben zufolge soll neben der staatlichen Fluggesellschaft Iran Air, auch Iran Aseman die Gelegenheit erhalten, ihre Flugzeugflotte zu erneuern. Laut Medienberichten wurde das Gesamtvolumen des Kaufvertrags, das ursprünglich rund 22,8 Milliarden Euro betragen sollte, auf 10 Milliarden reduziert.

Am 22. Dezember erklärte das Unternehmen Airbus, der Vertrag mit Iran sei unterzeichnet worden. Demnach werde Iran Air 46 Flugzeuge vom Typ A320, 38 vom Typ A330 und 16 vom Typ A350 erhalten, meldete die AFP. Der Listenpreis der Maschinen beträgt 19,2 Milliarden Euro. Das Unternehmen bezeichnete den Deal als "eine historische Vereinbarung". Er werde den Weg für die Modernisierung der iranischen Flugzeugflotte ebnen.

Auch der Kauf von Passagierflugzeugen der US-Firma Boeing wurde am 11. Dezember unter Dach und Fach gebracht. Iran Air und Boeing unterzeichneten in Gegenwart des Verkehrsministers Abbas Achundi und des Iran Air Chefs Farhad Parwaresch sowie Vertretern des Boeing-Unternehmens ein Abkommen über den Kauf von 80 Maschinen. Davon 50 des Typs 737 und 30 des Typs 777. Das Volumen beträgt insgesamt 16,6 Milliarden Dollar. Die ersten Maschinen sollen laut Parwaresch Anfang 2018 ausgeliefert werden.

Der Kauf der in den USA hergestellten Maschinen ist auch politisch von Bedeutung. Es ist das erste Mal nach 37 Jahren, dass Iran einen so großen Deal mit einem US-Unternehmen abschließt. Möglich wurde das Geschäft nach Aufhebung der Sanktionen, die die USA und andere Staaten wegen des Atomprogramms gegen Iran verhängt hatten.

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AUSSENPOLITIK

• Iran, Russland und Syrien
• Die Akteure im syrischen Friedensprozess
• USA protestieren gegen Anwesenheit Soleimanis in Syrien und Irak
• Gemeinsamer Stützpunkt Russlands und Irans in Syrien
• Proteste gegen Großbritannien
• Erlaubnis für EU-Vertretung in Teheran steht weiterhin aus
• Spannungen zwischen Iran und Saudi-Arabien dauern an
• Iran verurteilt Attentate in Berlin und in der Türkei
• Proteste gegen Iran und Russland in Ankara
• Israel warnt Iran


IRAN, RUSSLAND UND SYRIEN

Die gemeinsame Unterstützung des syrischen Regimes durch Russland und Iran hat eine schrittweise Annäherung der beiden Länder zur Folge. Es gibt aber auch in Iran Kritiker, die eine größere Einflussnahme Russlands in ihrem Land befürchten. So mahnte der Parlamentsabgeordnete Esattollah Yusefian gegenüber Verteidigungsminister Hossein Dehghan an, beim Ausbau der Beziehungen zum russischen Nachbarn den Rahmen der Verfassung nicht zu verlassen. "Wir dürfen nicht die Verfassung außer Acht lassen, mit dem Vorwand, ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Es sei denn, der Revolutionsführer würde einen solchen Schritt beschließen", sagte der Abgeordnete am 3. Dezember.

Die Kritik richtete sich offenbar gegen die Entscheidung des Verteidigungsministers, der russischen Luftwaffe einen Stützpunkt im westlichen Teil Irans für Luftangriffe gegen die Gegner des syrischen Regimes zur Verfügung zu stellen. Dehghan hatte wenige Tage zuvor diese Entscheidung verteidigt und erklärt, er werde den Russen nötigenfalls auch in Zukunft erlauben, den Stützpunkt zu nutzen.

Laut der Verfassung sei eindeutig verboten, fremden Mächten Militärstützpunkte zur Verfügung zu stellen, sagte Yusefian. "Selbst dann, wenn es sich um einen verbündeten Staat handelt." Die Zusammenarbeit mit Russland beim Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) müsse im Rahmen der Verfassung erfolgen.

Die katastrophale Lage in der umkämpften Stadt Aleppo löste weltweit Proteste aus. "Vor unseren Augen ereignet sich die schwerste humanitäre Katastrophe des 21. Jahrhunderts", sagte der französische Botschafter bei den Vereinten Nationen Francois Delattre. "Es ist die Hölle", zitierte ihn die AFP in einer Meldung vom 13. Dezember. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Lage als "desaströs", "sie bricht einem das Herz" sagte sie und machte dafür die syrischen Streitkräfte, Russland und Iran verantwortlich. Die USA übten ebenfalls heftige Kritik an Russland und Iran.

Am 14. Dezember gratulierte Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani der syrischen Regierung zur "Befreiung" Aleppos. "Wir gratulieren dem syrischen Volk zum Erfolg gegen die Terroristen und die unruhestiftenden Elemente anderer Regierungen sowie zur Befreiung Aleppos." Er versprach, die Islamische Republik werde weiterhin sowohl Syrien als auch dem Irak beim Kampf gegen den Terrorismus zur Seite stehen. Die Kritik des Westens wies Laridschani zurück. Er bezeichnete sie als Versuch, das Scheitern des Westens in Syrien, Irak und Jemen zu ignorieren. Zudem wolle der Westen mit der Verbreitung von Angst, weiterhin lukrative Waffengeschäfte machen.

Auch Präsident Hassan Rohani betonte in einem Telefonat mit dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, sein Land werde bis zur endgültigen Vertreibung der Terroristen aus Syrien der Regierung und dem Volk Syriens Hilfe leisten. Er bezeichnete den Sieg über die Rebellen in Aleppo als "Erfolg des syrischen Volkes gegen die Terroristen und deren Unterstützer". Iran sei nun auch bereit, in Syrien humanitäre Hilfe zu leisten. Der Rote Halbmond sei bereit, vor allem mit Medikamenten und Nahrungsmitteln die nötige Hilfe zu leisten.

Nach dem Ende des Kampfes um Aleppo erklärte der türkische Außenminister Melvüt Cavusoglu überraschend, es werde am 27. Dezember einen gemeinsamen Gipfel mit Russland und Iran geben. "Wir bemühen uns hart darum, eine Waffenruhe im gesamten Land herzustellen." Erstaunlich war diese Erklärung, weil die Türkei bislang die Rebellen gegen das syrische Regime unterstützte.

Am 17. Dezember übte US-Präsident Brack Obama scharfe Kritik am Vorgehen des syrischen Regimes, Russlands und Irans. Die Staatengemeinschaft sei "geeint in dem Entsetzen über den grausamen Angriff des syrischen Regimes und seiner russischen und iranischen Verbündeten", zitierte ihn AFP in einem Bericht vom 17. Dezember. "Dieses Blut und diese Gräueltaten kleben an ihren Händen." An das syrische Regime gerichtet sagte Obama, man könne ein Volk nicht mit Hilfe von Grausamkeiten gewinnen.

Selbstkritisch sagte Obama, er frage sich, ob seine Regierung sich ausreichend dafür eingesetzt habe, den Krieg in Syrien zu beenden. Ihm sei es nicht gelungen, die Voraussetzungen für einen Friedensprozess zu schaffen. Auch der Plan, gemäßigte Kräfte in Syrien zu unterstützen und sie von den Extremisten zu trennen, sei gescheitert. Aber er sei nach wie vor davon überzeugt, dass der Ansatz richtig gewesen sei.

Der Kreml gab am 19. Dezember bekannt, dass Präsident Wladimir Putin in einem Telefongespräch mit Rohani die Lage in Syrien erörtert habe. Die beiden Präsidenten seien übereingekommen, sich gemeinsam für einen Friedensprozess einzusetzen. Der erste Schritt sei ein geplantes Treffen der Vertreter der syrischen Regierung und Opposition in Kasachstan.

Iran hat die Kritik an seiner Syrienpolitik entschieden zurückgewiesen. Die Kritik entbehre jeder Grundlage und sei politisch motiviert. "Unsere Politik ist klar und ohne versteckte Agenda", sagte Außenamtssprecher Ghassemi am 19. Dezember. "Daher wird sie auch genauso weitergeführt." Die Islamische Republik habe stets für Waffenruhen und humanitäre Hilfe plädiert, aber sich gleichzeitig für den Erhalt der Souveränität und territorialen Integrität Syriens eingesetzt und sie auch aktiv verteidigt. Den Kritikern warf Ghassemi vor, für die gegenwärtige Lage in Syrien verantwortlich zu sein. "Die brauchen nur in den Spiegel zu schauen, um festzustellen, wer für das derzeitige Elend dort verantwortlich ist", sagte er.

Am 20. Dezember trafen sich die Außen- und Verteidigungsminister Russlands, Irans und der Türkei in Moskau, um nach dem Ende der Kampfhandlungen in Aleppo über die neue Lage in Syrien zu beraten. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, die drei Staaten seien bereit, sich als Vermittler zwischen dem Regime in Damaskus und der Opposition einzusetzen und als "Garanten" einer Einigung aufzutreten. Ihr Ziel sei es, eine "erweiterte Waffenruhe" herzustellen und den freien Zugang für humanitäre Hilfe zu ermöglichen. Die Waffenruhe solle für das ganze Land gelten, hiervon ausgenommen sei lediglich der Kampf gegen den IS und die Fateh-al-Scham-Front (zuvor al-Nusra). Der russische Außenminister bezeichnete den gemeinsamen Plan der drei Staaten als die "effektivste" Initiative gegen den Krieg in Syrien.

Die Reaktion der USA auf die Initiative der drei Staaten war verhalten. In Telefongesprächen mit dem russischen und dem türkischen Außenminister sagte US-Außenminister John Kerry, er begrüße jede Initiative, die zu einer Waffenruhe führe. Dennoch müsse man abwarten, ob das Treffen der drei Staaten in Moskau tatsächlich Auswirkungen auf den Syrien-Krieg haben werde.

Der Sprecher des US-Außenministeriums John Kerby betonte vor Journalisten am 21. Dezember in Washington, das Treffen der drei Staaten in Moskau schwäche keineswegs die Rolle der USA im Nahen Osten. Zugleich zeigte er sich besorgt über die Einmischung von Gruppen, die mit Iran verbunden seien, in Syrien.

Am 25. Dezember führten die beiden Präsidenten Rohani und Putin Medienberichten zufolge ein Telefongespräch, bei dem sie die Vertreibung der Rebellen aus Aleppo als wichtigen Schritt im Kampf gegen den Terrorismus bezeichneten. "Der Sieg der syrischen Armee sendet die Botschaft, dass die Terroristen ihre Ziele nicht erreichen können", sagte Rohani laut AFP. Auch Putin sprach von einem "großen Sieg im Kampf gegen den internationalen Terrorismus".

Am 29. Dezember gaben Russland und die Türkei bekannt, dass zwischen der syrischen Regierung und Vertretern von Rebellen eine Waffenruhe für ganz Syrien vereinbart worden sei. Ausgenommen seien Gebiete, die von terroristischen Organisationen beherrscht würden. Iran begrüßte die Vereinbarung. Außenminister Sarif sicherte seinem Amtskollegen Lawrow zu, bei den geplanten Friedensverhandlungen aktiv mitzuwirken.

Indes schlug der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor, auch Saudi-Arabien und Katar zu den Friedensgesprächen, die im Januar in Kasachstan stattfinden sollen, einzuladen. Allerdings betonte er, die Türkei werde den Verhandlungen fernbleiben, sollten terroristische Organisationen anwesend sein.

Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Mehr vom 30. Dezember hat der russische Präsident Wladimir Putin seinen Amtskollegen Rohani eingeladen, persönlich an den Friedensverhandlungen in der kasachischen Hauptstadt Astana teilzunehmen. Rohani habe diese Einladung begrüßt. Eine offizielle Bestätigung dieser Meldung liegt bislang nicht vor.


DIE AKTEURE IM SYRISCHEN FRIEDENSPROZESS

Die Regierungen in Iran und Syrien haben auf den von Russland und der Türkei vorgelegten Friedensplan unterschiedlich reagiert. Während der iranische Außenminister den Plan begrüßte, äußerte der syrische Außenminister einige Bedenken.

Obwohl es wenige Tage zuvor ein Treffen zwischen Vertretern Russlands, Irans und der Türkei gegeben hatte, bei dem über die Lage in Syrien gesprochen wurde, wurde die beschlossene Waffenruhe und der Plan zur Veranstaltung einer Friedenskonferenz allein als eine Initiative Russlands und der Türkei proklamiert. Dies wirft Fragen nach der Rolle Irans und Syriens bei dem Friedensprozess auf. Dies umso mehr, als der türkische Außenminister allein Russland und die Türkei als Garanten des Friedensprozesses nannte und zugleich von der Notwendigkeit des Rücktritts des syrischen Präsidenten Assads und dem Rückzug der libanesischen Hisbollah aus Syrien sprach.

Sowohl Iran als auch Syrien bezeichnen sämtliche Gegner des Regimes in Damaskus als Terroristen, während die Türkei allein die islamistischen Extremisten als Terroristen einstuft und andere, ebenfalls bewaffnete Gruppen als "gemäßigt" betrachtet und sie unterstützt. Solche Gruppen werden auch vom Westen und von einigen arabischen Staaten unterstützt. Iran und selbstverständlich auch die syrische Regierung bestehen nach wie vor auf dem Verbleib von Präsident Assad im Amt. Bei möglichen Friedensverhandlungen ist dies sowohl für Iran als auch für das syrische Regime eine rote Linie.

Der türkische Außenminister betonte am 29. Dezember, seine Regierung werde niemals einem Verbleib Assads im Amt zustimmen und die Hisbollah müsse sich aus Syrien zurückziehen. Es ist nicht klar, ob die Türkei bei diesen wichtigen Fragen eine Einigung mit Russland erzielt hat.

Während Iran an den Verhandlungen im Dezember weitestgehend beteiligt wurde, wurde das syrische Regime nicht dazu eingeladen. Offenbar hat Russland auch im Namen des syrischen Regimes die Verhandlungen über den Waffenstillstand geführt. Der syrische Außenminister sagte dazu in einem Interview mit dem syrischen Fernsehen, zwischen Russland und Syrien gebe es ständige Kontakte, unter anderen zwischen Putin und Assad. Daher sei auch die Formulierung des Waffenstillstands mit Damaskus abgesprochen worden. Auf die Frage, ob Syriens Wünsche beim Waffenstillstandsabkommen berücksichtigt worden seien, sagte der Minister: "Bei jeder Verhandlung gibt es ein Geben und ein Nehmen." Er übte scharfe Kritik an der Türkei. Das Land habe direkt und indirekt den Terrorismus militärisch und finanziell unterstützt und als Aggressor einen Teil im Norden Syriens besetzt, sagte der Minister. "Wir vertrauen allein Russland und Iran. Zu der Türkei und den Dokumenten, die sie unterzeichnet hat, haben wir kein Vertrauen. Solange die Türkei einen Teil unseres Landes besetzt und ihre Grenzen für Terroristen offenhält, ist sie aus unserer Sicht ein Feind." Die Forderung nach Assads Rücktritt, gehöre nicht zu den Themen der Verhandlungen, darüber entscheide allein das syrische Volk. "Wir erlauben niemandem, sich in diese Angelegenheiten einzumischen. Präsident Assad ist das gewählte Staatsoberhaupt Syriens und der türkische Außenminister hat diese Tatsache zu akzeptieren. Die Anerkennung der syrischen Souveränität ist Voraussetzung jeder Verhandlung." Zu der Präsenz der libanesischen Hisbollah in Syrien sagte der Minister, die Hisbollah nehme auf Einladung der syrischen Regierung an den Kämpfen teil.

In Anbetracht dieser Differenzen zwischen den Akteuren wird nach Meinung politischer Beobachter eine Einigung, wenn nicht unmöglich, so doch äußerst schwer zu erzielen sein.


USA PROTESTIEREN GEGEN ANWESENHEIT SOLEIMANIS IN SYRIEN UND IRAK

Auf einer Pressekonferenz in Washington am 19. Dezember erklärte Außenamtssprecher John Kerby, die Vereinigten Staaten würden über die Rolle des iranischen Generals Ghassem Soleimani in Syrien und Irak mit ihren Verbündeten im UN-Sicherheitsrat sprechen. Diese Worte waren die Antwort auf die Frage eines Journalisten, der mit Hinweis auf Fotos aus Aleppo, auf denen Soleimani zu sehen war, wissen wollte, ob die USA dies unwidersprochen hinnehmen würden, obwohl der General zu jenen Personen gehöre, die im Rahmen der Sanktionen gegen Iran auf der schwarzen Liste stünden.

Die von der UNO verabschiedete Resolution 2231verpflichtet die Mitglieder der Vereinten Nationen unter anderen Soleimani die Einreise zu verbieten und dessen Konten zu sperren. Somit dürfte Soleimani sich eigentlich weder in Syrien noch im Irak aufhalten.

"Wir haben wiederholt gesagt, dass Iran die Wahl hat, entweder bei den Auseinandersetzungen zum Beispiel in Syrien eine positive Rolle zu spielen oder die Konflikte weiterhin zu schüren", sagte Kerby.

Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass Soleimani auch nach Russland gereist war, wo er sich mit Präsident Wladimir Putin getroffen hat. Soleimani ist Oberbefehlshaber der Al-Kuds-Brigade, einer Abteilung der iranischen Revolutionsgarden für Auslandseinsätze. Der General genießt sowohl im Irak als auch in Syrien hohes Ansehen. Als genialer Stratege konnte er in beiden Ländern offenbar große militärisch Erfolge vorweisen. In Iran wird er wie ein Held verehrt. Gerüchte besagen, dass er zu den möglichen Nachfolgern des Revolutionsführers Ali Chamenei gehört.

Nach dem Treffen Soleimanis mit Putin hatte sich US-Außenminister Kerry in einem Telefongespräch mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow über den Besuch besorgt gezeigt. Die Berichte über das Treffen mit Putin wurden von russischer Seite dementiert.


GEMEINSAMER STÜTZPUNKT RUSSLANDS UND IRANS IN SYRIEN

General Ali Schamchani, der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats, sagte am 20. Dezember den Medien zufolge, Russland und Iran hätten einen gemeinsamen Militärstützpunkt in Syrien eingerichtet. Der Stützpunkt sei aufgebaut worden, um die syrischen Streitkräfte sowie die Kräfte des Widerstands zu beraten und zu unterstützen, fuhr der General fort. Nähere Angaben zu dem Stützpunkt machte Schamchani nicht. Aber er sagte, Iran, Irak, Syrien und Russland hätten gemeinsame "militärische Pläne" zum Kampf gegen den Terrorismus. Im Rahmen dieser Pläne sei russischen Kampffliegern erlaubt worden, auch den Luftraum über Iran zu nutzen.

Zu dem Treffen der russischen, türkischen und iranischen Außenminister in Moskau sagte Schamchani, die Anwesenheit der Türkei bei dem Treffen könne dazu führen, dass die Türkei ihre Strategie ändern und die Unterstützung bewaffneter Kräfte gegen die Führung in Syrien beenden würde. Er betonte, dass es für den Konflikt in Syrien keine militärische Lösung gebe. Mit Blick auf die Proteste gegen das Vorgehen der syrischen Streitkräfte und russischen Luftwaffe in Aleppo und das Attentat auf den russischen Botschafter in der Türkei sagte er, es gebe ernstzunehmende Unstimmigkeiten in der Politik mancher Staaten und Widersprüche zwischen deren verbalen Äußerungen und tatsächlichen Aktivitäten. Dies schränke die Atmosphäre für diplomatische Verhandlungen und Kooperation zur Herstellung des Friedens stark ein.


PROTESTE GEGEN GROßBRITANNIEN

Teheran hat gegen die Äußerungen der britischen Premierministerin Theresa May in Bahrain scharfen Protest eingelegt. Die britische Regierungschefin hatte bei ihrem Besuch in Bahrain am 7. Dezember an dem Gipfeltreffen der Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrats teilgenommen und dabei erklärt, Großbritannien sei bereit, gemeinsam mit den Staaten des Golfkooperationsrats "gegen aggressive Aktivitäten Irans in der Region" zusammenzuarbeiten. Es war das erste Mal, dass eine britische Premierministerin zu dem Gipfel eingeladen wurde.

"Wir müssen gegen alle Staaten vorgehen, deren Einfluss in der Region die Instabilität verstärkt", sagte May. "Ich möchte Ihnen versichern, dass ich die Gefahr, die von Iran auf die Staaten am (Persischen) Golf und darüber hinaus auf den gesamten Nahen und Mittleren Osten ausgeht und diese bedroht, sehr wohl beobachte. Wir müssen dafür sorgen, dass die aggressiven Aktivitäten Irans zurückgedrängt werden." Daher sei sie bereit, zur Stärkung der Sicherheit in der Region eine "Sicherheitskooperation" einzugehen und mittels Investitionen ins Verteidigungspotential und militärischer Ausbildung in Bahrain und Jordanien zu unterstützen.

Die Premierministerin sprach auch über den Ausbau der Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und den Staaten am Persischen Golf und fügte hinzu, während ihr Land dabei sei, die Europäische Union zu verlassen, wünsche sie, dass die Verhandlungen mit den Golfstaaten zu einem "großen Handelsabkommen" führen würden.

Traditionell hatte Großbritannien immer enge Beziehungen zu den arabischen Staaten am Persischen Golf. Es wird erwartet, dass das Land im Hinblick auf den Austritt aus der EU alles unternehmen wird, um diese Beziehungen wiederzubeleben. Der Golfkooperationsrat wurde 1981 als Gegengewicht zu der Islamischen Republik Iran gegründet. Dem Rat gehören Saudi-Arabien, die Arabischen Emirate, Bahrain, Oman, Katar und Kuwait an.

Die Äußerungen Mays lösten in Teheran viel Unmut aus. Der Vorsitzende des Ausschusses für Nationale Sicherheit und Außenpolitik im iranischen Parlament, Alaeddin Borudscherdi, warnte Großbritannien laut Irna vor Aktivitäten, die das iranische Parlament dazu zwingen würden, die diplomatischen Beziehungen zu London wieder auf eine niedrigere Ebene herabzustufen. Die Äußerungen der britischen Premierministerin über die Rolle Irans in der Region entbehrten jedem Bezug zur Realität.

Das Parlament in Teheran hatte am 28. November 2011 aufgrund der kritischen Iran-Politik Londons die diplomatischen Beziehungen und die Handelsbeziehungen zu Großbritannien drastisch herabgestuft. Am nächsten Tag stürmten Demonstranten die britische Botschaft in Teheran und richteten großen Schaden an. Dies wiederum führte zur Schließung der Botschaften beider Länder. Erst mit der Regierungsübernahme durch Hassan Rohani und der Einigung im Atomkonflikt wurden die Beziehungen zwischen Teheran und London wieder normalisiert.

Auch der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Bahram Ghassemi, nahm zu Mays Äußerungen Stellung. Die Premierministerin habe mit ihren Worten einige arabische Golfstaaten erfreuen und dadurch neue lukrative Waffengeschäfte mit den Golfstaaten abschließen wollen, so Ghassemi.

Am 8. Dezember warf der britische Außenminister Boris Johnson Iran und Saudi-Arabien vor, im Nahen Osten einen "Stellvertreterkrieg" im Namen der Schiiten und Sunniten zu führen. Auf der Webseite der Zeitung The Guardian wurde eine Videoaufnahme der Äußerungen Johnsons auf einer Sicherheitskonferenz in Rom veröffentlicht, in der der Außenminister sich über die Lage im Nahen Osten besorgt zeigt. Er nahm Bezug auf seinen Vorredner, einen arabischen Politiker, der gesagt hatte, es gebe Kräfte, die den Islam politisch instrumentalisierten. "Sie haben den Finger genau in die richtige Wunde gelegt", sagte Johnson. Es gebe tatsächlich Politiker, die die Religion zur Durchsetzung eigener Interessen missbrauchten. Das sei das größte Problem in der Region. Es gebe in der Region führende Politiker, die "nicht genug Größe und Charakter" hätten, um Entscheidungen zu treffen, die über ihre Gruppeninteressen hinausgingen. Das sei auch der Grund dafür, dass Iran und Saudi-Arabien in der Region einen Stellvertreterkrieg führten. Das sei "schmerzlich". Der Ausweg aus dieser Lage sei, einen Weg zu finden, um in diesen Ländern, fähigere Führer an die Macht zu bringen, die in der Lage seien, Angehörige verschiedener Religionen zu einen.

Die Veröffentlichung des Videos erfolgte einen Tag nach der Teilnahme Mays an dem Gipfel des Golfkooperationsrats. In den britischen Medien wurde Johnson wegen seiner abfälligen Äußerungen über die saudische Führung kritisiert.

Am 10. Dezember wurde der britische Botschafter in Teheran, Nicholas Hopton, ins Außenministerium einbestellt. "Solche unverantwortlichen, provozierenden und spaltenden Äußerungen sind zu verurteilen. Sie dürfen nicht wiederholt werden", sagte ihm Ghassemi. Iranischen Medien zufolge versicherte der Botschafter, die Politik seines Landes habe das Ziel, die Beziehungen zu Iran auszubauen. Er werde der Premierministerin den Protest Teherans mitteilen, sagte er.

Am 15. Dezember wurden der russische und der iranische Botschafter in London getrennt voneinander von Außenminister Johnson ins Außenministerium einbestellt, um ihnen das Missfallen der britischen Regierung über die Rolle der beiden Staaten in Syrien mitzuteilen. Johnson erklärte gegenüber der Presse, Iran und Russland hätten die Menschenrechte in Syrien schwer verletzt und internationalen Hilfsorganisationen den Zugang zu den Menschen in Not versperrt.

Am 17. Dezember übte Revolutionsführer Ali Chamenei scharfe Kritik an Großbritannien. Die Äußerungen Mays seien "unverschämt", sagte er. Großbritannien sei in den letzten zwei Jahrhunderten "die Wurzel allen Übels in der Region" gewesen. "Die Schläge, die die Briten den Ländern in der Region zugefügt haben, waren einmalig in Indien, Pakistan, Iran und dem Irak. In Palästina haben sie ein ganzes Volk zu Vertriebenen gemacht. Nun werfen ausgerechnet sie Iran unverfroren vor, eine Bedrohung zu sein", sagte Chamenei.


ERLAUBNIS FÜR EU-VERTRETUNG IN TEHERAN STEHT WEITERHIN AUS

Einem Bericht der dpa zufolge erklärte Irans Außenminister Sarif am 13. Dezember im islamischen Parlament, die Entscheidung über den Antrag der EU zur Gründung einer diplomatischen Vertretung in Teheran sei noch nicht gefallen.

Grund für die Verzögerung sind Bedenken vor allem auf Seiten der Hardliner und Konservativen, die befürchten, dass eine EU-Vertretung dazu benutzt werden könnte, über Dissidenten und regierungsunabhängige Organisationen sowohl politisch als auch kulturell Einfluss im Land auszuüben. Manche behaupten sogar, eine EU-Vertretung werde auch als ein Spionagezentrum fungieren.

Demgegenüber vertritt die Regierung den Standpunkt, dass eine EU-Vertretung für Iran sowohl politisch als auch wirtschaftlich von Vorteil wäre. Die EU-Staaten hätten seit dem Atomabkommen ihre Beziehung zu Iran wesentlich verbessert, ihr Interesse an einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit sei groß. Je besser die Beziehungen, desto größer die Chance für Investitionen, die für die Weiterentwicklung des Landes nötig seien, argumentiert das Außenministerium.


SPANNUNGEN ZWISCHEN IRAN UND SAUDI-ARABIEN DAUERN AN

Am 6. Dezember verurteilte ein Gericht in der saudischen Hauptstadt Riad 15 Angeklagte wegen Spionage für Iran zum Tode. Weitere 15 Personen erhielten Strafen. Bei zwei Angeklagten gab es Freisprüche. 30 der Angeklagten sind saudischer Herkunft, ein Angeklagter stammt aus Iran, ein anderer aus Afghanistan.

Konkret wurde den Angeklagten vorgeworfen, geheime Informationen an Teheran weitergeleitet und Geheimzellen in Saudi-Arabien gebildet zu haben. Einige von ihnen sollen, wie vom Gericht behauptet, von Irans Revolutionsführer Ali Chamenei persönlich empfangen worden sein.

Das Urteil wurde von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) als schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte scharf kritisiert. Das Urteil, das unter Missachtung der elementarsten Standards gefällt worden sei, sei "ein Schlag ins Gesicht der Justiz", erklärte AI.

Auch Teheran protestierte gegen das Urteil. "Die Unterstellungen sind grundlos und politisch motiviert", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Bahram Ghassemi, am 7. Dezember in Teheran. Er forderte die saudische Regierung auf, die Namen der Verurteilten, zumindest den Namen des Iraners, bekannt zu geben.

Am 8. Dezember verurteilte Iran eine Erklärung des Golfkooperationsrats über Iran. In der Erklärung, die am 7. Dezember auf dem 37. Gipfel des Rats in Bahrains Hauptstadt Manama und im Beisein der britischen Premierministerin verabschiedet wurde, wird Iran aufgefordert, den Konflikt über die drei Inseln Groß-Tomb, Klein-Tomb und Abumussa im Persischen Golf in Verhandlungen beizulegen oder den Internationalen Gerichtshof darüber entscheiden zu lassen. Sowohl Iran als auch die Arabischen Emirate erheben Besitzansprüche auf die drei Inseln. Derzeit befinden sie sich in iranischem Besitz.

Zudem wird Iran die Einmischung in Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrats und anderer Staaten in der Region vorgeworfen. Teheran wird aufgefordert, "die Prinzipien der Nachbarschaft einzuhalten, die Souveränität anderer Länder zu achten und auf Drohungen und Gewalt zu verzichten". Der Gipfel verurteilte weiterhin Äußerungen verantwortlicher Politiker in Iran gegen andere Staaten und den Versuch, die Bevölkerungen der Nachbarstaaten zu spalten.

Zum Schluss wird Iran aufgefordert, seine Politik grundlegend zu ändern, internationale Vereinbarungen zu achten und es zu unterlassen, "terroristische Gruppen wie die libanesische Hisbollah zu unterstützen oder im eigenen Land Terroristen Asyl zu gewähren".

Die Politik der Islamischen Republik basiere auf guter Nachbarschaft, Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Staaten und der Achtung ihrer Souveränität, sagte Ghassemi. Teheran erwarte von den Staaten des Golfkooperationsrats, damit aufzuhören, sich in die inneren Angelegenheiten der Islamischen Republik einzumischen und zu versuchen, in der Bevölkerung Zwietracht zu stiften, anstatt ihre unbegründeten Vorwürfe gegen Iran zu wiederholen. Als Beispiel verwies er auf ein Schreiben von zehn arabischen Staaten an die UN-Vollversammlung, in dem Iran Einmischung in Angelegenheiten anderer Staaten in der Region vorgeworfen wurde. "Wir erwarten, dass diese Staaten das internationale Gremium stärken, um mehr Stabilität und Sicherheit für die Region zu erreichen."

Ghassemi warf Saudi-Arabien zudem vor, im vergangenen Jahr die Reise iranischer Pilger nach Mekka und Medina verhindert zu haben. "Es ist bedauerlich, dass Saudi-Arabien versucht, aus seiner Position des Gastgebers politisches Kapital herauszuschlagen, anstatt die Verantwortung für die Hunderten von Toten bei der Katastrophe vor zwei Jahren zu übernehmen.

Bei einer Massenpanik vor zwei Jahren kamen hunderte Pilger in Mekka ums Leben, die meisten von ihnen stammten aus Iran.

Ghassemi forderte den Rat auf, statt durch politische Manöver von den Tatsachen abzulenken, die Realitäten in Bahrain zur Kenntnis zu nehmen, unter anderem die permanente Unterdrückung der Bevölkerung und die eklatante Verletzung der Menschenrechte in dem Land. Es wäre weitaus vernünftiger, wenn der Rat versuchen würde, die Führung in Bahrain von einer Politik zu überzeugen, die die nationale Einheit fördere.

In Bahrain war es 2011 im Rahmen des sogenannten "Arabischen Frühlings" zu größeren Unruhen gekommen, die hauptsächlich von dem schiitischen Teil der Bevölkerung getragen und unterstützt wurden. Die Regierung in Bahrain deutete die Proteste als eine Verschwörung Irans, die die Gründung einer Islamischen Republik in Bahrain zum Ziel hätte. Die Proteste wurden mit Hilfe Saudi-Arabiens brutal niedergeschlagen.

Am Ende kritisierte Ghassemi die Haltung des Rats zum iranischen Atomabkommen. Offenbar hätten die Ratsmitglieder nicht begriffen, worum es sich bei dem Abkommen handele und welche Vorteile es bringe, sagte der Sprecher des Außenministeriums.

In dieser feindlichen Atmosphäre zwischen Iran und Saudi-Arabien schlug Irans Parlamentspräsident überraschend versöhnliche Töne gegenüber Saudi-Arabien an. Auf einer "Sicherheitskonferenz" in Teheran am 11. Dezember sagte Ali Laridschani: "Alle Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, sollten wissen, dass Iran sie nicht als Feinde betrachtet und gegen ihre positive Rolle in der Region nichts einzuwenden hat. Iran ist keineswegs bestrebt, ein Imperium zu gründen. Im Gegenteil, wir lehnen solche Gedanken und Theorien strikt ab." Es gebe auch keine hegemonialen Bestrebungen. Solche Bestrebungen, die auf Ideologien basierten, könnten politische Folgen haben und die Sicherheit der Region gefährden.

Die Staaten der Region hätten durchaus die Fähigkeit, die Region zu entwickeln und Lösungen für die Konflikte in Syrien, Jemen und Bahrain zu finden, sagte Laridschani weiter. "Wir streben auch keine Kreuzzüge gegen den christlichen Westen an. Wir wollen friedliche Beziehungen. Allerdings sind wir gegen Arroganz und bekämpfen eine kolonialistische Politik, die versucht, das zionistische Regime zu unterstützen."

Am 30. Dezember berichtete die saudische Zeitung "Al Hajat", dass der für Pilgerfahrten zuständige Minister Mohammed Bentin eine Serie von Gesprächen über die Pilgerfahrt nach Mekka und Medina 2017 mit 80 Ländern - darunter auch Iran - aufgenommen habe.


IRAN VERURTEILT ATTENTATE IN BERLIN UND IN DER TÜRKEI

Außenamtssprecher Bahram Ghassemi verurteilte den Anschlag auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin scharf. Die iranische Bevölkerung nehme Anteil an der Trauer über die unschuldigen Opfer, hieß es in einer Presseerklärung vom 20. Dezember. Solche Anschläge ließen sich nur durch einen konsequenten Kampf gegen den Terrorismus verhindern, der durch die Kooperation aller Staaten erfolgreich sein könne.

Verurteilt hat Teheran auch das tödliche Attentat auf den russischen Botschafter in der Türkei. Die dpa zitiert Ghassemi in einer Meldung vom 19. Dezember mit den Worten: "Um noch mehr Unruhe in der Region zu schaffen, haben die Terroristen erneut eine gemeinsame Tat begangen." Ghassemi forderte die internationale Gemeinschaft auf, den Terrorismus noch dringlicher als bisher zu bekämpfen und aufzuhören, "Terrorgruppen in Gut und Böse aufzuteilen".

Teheran nahm auch zu den Anschlägen in der Türkei Stellung. "Wir sind traurig und zugleich besorgt wegen der erneuten Terroranschläge in unserem Nachbarland Türkei", sagte der Sprecher des Außenministeriums Ghassemi. Die Terroristen müssten mit allen Mitteln bekämpft werden. "Die einzige Sprache, die sie verstehen, ist Gewalt", sagte er.


PROTESTE GEGEN IRAN UND RUSSLAND IN ANKARA

Mehrere Hundert Menschen haben am 15. Dezember in der türkischen Hauptstadt Ankara vor der iranischen und danach vor der russischen Botschaft gegen das Verhalten Russlands und Irans im syrischen Aleppo protestiert, berichtete die AFP. Die Demonstranten sprachen von einem "Massaker in Aleppo" und riefen im Chor: "Aleppo ist die Schande der Welt." Auch einige zivilgesellschaftliche Organisationen nahmen an der Kundgebung teil. Es hatte bereits zuvor mehrere Protestmärsche gegen die Rolle Irans in Syrien gegeben. Wenige Tage zuvor hatten rund tausend Demonstranten in Istanbul die Politik Irans verurteilt.


ISRAEL WARNT IRAN

Einem Bericht der israelischen Tageszeitung Haarez vom 14. Dezember zufolge hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei einem Besuch in Astana, der Hauptstadt der Republik Kasachstan, den Präsidenten des Landes gebeten, Iran vor Drohungen gegen Israel zu warnen. Denn das könnte für Iran sehr gefährlich werden. Die Zeitung beruft sich auf Informationen eines hochrangigen Politikers, der nicht namentlich genannt werden wollte. Demnach soll Netanjahu gesagt haben, sollte Iran seine Strategie gegenüber Israel ändern, werde auch Israel eine Änderung seiner Politik der Islamischen Republik gegenüber vornehmen.

Dem Zeitungsbericht zufolge soll der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew Netanjahu gesagt haben, er werde Irans Präsident Hassan Rohani bald treffen und könne ihm bei dieser Gelegenheit eine Botschaft übermitteln. Netanjahu sagte, er solle Rohani fragen, warum die Islamische Republik ständig damit drohe, Israel zerstören zu wollen. "Israel ist kein Hase, sondern ein Leopard", sagte Netanjahu. "Es ist kein armes Land. Anscheinend wissen die Iraner nicht, wen sie vor sich haben und welche Gefahren sie mit ihren Drohungen riskieren."

In den letzten Wochen seit der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA ist Israels Kritik an dem Atomabkommen nach vorübergehendem Schweigen wieder laut geworden. Netanjahu äußerte am 4. Dezember die Hoffnung, dass er bald die Gelegenheit haben werde, mit Trump über "das schlechte Abkommen" zu sprechen und ihm Vorschläge zu machen, wie die USA aus dem Abkommen wieder herauskommen könnten. In einem Interview mit dem US-Sender CBS am 12. Dezember sagte Netanjahu: "Es gibt verschiedene Wege, das Abkommen zu annullieren." Zugleich betonte er, dass Iran seit dem Abkommen von 2015 wesentlich aggressiver geworden sei. "Wir werden jeden angreifen, der einen Angriff gegen uns plant und jeden vernichten, der Israel vernichten möchte", sagte Netanjahu.

Indes hat der iranische Revolutionsführer Ali Chamenei bei einem Treffen mit dem Führer der palästinensischen Organisation Islamischer Dschihad in Palästina, Ramadan Abdullah, erklärt: "Wenn wir gemeinsam den Kampf führen und die Palästinenser und die Muslime sich einigen, wird Israel in den nächsten 25 Jahren nicht mehr existieren." Das Hauptproblem des Nahen Ostens seien die USA, sagte er, "der große arrogante Teufel", der mit "Hilfe der kleinen Teufel" Krisen erzeugt, mit dem Ziel, das Problem zwischen Israel und Palästina als unbedeutend erscheinen zu lassen. Die Krise im Nahen Osten habe mit dem vermeintlichen Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten nichts zu tun. Das sei alles Propaganda. Die Verbrechen und Massenmorde des IS in Aleppo und Mosul hätten sich vor allem gegen die sunnitische Bevölkerung gerichtet.

Die Organisation Islamischer Dschihad in Palästina wird seitens der USA, der EU und einiger anderer Staaten wie Kanada und Australien als terroristisch eingestuft. Von Iran wird sie hingegen unterstützt.

Trotz bestehender Feindschaft zwischen Iran und Israel kauft Israel bei einer deutschen Firma U-Boote, an der auch Iran beteiligt ist. Die Medien berichteten am 4. Dezember, dass das deutsche Unternehmen Thyssen Krupp U-Boote an Israel verkaufe. Iran ist mit fünf Prozent an dem Unternehmen beteiligt. Die Firma soll drei U-Boote im Wert von 1,2 Milliarden Euro an Israel liefern. Davon wird auch Iran profitieren. Dies sorgte in Israel für Aufruhr. Die Zeitung Jediot Achronot titelte in ihrer Ausgabe vom 4. Dezember: "Israels Geld, Irans Profit".

Thyssen Krupp erklärte gegenüber der Agentur AFP, dass Irans Foreign Investment Company, die iranische Auslandsbeteiligungen verwalte. Anfangs seien die Iraner mit sieben Prozent an der Firma beteiligt gewesen, seit 2003 jedoch nur noch mit unter fünf Prozent.

2003 wurde bekannt, dass die USA auf Thyssen Krupp Druck ausgeübt hatten, um Irans Anteil auf unter fünf Prozent zu senken. Damals wurde auch der Vertreter Irans aus dem Vorstand ausgeschlossen. Die zu liefernden U-Boote können mit Nuklearwaffen bestückt werden. Das israelische Verteidigungsministerium hat die Medienberichte weder bestätigt noch dementiert.

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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2017

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