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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/242: Iran-Report Nr. 5 - Mai 2010


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 5 - Mai 2010


Der von der Heinrich-Böll-Stiftung seit 2002 publizierte, monatlich erscheinende Iran-Report des Autors Bahman Nirumand bietet einen Überblick über die innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Iran und die iranische Außenpolitik.

Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


Inhaltsverzeichnis:

Innenpolitik
Die iranische Protestbewegung
Opposition kündigt Protest zum Jahrestag der Wahl an
Filmemacher zu Haftstrafe verurteilt
Drei prominente Oppositionelle verurteilt
Chamenei fordert Härte gegen Sittenwidrigkeit und "gesellschaftliches Verderben"
Zulassungssperre für zwei der größten Reformparteien
Explosion vor Gefängnis: 19 Verletzte
Regisseur Panahi wegen regierungskritischem Film in Haft
Teheraner sollen wegen Erdbebengefahr umsiedeln
Geistlicher macht freizügige Frauen für Erdbeben verantwortlich
Dritte Runde des Prozesses gegen Bahai-Führung
Militärmanöver im Golf: Chamenei attackiert Obama
Pentagon: Ab 2015 könnten Irans Raketen die USA treffen
Iranischer Atomwissenschaftler zum US-Geheimdienst übergelaufen
Wichtigste gemäßigte Zeitung erscheint nach drei Jahren wieder
Erinnern an gescheiterte US-MilitäraktionWirtschaft

Wirtschaft
Obama: Erfolg neuer Iran-Sanktionen nicht garantiert
Moskau nennt Sanktionen gegen Iran "unvermeidbar"
Standort für Urananreicherungsanlage genehmigt
Israel fordert schärfste Benzinsanktionen gegen Iran
Iran macht weitere Zugeständnisse an IAEA-Kontrolleure
Keine Fortschritte bei Mottakis Gesprächen in Wien
Iran verkündet erfolgreichen Test moderner Zentrifugen
Atomstreit findet Echo in Wirtschaft
Ölkonzern Lukoil will kein Benzin mehr an Iran liefern
Russland will Kernreaktor im August hochfahren
Iran will durch Privatisierung 12,5 Milliarden Dollar einnehmen
Zigarettensteuer verdoppelt
Regierung erwägt Verzehnfachung des Erdgaspreises
Bundesanwaltschaft erhebt Klage gegen zwei Iraner

Außenpolitik
Neue US-Atomdoktrin kritisiert
Gates warnt in Geheimbericht vor mangelhafter Iran-Strategie
Atomkonferenz in Teheran
Biden: Israel plant keinen Angriff auf Iran
Medwedew warnt vor Atomkrieg gegen Iran
Brasiliens Staatschef kündigt Iran-Reise an
Ahmadinedschad und Mugabe klagen über Sanktionen
Iran will gute Beziehungen zu Deutschland pflegen
Türkei fordert Informationen über geplante Sanktionen
Zehn Festnahmen bei antiiranischer Protestaktion in Den Haag
Iran befreit entführten Diplomaten in Pakistan
IOC unterstützt FIFA, Irans Frauen auszuschließen

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Innenpolitik

Die iranische Protestbewegung

Seit dem Jahrestag der Revolution am 12. Oktober herrscht relative Ruhe in Iran. Der Einsatz massiver Gewalt, Folterungen und Vergewaltigungen in den Gefängnissen, erzwungene Geständnisse, Schauprozesse und langjährige Haftstrafen haben offenbar ihre Wirkung gezeigt und die Protestierenden in die Häuser bzw. in den Untergrund verbannt. Nach der innerhalb der Opposition herrschenden Meinung kann zurzeit die Monate lang erfolgreich erprobte Taktik, an offiziellen Feier- oder Trauertagen Demonstrationen zu veranstalten ohne größere Opfer an Menschenleben zu riskieren, nicht fortgesetzt werden. Demnach hat eine neue Phase begonnen, in der jedoch noch keine eindeutige und allgemeine Strategie existiert. Zudem ist vor allem bei Jugendlichen, die mit großen Hoffnungen auf Veränderung an der Protestbewegung teilgenommen hatten, eine Enttäuschung spürbar. Während in Kreisen der Reformer die Frage diskutiert wird, wie sich ein Regime, das sich zum Einsatz geballter Gewalt entschlossen hat und vor keinem Verbrechen zurückschreckt, gewaltfrei zu Zugeständnissen zwingen lässt, werden bei den radikalen Teilen der Opposition Überlegungen angestellt, den Kampf im Untergrund zu organisieren. Insgesamt scheint die Opposition auf der Suche nach neuen Wegen zu sein.

Ex-Präsident Mohammad Chatami bezeichnete das laufende Jahr als Jahr "erschütternder gesellschaftlicher Krisen". Bei einem Treffen mit Studenten der Teheraner Universität am 9. April sagte er, die Lage im Land sei schlimm, das Volk habe in den vergangenen Monaten große Opfer gebracht, die Regierung sei nicht in der Lage, das Land zu verwalten. Wenn keine Lösung gefunden werde, gerate das Land in eine tiefe Krise. Er verurteilte die staatlichen Medien und Vertreter der Regierung, die eine "Strategie die Lüge" verfolgten. Er forderte die Rücknahme polizeistaatlicher Maßnahmen, die Freilassung der politischen Gefangenen, freie Wahlen, eine freie Presse und das recht auf freie Meinungsäußerung. Die Krise ließe sich nur überwinden, wenn sich die Regierung statt Willkür walten zu lassen nach den Gesetzen richtet, das Parlament Stärke zeigt und alle Kräfte gemeinsam zur Lösung der Probleme herangezogen würden.

Der Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi warf in einer Erklärung vom 25. April auf seiner Webseite den Machthabern Willkür und Brutalität vor, betonte jedoch, dass die Opposition den bisher friedlichen Weg fortsetzen und ihn niemals verlassen sollte. Er appellierte an Jugendliche, nicht den Weg der Gewalt zu beschreiten. Das Verhalten der Regierung und die Einschränkungen der Freiheiten stehen im Widerspruch zu den Grundsätzen des islamischen Glaubens, sagte der Politiker, der unter Ayatollah Chomeini neun Jahre als Ministerpräsident tätig war. Zu der Grünen Bewegung meinte Mussavi, ihre Stärke dürfe nicht an der Teilnahme an Straßendemonstrationen gemessen werden. Sie zeige sich vielmehr daran, wie weit bei der Bevölkerung das Bewusstsein über das Handeln des Staates bzw. über die eigenen Rechte gewachsen ist.

Bei einem Treffen mit einigen Mitgliedern der Reformpartei Modjahedin der Revolution am 8. April sagte Mussavi, der iranische Staat sei mit "sehr tiefgehenden Problemen" konfrontiert. Er sei dabei seine Legitimation und sein Ansehen vollends zu verlieren. Daher sehe er sich gezwungen, Gewalt anzuwenden. Jetzt herrsche der Irrglaube, mit der Vertreibung der Demonstranten von der Straße seien die Probleme gelöst. Dabei stecke das Land politisch, sozial und wirtschaftlich in einer tiefen Krise. Die einzige Rettung sei die Rückkehr zur Verfassung. Die Opposition müsse sich jetzt besser organisieren. Ihre Aufgabe bestehe darin, weiter aufzuklären und alle Schichten der Bevölkerung von den Forderungen der Opposition zu überzeugen. Mussavi sagte, er hoffe, dass die Herrscher des Landes endlich zur Vernunft kommen und das Land nach innen öffnen. Sonst sehe die Opposition keinen Ausweg, als den Widerstand fortzusetzen.

Die Gewalt, sagte Mussavi bei einem Treffen mit Studenten am 18. April, habe nicht vermocht, die Grüne Bewegung aufzuhalten. Die Parole der Grünen Bewegung, "wir sind unzählbar", zeige sich insbesondere bei den Studenten. Die überwiegende Mehrheit der dreieinhalb Millionen Studenten des Landes stimme der Bewegung zu. Diejenigen, die Gewalt anwenden, stützen sich auf eine winzige Minderheit. Deswegen erscheinen sie selbst auf dem Friedhof mit Waffen und Knüppeln. "Wir hingegen definieren uns als eine Bewegung, die alle siebzig Millionen unseres Volkes, ja selbst unsere Gegner umfasst. Dementsprechend müssen auch unsere Parolen und Forderungen sein", sagte Mussavi. Das Bekenntnis zu Freiheit und Gerechtigkeit gehöre zu den wichtigsten Grundsätzen der Grünen Bewegung. "Sie bedingen einander und sind voneinander untrennbar."


Opposition kündigt Protest zum Jahrestag der Wahl an

Die Oppositionsführer Mehdi Karrubi und Mir Hossein Mussavi haben zum Jahrestag der umstrittenen Präsidentenwahl im Juni Proteste angekündigt. "Ein Antrag auf Genehmigung" einer Demonstration liege schon vor, sagte Karrubi dem "Spiegel" vom 26. April. Auch wenn in jüngster Zeit Ruhe eingehrt sei, bleibe die Frustration in der Bevölkerung groß. "Die Menschen warten nur auf einen Funken." Es sei wichtig "ein Zeichen zu setzen, dass wir weiterkämpfen, nicht gegen diese Republik, sondern für die Einhaltung unserer Verfassung, in der Meinungsfreiheit und Demokratie festgeschrieben sind", sagte Karrubi.

Zuletzt war es zum Jahrestag der Revolution am 12. Februar zu Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen. Karrubi war bei der Präsidentenwahl im Juni 2009 als Kandidat angetreten. Aufsehen hatte der Politiker erregt, als er zwei Monate nach der Abstimmung den Vorwurf erhob, regierungskritische Demonstranten seien in der Haft vergewaltigt und missbraucht worden. Die Regierung hat die Anschuldigungen bestritten. Dem Nachrichtenmagazin zufolge sagte Karrubi, er halte an den Vorwürfen fest.


Filmemacher zu Haftstrafe verurteilt

Ein Gericht in Iran hat laut einem Zeitungsbericht einen prominenten Filmemacher wegen seiner Rolle bei den Protesten nach der Präsidentenwahl zu dreieinhalb Jahren Gefängnis und fünfzig Peitschenhieben verurteilt. Der 58-jährige Mohammad Nurizad sei der Verbreitung von Propaganda gegen die Geistlichkeit und der Beleidigung der Staatsführung schuldig gesprochen worden, berichtete die der Reformbewegung nahe stehende Tageszeitung "Schargh" am 18. April. Wie der Gerichtsvorsitzende erläuterte, setzt sich die Strafe zusammen aus einem Jahr für "Propaganda gegen die Staatsordnung und Beschmutzung des dreißigjährigen Gesichts der Islamischen Republik", zwei Jahren wegen "Beleidigung des Revolutionsführers", 91 Tagen wegen "Beleidigung des Justizchefs", 91 Tagen wegen "Beleidigung des Staatspräsidenten" und 50 Peitschenhieben wegen "Beleidigung des Freitagspredigers der Stadt Maschad".

"Beleidigungen werden nirgendwo auf der Welt als konstruktiv aufgefasst und das Verhalten des Angeklagten hat mit wohlwollender Kritik nichts zu tun", heißt es im Urteil. "Weil sein Wunschkandidat das Vertrauen des Volkes nicht gewinnen konnte, hat er auch die Wähler beleidigt." Das Gericht habe im Hinblick auf das Alter des Angeklagten ein gemäßigtes Verhalten von ihm erwartet. Aber er habe wie ein Jugendlicher wegen der Niederlage seines Wunschkandidaten die Kontrolle über sich verloren.

Nurizad wurde im November festgenommen, nachdem er einen Protestbrief an Revolutionsführer Ali Chamenei geschrieben hatte. Darin forderte er Chamenei auf, sich für das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten im Zusammenhang mit den Massenprotesten gegen den umstrittenen Ausgang der Präsidentenwahl vom Juni zu entschuldigen. Er protestierte auch gegen den Obersten Justizchef Sadegh Laridschani in einem Artikel auf seiner Website mit der Überschrift "Sturz des Obersten Richters".

Nurizads Frau, Fatemeh Nurizad, berichtete nach einem Besuch ihres Mannes im Gefängnis, ihr Mann habe aus Protest 106 Tage lang gefastet. Auch habe er sich wegen Folterungen während der Verhöre bei der Justiz beschwert.

Nurizad hatte zunächst Jahre lang Dokumentarfilme produziert, seit kurzem hat er aber auch mit der Produktion von Spielfilmen begonnen. Gleichzeitig schrieb er über längere Jahre für die ultrakonservative Tageszeitung Keyhan. Doch nach der Wahl Ahmadinedschads hat er allmählich zu seinen Weggefährten Abstand genommen. Nach der Wiederwahl Ahmadinedschads und dem Ausbruch der Unruhen begann er öffentlich gegen die Anwendung von Gewalt gegen Demonstranten zu protestieren.


Drei prominente Oppositionelle verurteilt

Ein iranisches Gericht hat drei prominente Oppositionelle wegen Beteiligung an den Protesten nach der Präsidentenwahl zu jeweils sechs Jahren Haft verurteilt. Dem Gerichtsurteil zufolge dürfen sie sich außerdem zehn Jahre lang nicht politisch betätigen, wie die amtliche Nachrichtenagentur IRNA am 19. April berichtete.

Mohsen Mirdamadi, Mostafa Tadschsadeh und Dawud Soleimani sind ranghohe Mitglieder der größten Reformpartei "Moscharekat".

Mirdamadi, Generalsekretär der Moscharekatpartei, war von 2000 bis 2004 Vorsitzender des Sicherheitsausschusses im Parlament. Er wurde am 13. Juni vergangenen Jahres, einen Tag nach der Präsidentenwahl, nach einer Sitzung des Parteivorstands festgenommen, jedoch nach 24 Stunden wieder freigelassen. Am 20. Juni wurde er erneut in Haft genommen. Nach neuen Monaten durfte er gegen eine Kaution in Höhe von umgerechnet einer halben Million Euro die Neujahrstage (das Neue Jahr beginnt im Iran am 21. März) zu Hause verbringen. Er musste jedoch wegen Rücken- und Rückenmarkleidens im Krankenhaus stationär behandelt werden.

Mostafa Tadschsadeh, Mitglied des Zentralrats der Moscharekat-Front und der Partei der Modjahedin der Revolution, war während der Präsidentschaft Mohammad Chatamis politischer Staatssekretär im Innenministerium. Er wurde ebenfalls am 13. Juni festgenommen und nach neun Monten ohne Kaution aus dem Gefängnis entlassen. Die Moscharekat-Front ist der Zusammenschluss einiger Reformparteien.

Dawud Soleimani, Mitglied des Zentralrats der Moscharekat-Front, wurde am 14. Juni in Haft genommen und sitzt seitdem im Gefängnis.


Chamenei fordert Härte gegen Sittenwidrigkeit und "gesellschaftliches Verderben"

Bei einem Treffen mit den Kommandanten der Ordnungskräfte am 25. April forderte Revolutionsführer Ali Chamenei ein "ernstgemeintes Vorgehen" gegen "gesellschaftliches Verderben".

"Wir müssen mit aller Härte gegen individuelle, gesellschaftliche und politische Vergehen vorgehen", sagte Chamenei. "Wir müssen auch Leute, die bewusst oder aus Unwissenheit das Antlitz unseres Staates in Bezug auf Frömmigkeit, Sittlichkeit, Reinheit und Keuschheit besudeln, entsprechend hart behandeln."

Obwohl Chamenei nicht direkt auf die Pläne Bezug nahm, die der Innenminister und die Ordnungskräfte zu einem systematischen Vorgehen gegen die Missachtung der Kleidungsvorschriften und moralischen Grundsätze angekündigt haben, können seine Worte als Unterstützung dieser Pläne gedeutet werden.

Chamenei betonte bei dem Treffen die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Autorität der Ordnungskräfte gegenüber der Bevölkerung, fügte aber auch hinzu, dass die Würde der Menschen beachtet werden sollte.

Die Kenntnis über alle Vorgänge im Land gehöre zu den existenziell wichtigen Voraussetzungen einer funktionierenden Polizei, sagte Chamenei. Die Ordnungskräfte hätten im Gegensatz zu den Militärs nicht mit einem sichtbaren Feind zu tun, sondern mit "diversen, geheim agierenden Kräften, die sich unter das Volk mischen". Die Polizei müsse in der Lage sein, "wie ein fähiger und kluger Chirurg, das Krebsgeschwür aus dem Körper zu operieren, ohne die Organe zu beschädigen".

Chamenei erwähnte auch die Ereignisse nach der Präsidentenwahl und sagte, da seien "Verschwörer am Werk" gewesen und hätten "im Gaumen des Volkes Bitterkeit erzeugt", jedoch habe das Volk, "mit Hilfe Gottes den Sieg davon getragen".


Zulassungssperre für zwei der größten Reformparteien

Laut einem Erlass des "Hauses der Parteien" wurden die Zulassungen von zwei der größten Reformparteien, die Moscharekat-Pertei und die Partei der Modjahedin der Revolution gesperrt. Wie die Regierungszeitung "Iran" am 19. April berichtete, wurde laut Erlass mit Hinweis auf einige Paragraphen des Parteiengesetzes einstimmig beschlossen, den genannten Parteien die Zulassung zu entziehen und die beiden Fälle dem zuständigen Gericht zu übergeben.

Die Paragraphen, auf die das Haus der Parteien hinweist, beziehen sich auf: "Aktivitäten, die die Verletzung der Souveränität des Staates zur Folge haben können", "Verbreitung von Beleidigungen, Verunglimpfungen und Gerüchten", "Verletzung der nationalen Einheit und Planungen, die zur Zerstückelung des Staates führen können" und "Missachtung islamischer Grundsätze".

Das Verbot der Parteien war bereits im März von der Regierung angekündigt worden. Ali Schakuri Rad, ein ranghohes Mitglied der Moscharekat-Partei, erklärte nach Angaben der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr, solange die Partei nicht von einem Gericht verboten werde, werde sie ihre politische Arbeit nicht einstellen.


Explosion vor Gefängnis: 19 Verletzte

Bei einer Bombenexplosion vor einem Gefängnis in Iran wurden am 10. April 19 Menschen verletzt. Wie iranische Nachrichtenagenturen berichteten, nutzten zwei Häftlingen die Explosion in der Provinz Ilam im Westen des Landes zur Flucht. Ein weiterer Häftling sei kurz nach dem Fluchtversuch wieder gefasst worden. Für einen der geflohenen verurteilten "Verbrecher" sei der Termin für die Hinrichtung bereits festgelegt gewesen. Unter den Verletzten waren den Angaben zufolge auch drei Wachmänner.

Die amtliche Nachrichtenagentur IRNA zitierte den Gouverneur von Ilam, Nurollah Ardschomandi, wonach eine Granate mit einem Raketenwerfer auf das Gefängnis abgefeuert worden sei. Dabei sei eine Mauer beschädigt worden und Fensterscheiben seien zu Bruch gegangen. Das Staatsfernsehen meldete, dass der Anschlag einen Gefängnisausbruch ermöglichen sollte.


Regisseur Panahi wegen regierungskritischem Film in Haft

Der preisgekrönte iranische Regisseur Daschafar Panahi wurde nach amtlichen Angaben wegen Arbeiten an einem regierungskritischen Film festgenommen. Kulturminister Mohammad Hosseini sagte der Nachrichtenagentur ISNA am 14. April, nach ihm vorliegenden Informationen habe Panahi einen Film über die Ereignisse nach der Wiederwahl von Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad im vergangenen Jahr drehen wollen. Das umstrittene Wahlergebnis hatte Massenproteste ausgelöst.

Mitte März hatte Panahis Ehefrau Tahereh Saidi in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP bestritten, dass es in dem Film ihres Mannes um die Ereignisse nach der Wahl gehe. Oppositionellen Internetseiten zufolge waren außer Panahi Anfang März 16 Menschen festgenommen worden, darunter seine Frau, seine Tochter und vier Menschenrechtsaktivisten. 14 von ihnen kamen wieder auf freien Fuß.

Seit sich Panahi beim Filmfestival in Montreal im vergangenen Sommer öffentlich hinter die iranische Opposition stellte, darf er sein Land nicht mehr verlassen. Einer Einladung zur Berlinale konnte er deswegen im Februar nicht nachkommen. Die meisten seiner häufig sozialkritischen Filme sind in Iran der Zensur zum Opfer gefallen.

Der 49-jährige Panahi zählt zu den im Ausland bekanntesten Filmemachern Irans. Für sein Werk "Offside" erhielt er den Silbernen Bären der Berlinale 2006. Sein Film "Der Kreis" wurde im Jahr 2000 mit dem Goldenen Löwen des Filmfestivals von Venedig ausgezeichnet. 1995 gewann er mit "Der weiße Ballon" die Goldene Kamera in Cannes.


Teheraner sollen wegen Erdbebengefahr umsiedeln

Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat die Bewohner der Hauptstadt aufgefordert, wegen der latenten Erdbebengefahr in andere Orte umzusiedeln. "Teheran hat dreizehn Millionen Einwohner", sagte er. "Wenn etwas passiert, wie sollen wir damit umgehen? Also sollte Teheran evakuiert werden", sagte Ahmadinedschad, der früher Bürgermeister der Stadt war, am 22. April. Mindestens fünf Millionen Menschen sollten die Metropole verlassen, forderte der Präsident. Seismologen warnen seit vielen Jahren, dass ein heftiges Beben im Gebiet Teheran überfällig sei und deswegen jederzeit damit gerechnet werden müsse. Hunderttausende Menschen könnten dabei ums Leben kommen.

Wer in kleinere Städte mit weniger als 25000 Einwohnern ziehe, werde finanzielle Unterstützung erhalten, warb Ahmadinedschad vor Mitarbeitern der Wohnungs- und Bauverwaltungen. Man dürfe sich nicht auf die Kraft der Gebete verlassen, um eine Katastrophe zu verhindern, mahnte Ahmadinedschad und unterstrich damit die Dringlichkeit seines Appells, denn gerade in islamischen Gesellschaften würden Naturkatastrophen als Taten Gottes betrachtet.

Nach Ansicht von Seismologen könnte sich alle 150 Jahre ein schweres Erdbeben im Raum Teheran ereignen. Beim letzten großen Beben 1831 war Teheran noch winzig im Vergleich zu heute. An Arbeitstagen halten sich dort bis zu 15 Millionen Menschen auf.

Der Experte Farid Mehdian schätzt, dass bei einem schweren Beben in Teheran mindestens eine halbe Million Menschen ums Leben kommen könnten. Zum Vergleich: Bei dem Beben von 2003, das die kleine Stadt Bam im Südosten des Landes traf, starben schon 30.000 Menschen. In Teheran wären die Folgen bei weitem verheerender.

Dennoch sehen viele Experten die Pläne Ahmadinedschads skeptisch. Es sei unmöglich die Einwohner Teherans umzusiedeln, zumal die anderen bewohnten Gebiete des Landes ebenfalls in Erdbebenregionen lägen. Ein weiteres Problem dürfte darin bestehen, die Leute zu überzeugen, das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes zu verlassen. Schließlich seien sie nicht wegen der Luftverschmutzung und der Verkehrsstaus nach Teheran gekommen, sondern weil sie dort ihren Lebensunterhalt verdienten, schrieb die Tageszeitung Ettelaat.


Geistlicher macht freizügige Frauen für Erdbeben verantwortlich

Ein iranischer Geistlicher hat eine ungewöhnliche Erklärung für Erdbeben gefunden: das unzüchtige Verhalten von Frauen. "Viele Frauen, die sich nicht angemessen kleiden, verführen junge Männer zur Unkeuschheit und verbreiten Unzucht in der Gesellschaft, was letztendlich zu Erdbeben führt", sagte der muslimische Kleriker Kasem Sedighi am 16. April iranischen Medienberichten zufolge.

Die Äußerung hat weltweit Spott ausgelöst. Wie das Hamburger Abendblatt am 19. April berichtete, haben Frauen aus verschiedenen Kontinenten den iranischen Geistlichen mit einer koordinierten Aktion namens "Boobquake" (Busenbeben) auf die Schippe genommen. Damit wollten sie zeigen, dass "unzüchtige Kleidung" kein Erdbeben auslöst. Die Aktion begann am Morgen des 19. April im australischen Melborne und zog sich rund um den Globus bis nach Vancouver an Kanadas Pazifikküste. Dort zeigten am Abend rund hundert Demonstrantinnen anhand eines Seismographen, dass Brüste nicht die Erde erschüttern.

Jen McCreight, eine 22-jährige Amerikanerin von der Purdue Universität in Lafayette (US-Bundesstaat Indiana), griff Sedighis Warnung auf und rief über das soziale Netzwerk Facebook Frauen weltweit zum Gegenbeweis auf.

Frauen sollten demnach am "Boobquake Day" (Busenbeben-Tag) viel Haut zeigen und dem besorgten Kleriker demonstrieren, dass ihre Körper die Welt nicht ins Wanken bringen. Zehntausende schlossen sich McCreights Appell spontan über das Internet an. Andere luden zu Protestaktionen ein, darunter in der US-Hauptstadt Washington, im kanadischen Edmonton und in Vancouver.


Dritte Runde des Prozesses gegen Bahai-Führung

Die dritte Runde des Prozesses gegen die sieben Mitglieder des ehemaligen Führungsgremiums der iranischen Bahai-Gemeinde fand am 12. April in Teheran statt. Die Verhandlung war erneut nicht öffentlich, sodass keine Details bekannt wurden.

"Wir wissen, dass die Verhandlung stattgefunden hat, doch haben wir keine näheren Informationen aus zuverlässiger Quelle", sagte Diane Ala´i, Sprecherin der internationalen Bahai-Gemeinde bei den Vereinten Nationen in Genf.

"Schon bald werden diese unschuldigen Bahai das dritte Jahr ihrer Gefangenschaft beginnen", sagte Ala´i. "Mindestens hätten sie gegen Hinterlegung einer Kaution bis zum Ende des Verfahrens, in das sie verwickelt wurden, freigelassen werden müssen." Dass dies nicht geschehen sei, sei "in Anbetracht des internationalen Menschenrechtsschutzes" inakzeptabel.

Die sieben Bahai sind im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis seit ihrer Festnahme im Frühjahr 2008 inhaftiert. Ihr Prozess begann jedoch erst am 12. Januar 2010 vor der 28. Kammer des Revolutionsgerichts in Teheran. Zu Beginn wurde lediglich die Anklage verlesen. Die Anklagepunkte beinhalten unter anderem Spionage, Propagandaaktivitäten gegen die Islamische Republik und die Verbreitung von "Verderbtheit auf Erden". Die sieben Bahai - fünf Männer und zwei Frauen - haben diese Anklagepunkte stets kategorisch zurückgewiesen.


Militärmanöver im Golf: Chamenei attackiert Obama

Die iranischen Revolutionsgarden haben ab dem 21. April ein dreitägiges Manöver im Persischen Golf durchgeführt, durch den die wichtigsten Öltransportrouten führen. Beteiligt seien die Marine, die Luftwaffe und das Heer der Elitetruppe, zitierte die halbamtliche Nachrichtenagentur Fars Brigadegeneral Hossein Salami am 21. April. "Dieses Manöver stellt keine Bedrohung für befreundete Länder dar", sagte Salami. Ein stellvertretender Kommandeur der Garden sagte dem iranischen Staatsfernsehen, Iran wolle mit dem Manöver seinen Einfluss in der wichtigen Seefahrtsstraße von Hormos unterstreichen. Die engste Stelle zwischen arabischer Halbinsel und dem asiatischen Festland ist keine 40 Kilometer breit. Iran hatte mehrfach gedroht, die Straße zu schließen, falls das Land angegriffen werde.

Die Garden wurden nach der Revolution von 1979 gegründet und unterstehen direkt dem Revolutionsführer Ali Chamenei. Dieser nutzte eine Rede vor Krankenschwestern für Verbalattacken gegen US-Präsident Barack Obama und seine neue Atomwaffenstrategie. "Wir werden nicht zulassen, dass Amerika seine höllische Dominanz über Iran mit solchen Drohungen erneuert", sagte Chamenei laut Fars.

Zum Abschluss des dreitägigen Militärmanövers wurden mehrere Raketen testweise abgefeuert. Verteidigungsminister Ahmad Wahidi sagte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur ISNA, es seien Raketen der Typen Nasr (Sieg), Saegheh (Blitz) und Noor (Licht) getestet worden. Im Staatsfernsehen hieß es, insgesamt fünf Raketen seien abgeschossen worden, die für die Verwendung vom Boden zum Meer und vom Meer zum Meer geeignet seien. Eine der Raketen hatte nach Informationen der Agentur Fars eine Reichweite von 300 Kilometern.

Bei den Manövern wurden auch unbemannte Flugzeuge (Drohnen) und Laserwaffen getestet.

Bereits am 11. April hatte Iran ein neues Programm zum Bau von Mittelstreckenraketen zur Luftabwehr angekündigt. Die Rakete mit dem Namen Mersad (Hinterhalt) ziele auf Kampfflieger, die in niedrigen und mittleren Höhen fliegen, erklärte Verteidigungsminister Ahmad Wahidi am 11. April bei der Einweihung einer Anlage, in der die neue Waffe gebaut werden soll. Erst im März hatte die Regierung in Teheran den Bau neuer Seezielflugkörper verkündet. Diese Nasr-1 genannte Waffe soll Schiffe und andere maritime Ziele von bis zu 3000 Tonnen Gewicht zerstören können.


Pentagon: Ab 2015 könnten Irans Raketen die USA treffen

Bis zum Jahr 2015 könnte Iran nach Ansicht des Pentagon Langstreckenraketen entwickelt haben, die bis in die USA reichen. Vorausgesetzt Teheran erhalte beim Bau einer solche Waffe ausländische Hilfe, könnte die Rüstungstechnik Irans in fünf Jahren entsprechend fortgeschritten sein, sagte James Miller als Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am 20. April bei einer Anhörung vor dem Kongress. Mit der Entwicklung einer iranischen Atomwaffe sei frühesten in drei Jahren zu rechnen, sagte der Experte und bestätigte damit eine frühere Einschätzung der US-Regierung.

In den vergangenen Monaten hatte Iran vermehrt die Entwicklung neuer Waffen bekannt gegeben: Anfang April kündigte Teheran den Bau einer gegen israelische Kampfflieger gerichteten Mittelstreckenrakete an. Im Februar wurde eine Anlage zur Herstellung einer Boden-Luft-Rakete sowie einer Anti-Panzer-Rakete mit Doppelsprengkopf eingeweiht. Außerdem verkündete Teheran den Bau einer Boden-Luft-Rakete, die in der Lage sei, US-Kampfhubschrauber vom Typ Apache zu zerstören. Auch ein Raketenabwehrsystem sei entwickelt worden.


Iranischer Atomwissenschaftler zum US-Geheimdienst übergelaufen

Ein iranischer Atomwissenschaftler ist angeblich zum US-Geheimdienst CIA übergelaufen. Wie der US-Fernsehsender ABC am 30. März berichtete, ist Schahram Amiri, der im vergangenen Jahr auf rätselhafte Weise verschwunden war, mittlerweile für die CIA tätig. Es sei ein "Coup" gewesen, um das iranische Atomprogramm zu unterlaufen, zitierte der Sender US-Geheimdienstler.

Amiri, Mitte dreißig, war am 31. Mai vergangenen Jahres von Teheran aus zu einer Pilgerreise nach Saudi-Arabien aufgebrochen. Bei einem Telefongespräch mit seiner Frau berichtete er aus Medina, dass er am Flughafen weit mehr als andere Mitreisende von saudischen Sicherheitsbeamten befragt worden sei. Am dritten Tag seines Aufenthalts in Mekka verließ er sein Hotel und kehrte nicht mehr zurück.

Während westliche Medien Amiri als einen wichtigen Atomspezialisten bezeichneten, der über das iranische Atomprogramm bestens informiert sei, erklärte seine Frau, er sei ein Physiker und an der Universität tätig. Mit Atomangelegenheiten habe er nichts zu tun. Demgegenüber hieß es im amtlichen englischsprachigen Press TV, Amiri habe an der Teheraner Malek-Aschtar-Universität gearbeitet. Die aber wird von der UNO als Atomforschungszentrum bezeichnet, das unter der Kontrolle der Revolutionswächter steht.

Auch der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki erklärte im vergangenen Herbst, Amiri sei kein Geheimnisträger. Er sei ein iranischer Staatsbürger wie jeder andere und die iranische Regierung setze sich für ihn ein. Doch gleichzeitig behauptete er, der Wissenschaftler sei in einer koordinierten Aktion zwischen saudischen Sicherheitsdiensten und US-Geheimdiensten gekidnappt worden.

Der Fall sorgte für zusätzlichen Ärger in den ohnehin schwer belasteten Beziehungen zwischen Teheran und Washington. Mottaki brachte diesen und ähnliche Fälle im Oktober bei UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zur Sprache und beschuldigte die USA, die Hand im Spiel zu haben. "Wir haben Dokumente gefunden, die belegen, dass die USA das Verschwinden Amiris beeinflusst haben", sagte der Minister in einem Interview mit dem TV-Sender al-Dschasira. Er beschwerte sich auch bei der saudischen Regierung und drohte, die jährlichen Pilgerreisen von Zehntausenden Iranern nach Mekka einzustellen. Mehrmals demonstrierten Amiris Angehörige vor der saudischen Botschaft in Teheran.

Die Brisanz des Falls erfuhr eine Zuspitzung, als wenige Monate nach dem Verschwinden Amiris die Existenz einer zweiten Anreicherungsanlage im Iran bekannt wurde. Iran bestritt den Zusammenhang. Das Land sei noch nicht zur Bekanntgabe der Anlage bei der Internationalen Atombehörde verpflichtet gewesen.

Ob Amiri tatsächlich gekidnappt wurde, oder freiwillig zu den Amerikanern übergelaufen ist, bleibt weiterhin ein Rätsel. Ähnliche Fälle aus der Vergangenheit sprechen eher für eine Mitwirkung ausländischer Geheimdienste. 2007 verschwand Ali Reza Asgari, ehemaliger Stellvertreter des Verteidigungsministers, aus einem Hotel in Istanbul. Er hält sich inzwischen in Israel auf. Der ehemalige iranische Botschafter in Jordanien, Nasrollah Tadschik, wurde wegen angeblich illegaler Waffengeschäfte in London verhaftet. Mysteriös schien auch das Verschwinden des Iraners Ardebili vor zwei Jahren in Georgien, über dessen Verbleib nichts bekannt ist.


Wichtigste gemäßigte Zeitung erscheint nach drei Jahren wieder

Knapp drei Jahre nach ihrem Verbot durch die iranische Zensur ist die wichtigste gemäßigte Tageszeitung des Landes am 11. April erstmals wieder erschienen. Die Zeitung "Schargh" (Osten) werde zunächst 16 Seiten, später 24 Seiten umfassen, sagte Chefredakteur Mahdi Rahnemanian der Nachrichtenagentur ISNA. In der ersten Nummer, die am 11. April erschien, machte Schargh mit dem Tod des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski auf.

Die Zeitung war im April 2007 nach einem ganzseitigen Interview mit der in Kanada lebenden Dichterin Saghi Ghahreman verboten worden. Teheran bezeichnete die Schriftstellerin als "Konterrevolutionärin, die unmoralisches Gedankengut verbreiten will". Mit dieser Aussage wird auf das Thema Homosexualität angespielt. Homosexualität ist in Iran verboten. Schargh war in der Vergangenheit bereits mehrfach verboten worden, unter anderem wegen einer regierungskritischen Karikatur. Zwar ließen sich immer wieder Vorwände finden, aber im Grunde ging es darum, eine Zeitung, die ein Forum für Reformer und Andersdenkende bildete, auszuschalten.

Das Regime in Teheran geht immer wieder hart gegen oppositionelle und gemäßigte Medien vor. Im Zuge der regierungskritischen Proteste seit Ahmadinedschads Wiederwahl im vergangenen Juni wurden eine ganze Reihe von Zeitung verboten und zahlreiche Journalisten verhaftet, darunter auch Mitarbeiter der Zeitung Schargh, die sich zum Teil immer noch in Haft befinden.

Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) befinden sich derzeit mindestens 35 Journalisten in Haft. 18 weitere seien zum iranischen Neujahrsfest vorübergehend freigelassen worden, müssten jedoch wieder ins Gefängnis zurück, erklärte die in New York ansässige Organisation am 4. April. Viele der Inhaftierten seien physischem und psychischem Druck ausgesetzt, falsche Geständnisse abzulegen, mit denen ihnen die Todesstrafe drohe.


Erinnern an gescheiterte US-Militäraktion

Mit einer Feierstunde hat Iran am 26. April an den 30. Jahrestag der gescheiterten US-Militäraktion zur Befreiung der Botschaftsgeiseln in Teheran erinnert. Bei der "Operation Eagle Claw" kamen acht US-Soldaten ums Leben, als in einem Sandsturm in der großen Salzwüste ein Hubschrauber mit einem Flugzeug kollidierte.

In Tabas, dem rund 600 Kilometer südöstlich von Teheran gelegenen Ort des Fehlschlags, versammelten sich mehrere hundert Menschen. Parlamentspräsident Ali Laridschani sagte, die gescheiterte Aktion sei eine Demütigung der US-Regierung gewesen.

Die Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran begann am 4. November 1979. Die letzten 52 Geiseln wurden nach 444 Tagen im Januar 1981 freigelassen.


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Wirtschaft

Obama: Erfolg neuer Iran-Sanktionen nicht garantiert

US-Präsident Barack Obama sieht keine Gewähr dafür, dass neue Sanktionen gegen Iran tatsächlich zu einem Stopp des umstrittenen Atomprogramms führen würden. Regime wie das in Iran oder in Nordkorea würden aufgrund von internationalem Druck "manchmal ihr Verhalten ändern und manchmal nicht", sagte Obama dem Sender ABC in einem am 9. April ausgestrahlten Interview. Die Regierung in Iran sei nicht "dumm", sagte der Präsident weiter. Wenn die Staatengemeinschaft gleichmäßig und stetig Druck ausübe, werde sie "anfangen, eine neue Kosten-Nutzen-Analyse aufzustellen", was ihr Atomprogramm angehe.


Moskau nennt Sanktionen gegen Iran "unvermeidbar"

Im Atomstreit mit Iran hält Russland Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Teheran inzwischen für "unvermeidbar". Grund seien der "hartnäckige Widerstand" und die "Unwilligkeit" der iranischen Führung, auf die internationalen Appelle einzugehen. Das sagte der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow am 23. April dem Radiosender Echo Moskwy. Er befürchte jedoch, dass Zwangsmaßnahmen die Haltung Teherans verhärten würden. Kremlchef Dimitri Medwedew hatte sich zuletzt offen für "effiziente und intelligente" Sanktionen gezeigt, die sich nicht gegen die Zivilbevölkerung richten.

Sanktionen im Energiebereich schloss Rjabkow aus. Dies sei der wichtigste Wirtschaftssektor in Iran, sagte er. Entsprechende Zwangsmaßnahmen würden daher das iranische Volk bestrafen.


Standort für Urananreicherungsanlage genehmigt

Ungeachtet der neuen Sanktionsdrohungen der internationalen Gemeinschaft hat Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad einen Standort für eine dritte Anlage zur Urananreicherung gebilligt. Ahmadinedschad habe die Pläne abgesegnet, sagte sein Berater Modschtaba Samareh Haschemi am 19. April. Wo die Anlage gebaut wird und wann die Arbeiten beginnen sollen, sagte Haschemi laut Nachrichtenagentur IRNA nicht. Iran verfügt bereits über zwei Anlagen zur Urananreicherung, eine in Natans und die andere in der Nähe der Stadt Ghom.

Im November hatte die Regierung beschlossen, insgesamt zehn neue Anlagen zur Urananreicherung zu errichten. Mit dem Bau der ersten beiden soll noch in diesem Jahr angefangen werden, das nach dem iranischen Kalender im März begonnen hat. Nach Angaben der Regierung in Teheran ist das Atomprogramm ausschließlich für zivile Zwecke bestimmt.


Israel fordert schärfste Benzinsanktionen gegen Iran

Im Streit um das iranische Atomprogramm hat Israel strengste Benzinsanktionen gegen die Islamische Republik gefordert. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am 19. April dem US-Sender ABC, bei einem Stopp der Importe wäre Iran nicht in der Lage, den eigenen Bedarf zu decken. Solche "lähmenden Sanktionen" könnten auch ohne die Zustimmung der Sicherheitsratsmitglieder Russland und China umgesetzt werden, sagte Netanjahu.

Iran, der viertgrößte Erdölexporteur der Welt, muss wegen fehlender Raffinerie-Kapazitäten 40 Prozent seines Benzins importieren. Der iranische Handelsminister Mehdi Ghasanfari erklärte am 19. April, der geplante Abbau der staatlichen Unterstützung für Benzin werde zu höheren Preisen im Inland führen. Der daraus resultierende Rückgang der Nachfrage werde die Abhängigkeit Irans von ausländischem Benzin vermindern. Zudem würden neue Raffinerien gebaut.

Gegenwärtig zahlen iranische Autofahrer etwa 0,07 Euro je Liter Benzin für 80 Liter im Monat. Für Mengen darüber hinaus zahlen sie etwa 0,30 Euro je Liter.

Bereits am 7. April hatte Netanjahu die Wirksamkeit von angestrebten Sanktionen gegen Iran bezweifelt. Er sei sich nicht sicher, ob ein solches neues Programm scharf genug und in der Lage sei, Iran wirklich zu stoppen, sagte Netanjahu in Jerusalem. Sanktionen gegen Iran seien nur dann wirklich effektiv, wenn der Energiemarkt getroffen werde - also etwa der Import von Treibstoff unterbunden werde.


Iran macht weitere Zugeständnisse an IAEA-Kontrolleure

Vor dem Hintergrund neuer Sanktionsdrohungen hat sich Iran zu Zugeständnissen an die Internationale Atombehörde (IAEA) bereiterklärt. Wie Diplomaten am 23. April am Sitz der IAEA in Wien der Nachrichtenagentur AP mitteilten, hat die iranische Regierung einer besseren Kontrolle der vor zwei Monaten begonnenen umstrittenen Urananreicherung in der Atomanlage Natans zugestimmt.

Iran will nach eigenem Bekunden in der Anlage schwach angereichertes Uran für den Betrieb eines Forschungsreaktors auf 20 Prozent anreichern. Die IAEA hatte sich bislang vergeblich bemüht, den Anreicherungsprozess stärker kontrollieren zu können, etwa durch die Neuausrichtung bereits von internationalen Inspektoren installierter Überwachungskameras und durch weitere Inspektionen.

Mittlerweile habe die iranische Regierung aber einigen der von der IAEA geforderten Kontrollmaßnahmen zugestimmt, sagten Diplomaten der AP. Es seien zwar nicht alle Forderungen erfüllt worden, aber die IAEA sei mit dem Erreichten zufrieden, erklärte einer von drei Diplomaten, mit denen die AP gesprochen hatte. Die Gewährsmänner wollten anonym bleiben.

Der iranische Chefunterhändler Ali Asghar Soltanieh bestätigte indirekt die Vereinbarung. Beide Seiten hätten "konstruktive Gespräche" zu diesem Thema geführt, sagte er.


Keine Fortschritte bei Mottakis Gesprächen in Wien

Die hochrangigen Gespräche über das iranische Atomprogramm in Wien haben keinen Durchbruch erzielt. Die UN-Atomaufsichtsbehörde (IAEA) erklärte nach dem zweieinhalbstündigen Treffen des iranischen Außenministers Manuchehr Mottaki mit IAEA-Chef Yukiya Amano in Wien, die Beratungen hätten in geschäftsmäßiger Atmosphäre stattgefunden. "Die Behörde befindet sich nicht in einem Verhandlungsprozess", sagt ein UN-Diplomat. "Sie hört sich alle Seiten an."

Im Zentrum der Gespräche stand die von der internationalen Gemeinschaft geforderte Auslagerung der Urananreicherung aus Iran. Mit der Technik kann das Material für Atomwaffen hergestellt werden. Mottaki betonte, er habe mit Amano über eine Lösung gesprochen, die für alle Seiten akzeptabel sei. Er machte keine Angaben, ob neue Vorschläge auf den Tisch gekommen sind. "Ich sehe eine sehr gute Chance dafür, einen Weg für einen Austausch des Brennmaterials zu finden." Er fügte hinzu: "Es ist Zeit, neue Gespräche zu beginnen."

Neben der IAEA führte Mottaki auch ein Gespräch mit dem österreichischen Außenminister Michael Spindelegger. Österreich ist nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Auch dieses Gespräch brachte kein Ergebnis. "Ich habe klar gemacht, dass der Zug Richtung Sanktionen läuft", sagte Spindelegger in einer Pressekonferenz nach dem Treffen. Diese würden eintreten, wenn Iran keine Kooperation und Dialogbereitschaft beweise.

Mottaki verteidigte in Wien erneut die Haltung Teherans. Es sollten nur Staaten bestraft werden, die etwas getan haben - und Iran habe nichts getan, sagte der Minister. Er bezeichnete die bisherigen Sanktionen als "misslungene Aktion".

Mottaki werde in den nächsten Tagen in die Hauptstädte mehrerer UN-Sicherheitsratsmitglieder reisen, um weitere Sanktionen gegen sein Land abzuwenden, hieß es. Als erstes Land stand Bosnien-Herzegowina auf seinem Reiseplan. Zuvor hatte er Uganda besucht, das ebenfalls nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats ist.


Iran verkündet erfolgreichen Test moderner Zentrifugen

Iran hat im Rahmen seines Atomprogramms nach eigenen Angaben erfolgreich leistungsstärkere Zentrifugen der dritten Generation entwickelt und getestet. Sie könnten Uran sechs Mal schneller anreichern als die bisher in der Atomanlage Natans verwendeten Zentrifugen, teilte die iranische Atombehörde am 9. April in Teheran mit. Die USA und Großbritannien kritisierten die Ausdehnung des Atomprogramms.

Mit den Zentrifugen der dritten Generation könne "in weniger Zeit mehr" Uran angereichert werden, sagte der Chef der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, bei einer Zeremonie am Tag der Nuklearenergie. Nach Schätzungen der Internationalen Atombehörde (IAEA) verfügt Teheran in Natans derzeit über 8600 Zentrifugen. Mit ihnen seien bisher etwa zwei Tonnen leicht angereichertes Uran produziert worden.

Präsident Ahmadinedschad bekräftigte bei einer Ansprache anlässlich des Tages der Nuklearenergie das Recht seines Landes auf ein Atomprogramm. Iran sei eine "Nuklearmacht, ob es seine Feinde nun akzeptieren oder nicht", sagte er. Drohungen seitens der internationalen Gemeinschaft würden Iran nur darin bestärken, seine Atompolitik fortzusetzen.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, erklärte in Washington, die Nutzung von Zentrifugen der dritten Generation zeige, dass Teheran mit seinem Atomprogramm "schändliche Absichten" verfolge. Wenn Iran die internationale Gemeinschaft davon überzeugen wolle, dass er friedliche Absichten verfolge, "dann braucht Iran keine dritte Generation oder schnellere Zentrifugen", fügte Crowley hinzu. Deswegen arbeiteten die USA in der internationalen Gemeinschaft auf weitere Sanktionen hin.

Ein Sprecher des britischen Außenministeriums erklärte in London, es herrsche "tiefe Beunruhigung" über das iranische Atomprogramm. Teheran mache seine friedlichen Absichten nicht glaubhaft.


Atomstreit findet Echo in Wirtschaft

Der Ruf nach schärferen Sanktionen gegen Iran findet auch in der deutschen Wirtschaft Widerhall. Nach Siemens und zwei deutschen Versicherern befindet sich nun auch Daimler auf dem Rückzug aus der Islamischen Republik. Der Autobauer will sich von einer Beteiligung an einem iranischen Motorenhersteller trennen und bis auf Weiteres keine Lastwagen für den zivilen Gebrauch nach Iran liefern. Zum Jahresbeginn stellten vor dem Hintergrund des Atomstreits schon die Allianz und die Münchener Rück ihre Versicherungsaktivitäten im Land ein. Siemens nimmt keine Aufträge aus Iran mehr an.


Ölkonzern Lukoil will kein Benzin mehr an Iran liefern

Der zweitgrößte russische Ölkonzern Lukoil stellt Branchenkreisen zufolge seine Benzinlieferung an Iran ein, meldete die Nachrichtenagentur Reuters am 7. April. Als Grund nannte demnach ein Händler Druck vom Moskauer Hauptsitz des Unternehmens. Das Top-Management habe mündlich angeordnet, dass solche Geschäfte beendet werden sollten, sagten mit dem Konzern Vertraute. Lukoil selbst lehnte eine Stellungnahme ab. Das Unternehmen hat bislang sporadisch kleinere Mengen Benzin an die Islamische Republik geliefert.

Mit dem Schritt schließt sich Lukoil Konzernen wie Shell und den großen unabhängigen Ölhändlern Glencore und Vitol an. Im Atomstreit mit Iran gibt es in den USA Pläne, Irans Benzinlieferanten mit Sanktionen zu belegen, um den Druck auf die Islamische Republik zur Einstellung ihrer umstrittenen Urananreicherung zu erhöhen. Lukoil betreibt in den USA 2000 Tankstellen, so viele wie keine andere russische Ölfirma. Zu seinen Großaktionären gehört der US-Konzern ConocoPhillips.

Lukoil hat Händlern zufolge jeden zweiten Monat Benzinmengen zwischen 250.000 und 500.000 Barrel an Iran geliefert. Angaben von Händlern zufolge führt Iran etwa 128.000 Barrel pro Tag ein. Zu den größten Lieferanten gehören der malaysische Staatskonzern Petronas, die kuwaitische Independent Petroleum Group und der französische Ölkonzern Total.

Probleme beim Einkauf hat Iran trotz der diplomatischen Spannungen um sein Atomprogramm nicht, wie Händler berichten. Allerdings müsse das Land steigende Aufschläge bezahlen.


Russland will Kernreaktor im August hochfahren

Ungeachtet der Kritik aus den USA soll der von Russland in Iran gebaute Kernreaktor im Sommer hochgefahren werden. Der Chef des russischen Atomkonzerns Rosatom, Sergej Kirijenko, erklärte am 15. April bei einem Besuch in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, der Start des Projekts solle wie geplant im August stattfinden. Die Anlage in Buschehr bedrohe in keiner Weise die Vereinbarungen zur Nicht-Verbreitung von Atomwaffen. "Niemand macht sich über Buschehr irgendwelche Sorgen", erklärte Kirijeko. Die derzeit von den USA gegen Iran angestrebten Sanktionen hätten mit der Anlage nichts zu tun.

US-Außenministerin Hillary Clinton hat den Bau des Reaktors kritisiert und eine Inbetriebnahme als voreilig bezeichnet. Die Anlage in Buschehr wäre das erste Atomkraftwerk in Iran. Russland vereinbarte den Bau der Anlage bereits vor 15 Jahren. Das Projekt wurde jedoch oft verzögert.


Iran will durch Privatisierung 12,5 Milliarden Dollar einnehmen

Iran will durch die Privatisierung staatseigener Firmen binnen Jahresfrist rund 12,5 Milliarden Dollar einnehmen. Dabei wolle der Staat unter anderem Anteile an zwei Öl-Raffinerien und zwei Auto-Herstellern abgeben, sagte der Vizedirektor der iranischen Privatisierungs-Organisation, Mehdi Aghdai, der Tageszeitung Iran am 4. April. Insgesamt gehe es um 524 Unternehmen.

Es ist bekannt, dass Iran den Verkauf von Anteilen an Staatsbetrieben plant, um private Investitionen zu fördern. Diese sollen die Wirtschaft ankurbeln, die unter Sanktionen, Missmanagement und Korruption leidet. Westliche Firmen sind angesichts des Atomdisputs äußerst zurückhaltend bei Investitionen in Iran.

Aghdai sagte, zu den ersten Firmen, die an die Börse in Teheran gebracht werden könnten, zählten die Raffinerien in Bandar Abbas und Abadan. Er ließ aber offen, wie viele Anteile der Staat verkaufen will bzw. wie viele Anteile er nach einer Privatisierung noch an den Unternehmen halten will. Den Angaben zufolge stehen auch Anteile an den Autobauern Iran Khodro und Saipa sowie an dem Versicherer Dana zum Verkauf. Das Geld, das der Staat durch die Verkäufe einnimmt, soll zur Rückzahlung staatlicher Schulden verwendet werden. Aghdai bezog sich bei seinen Aussagen auf das iranische Kalenderjahr 2010/11, das am 21. März begonnen hat.


Zigarettensteuer verdoppelt

Die Kontrollbehörde über die iranische Tabak-Industrie hat am 21. April bekannt gegeben, dass seit dem Beginn des neuen Jahres (21. März) die Tabak-Steuer verdoppelt worden sei. Behördenleiter Mostafa Ghaffari sagte am 21. April der Presse, der Steuersatz für inländische Zigaretten betrage nun 30 Prozent, der für importierte Zigaretten 40 Prozent. Ziel dieser Preiserhöhung sei die Reduzierung des Tabakverbrauchs. Bereits die Steuererhöhung im vergangenen Jahr habe den Verbrauch um zehn bis zwanzig Prozent gesenkt.

Mit der erneuten Steuererhöhung würden zahlreiche Verbraucher den Tabakkonsum aufgeben, sagte Ghaffari. Genau aus diesem Grund hätten manche Länder die Tabaksteuer um bis zu 400 Prozent erhöht.

Zuvor lag der Steuersatz für Zigaretten bei 10 bzw. 20 Prozent. Die jetzige Erhöhung wurde vor Jahresende vom Parlament beschlossen.

Im Jahresdurchschnitt lagen die Ausgaben der Iraner für Zigaretten bei umgerechnet rund einer Milliarde Euro. Laut Angaben von Ghaffari sterben jährlich rund 50.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Mit dem bestehenden Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen und den Warnaufschriften auf Zigarettenpackungen sollen Konsumenten zum Rauchverzicht bewegt werden.


Regierung erwägt Verzehnfachung des Erdgaspreises

Die Teheraner Regierung erwägt eine Erhöhung des Erdgaspreises im Inland um das Zehnfache. Dies könnte dem Staat Einsparungen von umgerechnet bis zu 12,5 Milliarden Euro einbringen, meldete die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr am 12. April unter Berufung auf Ölminister Masud Mirkasemi. Die heimische Nachfrage nach dem hoch subventionierten Energieträger steige ständig. "Um mit diesem Problem fertig zu werden, habe ich vorgeschlagen, den Gaspreis um mindestens 900 bis 1 000 Rials (rund sieben Euro-Cent) pro Kubikmeter zu erhöhen", sagte der Minister.

Iran verfügt nach Russland über die zweitgrößten Erdgas-Reserven der Welt. Sanktionen blockieren jedoch den Zugang zu moderner Fördertechnologie. Zudem drohen dem Staat neue Sanktionen. Um der Situation Herr zu werden, will Iran den heimischen Erdgas-Verbrauch verringern. Außerdem sollten die teuren Staatshilfen für den Energie- und Lebensmittelsektor in den kommenden fünf Jahren auslaufen.


Bundesanwaltschaft erhebt Klage gegen zwei Iraner

Wegen Unterstützung des iranischen Raketenprogramms hat die Bundesanwaltschaft vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht Anklage gegen zwei Iraner erhoben. Der 52-jährige Mohsen A. und der 49-jährige Behzad S. sollen im Juli 2007 gegen das Iran-Embargo verstoßen und einen Vakuum-Sinterofen im Wert von rund 850.000 Euro nach Iran exportiert haben, wie die Bundesanwaltschaft am 7. April mitteilte. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens will der zuständige Senat in den kommenden Wochen entscheiden.

Das Hightech-Gerät sollte nach den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft dazu dienen, Steuerungsbauteile und den Gefechtskopf der iranischen Raketen mit hitzebeständigen Stoffen zu beschichten. Das Gerät fiel deshalb auch unter das gegen Iran verhängte Ausfuhrverbot für militärisch nutzbare Güter.

Nach den Ermittlungen der deutschen Fahnder hatte ein leitender Mitarbeiter des iranischen Raketenprogramms den iranischen Unternehmer Mohsen A. bereits im Frühjahr 2004 beauftragt, einen Sinterofen zu erwerben. Dieser schaltete den Ingenieur Behzad S. ein, der die erforderlichen technischen Kenntnisse für das Geschäft besessen und außerdem auch über einen deutschen Pass verfügt habe.

Tatsächlich gelang es dem Duo im März 2007, das gewünschte Gerät zu beschaffen. Bei den Arbeiten zum Aufbau der Anlage in Iran erfuhr die Geschäftsleitung der Herstellerfirma jedoch, dass Mohsen A's Firma im Verdacht stand, für das iranische Raketenprogramm zu arbeiten. Sie stellte daraufhin die Arbeiten ein. Die Anlage konnte nach Angaben der Bundesanwaltschaft deshalb nicht verwendet werden.

Mohsen A. wurde am 16. Oktober 2009 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Behzad S. ist auf freiem Fuß.


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Außenpolitik

Neue US-Atomdoktrin kritisiert / Obama als Amateur bezeichnet

Mit persönlichen Angriffen gegen US-Präsidenten Barack Obama hat Mahmud Ahmadinedschad auf den amerikanischen Strategiewechsel beim Einsatz von Atomwaffen reagiert. Obama sei ein unerfahrener Polit-Amateur, sagte Ahmadinedschad am 7. April im iranischen Staatsfernsehen. Nach der neuen Doktrin will der US-Präsident Kernwaffen nicht mehr gegen Länder ohne solche Waffen einsetzen. Das ist jedoch an die Bedingung geknüpft, dass die betreffenden Länder den Atomwaffensperrvertrag einhalten, so dass Iran und Nordkorea potenzielle Ziele bleiben. Das bedeutet im Klartext, dass die Option eines militärischen Angriffs mit Nuklearwaffen gegen die beiden Länder nicht ausgeschlossen werde. Eine solche Drohung hat nach dem Ende des Kalten Krieges noch kein US-Präsident ausgesprochen.

"Amerikanische Politiker sind wie Cowboys. Wenn ihnen die Argumente ausgehen, greifen sie zur Waffe", kommentierte Ahmadinedschad Obamas Entscheidung. Die neue Doktrin der USA laufe darauf hinaus, Länder zu bedrohen, die nicht nach ihrer Pfeife tanzten. Iran werde sich dem amerikanischen Druck jedoch nicht beugen. "Sei vorsichtig", sagte er an Obama gerichtet. Falls der den Weg seines Vorgängers George W. Bush fortsetze, werde er eine ebenso "donnernde" Antwort bekommen wie dieser.

Ahmadinedschad kritisierte auch am 12. April den Atomgipfel in Washington. Politiker, die sich als Vertreter der internationalen Gemeinschaft ausgäben, seien dumm und zurückgeblieben, sagte Ahmadinedschad der Agentur ISNA zufolge. Die Islamische Republik wurde nicht zu dem Treffen der rund 40 Staats- und Regierungschefs eingeladen.

Der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki warf den USA "Propaganda" vor. Die USA müssten ihr Versprechen einer weltweiten atomaren Abrüstung halten, sagte er vor Journalisten. Mit dem Atombombenabwurf auf Hiroschima 1945 hätten die USA zudem als erste Atomwaffen eingesetzt, sagte Mottaki.

Indes hat Iran aus Protest gegen die neue US-Nukleardoktrin eine Beschwerde bei den Vereinten Nationen angekündigt. Dass US-Präsident Barack Obama einen atomaren Angriff gegen Iran nicht ausschließe, sei "eine Bedrohung für den Weltfrieden", zitierte die amtliche Nachrichtenagentur Fars am 11. April einen Sprecher des iranischen Außenministeriums.

Auch Revolutionsführer Ali Chamenei hat Obama wegen dessen neuer Atomstrategie scharf angegriffen. Obama habe "Iran indirekt mit Atomwaffen gedroht", sagte Chamenei am 11. April bei einem vom Staatsfernsehen übertragenen Treffen mit ranghohen geistlichen Militärkommandeuren. Er bezeichnete die Ausführungen des US-Präsidenten als "schändlich": Sie schadeten den USA, zeigten, "dass die US-Regierung niederträchtig ist und man ihr nicht trauen kann", sagte Chamenei weiter. Er rief die iranischen Streitkräfte auf, für jede Form der Bedrohung bewappnet zu sein.


Gates warnt in Geheimbericht vor mangelhafter Iran-Strategie

US-Verteidigungsminister Robert Gates hat einem Zeitungsbericht zufolge davor gewarnt, dass die USA dem iranischen Streben nach Atomwaffen keine politisch erfolgreiche Strategie entgegensetzen könnten. Die New York Times berichtete am 18. April, Regierungsvertreter hätten das geheime Memorandum als "Weckruf" bezeichnet. Das Weiße Haus müsse darüber nachdenken, wie Iran zurückgehalten werden könne, sollte er eines Tages über Atomwaffen verfügen, forderte Gates demnach. Das Blatt berichtete, aufgrund des Gates-Berichtes hätten der Verteidigungsminister, das Weiße Haus und die Geheimdienste Anstrengungen unternommen, neue Optionen für Präsident Barack Obama auszuarbeiten.

Auf die Frage, ob der Zeitungsbericht zutreffend sei, antwortete Verteidigungssprecher Geoff Morrell, Verteidigungsminister Gates gehe davon aus, "dass der Präsident und seine Mitarbeiter für nationale Sicherheit außergewöhnlich viel Zeit und Kraft darauf verwendet haben, die gesamte Palette der Möglichkeiten mit Blick auf Iran zu erwägen".


Atomkonferenz in Teheran

Nach dem Atomgipfel in Washington hat Iran am 18. April in Teheran eine eigene Konferenz zur Abrüstung von Nuklearwaffen abgehalten. Nach Angaben der Islamischen Republik, die zu dem Gipfel in den USA nicht eingeladen war, kamen Vertreter aus sechzig Ländern zu dem Treffen. Darunter seien auch "sieben oder acht" Außenminister sowie die stellvertretenden Außenamtschefs von Russland und China gewesen. Die beiden Länder werden vom Westen dazu gedrängt, schärfere Sanktionen gegen Iran mit zu tragen. Auch Delegationen der UNO und IAEA reisten an.

Präsident Ahmadinedschad nutzte die Konferenz für verbale Attacken gegen den UN-Sicherheitsrat und die USA. "Der UN-Sicherheitsrat hat sich zu einem Werkzeug zur Durchsetzung der Politik einiger tyrannischer Regierungen verwandelt", sagte Ahmadinedschad. Die Struktur des Rates müsse ebenso verändert werden wie die der Internationalen Atombehörde (IAEA). Die USA hätten Atomwaffen eingesetzt und offiziell mit dem Gebrauch von Waffen gedroht. "Wenn solche Länder, die Atomwaffen haben und einsetzen, ein ungleiches Vetorecht im höchsten Gremium für die internationale Sicherheit haben - ermutigt das nicht andere, Nuklearwaffen zu vermehren, um ihre nationale Sicherheit zu gewährleisten?"

Zudem forderte Ahmadinedschad den Ausschluss der USA und anderer Atommächte aus der IAEA und verlangte eine "unabhängige Organisation" zur Überwachung der atomaren Abrüstung.


Biden: Israel plant keinen Angriff auf Iran

Im festgefahrenen Streit um das iranische Atomprogramm plant Israel nach Einschätzung von US-Vizepräsident Joe Biden keinen Angriff auf Iran. "Sie werden das nicht tun", sagte Biden am 22. April in der Talkshow "The View". Israel habe versichert, die Ergebnisse der Sechsergespräche abzuwarten, an denen die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland beteiligt sind. "Wir werden weiter Druck auf Iran ausüben", bekräftigte Biden.

Die USA versuchen derzeit neue Sanktionen gegen Teheran durchzusetzen. Entscheidend dabei ist die Haltung der UN-Vetomacht China. Biden zufolge befürwortet auch die Volksrepublik neue Sanktionen. "Dies ist das erste Mal, dass sich die gesamte Welt einig ist, dass Iran die Grenzen überschritten hat", sagte Biden.


Medwedew warnt vor Atomkrieg gegen Iran

Im Atomstreit mit Iran hat Kreml-Chef Dimitri Medwedew vor einem israelischen Militärschlag gegen Iran und einem folgenden Atomkrieg gewarnt. Bei einem solchen Angriff würden alle Staaten des Nahen Ostens in den Konflikt verwickelt. "Dann können Sie nichts ausschließen, auch nicht den Einsatz von Atomwaffen", sagte der russische Präsident in einem Interview mit dem US-Sender ABC News, das am 12. April auf der Internetseite des Kremls veröffentlicht wurde.

"Der Einsatz von Nuklearwaffen im Nahen Osten wäre eine globale Katastrophe mit einer enormen Zahl von Opfern", sagte Medwedew in dem Gespräch, das bereits am 9. April aufgezeichnet war. Der Kreml-Chef reiste am 12. April zum Atomgipfel nach Washington.

"Das wäre das schlimmste Szenario" sagte Medwedew auf die Frage nach einem möglichen israelischen Militärschlag gegen Iran. Ob er jedoch tatsächlich mit einem Angriff rechne, ließ er offen.

Israels Präsident Schimon Peres und Regierungschef Benjamin Netanjahu seien "selbständige Leute", die "in vielen Fragen eine hartnäckige, harte Position" einnähmen, sagte Medwedew. "Das iranische Atomprogramm ist nicht transparent". Der russische Präsident zeigte sich offen für Zwangsmaßnahmen. "Sanktionen sollten effizient und intelligent sein", sagte er. "Sie sollten nicht dazu führen, dass es eine humanitäre Katastrophe gibt, und die gesamte iranische Gesellschaft die ganze Welt hasst." Besser wäre es jedoch, politische und diplomatische Lösungen zu finden. "Doch es ist schon viel Zeit verstrichen", sagte Medwedew. Er bezweifelte allerdings mit Blick auf die Haltung Chinas, dass etwa ein Energieboykott im Weltsicherheitsrat durchzusetzen ist.


Brasiliens Staatschef kündigt Reise in den Iran an

Mitten im Ringen im UN-Sicherheitsrat um weitere Sanktionen gegen Iran hat Brasiliens Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva eine Reise in die Islamische Republik für Mitte Mai angekündigt. Lula werde Iran am 16. und 17. Mai besuchen, bestätigte das Präsidialamt in Brasilien am 23. April. Brasilien gehört derzeit zu den fünfzehn Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats, hat aber kein Vetorecht. Zusammen mit den ebenfalls nicht-ständigen Ratsmitgliedern Türkei und Libanon widersetzt sich Brasilien dem Ansinnen der USA, im Streit um das iranische Atomprogramm weitere Strafmaßnahmen gegen Teheran zu beschließen.

Lula hatte wiederholt auf das Recht Irans auf die Nutzung von Atomkraft verwiesen und neue Sanktionen als kontraproduktiv abgewehrt.

Indes versucht Brasilien seine Wirtschaftsbeziehungen zu Iran weiter auszubauen. Eine ranghohe Delegation unter Leitung von Industrie- und Handelsminister Miguel Jorge ebnete in Teheran den Weg für mehrere Abkommen, die beim Besuch Lulas Mitte Mai unterzeichnet werden sollen, wie die staatliche brasilianische Nachrichtenagentur Agência Brasil am 14. April berichtete.

"Das war eine sehr positive Reise. Iran ist ein bedeutender Markt. Es sind mehr als 72 Millionen Einwohner, und es gibt mehrere Gebiete von gemeinsamem Interesse", sagte Jorge, der von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad empfangen und von 86 brasilianischen Unternehmern begleitet wurde. Der geplante Ausbau der bilateralen Kooperation soll unter anderen die Nahrungsmittelindustrie und die Automobilsparte umfassen. Zudem sollen für eine Reihe von Produkten Importsteuern reduziert sowie Kreditmöglichkeiten erörtert werden.


Ahmadinedschad und Mugabe klagen über Sanktionen

Simbabwes Präsident Robert Mugabe und der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad haben sich über "ungerechtfertigte Sanktionen" des Westens beklagt. "Wegen unserer grundsätzlichen Position werden Iran und Simbabwe von westlichen Ländern verunglimpft und bestraft", sagte Mugabe bei einem Staatsbankett am 23. April in Harare.

Die Sanktionen der EU und der USA gegen Simbabwe wurden wegen zahlreicher Verletzungen der Menschenrechte verhängt; Teheran wurde für seine Nuklearaufrüstung vom UN-Sicherheitsrat bestraft.

Ahmadinedschad kritisierte Länder, ohne Namen zu nennen, die für "Ungerechtigkeit und Korruption" stünden und "die Ressourcen anderer Länder ausplündern, um ihre internationale Vorherrschaft auszubauen". Die Führungsstärke Mugabes sei "eine Lehre für alle Nationen". Während der 30-jährigen Herrschaft Mugabes hat der inzwischen 86-jährige sein Land wirtschaftlich ruiniert. Er gilt als verantwortlich für zahllose Gewalttaten gegen Oppositionelle und ihre Angehörigen.

Ahmadinedschad war am 23. April zu einem Staatsbesuch im afrikanischen Krisenstaat eingetroffen. Mugabes Koalitionspartner, Ministerpräsident Morgan Tsvangirai, ist simbabwischen Medienberichten zufolge ins Ausland gereist, um nicht mit Ahmadinedschad zusammentreffen zu müssen. Tsvangirais Partei MDC verurteilte den Besuch als "eine Beleidigung der friedliebenden Völker Irans und Simbabwes". Die Einladung Ahmadinedschads nach Simbabwe gleiche einer "Einladung eines Insekts zur Heilung von Malaria", hieß es in einer Stellungnahme der Partei.

Ahmadinedschad unterzeichnete bei seinem Besuch mehrere Abkommen zur Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder. Er eröffnete auch eine Traktorfabrik, die teilweise mit iranischen Geldern entstanden ist. Auch ein Besuch der internationalen Handelsmesse in Bulawayo, auf der zahlreiche iranische Firmen ausstellten, gehörte zu seinem Besuchsprogramm.

Anschließend reiste Ahmadinedschad nach Uganda. Das Land ist derzeit auch Mitglied des UN-Sicherheitsrats.


Irans Präsident will gute Beziehungen zu Deutschland pflegen

Präsident Mahmud Ahmadinedschad setzt auf gute Beziehungen zu Deutschland. "Wir wünschen gute wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland, genauso wie kulturelle, aber wir kommen auch ohne sie zurecht", sagte er am 4. April in einem Interview mit dem deutschsprachigen Sender RTL mit Blick auf einen der wichtigsten Handelspartner Irans.

Ahmadinedschad erklärte zugleich, Teheran wird sich durch mögliche Sanktionen im Streit um sein Atomprogramm nicht beeinflussen lassen. "Für uns wird sich in Zukunft nicht viel verändern. Iraner sind stark. Wir kommen ohne andere aus", sagte er weiter. Weder in der Wirtschaft, noch in der Industrie oder in der Landwirtschaft brauche Iran Hilfe. "Auf Länder, die auf uns Druck ausüben, können wir verzichten."

Ahmadinedschad betonte im selben Interview den zivilen Charakter des iranischen Atomprogramms. "Wir sind grundsätzlich gegen Atombomben. Wir glauben nicht daran, sowohl was unsere Werte betrifft, als auch politisch. Für uns sind Massenvernichtungswaffen unmenschlich." Gleichzeitig hielt der Politiker aber am Atomprogramm fest. "Wenn man uns keinen Brennstoff gibt, werden wir ihn selbst produzieren", sagte er.

Den USA warf Ahmadinedschad vor, mit zweierlei Maß zu messen. "Wenn sie gegen Atomwaffen sind, sollten sie zuerst ihre eigenen abbauen. Unsere Gegner sagen, es kann sein, dass Iran eine Atomwaffe baut. Eine einzige Bombe. Eine Bombe! Die haben Zehntausende auf Lager", empörte sich der Präsident im Gespräch mit der Journalistin Antonia Rados.


Türkei fordert Informationen über geplante Sanktionen

Die Türkei fordert von den fünf ständigen Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat Details über die gegen Iran erwogenen Sanktionen. Außenminister Ahmet Davutoglu sagte am 14. April vor Journalisten in Washington, sein Land sei weiterhin gegen Strafmaßnahmen gegen einen seiner wichtigsten Nachbarn.

Den Sicherheitsratsmitgliedern mit Veto-Recht hielt er vor, die anderen zehn Mitglieder nicht über die Planungen auf dem Laufenden zu halten. "Wie soll man entscheiden, wenn man keine Ahnung von den geplanten Sanktionen hat", fragte er. Davutgolu betonte, nach türkischer Einschätzung würden Sanktionen im Konflikt um das iranische Atomprogramm nicht weiterhelfen.

Der Staatssekretär im US-Außenministerium, William Burns, erklärte unterdessen, dass die USA mit Hochdruck für eine Resolution mit neuen Sanktionen gegen Teheran arbeiten. Eine Abstimmung darüber werde innerhalb der nächsten Wochen angestrebt. Er erwarte, dass China schließlich einigen Sanktionen zustimmen werde.


Zehn Festnahmen bei antiiranischer Protestaktion in Den Haag

Mehrere Personen haben am 6. April das Dach der iranischen Botschaft in Den Haag bestiegen und die Flagge heruntergerissen. Berichte im Face Book sprachen von der Besetzung der Botschaft. Doch die Polizei in Den Haag dementierte die Nachricht. Ein Sprecher der Polizei sagte, einige Personen hätten versucht, in das Gebäude einzudringen, was ihnen aber nicht gelungen sei. Die Polizei sei eingeschritten und habe zehn Personen in Gewahrsam genommen.

In einer Erklärung der Protestierenden heißt es unter anderem: "Wir haben heute aus Solidarität mit dem iranischen Volk die iranische Botschaft in Den Haag besetzt. Ihr wart in den vergangenen Monaten sosehr seitens eurer Regierenden unter Druck gesetzt, dass das Regime ein für alle Mal seine Legitimität vor der ganzen Welt verloren hat."


Iran befreit entführten Diplomaten in Pakistan

Iranische Geheimdienstagenten haben einem Fernsehbericht zufolge einen vor knapp eineinhalb Jahren in Pakistan entführten iranischen Diplomaten aus der Geiselhaft befreit. Heschmatollah Attarsadeh sei in sein Heimatland zurückgebracht worden, meldete das staatliche iranische Fernsehen am 30. März. Attarsadeh war Handelsattaché in der nordwestpakistanischen Stadt Peschawar, als er im November 2008 verschleppt wurde.

Die Geheimdienstagenten hätten den Ort ausfindig machen können, an dem der Diplomat festgehalten worden sei, sagte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums. Nachdem die diplomatischen Kontakte zwischen Teheran und Islamabad "versagt" hätten, hätten die Iraner Attarsadeh schließlich selbst befreit und in einer "komplexen Operation" zurück nach Iran gebracht. Wann genau die Befreiung gewesen sein soll, wurde nicht bekannt gegeben. Die pakistanische Regierung äußerte sich zu der Aktion nicht.


IOC unterstützt FIFA im Ausschluss von Irans Frauen

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die FIFA-Entscheidung unterstützt, ein iranisches Frauenteam vom Fußball-Turnier der ersten Olympischen Jugendspiele auszuschließen. Der Fußball-Weltverband (FIFA) hatte der iranischen Mannschaft die Teilnahme an dem Turnier vom 14. bis 26. August in Singapur verboten, wenn die Spielerinnen dort in dem nach islamischer Kleidervorschrift verpflichtenden Hijab antreten. Die FIFA-Entscheidung sei "konform mit den Regeln, die auch von Irans Nationalem Olympischen Komitee kommuniziert worden sind", teilte das IOC am 7. April mit.

Iran hat gegen den Ausschluss Protest bei der FIFA und anderen Sportverbänden eingelegt. Die FIFA solle ihre Entscheidung überdenken und den Bann zurücknehmen, forderte der iranische Fußball-Verband. Iranische Sportlerinnen hätten in der Vergangenheit immer den Hijab bei internationalen Wettkämpfen getragen und würden dies auch in Zukunft tun. Dabei sind Kopf und Körper der Spielerinnen bedeckt.


Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
9. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 5/2010 - Mai / 9. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2010