Schattenblick →INFOPOOL →GESELLSCHAFTEN → STIFTUNGEN

HEINRICH BÖLL STIFTUNG/276: Iran-Report Nr. 5 - Mai 2012


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 5 - mai 2012
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

*

INNENPOLITIK
• Bilaterales Treffen mit den USA abgelehnt - Rafsandschani lüftet Geheimnisse
• Cyber-Angriff auf iranischen Öl-sektor gestoppt
• ROG befürchtet digitale Apartheid
• Israelisches "Terrornetzwerk" ausgehoben
• Zugang zu den Universitäten für Teilnehmer an Unruhen von 2009 verboten
• Urteil gegen Faeseh Rafsandschani wird vollstreckt


BILATERALES TREFFEN MIT DEN USA ABGELEHNT - RAFSANDSCHANI LÜFTET GEHEIMNISSE

Iran hat bei den Gesprächen über sein Atomprogramm in Istanbul den wiederholten Vorschlag der US-Delegation, bilaterale Gespräche zu führen, abgelehnt. Dies verlautete am 14. April aus Kreisen der iranischen Delegation.

Die Beziehungen zwischen Iran und den USA liegen seit der Geiselnahme der Angehörigen der US-Botschaft in Teheran 1979 auf Eis. Es gab immer wieder Versuche der Annäherung auf beiden Seiten. In der Regierungszeit Mohammad Chatamis gab es wohl mehrere Geheimgespräche über regionale Konflikte, vor allem über den Irak- und Afghanistan-Krieg. Das Thema iranisch-amerikanische Beziehungen ist selbst nach 31 Jahren in Iran noch immer tabu.

Nun hat Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, der als alter Fuchs der iranischen Politik bezeichnet wird, das Thema öffentlich erörtert. In einem Interview vom 3. April mit der Zeitschrift Motaleat-e binolmelali (Internationale Studien), sagte er, er habe noch zu Lebzeiten Ayatollah Chomeini den Revolutionsführer in einem Brief um Stellungnahme zu sieben politischen Fragen aufgefordert und gewarnt: "Diese Themen gleichen schwer zu erklimmenden Gebirgspässen, die nur mit Ihrer Hilfe bewältigt werden können. Wenn Sie diese Themen nicht jetzt klären, werden sie nach Ihnen zu Problemen, die sehr schwer zu lösen sein werden."

Der Brief sei streng vertraulich gewesen. Er habe ihn selbst mit der Hand geschrieben, damit niemand anderes seinen Inhalt erfährt, sagte Rafsandschani. Welche Themen es waren, sagte er nicht, mit einer Ausnahme: die Beziehung Irans zu den Vereinigten Staaten. Er habe Chomeini geschrieben: "Unsere gegenwärtige Vorgehensweise, keine Gespräche mit den USA zu führen und keinen Kontakt zu ihnen zu knüpfen, kann nicht ewig dauern. Die USA sind eine Supermacht. (...) Welchen Unterschied gibt es zwischen Europa und den USA oder zwischen Russland bzw. China und den USA? Warum können wir mit denen verhandeln und mit Amerika nicht? Verhandeln bedeutet nicht kapitulieren. Wir können mit ihnen verhandeln. Wenn sie unsre Positionen akzeptieren, gibt es kein Problem mehr."

Rafsandschani erinnerte an die Zeit nach dem Irak-Krieg (1980-1988), in der Iran mit "keinem Land auf der Welt Kontakt hatte, weder mit den Nachbarstaaten und den islamischen Staaten, noch mit den Staaten im Westen und Osten". Er sagte: "Leider wurde damals die Parole, 'weder Osten noch Westen' falsch verstanden und viele meinten, das hieße, wir sollten zu keinem Staat Beziehungen haben." Es sei völlig abwegig, zu glauben, man könne allein mit Parolen auskommen, betonte der Vorsitzende des Schlichtungsrats. Jeder Staat brauche aktive Politik und Diplomatie.

Rafsandschani, einer der schärfsten Gegner von Präsident Ahmadinedschad, war nach seiner Parteinahme für die Reformer bei den Präsidentschaftswahlen von 2009 in die Schusslinie der Radikalen geraten. Selbst Revolutionsführer Ali Chamenei tadelte ihn öffentlich. Doch seit einigen Wochen scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Offenbar hat die sich verschärfende Kontroverse zwischen Chamenei und Ahmadinedschad rechte und moderate Konservative wieder vereint. Diese neue Frontbildung trug bereits bei den Parlamentswahlen im März Früchte. Die Konservativen bekamen die absolute Mehrheit, während die Anhänger Ahmadinedschads zu einer unbedeutenden Minderheit schrumpften.

Rafsandschani, der vor Kurzem durch den Revolutionsführer in seinem Amt als Vorsitzender des Schlichtungsrats für weitere fünf Jahre bestätigt wurde, scheint sich offenbar wieder stark genug zu fühlen, um heiße Themen wie die Beziehungen zu den USA offen zu diskutieren. Er übte auch harte Kritik an der Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung. "Wenn die amtierende Regierung genügend Sachkompetenz hätte (...) hätten wir keine Probleme mit der eigenen Bevölkerung und auch keine gestörten Beziehungen zu anderen Ländern", sagte Rafsandschani. Noch sei es nicht zu spät, noch könnte eine "fähige Regierung" die Probleme lösen. "Ohne die Zustimmung der Bevölkerung landen wir in der Sackgasse."

Rafsandschani kam auch auf die Beziehungen zu Saudi-Arabien zu sprechen. Saudi-Arabien sei sich dessen bewusst, dass Iran eine wichtige Regionalmacht ist und sei gewillt "unter der Voraussetzung einer vernünftigen Politik seine Beziehung zu uns kooperativ zu gestalten", sagte er. Bezug nehmend auf seinen letzten Besuch in Saudi-Arabien vor einigen Jahren, fügte er hinzu: "Damals haben wir viele Probleme gelöst und Einigkeit erzielt. Doch als ich nach Iran zurückkam, warf unsere Regierung alle Vereinbarungen über Bord, weil sie befürchtete, der Erfolg würde mir persönlich zugute kommen." Der saudische Außenminister sei nach Teheran gekommen und enttäuscht wieder zurückgekehrt. "Hätten wir heute gute Beziehungen zu Saudi-Arabien, hätte der Westen niemals unseren Ölexport boykottieren können. Denn kein anderes Land außer Saudi-Arabien ist in der Lage, das fehlende iranische Öl auf dem Weltmarkt zu ersetzen."

Iran und Saudi-Arabien gehörten zu den wichtigsten islamischen Staaten, sagte Rafsandschani. Ihre Zusammenarbeit könne in der gesamten Region für Ruhe sorgen. Sie könnten den radikalen Kräften Einhalt gebieten und eine von äußeren Einflüssen unabhängige Außenpolitik betreiben.

Der ultrarechte Freitagsprediger Ahmad Chatami widersprach Rafsandschani. Saudi-Arabien stehe in der ersten Reihe jener Staaten, die die Muslime spalten wollen, sagte er. "Hinter vielem, was in Syrien geschieht, steckt Saudi-Arabien." Die Saudis seien nach Bahrain marschiert und schmiedeten Verschwörungen gegen Syrien. Ohne den Namen Rafsandschanis zu nennen, kritisierte Chatami dessen Äußerungen über die Beziehungen zwischen Iran und den USA und sagte, diese Angelegenheit sei einzig und allein vom Willen des Revolutionsführers abhängig und niemand außer ihm sei befugt, sich dazu zu äußern.

Auch der Freitagsprediger von Maschhad im Nordosten Irans, Ahmad Alamalhadi, sagte, leider gibt es immer wieder Leute, die sich zu den Beziehungen Irans zu den USA äußern. "Der hoch verehrte Revolutionsführer hat doch bereits gesagt: 'Wenn die Aufnahme der Beziehungen in unserem Interesse sein sollte, werde ich als erster die Wiederaufnahme verlangen. Arber es ist nicht in unserem Interesse'."


CYBER-ANGRIFF AUF IRANISCHEN ÖL-SEKTOR GESTOPPT

Nach einem groß angelegten Cyber-Angriff haben die Behörden in Teheran das Virus nach eigenen Angaben gestoppt. Der Hacker-Angriff habe sich gegen Server der staatlichen iranischen Ölgesellschaft NIOC gerichtet, sagte Vize-Ölminister Hamadollah Mohammadnedschad am 24. April der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. Die betroffenen Server seien vorübergehend vom Netz genommen worden, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Probleme bei der Ölproduktion und beim Export habe es nach Angaben des Ministers nicht gegeben. Auch die Internetseiten des Ölministeriums und der staatlichen Ölgesellschaft seien am 24. April wieder zu erreichen gewesen. Medienberichten zufolge sollte das Virus auf den Computern Dateien löschen und Festplatten beschädigen.

Iran war bereits 2010 Opfer eines massiven Cyber-Angriffs geworden. Damals war der Computerwurm Stuxnet in Rechner des Atomprogramms eingeschleust worden. Er legte einen Teil der Zentrifugen zur Urananreicherung in der Anlage Natans still. Iran hatte damals den USA und Israel vorgeworfen, hinter der Attacke zu stecken. Das wurde später auch durch Medienberichten in den USA bestätigt. Auch dieses Mal geht Iran von demselben Absender aus. Offenbar ist der Krieg bereits ausgebrochen, wenn auch erst einmal auf Cyber-Ebene.


ROG BEFÜRCHTET DIGITALE APARTHEID

Die internationale Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat die sofortige Freilassung des iranischen Internet-Experten Mohammad Soleimanian gefordert. Der Experte sitzt seit drei Monaten im Gefängnis und wird nach Informationen von ROG massiv unter Druck gesetzt, die Regierung beim Bau eines "nationalen Internets" zu unterstützen.

Soleimanian hatte das populäre Business-Netzwerk u24 betrieben und die Webseiten zahlreicher iranischer regierungsunabhängiger Organisationen betreut. Am 10. Januar wurde er vor ein Revolutionstribunal in Karadsch geladen und anschließend verhaftet. Beamte des Ministeriums für Nachrichtenwesen und Sicherheit durchsuchten sein Haus und beschlagnahmten Computer, Festplatten und CDs. u24 ist seither nicht mehr zugänglich.

Seit einem Monat wird Soleimanian im berüchtigten Trakt 209 des Geheimdienstministeriums im Evin-Gefängnis in Teheran gefangen gehalten - bislang ohne Anklage. Seiner Familie zufolge ist er in einen Hungerstreik getreten, um gegen die Haftbedingungen zu protestieren.

Iran ist nach China das größte Gefängnis für Internetaktivisten weltweit. Derzeit sitzen dort 19 Blogger und andere Online-Aktivisten in Haft, vier von ihnen wurden Anfang 2012 zum Tode verurteilt. Die Führung in Teheran blockierte Dienste wie Facebook, Twitter oder YouTube. Seit Jahresbeginn müssen sich Besucher von Internet-Cafés ausweisen. Die Betreiber sind verpflichtet, sechs Monate lang die Protokolle besuchter Webseiten aufzubewahren. Ein "Hoher Rat für den Cyberspace" soll künftig die Internet-Kontrolle bündeln. Medienberichte, wonach Iran den Zugang zum internationalen Internet ab Mai dauerhaft abschalten wolle, wies das Regime in Teheran unterdessen zurück.

In seinem Bericht "Feinde des Internets" vom 12. März 2012 beschreibt Reporter ohne Grenzen ausführlich die Zensurmaßnahmen des iranischen Regimes: "Bereits jetzt können Iraner, die es nicht wagen oder nicht in der Lage sind, die Zensur zu umgehen, nur noch ein von kritischen Inhalten gesäubertes Internet nutzen. Für sie ist das nationale Internet seit Jahren Realität."

ROG befürchtet, dass sich Iran mit seinen Plänen zur Online-Zensur einem zweigeteilten Internet nähert, in dem Regierungsbeamte, religiöse Führer und wichtige Unternehmer Zugang zum weltweiten Internet behalten, während die Mehrheit der Bevölkerung nur noch ein zensiertes Internet nutzen darf. "Die Staatsspitze würde damit ihr eigenes Volk extrem benachteiligen", heißt es Im Internet-Bericht 2012.‍ ‍"Das wäre eine digitale Apartheid."


ISRAELISCHES "TERRORNETZWERK" AUSGEHOBEN

Iranische Behörden haben nach eigenen Angaben mehrere israelische Terroristen festgenommen. An mehreren Orten im Land sei "eines der größten Sabotage- und Terrornetzwerke des zionistischen Regimes" ausgehoben worden, teilte das für Geheimdienste zuständige Ministerium am 10. April nach Angaben mehrerer iranischer Medien mit. Dabei sei "eine Gruppe von kriminellen Terroristen und Söldnern" festgenommen worden.

Den Angaben zufolge fanden die Behörden sowohl in iranischen Grenzregionen als auch im Landesinneren "Bomben, Maschinengewehre, Pistolen und militärische Kommunikationsmittel". In einem nicht näher bezeichneten Land der Region seien zudem "Hauptquartiere der Zionisten" ausgemacht worden. Ziel der Gruppe sei es gewesen, die Ermordung eines iranischen Experten vorzubereiten und Anlagen in die Luft zu sprengen. Die mutmaßlichen Ziele nannte das Ministerium nicht. Iran hat bereits mehrere Atomexperten durch Mordanschläge verloren, für die Teheran Israel verantwortlich machte. Bei der Aktion seien Informationen ans Licht gekommen, wonach Israel "diplomatische Missionen in westlichen Staaten" genutzt habe, um die Aktivitäten der Gruppe zu unterstützen.

Iran beschuldigt neben Israel vor allen die USA und Großbritannien der Spionage und berichtete schon häufiger über Festnahmen, für die es jedoch nie unabhängige Belege gab. Zum Nachbarstaat Aserbaidschan bestehen angespannte Beziehungen wegen angeblicher Waffengeschäfte des Landes mit Israel.


ZUGANG ZU DEN UNIVERSITÄTEN FÜR TEILNEHMER AN UNRUHEN VON 2009‍ ‍VERBOTEN

Wissenschaftsminister Kamran Daneschdschu erklärte iranischen Medien zufolge: "Alle, die an den Verschwörungen (Unruhen von 2009) aktiv beteiligt waren, haben keinen Zugang zu den Universitäten." Das Problem der Universitäten sei es, dass sie "westlich" arbeiten und "westliche Wurzeln" haben, sagte er in der heiligen Stadt Ghom am 10. April. "Wir wissen, dass sich unter dem Schah die westliche Orientierung sogar in die Anbetung des Westens verwandelt hatte. Auch die Universitäten richteten sich voll und ganz nach westlichen Vorbildern."

Seitdem seien 30 Jahre vergangen, fuhr der Minister fort. "Doch leider ist auf diesem Gebiet (Lehre und Forschung) kaum etwas unternommen worden. Selbst wenn wir jetzt einige islamische Grundsätze einführen wollten, würden wir Probleme haben."

Daneschdschu gehört zu den vehementesten Vertretern der Islamisierung der Universitäten. Im vergangenen Jahr wollte er die Geschlechtertrennung an den Universitäten durchsetzen, stieß dabei aber auf Ablehnung durch Präsident Ahmadinedschad. Bereits zuvor hatte er erklärt, Lehrkräfte an den Universitäten, die sich nicht zur Islamischen Republik und der absoluten Herrschaft der Geistlichkeit bekennen, hätten an den Universitäten nichts zu suchen. Gerichtet an die Universitätsrektoren hatte er gesagt: "Es ist euch untersagt, Mitarbeiter einzustellen, die nicht dem Revolutionsführer und der Verfassung der Islamischen Republik die Treue erweisen." Es gäbe genügend Menschen, die die Islamische Republik und den Islam lieben und sich dafür einsetzen. "Wir können mit gutem Gewissen auf die anderen verzichten und brauchen uns deswegen nicht zu schämen."

Auch der Geistliche Ayatollah Dschafar Sobhani forderte bei einem Empfang von Farhad Daneschdschu, dem neuen Rektor der Asad Universität (Freie Universität) und Bruder des Wissenschaftsministers, die Regierung auf, Lehrkräfte an den Universitäten, die nicht "auf der Linie der Islamischen Revolution" seien, zu entlassen. Er schlug vor, die Asad Universität in Islamische Asad Universität umzubenennen. Ein anderes Problem seien die gemischten Universitäten, sagte Sobhani. Es sei unbedingt notwendig, die Studentinnen in separaten Einrichtungen unterzubringen, "damit dieser unhaltbare Zustand endlich aufhört".

Die Asad Universität wurde 1980 auf Vorschlag Haschemi Rafsandschanis und mit Unterstützung Ayatollah Chomeinis gegründet. Die landesweit vertretene Universität ist die größte Universität des Landes.

Tatsächlich wurden in den vergangenen Jahren hunderte Professoren von ihrem Dienst suspendiert. Auch zahlreiche Studenten wurden exmatrikuliert. Das Problem für die Verantwortlichen ist, dass sowohl die Lehrkräfte als auch die Studenten in ihrer überwiegenden Mehrheit säkular eingestellt sind. Studierende gehörten bei den Protestdemonstrationen von 2009 neben Frauen zur treibenden Kraft der Opposition. Viele von ihnen landeten im Gefängnis. Einige von ihnen befinden sich immer noch in Haft. Es ist schon bemerkenswert, dass es den Islamisten auch nach dreißig Jahren nicht gelungen ist, die Universitäten zu islamisieren. Das bestätigt noch einmal die Stärke der iranischen Zivilgesellschaft.


URTEIL GEGEN FAESEH RAFSANDSCHANI WIRD VOLLSTRECKT

Justizsprecher Gholamhossein Mohseni Ejehii sagte am 9. April bei einer Pressekonferenz in Teheran, das Urteil gegen Faeseh Rafsandschani, Tochter von Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, liege nun bei der Vollstreckungsabteilung und werde, "so Gott will", bald vollstreckt. Vor kurzem hatte ein Revisionsgericht das zuvor vom Revolutionsgericht gefällte Urteil von sechs Monaten Haft plus fünf Jahre Verbot jeglicher politischer Betätigung, einschließlich journalistischer Tätigkeit und öffentlicher Auftritte, bestätigt.

Faeseh Rafsandschani hatte, nachdem sie einmal auf der Straße von Unbekannten beschimpft und bedroht worden war, in einem Interview scharfe Kritik an der Verletzung der Menschenrechte in Iran sowie an der "katastrophalen Wirtschafts- und Außenpolitik" der Regierung geübt. Sie sagte, die verbalen Angriffe gegen sie auf der Straße seien nicht spontan, sondern organisiert gewesen.

Das Interview war der Grund ihrer Verurteilung. Das Revolutionsgericht warf ihr "Propaganda gegen die Islamische Republik" vor und bestrafte sie mit sechs Monaten Gefängnis und fünf Jahren Verbot politischer Aktivitäten.

Faeseh Rafsandschani wurde bekannt, als sie als Vorsitzende der "Islamischen Föderation für Frauensport" sportliche Wettkämpfe für Frauen organisierte. Sie trug Jeans und farbige Kleidung, protestierte damit gegen Kleidungsvorschriften und kämpfte für mehr Rechte für Frauen. Das forderte heftige Kritik der Konservativen heraus. Dennoch wurde sie im Land, besonders bei Frauen, populär. Sie wurde in der 5. Legislaturperiode mit dem zweithöchsten Stimmenanteil in der Hauptstadt Teheran ins Parlament gewählt. In der Regierungszeit von Mohammad Chatami, als die Pressezensur gelockert wurde, gründete sie die Frauen-Zeitschrift San (die Frau), in der hauptsächlich Frauenrechte behandelt wurden. Später wurde die Zeitschrift verboten, weil sie eine Neujahrsbotschaft von Ex-Kaiserin Farah Diba veröffentlicht hatte. Bei den Parlamentswahlen zur 6. Legislaturperiode erlitt Faezeh Rafsandschani eine Niederlage. Seitdem hat sie kein offizielles Amt mehr übernommen. 2009 beteiligte sie sich an den Protestdemonstrationen, gab auch ausländischen Journalisten Interviews und wurde deshalb vorübergehend in Haft genommen.

*

WIRTSCHAFT
• Atomgespräche in Istanbul
• Die erste Runde der Verhandlungen
• Schweiz verzichtet auf Boykott der iranischen Zentralbank
• Iran liefert weiterhin Öl nach Europa und lockt asiatische Kunden mit Preisnachlässen
• Zügelloser und einmaliger Preisanstieg in Iran
• Chinesische Firma versichert keine Tanker mit iranischem Öl mehr


ATOMGESPRÄCHE IN ISTANBUL

Im Vorfeld zu den Atomgesprächen am 13. und 14. April in Istanbul haben die direkt und indirekt Beteiligten zu dem Treffen Stellung bezogen. Eine Woche davor, am 8. April, sorgte ein iranischer Abgeordneter für Irritationen. Iran habe Kenntnisse und die wissenschaftlichen Fähigkeiten zum Bau einer Atombombe, sagte der prominente Abgeordnete Gholamresa Mesbahi Moghaddam dem Nachrichtenportal des Parlaments. Das Land könne mit Leichtigkeit das für den Atombombenbau notwendige hoch angereicherte Uran produzieren. Aber es sei nicht die Politik Teherans, diesen Pfad einzuschlagen, zitierte ihn die Seite icana.ir.

Vorher hatte noch nie ein prominenter iranischer Politiker öffentlich die technischen Fähigkeiten Irans zum Bau einer Atombombe eingeräumt. Die Äußerungen bekräftigten die Ansicht Israels, dass das umstrittene Atomprogramm Teherans eine militärische Dimension habe, sagte dann auch ein israelischer Beamter. Allerdings sollte man bedenken, dass Moghaddams Äußerungen nicht notwendigerweise die Sichtweise der iranischen Regierung wiedergebe.

Im Vorfeld der Gespräche wurden auch die konkreten Forderungen des Westens an Iran bekannt. Wie die New York Times am 8. April berichtete, verlangten die westlichen Staaten die sofortige Schließung der unterirdischen Atomanlage in Fordo. Außerdem sollte Iran die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent stoppen. Die bestehenden Vorräte von rund 100 Kilogramm an diesem höher angereicherten Material müssten außer Landes gebracht werden. Schließlich sollte Iran zu Beginn der neuen Verhandlungsrunde nachweisen, dass es sein Atomprogramm ohne Vorbedingungen diskutieren werde, berichtete die New York Times.

Bereits Anfang April sandte US-Präsident Barack Obama laut einem Zeitungsbericht eine Botschaft an Revolutionsführer Ali Chamenei. Dabei signalisierte Obama laut Washington Post vom 6. April, dass die USA ein ziviles iranisches Atomprogramm akzeptieren könnten. Chamenei müsste allerdings seine Aussage belegen, dass Iran auf keinen Fall Atomwaffen anstrebe. Die Botschaft habe der türkische Regierungschef Recep Erdogan an Chamenei weitergeleitet, schrieb Washington Post. Ob Obama auch eine Urananreicherung Irans für zivile Zwecke akzeptieren würde, blieb demnach unklar.

Am 8. April reagierte Teheran auf die Forderungen des Westens ablehnend. Solche Vorgaben seien nicht sinnvoll, sagte der Direktor der iranischen Atomenergiebehörde, Ferejdun Abbasi, der Agentur ISNA zufolge. Zugleich warnte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor Teherans "Täuschungsmanövern". Bei einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Mario Monti am 8. April sagte er laut einem Bericht in der Online-Ausgabe der israelischen Zeitung "Jerusalem Post", Iran könne die Gespräche dazu missbrauchen ' "Zeit zu schinden und zu täuschen". Er nannte drei Forderungen für die Verhandlungen: Teheran müsse die Urananreicherung stoppen, bereits angereichertes Uran beseitigen und die Anreicherungsanlage Fordo schließen.

Am 9. April deutete Iran Kompromisse an: langfristig könne die Produktion von hoch angereichertem Uran gestoppt werden. Die Vorräte sollen jedoch in Iran bleiben. Allerdings kam der Vorschlag von Abbasi, der im iranischen Fernsehen erklärte, Teheran könne seine Produktion von auf 20 Prozent angereichertem Uran, das für einen Forschungsreaktor benötigt wird, einstellen, aber erst dann, wenn genügend davon gelagert sei. "Wenn der Bedarf gedeckt ist, werden wir die Produktion herunterfahren und wenn möglich komplett auf 3,5 Prozent reduzieren". Es war nicht klar, ob Abbasis Aussage die offizielle Position Irans widerspiegelte. Am nächsten Tag lehnte Präsident Ahmadinedschad einen Verzicht Irans auf das Nuklearprogramm ab. "Jeder, der die Rechte des iranischen Volkes verletzt, ( ...) wird auf seinen Platz zurückgewiesen", sagte er laut iranischem Fernsehen am 10. April.

Auch Russland schaltete sich im Vorfeld der Verhandlungen ein und forderte Iran zu einer engeren Zusammenarbeit mit der Völkergemeinschaft auf. Mit dem Hinweise auf die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sagte der russische Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch nach Angaben der Agentur Interfax vom 10. April: "Wir bestehen darauf dass Teheran (den Resolutionen) vollständig Folge leistet."

Zwei Tage vor Beginn der Verhandlungen meldete sich Ahmadinedschad noch einmal zu Wort: "Wir werden ihnen (den Verhandlungspartnern) sagen, dass wir kein Jota von unseren nuklearen Rechten abweichen werden", sagte er am 11. April auf der Insel Gheschm im Persischen Golf laut der Agentur ISNA. Er empfahl den Westmächten, höflich mit seinem Land zu reden und dessen Rechte zu respektieren. "In diesem Fall ist es zu ihrem Nutzen, andernfalls werden sie ihre Feindschaft zum Iran bereuen."


DIE ERSTE RUNDE DER VERHANDLUNGEN

Wie erwartet, konnten bei der ersten Verhandlungsrunde keine konkreten Ergebnisse erzielt werden. Es ging offenbar allen Gesprächspartnern darum, zunächst in einer friedlich-freundlichen Atmosphäre die anstehenden Themen zu umreißen. Dies scheint gelungen zu sein. Beide Seiten bewerteten die Gespräche in Istanbul positiv. Sie sollen am 23. Mai in der irakischen Hauptstadt Bagdad fortgesetzt werden. Das gab die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bekannt. Die Gespräche gelten als letzte Chance, mögliche Militärschläge Israels gegen iranische Atomanlagen abzuwenden. "Die Diskussionen um die iranische Atomfrage waren konstruktiv und nützlich", sagte Ashton. Jetzt gehe es darum, bis zum Bagdader Treffen weiter gegenseitiges Vertrauen zu schaffen. Ziel sei, den Streit um das iranische Atomprogramm "Schritt für Schritt" beizulegen. Grundlage der Gespräche solle der Atomwaffensperrvertrag sein, wobei die 5+1-Gruppe das Recht Irans auf die friedliche Nutzung der Atomenergie vollständig achte.

"Wichtig ist, dass sich die Rhetorik der Weltmächte geändert hat, und in einer Atmosphäre von gegenseitigem Respekt können dann auch Ergebnisse erzielt werden", sagte Irans Unterhändler Said Dschalali.

"Eines ist klar", teilte Bundesaußenminister Guido Westerwelle in Berlin mit. "Die Zeit für taktische Spiele jedweder Art ist längst abgelaufen". Nach dem Treffen sagte er "Bild am Sonntag": "Das Wichtigste ist, dass es die Verabredung für ein Folgetreffen und den Willen gibt, in einen substanziellen Prozess einzusteigen. Wir wollen eine politische Lösung."

Nach Angaben aus der iranischen Delegation schlug Iran vor, sein höher angereichertes Uran unter Aufsicht der Internationalen Atombehörde IAEA selbst zu Brennstäben zu verarbeiten. Nach eigenen Angaben verfügt Iran über knapp 100 Kilogramm Uran, das auf 20 Prozent angereichert wurde.

Die USA bezeichneten die Gespräche als eine "erste positive Etappe". Der stellvertretende nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Obama, Ben Rhodes, forderte am 14. April Teheran zugleich auf, "konkrete Schritte" folgen zu lassen. Iran müsse belegen, dass sein Atomprogramm keine militärischen Ziele habe.

Israels Ministerpräsident Netanjahu kritisierte die Verhandlungen. Iran habe ein "Geschenk" von den westlichen Großmächten erhalten, sagte er am 15. April. Somit habe Iran fünf Wochen Zeit, um seine Urananreicherung fortzusetzen. Iran solle gezwungen werden, diese sofort zu stoppen. Demgegenüber verteidigte US-Präsident Obama die Bemühungen seines Landes. Es sei keinesfalls richtig, dass Iran in den neuen Gesprächen Geschenke gemacht worden seien, erklärte der Präsident am 16. April zum Abschluss des Atomgipfels in Kolumbien. Iran werde im Gegenteil mit den schwersten Sanktionen belegt, wenn es in den Gesprächen nicht zu Fortschritten komme. "Die Uhr tickt" sagte Obama an Teheran gewandt.

Kurz nach den Gesprächen verlangte Teheran die Aufhebung der gegen Iran verhängten Sanktionen. Wenn der Westen ein "Klima des Vertrauens" schaffen wolle, "muss er bei den Sanktionen anfangen", sagte Irans Außenminister Ali Akbar Salehi am 16. April der Agentur ISNA. Dies könne dabei helfen, "die Verhandlungen zu beschleunigen", um eine Lösung im Atomstreit zu erreichen. Wenn der Westen "guten Willen" zeige, sei Iran dazu bereit, die Probleme "schnell und einfach" zu lösen. Salehi sagte weiter, iranische Unterhändler würden in Bagdad darauf bestehen, dass es das "Recht" Irans sei, Uran auf 20 Prozent anzureichern. Falls der Westen jedoch garantiere, dass Iran mit Kernbrennstoff verschiedener Anreicherungsgrade versorgt werde, "verändert das die Ausgangssituation". Bei den Anreicherungsgraden gebe es "Raum für Diskussionen".

Die USA lehnten die Aufhebung von Sanktionen ab. Die Strafmaßnahmen und damit "der Druck auf Iran" würden auch nach der Wiederaufnahme der Atomgespräche aufrechterhalten, sagte Außenministerin Hillary Clinton am 17. April in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia. Nur wenn Iran tatsächlich handle, könne der Westen "entsprechend antworten".

Auch die EU lehnte die Aufhebung der Sanktionen ab. Dänemarks Außenminister Villy Sovndal, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, sagte, es wäre sehr gefährlich, jetzt Iran zu signalisieren, dass die Sanktionen teilweise aufgehoben werden könnten. "Sie sind Weltmeister darin, lange Verhandlungen zu führen, die nach nirgendwo führen", sagte der Minister.


SCHWEIZ VERZICHTET AUF BOYKOTT DER IRANISCHEN ZENTRALBANK

Die Schweizer Regierung hat zwar die Sanktionen gegen die Islamische Republik verschärft, gleichzeitig jedoch auf einen Boykott der iranischen Zentralbank verzichtet.

Das Schweizer Wirtschaftsministerium gab am 19. April bekannt, dass es in Übereinstimmung mit der Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Iran durch die Vereinten Nationen und die internationale Staatengemeinschaft den wirtschaftlichen Druck auf Iran erhöht und die Besitztümer von elf weiteren Unternehmen und Personen eingefroren hat.

Mit den zusätzlichen Sanktionen gegen acht Unternehmen und drei Personen, die am 18. April in Kraft getreten seien, liege die Schweiz in etwa auf einer Linie mit den im Januar von der EU beschlossenen Strafmaßnahmen, teilte das Kabinett mit. Die Schweizer Behörden gaben nicht bekannt, welche Unternehmen und Personen von den Sanktionen betroffen sind.

Den Verzicht auf einen Boykott der iranischen Zentralbank begründete das Wirtschaftsministerium damit, dass die Zentralbank für die iranische Wirtschaft sehr wichtig sei.

Im Januar hatten die 27 EU-Staaten Personen und Unternehmen aus Iran mit harten Sanktionen belegt und zudem den Boykott des iranischen Öls beschlossen, der ab 1. Juli in Kraft treten soll. Die Schweiz, die nicht der EU angehört, richtet sich lediglich nach den von der UNO verabschiedeten Resolutionen gegen Iran. Das Schweizer Wirtschaftsministerium erklärte, die Schweiz wolle ihre Maßnahmen mit denen der EU koordinieren, fügte jedoch hinzu, über die Frage eines möglichen Ölboykotts werde man später entscheiden.

Schweizer Banken wird oft vorgeworfen, dass sie der iranischen Regierung nahe stehenden Personen oder Unternehmen Gelegenheit zur Abwicklung von Geschäften geben und dadurch die Wirkung der Sanktionen anderer Länder unterlaufen würden. Vermutlich werden nun wegen des Verzichts auf den Boykott der iranischen Zentralbank ähnliche Vorwürfe wieder laut werden. Insbesondere weil nun Iran, auch nach Inkrafttreten des EU-Ölboykotts, seine Ölgeschäfte über Schweizer Banken abwickeln kann.

Der Grund für den Verzicht der Schweiz auf den Boykott der iranischen Zentralbank und die Vertagung der Entscheidung über einen möglichen Boykott des iranischen Öls ist nicht bekannt. Zumal iranisches Öl für die Wirtschaft der Schweiz kaum eine Rolle spielt. Politische Beobachter vermuten, dass die Gründe für die Zurückhaltung eher politisch seien als wirtschaftlich. Die Schweiz versucht seit 200 Jahren sich bei internationalen Konflikten politisch neutral zu verhalten. Diese Position hat ihr international eine Sonderstellung und ebenso die Möglichkeit verschafft, als Vermittler zu wirken.

Zurzeit vertritt die Schweiz die Interessen der USA in Iran und bietet damit einen Kanal zwischen den beiden verfeindeten Staaten. Diese Rolle übt die Schweiz bereits seit 30 Jahren aus.


IRAN LIEFERT WEITERHIN ÖL NACH EUROPA UND LOCKT ASIATISCHE KUNDEN MIT PREISNACHLÄSSEN

Irans Ölminister hat Medienberichten zufolge Nachrichten über ein Ausfuhrverbot von iranischem Erdöl nach Europa dementiert. "Iran hat nur Ölexporte nach Großbritannien und Frankreich untersagt, aber die Exporte in andere europäische Länder gehen weiter", sagte Rostam Kassemi der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zufolge am 19. April. Es sei durchaus möglich, dass einzelne Verträge sogar erweitert werden würden. Iranische Medien hatten zuvor berichtet, Teheran habe beschlossen, auch den Ölexport nach Deutschland, Spanien, Italien, Griechenland und in die Niederlande einzustellen.

Kassemi sagte offenbar mit Blick auf die am 13. April wieder aufgenommenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm, "zukünftige Entwicklungen" könnten Auswirkungen auf den iranischen Ölexport nach Europa haben. Allerdings ist die Äußerung doppeldeutig. Sie könnte auch eine Warnung sein an Europa. Die EU hatte im Januar einen Ölboykott gegen iranisches Öl verhängt und Konten der iranischen Zentralbank eingefroren. Dem Beschluss zufolge wird der Boykott ab 1. Juli in Kraft treten.

Die wichtigsten Abnehmer des iranischen Öls in Europa sind Griechenland, Italien und Spanien. Insgesamt gehen 18 Prozent der iranischen Ölausfuhr in die EU-Staaten.

Spanien hat den Angaben Irans widersprochen. Es beziehe seit Ende Februar kein Öl mehr aus Iran, hieß es aus Madrid. Die Einstellung der Importe sei die "logische Folge" der EU-Sanktionen gegen das Land gewesen, weil diese Finanztransfers sehr erschwert hätten, sagte ein Außenamtssprecher am 10. April der Nachrichtenagentur AFP. Spanien bezog 14 Prozent seines Ölbedarfs aus Iran.

Mit Blick auf den ab 1. Juli in Kraft tretenden Ölboykott versucht Iran asiatische Kunden durch Preisnachlass zu gewinnen. Das Land habe einer Reihe potenzieller Kunden, darunter Indien, angeboten, ihre Rechnungen innerhalb von 180 Tagen zu zahlen, berichtete die britische Zeitung "Financial Times" am 12. April unter Berufung auf nicht näher genannte Branchenkenner. Dieser zinslose Kredit entspreche pro Monat einem Preisnachlass von 1,20 Dollar bis 1,50 Dollar je Barrel, berichtete die Zeitung weiter. In der Vergangenheit hat Iran Ländern wie China für die Zahlung 60 bis 90 Tage eingeräumt. Saudi-Arabien und andere führende Ölexporteure haben ein Zahlungsziel von 30 Tagen. Trotz seiner vergleichsweise günstigen Konditionen falle es Iran derzeit schwer, neue Kunden für sich zu gewinnen, hieß es in der Zeitung.


ZÜGELLOSER UND EINMALIGER PREISANSTIEG IN IRAN

Endlich hat auch Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad einen zügellosen Anstieg der Preise zugeben müssen. Er bestellte sämtliche Provinzgouverneure ein und forderte sie auf, dem rapiden Anstieg der Preise Einhalt zu gebieten, berichtete die Tageszeitung Scharg am 21. April. Dies veranlasste die Gouverneure unmittelbar nach dem Gespräch mit dem Präsidenten dazu, eine Strafe in Höhe von 13 Milliarden Rial (rund 130 000 Euro) gegen einen Milchproduzenten zu verhängen und Händler und Produzenten vor harten Strafen zu warnen.

Doch zugleich meldete sich der Chef der Handelsverbände des Bazars, Ahmad Karimi Esfahani, zu Wort, der die Regierung als einzige Verantwortliche für den Preisanstieg bezeichnete. "Leider versuchen die Verantwortlichen in der Regierung von ihrem Misserfolg bei der Kontrolle des Bazars mit dem Hinweis auf die steigenden Preise abzulenken und die Händler als Schuldige darzustellen. Dabei ist der Preisanstieg nichts anderes als eine Folge des Missmanagements der Regierung", sagte Esfahani der Nachrichtenagentur ILNA.

Die Regierung müsse zugeben, dass ihre Politik der gezielten Vergabe der Subventionsgelder an Familien (Gelder, die durch den Abbau staatlicher Subventionen für Grundnahrungsmittel und Energie frei wurden) teilweise den Preisanstieg verursacht habe. Zudem seien die Hebel des Exports und Imports, die bei der Regelung der Preise auf dem Markt eine wichtige Rolle spielen, von der Regierung nicht erfolgreich eingesetzt worden. Die Regierung lasse eine Zeitlang den Preisen freien Lauf und versuche dann, sie durch Sanktionen zu zügeln, sagte Esfahani. Er betonte, die Regierung müsse die Öffentlichkeit über die Lage des Markts informieren. Es habe bislang unter keiner Regierung einen solch rapiden Preisanstieg gegeben wie unter der gegenwärtigen. Ein Preisanstieg der wichtigsten Güter um 50 Prozent innerhalb eines einzigen Jahres sei in der Geschichte der Islamischen Republik einmalig. Die Regierung sollte wissen, dass Strafmaßnahmen keineswegs zum Fall der Preise, sondern im Gegenteil zu ihrem weiteren Anstieg führen würden, erklärte Esfahani.

Mohammad Hossein Nekuhi Mehr, Leiter der Organisation zum Schutz der Verbraucher und Produzenten, sagte, Inflation gäbe es jedes Jahr, dies sei nicht ungewöhnlich. Aber die drastische Änderung des Devisenkurses im laufenden Jahr habe dem Markt "einen Schock versetzt". Die Kontrollinstrumente reichten zur Eindämmung der Inflation nicht aus. Um sie zu zügeln seien zusätzliche Mittel erforderlich.

Auf die Frage, ob der rapide Anstieg der Preise legal sei, antwortete der Minister für Industrie, Bergbau und Handel, Mehdi Ghasanfari, die Teuerung habe mit Legalität oder Illegalität nichts zu tun. Sie sei ein wirtschaftliches Problem. Es gäbe zwei unterschiedliche Themen: Teuerung der Preise aufgrund wirtschaftlicher Mechanismen und künstliche Erhöhung der Preise durch die Händler. Wechselkurse zum Beispiel beeinflussten die Preise. Die jetzige, sprunghafte Inflation sei entstanden, weil die Händler die Preise künstlich in die Höhe getrieben hätten. Ihnen müsse man mit Strafmaßnahmen begegnet.

Am Ende musste Ghasanfari doch zugeben, was er seit Monaten leugnete. Er gestand, dass die Preise tatsächlich ungewöhnlich in die Höhe geklettert seien und dass diese Entwicklung zumindest zum Teil auf das Missmanagement der Regierung zurückzuführen sei. Ob diese Einsicht tatsächlich die Regierung zu wirksamen Schritten zwingen wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob sie bereit sein wird, die zahlreichen Wirtschaftsexperten, die sie seit einigen Jahren von Beratungen ausgeschlossen hat, wieder mit einzubeziehen.

Die iranische Zentralbank hat nach neun Monaten unbegründeten Schweigens über die Preise der Lebensmittel auf dem iranischen Markt die wöchentliche Veröffentlichung der Daten über die wöchentliche Preisentwicklung wieder aufgenommen. Die nun veröffentlichten Daten zeigen einen Anstieg der Preise wichtiger Lebensmittel von 35 Prozent innerhalb eines Jahres. Diese Zahl liegt weit höher als die für den gleichen Zeitraum angegebene Inflationsrate von 21,5 Prozent.

Den Statistiken zufolge gibt jede Familie im Durchschnitt 30 Prozent ihres Gesamteinkommens für wichtige Nahrungsmittel aus. Vor zwei Jahren hatte die Regierung mit dem Abbau von staatlichen Subventionen für Grundnahrungsmittel und Energie begonnen. Als Ersatz sollte jede Familie monatlich 45500 (umgerechnet 45,5 Dollar) als Ausgleich erhalten. Während diese Summe vor zwei Jahren 64 Prozent des Mindestbedarfs an Nahrungsmitteln deckte, reichte im vergangenen Monat dieselbe Summe nur noch für 40 Prozent. Mit anderen Worten, die staatliche Hilfe hat ihren Wert um 24 Prozent eingebüßt.

Aus diesem Grund will die Regierung mit der zweiten Phase ihrer Subventionspolitik beginnen, bei der eine Aufstockung der direkten Hilfe vorgesehen ist. Doch das Parlament ist strikt dagegen. Parlamentspräsident Ali Laridschani erklärte, diese zweite Phase würde einen "Sturm der Inflation" auslösen. Er forderte in einem Schreiben Revolutionsführer Chamenei auf, von seinen Befugnissen Gebrauch zu machen und die Regierung zu stoppen.


CHINESISCHE FIRMA VERSICHERT KEINE TANKER MIT IRANISCHEM ÖL MEHR

Ein chinesischer Versicherer will ab Juli Tanker mit iranischem Öl nicht mehr gegen Schäden versichern. Angesichts der sich ausweitenden Sanktionen des Westens gegen Iran wolle der Versicherer China P&1 Club nicht alleine da stehen, gerade weil europäische und japanische Firmen ähnliche Pläne hätten, sagten Personen aus dem Unternehmen der Nachrichtenagentur Reuters am 5. April.

Damit wird es für Iran immer schwieriger werden, sein Öl zu exportieren. Ein Großteil der von Iran geförderten 2,2 Millionen Barrel Öl pro Tag wird nach Asien, vor allen nach China, Indien, Japan und Südkorea geliefert. Die EU hat gegen Iran ein Ölembargo ab 1.‍ ‍Juli beschlossen, um das Land im Streit um sein Atomprogramm zum Einlenken zu zwingen.

*

AUSSENPOLITIK
• Israels Verteidigungsminister wieder zu Besuch in Washington
• Israel zum Angriff auf Iran bereit - Irak warnt vor Angriff
• Iran droht für US-Angriff Vergeltung in Amerika an
• Zunehmende Spannungen zwischen Iran und der Türkei
• Annan-Besuch in Teheran
• USA unterstützen Vorschlag der Vereinigten Arabischen Emirate
• Daten der US-Drohne entschlüsselt
• Iran warnt Saudi-Arabien
• Aserbaidschan: kein Stützpunkt für Israel
• Hoher Botschaftsangestellter in Brasilien wegen sexueller Belästigung verhaftet
• Iraner wegen Opiumschmuggels in den USA festgenommen
• Deutscher Frachter angeblich mit iranischen Waffen für Syrien


ISRAELS VERTEIDIGUNGSMINISTER WIEDER ZU BESUCH IN WASHINGTON

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak traf am 20. April zu Gesprächen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Leon Panetta in Washington ein. Es ist das zweite Mal innerhalb der letzten zwei Monate, dass Barak vom Chef des Pentagon empfangen wird. Im Mittelpunkt des Gesprächs, das hinter verschlossenen Türen geführt wurde, stand nach einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums der Atomkonflikt mit Iran. Auch wurde über die Entwicklung in Syrien, die Auswirkungen des so genannten arabischen Frühlings sowie über allgemeine Sicherheitsfragen im Nahen Osten diskutiert.

Israel hat immer wieder erklärt, sich durch das iranische Atomprogramms in seiner Existenz bedroht zu fühlen und mit einem Angriff gegen iranische Atomanlagen gedroht. Demgegenüber scheinen die USA weiterhin gewillt zu sein, den Konflikt auf diplomatischem Weg zu lösen, schließen jedoch eine militärische Option nicht aus, sollten die Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte aus Anlass des Holocaust-Gedenktags am 20. April vor der Gefahr eines atomar bewaffneten Irans. "Die Wahrheit ist, dass ein nuklearer Iran eine existenzielle Bedrohung für Israel darstellt", sagte er bei einer Rede am Vorabend des Gedenktags in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. "Und die Wahrheit ist, dass es eine Pflicht ist, Iran daran zu hindern, in den Besitz von Waffen zu gelangen", fügte er hinzu.

Israel hat wiederholt gewarnt, eine atomare Bewaffnung Irans nicht hinzunehmen. Sollten alle Versuche fehlschlagen, das vermutete iranische Atomwaffenprogramm zu stoppen, müsse zu militärischen Mittel gegriffen werden.

In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" vom 22. April sagte Netanjahu, er sei davon überzeugt, dass Iran mit der Atombombe die Zerstörung Israels zum Ziel habe. "Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich das iranische Regime unsere Vernichtung zum Ziel gesetzt hat, Und es wird mit Sicherheit alles in seiner Macht Stehende tun, um dieses Ziel zu erreichen." Ein atomar bewaffneter Iran werde sich nicht abschrecken lassen wie die Sowjetunion im Kalten Krieg. "Ich würde nicht auf die Rationalität eines solchen Regimes wetten", sagte Netanjahu. Der gesunde Menschenverstand gebiete, die Bombe in den Händen Irans zu verhindern. Israel könne sich auch nicht auf die Zusicherungen etwa des amerikanischen Präsidenten Barack Obama verlassen, eine iranische Bombe zu verhindern. Er (Netanjahu) könne keine Anzeichen dafür erkennen, dass Iran ernsthaft darüber nachdenkt, sein Atomprogramm zu stoppen.

Im selben Interview kritisierte Netanjahu erneut den Schriftsteller Günter Grass wegen seines israelkritischen Gedichts. Grass' Worte seien ein "absoluter Skandal", sagte er. "Dass dies von einem deutschen Nobelpreisträger kommt und nicht etwa von einem Teenager einer Neonazi-Partei, macht es noch empörender", fügte Netanjahu hinzu. Grass offenbare in seinem Text einen "Zusammenbruch des moralischen Urteilsvermögens".

Es gehe nicht um Kritik an Israel, sondern um eine "grundlegende Verdrehung der Fakten". Dabei werde der Aggressor Iran zum Opfer und Israel zum Aggressor und zu einer Bedrohung des Weltfriedens. Diejenigen, die mit dem übereinstimmen, was Grass über Israel sage, sollten sich die Frage stellen, ob sie "nicht auch zur Zeit des Holocaust mit den Verleumdungen gegen Juden übereingestimmt" hätten. Das sei "die Frage, die sich die Deutschen stellen müssen."

In seinem Gedicht "Was gesagt werden muss" hatte Grass Israel vorgeworfen, mit seiner Iran-Politik und Kriegsdrohungen den Weltfrieden zu gefährden. Das Gedicht hatte sowohl in Deutschland als auch in Israel eine heftige Debatte ausgelöst. Netanjahu hatte Grass kurz nach der Veröffentlichung des Textes Anfang April einen "schändlichen" Vergleich Israels mit Iran vorgeworfen. Das israelische Innenministerium verhängte ein Einreiseverbot für Grass.

Nach Einschätzung Netanjahus sei Iran neben Israel das einzige Land im Nahen und Mittleren Osten, das zur Demokratie fähig sei. Arabische Revolutionsländer seien vorerst nicht demokratiefähig, sagte er. Diese Gesellschaften müssten erst eine Phase der islamistischen Diktatur durchlaufen, bevor sie zur liberalen Demokratie finden.

"Meiner Meinung nach gibt es nur zwei Orte im Nahen Osten, wo die Allgemeinheit eine starke Neigung zur Demokratie westlicher Prägung zeigt: der eine ist ganz eindeutig Israel und der andere ist Iran. Warum? Nun, als die Iraner vor drei Jahren eine relativ freie Wahl hatten, warfen sie die Radikalen raus und Ahmadinedschad und Chamenei fälschten daraufhin Millionen von Stimmen und tyrannisierten ihr Volk", sagte Netanjahu. "Iran ist anders, weil man dort schon seit dreißig Jahren islamisches Recht anwendet, und jeder dort weiß, es ist die dunkelste Misere: Es bedeutet Brutalität und Unzivilisiertheit, und die Menschen haben genug davon. Hätte das iranische Volk die freie Wahl, es würde sich der Mullahs erledigen."

Eine ähnliche Entwicklung müssten die arabischen Staaten durchlaufen, sagte Netanjahu. "Auch die arabischen Staaten müssen diesen schweren Weg gehen, das ist ihre Tragödie. Erst erlebten sie den Panarabismus, dann gingen sie über zu säkularen Diktaturen und nun, ohne mit der Wimper zu zucken, zur islamischen Herrschaft mit Scharia. Ja, vielleicht müssen sie durch diese dunkle Gasse, bis sie es mit einer liberalen Regierung versuchen", erklärte der Ministerpräsident.


ISRAEL ZUM ANGRIFF AUF IRAN BEREIT - IRAK WARNT VOR ANGRIFF

Der Generalstabschef der israelischen Streitkräfte, Benny Gantz, erklärte, er halte Iran für eine potentielle Gefahr für die Existenz Israels und betonte, die israelischen Streitkräfte seien für einen militärischen Angriff auf iranische Atomanlagen bereit. In einem Interview zum 63. Jahrestag der Gründung Israels, das am 22. April in Auszügen in der Zeitung "Jediot Ahronot" erschien, sagte der General, er habe wegen des erhöhten Risikos "eine Ausweitung der Zahl der Spezialeinheiten" im Ausland angeordnet.

"Wir bereiten unseren Plan entsprechend vor", sagte Gantz. "Im Prinzip sind wir bereit zum Handeln. Dies heißt aber nicht, dass ich jetzt (den Oberbefehlshaber der Luftwaffe) General Ido Nechuchtan anweisen werde, Iran anzugreifen". Die Gefahren einer Verschlechterung der regionalen Situation bis hin zu einem Krieg hätten sich erhöht. Gantz warnte, im Fall eines regionalen Kriegs wären die israelischen Streitkräfte bereit, sich gegen Raketen aus dem Libanon oder dem Gazastreifen zu wehren.

Experten der israelischen Streitkräfte rechnen nach Medienberichten im Falle eines Kriegs mit Iran höchstens mit 300 Todesopfern in Israel. Zudem schätze das Militär, dass es Hunderte Verletzte und erhebliche Schäden an privatem Eigentum sowie in der Infrastruktur geben könnte, berichteten israelische Medien am 3. April unter Berufung auf einen Bericht der Militärs an das Kabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weiter. Verteidigungsminister Ehud Barak hatte bereits im November gesagt, es werde bei einem Krieg "nicht einmal 500 Tote" zu beklagen geben.

Allerdings gibt es Warnungen, dass die israelische Zivilbevölkerung nicht ausreichend auf Raketenangriffe durch Iran sowie durch dessen Verbündete im Südlibanon, in Syrien und im Gazastreifen vorbereitet ist. So gibt es für etwa 25 Prozent der Menschen in Israel keine Schutzräume.

Der Irak werde im Falle eines Angriffs auf iranische Atomanlagen weder israelischen noch amerikanischen Kampfflugzeugen Überflugerlaubnis erteilen, sagte Iraks Staatspräsident Dschalal Talabani der Süddeutschen Zeitung und dem ARD-Hörfunkstudio am 13. April in Kairo. "Irak wird sich in einen solchen Konflikt nicht verwickeln lassen", betonte er. Allerdings könne der Irak einen unerlaubten Überflug kaum verhindern: "Wenn jemand ohne unsere Zustimmung über unser Land fliegt - was können wir da tun?"

Talabani sagte voraus, ein Angriff Israels auf Iran werde das Regime in Teheran stärken und die streitenden Gruppen im Land zusammenschweißen. Zudem müsse Israel dann mit Angriffen der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah rechnen. "So einfach ist das nicht, dass Israel Iran angreifen und sich dann zurücklehnen kann", sagte der Staatspräsident und bot an, im Atomkonflikt zu vermitteln. Da die nächsten Atomgespräche im Mai zwischen Teheran und der 5+1-Gruppe in Bagdad stattfinden werden, könnte Irak als Gastgeberland in irgendeiner Weise in die Verhandlungen einbezogen werden.


IRAN DROHT FÜR US-ANGRIFF VERGELTUNG IN AMERIKA AN

Iran drohte den USA im Falle eines Angriffs mit Vergeltung auf amerikanischem Boden. Eine Antwort der Islamischen Republik würde sich nicht auf den Nahen Osten und den Persischen Golf beschränken, zitierte eine iranische Tageszeitung am 3. April einen hochrangigen Kommandeur der Revolutionsgarden. "Kein Ort in Amerika wäre vor unseren Angriffen sicher." Iran werde aber nicht zuerst militärisch zuschlagen, erklärte Masud Daschasajeri. Die Islamische Republik hatte bereits mit der Schließung einer wichtigen Schifffahrtsroute für Öl gedroht, sollte der Westen ihre Atomanlagen angreifen.


ZUNEHMENDE SPANNUNGEN ZWISCHEN IRAN UND DER TÜRKEI

Am 28. März traf der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu bilateralen Gesprächen in Teheran ein. Dabei ging es hauptsächlich um das iranische Atomprogramm sowie um die Lage in Syrien. Türkische Medien berichteten, Erdogan wolle Iran dazu bewegen, seine Unterstützung für das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad aufzugeben und Damaskus keine Militärhilfe mehr zu leisten. Zudem wolle er die iranische Führung im Streit um das Atomprogramm des Landes zu mehr Transparenz und zur Einhaltung internationaler Regeln auffordern. Für den zweitägigen Besuch waren unter anderem Gespräche mit Revolutionsführer Ali Chamenei und Präsident Ahmadinedschad geplant.

Erdogan hatte al-Assad mehrmals aufgefordert, die Macht aufzugeben, während Iran zu den wenigen Staaten gehört, die Syrien unterstützen. "Wir arbeiten mit Iran zusammen. Sie (die Iraner) wissen, dass wir das Ziel haben, die Region zu stabilisieren", hatte im Vorfeld des Erdogan-Besuchs ein türkischer Diplomat gesagt. Zugleich erklärte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi: "Wir werden jede Vereinbarung zwischen der syrischen Regierung und dem UN-Gesandten für Syrien, Kofi Annan, unterstützen".

Da Erdogan vor seiner Ankunft in Teheran den amerikanischen Präsidenten Barack Obama in Südkoreas Hauptstadt Seoul getroffen hatte, wurde angenommen, dass er eine Botschaft Obamas an die iranische Regierung im Gepäck hatte. Dies wurde von Ankara dementiert.

Das geplante Gespräch zwischen Erdogan und Ahmadinedschad wurde auf den nächsten Tag verschoben, weil Ahmadinedschad sich angeblich nicht wohl fühlte. Doch es gab Spekulationen, wonach die Verschiebung Ausdruck einer Abkühlung der Beziehungen beider Staaten sein könnte.

Erdogan hatte bei seiner Ankunft das Recht Irans auf ein ziviles Programm betont. "In der Atomenergie hat niemand das Recht, anderen etwas zu diktieren, sofern es um eine friedliche Nutzung geht", sagte er. Am zweiten Tag des Staatsbesuchs traten aber die Meinungsverschiedenheiten beider Länder offen zutage, vor allem bei der Frage des Umgangs mit Syrien.

Iran werde Syrien verteidigen, weil Syrien die Widerstandsfront gegen Israel unterstütze und Iran gegen jede Einmischung von außen in syrische Angelegenheiten sei, sagte Revolutionsführer Chamenei Erdogan. "Die Islamische Republik lehnt kategorisch jeden von den USA initiierten Plan zu Syrien ab", fügte er hinzu. Erdogans Antwort ist nicht bekannt. Stunden später sagte der türkische Ministerpräsident dem iranischen Staatsfernsehen, Assad könne nicht vertraut werden. Er und seine Baath-Partei seien die Vergangenheit Syriens, nicht dessen Zukunft.

Derart offene Meinungsverschiedenheiten sind zwischen Teheran und Ankara selten. In den vergangenen Jahren haben beide Länder enge Wirtschaftsbeziehungen aufgebaut. Im Streit um das iranische Atomprogramm warb die Türkei international für einen diplomatischen Dialog, versuchte gemeinsam mit Brasilien zu vermitteln und wandte sich gegen weitere Sanktionen. Allerdings wurden die Beziehungen zwischen den beiden Staaten in letzter Zeit durch die radikale Position Ankaras gegen Damaskus sowie durch die Zustimmung der Türkei, auf seinem Territorium Raketenschutzschirme der NATO zu installieren, stark getrübt.

Während Erdogan noch in Teheran weilte, gab die Türkei bekannt, den Rohöl-Import aus Iran reduziert zu haben. Die türkische Raffineriegesellschaft Turpas gab am 30. März bekannt, sie werde die Rohölimporte aus Iran um 20 Prozent verringern. In der Erklärung machte das Unternehmen aber keine Angaben zu den Details der Mengen oder alternativen Versorgungsquellen. Turpas hatte im vergangenen Jahr etwa 18,2 Millionen Tonnen Rohöl importiert. Davon kam fast die Hälfte aus Iran. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, die Regierung in Ankara verhandle mit Libyen über zusätzliche Lieferungen.

Am 4. April bestellte das Außenministerium den iranischen Botschafter in Ankara ein, um gegen die Stellungnahme aus Teheran zu dem internationalen Treffen der "Freunde Syriens" in Istanbul zu protestieren. Das Treffen, am dem Vertreter aus siebzig Staaten teilgenommen hatten, fand am 3. April statt. Zuvor hatte Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani das Treffen stark kritisiert. Der türkische Außenminister Davoudoglu sagte ohne die Nennung von Namen, die Äußerungen stehen im Widerspruch zu den tiefen Beziehungen zwischen Iran und der Türkei. Er sagte, der iranische Außenminister habe ihm versichert, dass die Äußerungen nicht die Position der iranischen Regierung wiedergeben.

Am 5. April übte Erdogan ungewöhnlich scharfe Kritik an Iran. Iran sei dabei, sein Ansehen international zu verlieren, "weil es nicht ehrlich ist"." Grund für die Stellungnahme war die Forderung einiger Politiker in Iran, wegen des Treffens der "Freunde Syriens" in Istanbul die für den 13. April geplanten Atomgesprächen von Istanbul nach Bagdad oder Damaskus zu verlegen. Dies zeuge von Unehrlichkeit, sagte Erdogan. Der Vorschlag sei Zeitverschwendung, weil Iran weiß, dass niemand nach Bagdad oder Damaskus kommen würde.

Auf die Kritik Erdogans reagierte der iranische Abgeordnete Mohammad Esmail Kosari, Stellvertreter des Ausschussvorsitzenden für Nationale Sicherheit und Außenpolitik. Er bezeichnete Erdogans Äußerungen als "unvernünftig" und sagte, damit habe Erdogan seine politische Position aufgegeben. Und er fügte hinzu: "Bedauerlicherweise sind die Verantwortlichen in der Türkei zum Werkzeug des internationalen Imperialismus geworden." Die Türkei müsse sich schämen, dass sie alle angeblichen Freunde Syriens, die in Wahrheit seine Feinde seien, nach Istanbul eingeladen habe.

Neben Kosari haben Parlamentspräsident Laridschani sowie die Abgeordneten Alleddin Borudjerdi und Parviz Soruri die Türkei scharf angegriffen. Demgegenüber versuchte das iranische Außenministerium den Streit zu schlichten. Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast sagte, entscheidend für die Beziehungen beider Staaten seien offizielle Stellungnahmen der Regierungen. Äußerungen von Einzelpersonen sollten keine negative Wirkung auf das Verhältnis der beiden Staaten haben. "Die Islamische Republik und die Türkei als zwei mächtige Staaten der Region haben viele historische, kulturelle und religiöse Gemeinsamkeiten und vertreten in vielen politischen und internationalen Fragen dieselben Positionen", betonte Mehmanparast versöhnend.


ANNAN-BESUCH IN TEHERAN

Der UN-Sondergesandte für Syrien, Kofi Annan, hatte bei seinem Besuch in Teheran keinen Erfolg. "Wir lehnen jede ausländische Einmischung und jede Forderung nach einem Machtwechsel ab", sagte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi am 11. April Annan in Teheran. Assad müsse unabhängig vom Verlauf des Konflikts in Syrien im Amt bleiben. Andernfalls drohe in dem Land ein Machtvakuum mit schwerwiegenden Folgen, warnte Salehi.

Iran pflegt seit Jahrzehnten enge Beziehungen zu Syrien. Syrien bietet der Islamischen Republik eine Brücke zu den arabischen Staaten, vor allem zu den militanten Organisationen Hamas in Palästina und Hisbollah in Libanon.

Annan hatte mit seinem Friedensplan die Zustimmung Russlands und Chinas, ja selbst des Assad-Regimes erhalten. Regierung und Opposition hätten ihm versichert, den von ihm vorgeschlagenen Waffenstillstand einzuhalten, sagte Annan. Doch Teheran blieb hart. Sein Land unterstütze zwar den Wunsch des syrischen Volkes nach mehr Freiheit, sagte Salehi. Jede Veränderung könne aber einzig und allein auf der Grundlage von Gesprächen mit der gegenwärtigen Regierung erreicht werden, betonte er.

Annan warnte: Jeder Fehler in dem Konflikt könnte zu unvorstellbaren Folgen in einer Region führen, die sich eine weitere Krise nicht leisten könne. Der Sondervermittler der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga appellierte an die Unterstützung der Regierung in Teheran: "Wir müssen eine Lösung finden, um das Töten in Syrien zu beenden. Dazu brauchen wir sämtliche internationale Hilfe. Iran kann auch Teil dieser Lösung sein."


USA UNTERSTÜTZEN VORSCHLAG DER VEREINIGTEN ARABISCHEN EMIRATE

Die USA habe sich in die Eskalation der verbalen Auseinandersetzungen zwischen Iran und den Arabischen Emiraten (VAE) eingeschaltet. Hierbei geht es um die territoriale Zugehörigkeit der drei Inseln Abu Mussa, Klein- und Großtonb im Persischen Golf. Die USA haben den Vorschlag der Emirate zur Aufnahme von Verhandlungen mit Iran begrüßt und ihre Unterstützung angekündigt. In der vom US-Außenministerium veröffentlichten Erklärung vom 17. April heißt es: "Die Bemühungen der Vereinigten Arabischen Emirate zur Aufnahme der Verhandlungen findet die Zustimmungen der Vereinigten Staaten. Die USA fordern Iran auf, auf die Initiative der Vereinigten Arabischen Emirate, direkte Verhandlungen aufzunehmen oder in dem Konflikt den Internationalen Gerichtshof bzw. eine andere zuständige Instanz einzuschalten, positiv aufzunehmen."

In der Woche davor hatte ein Besuch des iranischen Präsidenten auf der strategisch wichtigen Insel Abu Mussa scharfe Proteste der VAE hervorgerufen. Es war der erste Besuch eines iranischen Staatsoberhaupts dort, seit Iran die auch von den Emiraten beanspruchte Insel vor 41 Jahren besetzte. Während seines Aufenthalts auf der Insel lobte Ahmadinedschad die reiche iranische Kultur, erwähnte aber nicht die Auseinandersetzung mit den VAE, berichtete die Nachrichtenagentur IRNA. Iran nahm die winzigen Inseln mit der Großen und Kleinen Tunb-Insel 1971 in Besitz, nachdem die britischen Streitkräfte sich aus der Region zurückzogen. Die drei Inseln sind der strategisch wichtigen Straße von Hormus vorgelagert.

Das US-Außenministerium kritisierte den Besuch Ahmadinedschad auf der Insel. Solche Besuche würden den Konflikt mehr belasten und die Lösung schwieriger machen.

Der Außenminister der VAE hatte zuvor erklärt, der Konflikt über die Inseln bedrohe den Weltfrieden. Auch der Generalsekretär des Golfkooperationsrats, zu dessen sechs Mitgliedern die VAE gehören, kritisierte den Besuch Ahmadinedschads und unterstützte den Vorschlag der VAE.

Irans Staatspräsident Ahmadinedschad erklärte bei einer militärischen Zeremonie am "Tag der Streitkräfte", jede Einmischung fremder Länder in die Angelegenheiten des Persischen Golfs gefährde die Sicherheit und Stabilität der Region. Er fügte hinzu: "Iran ist in der Lage, die Sicherheit der Region zu garantieren." (...) "Die ganze Welt weiß, dass das iranische Volk das friedlichste auf der ganzen Welt ist und dass es noch nie in unserer Geschichte Anzeichen für Aggressionen gegen andere Völker gegeben hat", sagte der Präsident und warnte, jede Verletzung des iranischen Territoriums werde "mit der vernichtenden Kraft unserer Streitkräfte zurückgeschlagen". "Unsere Armee ist bestens in der Lage, die territoriale Integrität unseres Landes zu verteidigen."

Der iranische Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast wies die Stellungnahme des Golfkooperationsrats entschieden zurück und bezeichnete sie als unerlaubte Einmischung in innere Angelegenheiten Irans. "Die Zeit destruktiver Stellungnahmen zu den drei Inseln ist endgültig vorbei", sagte er. Der Besuch des iranischen Staatspräsidenten auf der Insel Abu Mussa sei eine Reise innerhalb des iranischen Staatsgebiets. Er fügte hinzu: "Die Zugehörigkeit der drei Inseln zum iranischen Territorium ist eine unverrückbare und unveränderliche Tatsache und nicht verhandelbar."

225‍ ‍Abgeordnete des iranischen Parlaments bezeichneten in einer gemeinsamen Erklärung die territorialen Ansprüche des Parlaments der Vereinigten Arabischen Emirate als "völlig unbegründet und unhaltbar". Die territoriale Zugehörigkeit der Inseln zum iranischen Staatsgebiet sei unverhandelbar, erklärten die Abgeordneten. Zugleich begrüßten sie direkte Verhandlungen zwischen den beiden Staaten zur "Festigung ihrer Beziehungen und Beseitigung etwaiger Missverständnisse". Den Besuch des Staatspräsidenten bezeichneten sie als einen der normalen Besuche, die der Präsident in verschiedenen Provinzen des Landes unternähme. Die unhaltbaren Ansprüche der Vereinigten Arabischen Emirate würden niemals die historisch erwiesene Tatsche beeinträchtigen können, dass die drei Inseln zum iranischen Territorium gehören, heißt es weiter in der Erklärung der Abgeordneten.

Indes gab der Gouverneur der Provinz Hormosgan, zu der auch die drei Inseln gehören, bekannt, dass der jährlich stattfindende internationale Kongress über den Persischen Golf in diesem Jahr nicht wie sonst in Bandar Abbas sondern auf den Inseln Abu Musa, Groß- und Kleintonb stattfinden werde. Die Gäste würden mit Flugzeugen dahin gebracht. Die Insel Abu Mussa soll einem Beschluss der Teheraner Regierung zufolge zum "Mustertouristenort" ausgebaut werden, um weit mehr als bisher ausländische und inländische Touristen auf den Inseln empfangen zu können.

Die Beziehungen zwischen Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten sind durch den Konflikt über die Inseln stark belastet.


DATEN DER US-DROHNE ENTSCHLÜSSELT

Iran behauptet, die Daten der US-Drohne, die im vergangenen Jahr auf iranischem Territorium abgestürzt war, entschlüsselt zu haben, darunter auch Informationen über den Ort, an dem Osama bin Laden getötet wurde. Ein amerikanischer Senator bezeichnete die Nachricht als "leere Prahlerei".

Die Drohne war im Dezember vergangenen Jahres im Osten Irans abgestürzt. Fotos, die Iran danach veröffentlichte, zeigten, dass sie trotz des Sturzes nahezu gänzlich unbeschädigt geblieben war. Iran behauptet, die Maschine sei nicht abgestürzt, sondern mit einem Radarsystem heruntergeholt worden. Demgegenüber erklärten die USA, die Maschine sei wegen technischer Probleme abgestürzt. Sie sei für Spionageflüge bestimmt. Daher seien die in ihr enthaltenen Informationen wegen der komplexen Schutzmechanismen für Fremde nicht zu entschlüsseln. Technologisch betrachtet sei die Drohne für Iran völlig wertlos, sagte US-Verteidigungsminister Leon Panetta. Zunächst hieß es aus Washington, die Drohne sei im Westen Afghanistans, nahe der iranischen Grenze, abgestürzt. Später hieß es dann, sie sei bei einem Aufklärungsflug über Iran abgestürzt. Sie sollte Informationen über iranische Atom- und Militäranlagen sammeln. US-Präsident Barack Obama forderte bei einer Pressekonferenz offiziell Iran auf, die Drohne zurückzugeben. Iran lehnte ab.

Nun hat der iranische Luftwaffengeneral Amir Ali Hadschisadeh am 22. April der Agentur Fars zufolge erklärt, Daten aus den Steuerungscomputern der erbeuteten Überwachungsdrohne entschlüsselt zu haben. Als Beleg seiner Behauptung erklärte er, dass aus den Daten ersichtlich sei, dass die Drohne im Herbst 2010 von Kalifornien nach Kandahar in Afghanistan ebracht worden sei. Von dort sei die Tarnkappendrohne wegen technischer Probleme wieder in die USA gebracht worden, um nach der Reparatur im Vorjahr zum Ausspähen des Verstecks des Al-Kaida-Gründers Osama bin Laden in Pakistan eingesetzt zu werden. Bin Laden war Anfang Mai 2011 bei einem Einsatz von US-Elitesoldaten in Abbottabad erschossen worden.

Hadschisadeh sagte im iranischen Fernsehen, die Drohne sei iranisches "Nationaleigentum". Daher könne und wolle er nicht alle ihre versteckten Daten öffentlich machen. Den iranischen Experten sei es gelungen, jedes Stück der Drohne zu inspizieren. Selbst die bereits gelöschten Daten hätten sie entschlüsseln können.

US-Senator Joseph Lieberman, Vorsitzender des Heimatschutzausschusses, sagte, es sei nicht das erste Mal, dass Iran mit Behauptungen prahle, insbesondere, da das Land sich wegen der Sanktionen in der Defensive befinde.

Nach iranischen Angaben hätten sich auch China und Russland nach Details der Drohne erkundigt. Der Verlust des von Lockheed Martin produzierten Flugkörpers löste Sorgen aus, die Technologie könnte Ländern in die Hände fallen, die ihrerseits unbemannte Flugzeuge entwickeln. Iranischen Medien zufolge sind iranische Ingenieure dabei, die Drohne nachzubauen.


IRAN WARNT SAUDI-ARABIEN

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im iranischen Parlament, Ghlamresa Karami, sagte mit Hinweis auf die "inoffiziellen Warnungen" an Saudi-Arabien wegen dessen Syrien-Politik: "Wir erwarten, dass das saudische Regime an die Folgen seiner antiiranischen Politik und seiner Rolle als Puzzle innerhalb der Politik der USA nachdenkt." Iran werde aufgrund seiner Verteidigungsdoktrin alle Staaten unterstützen, die sich in der ersten Reihe der Front gegen die USA und Israel befinden, erklärte Karami am 2. April. Iran werde gemeinsam mit Syrien niemals erlauben, dass die Verschwörungspläne der USA, Israels und der Saudis in Syrien durchgesetzt werden.

In Übereinstimmung mit dieser Äußerung sagte General Masud Djasajeri, Stellvertreter des Oberkommandierenden der iranischen Streitkräfte: "Es wird Zeit, dass den ausländischen Unruhestiftern in Syrien das Handwerk gelegt wird." Und ohne es weiter zu erläutern fuhr er fort: "Die reaktionären Araber und andere Staaten, die die Unruhen in Syrien angezettelt haben, müssen bestraft werden."

Revolutionsführer Ali Chamenei hatte wenige Tage zuvor beim Empfang des türkischen Ministerpräsidenten Racep Erdogan erklärt: "Die Islamische Republik wird Syrien verteidigen, weil das Land die Widerstandsfront gegen den Zionismus unterstützt." Er und andere iranische Politiker haben immer wieder erklärte, dass sie die Unruhen in Syrien völlig anders einschätzen als die Protestbewegungen in anderen arabischen Ländern. Ihrer Meinung nach richteten sich die Protestbewegungen in anderen arabischen Ländern gegen Regime, die in Anhängigkeit vom Westen standen, während die Unruhen in Syrien von außen geschürt worden seien, weil das dort herrschende Regime gegen die USA und Israel sei. Der Abgeordnete Karami warnte auch Katar, weil sich dort einer der amerikanischen Militärstützpunkte befindet. Er sagte, Katar arbeite gemeinsam mit Saudi-Arabien gegen Syrien. "Sie (die Herrscher in Katar) sollen aufpassen, was sie tun. Denn die spätere Reue wird sie teuer zu stehen kommen."

Katar und Saudi-Arabien hatten kürzlich für Waffenlieferungen an die Aufständischen in Syrien plädiert. "Wenn Katar erklärt, es werde für einen Angriff gegen Iran keine Überflugerlaubnis über sein Territorium erteilen, geschieht dies aus Furcht vor dem Verlust des eigenen Territoriums." Karami fügte hinzu: "Wir haben offiziell erklärt, dass jeder Militärstützpunkt, der zum Angriff auf Iran benutzt wird, unmittelbar von unseren Raketen beschossen wird."

Der Ausschussvorsitzende für nationale Sicherheit und Außenpolitik Alaeddin Borudjerdi sagte gerichtet an die Führer der Staaten am Persischen Golf, sie sollten, statt den USA Stützpunkte zu überlassen, aus eigenen Sicherheitsinteressen mit anderen Ländern der Region zusammenarbeiten und gemeinsam für die Sicherheit aller Länder sorgen.

Am 31. März hatte US-Außenministerin Hillary Clinton Saudi-Arabien besucht, um mit der dortigen Regierung über Sanktionen gegen Iran und gegen das Regime in Syrien Gespräche zu führen. Fast zwei Stunden lang kam Clinton in Riad mit König Abdollah zusammen. Dabei ging es unter anderem darum, wie Iran im Streit um sein Atomprogramm weiter unter Druck gesetzt werden kann. Weiter kam nach Angaben aus US-Kreisen eine gemeinsame Verteidigungsstrategie der USA und der Golfstaaten gegen einen möglichen Angriff aus Iran zur Sprache.


ASERBAIDSCHAN: KEIN STÜTZPUNKT FÜR ISRAEL

Die Republik Aserbaidschan hat den Bericht einer amerikanischen Zeitschrift dementiert, Israel erlaubt zu haben, von einem Stützpunkt seines Territoriums Iran anzugreifen. Das US-Magazin "Foreign Policy" hatte am 28. März berichtet, israelische Kampfjets könnten für einen möglichen Angriff auf iranische Atomanlagen von Aserbaidschan aus starten.

"Dies Informationen sind absurd und entbehren jede Grundlage", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Teimur Abullajew. Für das Präsidentenamt sagte Ali Hassanow, es werde "keine Aktion gegen Iran (...) vom Territorium Aserbaidschans aus geben". Anderslautende Äußerungen zielten nur darauf, das Verhältnis der beiden Nachbarländer zu "schädigen".

Im dem Bericht von "Foreign Policy" hieß es, vier hohe US-Diplomaten und führende Geheimdienstler hätten erklärt, sie hätten erfahren, dass Israel vor kurzen von Aserbaidschan die Erlaubnis erhalten habe, im Falle eines Angriffs auf Iran einen Stützpunkt in Aserbaidschan zu benutzen. Damit erhöhe sich das Risiko eines israelischen Luftangriffs gegen Iran. Israelische Kampfflugzeuge müssten aufgrund der kürzeren Distanz nicht mehr in der Luft betankt werden, was einen Angriff erheblich vereinfachen würde.

Israel hatte 1991 Aserbaidschan nach dem Zerfall der Sowjetunion als souveränen Staat anerkannt und 1992 diplomatische Beziehungen zu dem neuen Staat aufgenommen. Seitdem haben beide Staaten ihre politische, wirtschaftliche, militärische und kulturelle Zusammenarbeit intensiviert. Israel half Aserbaidschan bei der Bildung seiner Streitkräfte. Israel deckt rund zwanzig Prozent seines Ölbedarfs mit Öl aus Aserbaidschan.

Iran sieht diese Entwicklung mit Argwohn. Irritationen löste vor allem ein militärischer Vertrag zwischen Israel und Aserbaidschan über 1,6 Milliarden Dollar aus. Teheran legte in Baku dagegen Protest ein. Aus Baku hieß es, das Geld werde verwendet, um die von Armenien besetzten Gebiete Aserbaidschans wieder zurückzuholen. All dies hat in letzter Zeit die Beziehungen zwischen beiden Staaten merklich getrübt. Teheran warf Baku vor, bei Anschlägen auf iranische Atomwissenschaftler im Hintergrund mitgewirkt zu haben. Aserbaidschan wiederum will iranische Anschlagspläne gegen die Botschaften Israels und der USA in Baku vereitelt haben. Dutzende Iraner wurden in Aserbaidschan unter dem Vorwurf der Spionage festgenommen. Sie seien Beauftragte der Revolutionswächter, behauptete Baku, Teheran bestreitet die Vorwürfe.


HOHER BOTSCHAFTSANGESTELLTER IN BRASILIEN WEGEN SEXUELLER BELÄSTIGUNG VERHAFTET

Ein ranghoher Angestellter der iranischen Botschaft in Brasilien wurde wegen sexueller Belästigung junger Mädchen in Brasilia vorübergehend festgenommen, berichtete die BBC am 20. April. Es handele sich um ein Missverständnis, hieß es in einer Erklärung der iranischen Botschaft, das auf "unterschiedliche kulturelle Verhaltensweisen" zurückzuführen sei. Die Botschaft verurteilte die Berichte über den Vorfall in den brasilianischen Medien und warf ihnen vor, gegen Länder wie die Islamische Republik voreingenommen zu sein.

Ein Sprecher des brasilianischen Außenministeriums erklärte, der Fall werde zurzeit untersucht. Das Ministerium werde dem Ergebnis entsprechend die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die iranische Botschaft werde davon in Kenntnis gesetzt werden. Das Ministerium sei durch die Polizei und die Mutter eines der belästigten Mädchen über den Vorfall unterrichtet worden.

Am 19. April dementierte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, in Teheran die Berichte über die sexuelle Belästigung junger Mädchen durch einen Angestellten der iranischen Botschaft in Brasilien und bezeichnete sie als falsch. Die Vorwürfe seien mit der Art der bisherigen tadellosen Lebensführung des Beamten absolut nicht vereinbar. Laut Angaben der Botschaft hatte Hekmatollah Ghorbani als hochrangiger Beamter vor zwei Jahren seine Arbeit an der iranischen Botschaft in Brasilia aufgenommen. Trotz dieser Erklärung und der Stellungnahme der iranischen Botschaft in Brasilien scheint für das Außenministerium in Brasilia der Vorfall weiterhin erklärungsbedürftig zu sein.

Am 18. April hatten westliche Medien mit Hinweis auf Nachrichtenquellen in Brasilien berichtet, dass der fünfzigjährige Hekmatollah Ghorbani wegen sexueller Belästigung einiger Mädchen vorübergehend in Haft genommen worden sei. Der Vorfall hatte sich am 17.‍ ‍April in einem privaten Schwimmbad in Brasilia ereignet. Nach Aussagen der Zeugen habe Ghorbani beim Tauchen die Körper von vier neun- bis vierzehnjährigen Mädchen mehrfach angetastet. Eines der Mädchen habe sich bei der Badeaufsicht über den Mann beschwert. Daraufhin wurde die Polizei gerufen, die Ghobani mitgenommen habe. Bei der Polizei sei er verhört worden und danach aufgrund seiner diplomatischen Immunität wieder freigelassen worden. Nach Zeugenaussagen hätten einige Eltern und andere Anwesende Ghorbani vor der Ankunft der Polizei beschimpft und tätlich angegriffen.

In Iran sind geschlechtlich gemischte Schwimmbäder verboten. Selbst die Meeresstrände sind seit der Gründung der Islamischen Republik für Frauen und Männer getrennt. Aus der Erklärung der iranischen Botschaft sowie des Außenministeriums in Teheran wurde nicht klar, ob sie die Anwesenheit des Botschaftsangestellten im gemischten Schwimmbad bestätigen würden.

Die Beziehungen zwischen Teheran und Brasilia haben sich in den letzten Jahren unter dem ehemaligen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva recht positiv entwickelt. 2010 versuchte Lula gemeinsam mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan einen Kompromissvorschlag im iranischen Atomkonflikt durchzusetzen, allerdings ohne Erfolg. In letzter Zeit jedoch wurde in Brasilien Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Iran laut. Die neue Präsidentin Dilma Rousseff kritisierte scharf die Urteile zur Steinigung von Frauen.


IRANER WEGEN OPIUMSCHMUGGELS IN DEN USA FESTGENOMMEN

Sechs Iraner wurden unter dem Verdacht, in Perserteppichen verstecktes Opium über Deutschland in die Vereinigten Staaten geschmuggelt zu haben, festgenommen. Die Ermittlungen seien über ein Vierteljahr hinweg von der US-Bundespolizei FBI, der US-Antidrogenbehörde, den Hamburger Behörden und der New Yorker Polizei geführt worden, erklärte die Staatsanwaltschaft von Manhattan am 11. April. Die Verdächtigen seien im Alter zwischen 59 und 72 Jahren und lebten in verschiedenen US-Staaten.

Den Ermittlungen zufolge schmuggelten sie Opium aus dem Grenzgebiet zwischen Iran und Afghanistan in Perserteppichen versteckt nach Hamburg. Von dort wurden die Teppiche mit dem Rauschgift nach New York verschifft.


DEUTSCHER FRACHTER ANGEBLICH MIT IRANISCHEN WAFFEN FÜR SYRIEN

Ein deutscher Frachter mit Waffen aus Iran wurde Medienberichten zufolge kurz vor dem syrischen Mittelmeerhafen Tartus gestoppt. Wie der "Spiegel" auf seiner Website am 14. April berichtete, hatte die "Atlantic Cruiser" der Emder Reederei Bockstiegel "schweres Militärgerät und Munition" für die Truppen von Syriens Präsidenten Baschar al-Assad an Bord. Sie hatte die Ladung demnach einige Tage zuvor im Hafen von Dschibuti von einem iranischen Frachter übernommen und sollte ursprünglich am 13. April in Tartus ankommen.

Durch Überläufer bei den syrischen Behörden sei die Fracht jedoch bekannt und die Reederei gewarnt worden, hieß es in dem Bericht weiter. Daraufhin habe die "Atlantic Cruiser" plötzlich ihren Kurs geändert und sei zunächst auf den "unverdächtigen" türkischen Mittelmeerhafen Iskenderun zugefahren. Rund 80 Kilometer südlich von Tartus habe das Schiff gestoppt und sei einige Stunden im Kreis gefahren.

Schiffsmakler Torsten Lüddeke von der C.E.G. Bulk Chatering, die für die Befrachtung der "Atlantic Cruiser" verantwortlich ist, sagte laut dem Bericht: "Wir haben das Schiff gestoppt, nachdem wir Hinweise auf die Waffenladung erhielten." Der Frachter sei an die ukrainische Firma White Wale Shipping in Odessa vermietet gewesen, die als Ladung "vor allem Pumpen und ähnliche Dinge" deklariert habe. "Waffen hätten wir nie an Bord gelassen", sagte Lüddeke. Nun werde das 6200-Tonnen-Schiff erst einmal "da bleiben, wo es jetzt ist".

Die EU-Länder haben wegen des gewaltsamen Vorgehens der syrischen Führung gegen die Protestbewegung verschiedene Sanktionen gegen Damaskus verhängt, unter anderem ein Waffenembargo.

"Der geschilderte Sachverhalt ist der Bundesregierung bekannt", erklärte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums am 15. April in Berlin. "Alle Einflussmöglichkeiten" würden genutzt, um "mögliche Embargoverstöße" aufzuklären, erklärte die Ministeriumssprecherin weiter. "Nach unseren jetzigen Kenntnissen handelt es sich um ein Schiff eines deutschen Eigentümers", fügte sie hinzu. Das Charterunternehmen habe das Schiff unter die Flagge eines Drittstaates gestellt. Die Einzelheiten seien jedoch noch nicht bekannt, so dass das Ministerium dazu noch nicht Stellung nehmen könne, sagte die Sprecherin.

Die Emder Reederei Bockstiegel hat nach eigenen Angaben keine Hinweise darauf, dass der Frachter Waffen für Syrien an Bord hatte. Das Schiff sei im indischen Mumbai mit Fracht für mehrere Länder beladen worden, darunter auch für Syrien. Den Frachtunterlagen zufolge handele es sich bei der für Syrien bestimmten Ladung um Bauteile eines Thermalkraftwerks von einem indischen Hersteller.

Die Besatzung habe die für sie zugängliche, oben aufgestaute Ladung inspiziert, erklärte die Reederei-Geschäftsführung. "Soweit für die Besetzung erkennbar", handele es sich dabei um Kabeltrommeln und Rohre. Zudem habe der ukrainische Charterer betont, dass es sich bei der für Syrien bestimmten Fracht "ausschließlich um legale, zivile Güter" handele.

Die Reederei hatte nach eigenen Angaben am 13. April eine E-Mail von einer Organisation namens "Syrian Revolution Naval Forces" erhalten, in der sie über die angebliche Waffenladung informiert worden sei. Der Absender habe die Reederei aufgefordert, Syrien nicht anzulaufen, da das Schiff sonst "angegriffen" und "versenkt" werde. Die Reederei habe deshalb dem Frachter die Anweisung gegeben, die Reise nicht fortzusetzen. Es soll keinen syrischen Hafen anlaufen, bevor nicht in einem sicheren Dritthafen die Zusammenstellung der Ladung geklärt wurde.

Am 25. April erklärte der türkische Handelsminister Hayati Yazici, bei der Untersuchung des Schiffes im südtürkischen Iskenderun sei keinerlei Kriegsgerät gefunden worden. Das Schiff solle nach wenigen Tagen seine Fahrt fortsetzen.

Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
www.boell.de

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
11.‍ ‍Jahrgang

*

Quelle:
Iran-Report Nr. 5/2012 - Mai 2012 / 11. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstr. 8, 10117 Berlin
Telefon: 030-285 34 - 0, Fax: 030-285 34 - 109
Email: info@boell.de
Internet: www.boell.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2012