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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/231: Iran-Report Nr. 6 - Juni 2009


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 6 - Juni 2009


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 07/2009 Anfang Juli) und wird einem breiteren InteressentInnenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im Juni 2009


I. Innenpolitik
Präsidentschaftswahlen
Ahmadinedschad greift Chatami scharf an
Chatami macht Wahlkampf für Mussavi
Parlamentspräsident Laridschani im Amt bestätigt
Erste Mai-Feier endet mit zahlreichen Verhaftungen
Kurdische Dörfer bombardiert
Journalistin Saberi wieder frei
Neue Anschuldigungen gegen inhaftierte Führung der Bahais
Immer mehr Todesurteile in Iran
Zur Tatzeit 17-jährige hingerichtet
Iranischer Gegner der Todesstrafe erhält Menschenrechtspreis
Mehr als 100 mutmaßliche Satanisten festgenommen
EU: Iran unterdrückt christliche Minderheiten
Verbot einer Reform-Zeitung einen Tag vor geplantem Erscheinen
Sperrung von Online-Netzwerk Facebook wieder aufgehoben

II. Wirtschaft
El Barradei: Schon bald bis zu 20 Atommächte möglich
Neue Mittelstreckenrakete getestet
Sarkozy wirbt in Arabischen Emiraten für Atomkraftwerk
Rätselraten bei Transrapid-Firmen über Auftrag aus Iran
Irak stimmt mit Nachbarn Strom- und Wasserversorgung ab
Iran wirbt um deutsche Partner - Bundesregierung bremst
Verfahren gegen Deutsch-Iraner wegen Verdachts von Nukleargeschäft

III. Außenpolitik
Obama bringt Iran-Militärpläne auf neuesten Stand
USA besorgt über Einfluss Irans und Chinas
US-Generalstabschef sieht Iran auf dem Weg zur Atombombe
Großes Manöver der israelischen Luftwaffe
Mehrheit der Israelis für Angriff auf Irans Atomanlagen
Israel: Venezuela und Bolivien liefern Uran an Teheran
Ahmadinedschad erteilt Atomverhandlungen Absage
Iran attackiert Westen auf Regionalkonferenz
Frattini sagt Iran-Besuch ab
Chamenei: USA unterstützen Terrorakte in Iran
Iran entsendet Kriegsschiffe zum Kampf gegen somalische Piraten

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I. Innenpolitik

Präsidentschaftswahlen

Am 12. Juni wählt die Islamische Republik Iran ihren zehnten Präsidenten. Verlässliche Umfragen gibt es nicht. Zudem sind Wahlen im Iran nicht frei, denn es sind nicht die Wähler allein, die bestimmen, wer das Amt des Präsidenten übernimmt. Der für die Wahlen zuständige Wächterrat schließt zuvor unliebsame Kandidaten als "ungeeignet" von der Teilnahme aus. Außerdem werden Wahlen im Iran manipuliert und gefälscht. Auch einzelne Machthaber versuchen, auf den Wahlausgang Einfluss zu nehmen. Daher sind Prognosen für den Wahlausgang nicht möglich. So wird die Spannung wohl bis zum letzten Tag anhalten.

Überraschungen hat es bei den Präsidentschaftswahlen oft gegeben. 1997 zum Beispiel rechnete kaum jemand mit dem überwältigenden Sieg von Mohammad Chatami und 2005 hätte niemand sich vorstellen können, dass der nahezu unbekannte Teheraner Bürgermeister Mahmud Ahmadinedschad Haschemi Rafsandschani, dem zweitmächtigsten Mann des Gottesstaates, eine herbe Niederlage zufügt. Allerdings ist es seit dem Tod Ayatollah Chomeinis auch noch nie vorgekommen, dass ein amtierender Präsident, der für eine zweite Amtszeit kandidiert, die Wahl verliert.

Bei den diesjährigen Wahlen ist die Lage jedoch noch unübersichtlicher und komplizierter als bei den vergangenen Wahlen. Vor allem weil dieses Mal unter den wichtigsten Fraktionen, das heißt unter den Konservativen und den Reformern, keine Einigkeit herrscht. Beide Fraktionen sind in sich gespalten, was eine Prognose zusätzlich zu den genannten Faktoren erschwert. Das ist auch vielleicht mit ein Grund dafür, dass der mächtigste Mann des Gottesstaates, Revolutionsführer Ali Chamenei, gerade zu Beginn der heißen Phase des Wahlkampfs es für nötig gehalten hat, sich einzumischen und eindeutig für den amtierenden Präsidenten Ahmadinedschad Partei zu ergreifen.

Obwohl Chamenei kürzlich betont hatte, er werde sich bei der Wahl neutral verhalten, sagte er in einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede in Sanandadsch, der Hauptstadt der iranischen Provinz Kurdistan, gewählt werden sollten "diejenigen, die vom Volk unterstützt werden und einfach und bescheiden leben", womit er unmissverständlich Ahmadinedschad meinte. Damit nicht genug. Er griff sogar andere Kandidaten, die die Regierung Ahmadinedschad kritisieren, scharf an. "Man hört aus dem Munde mancher Kandidaten Dinge, bei denen man nicht glaubt, dass sie redlich und aus gutem Willen geäußert werden", sagte Chatami und mahnte, diese sollten die Öffentlichkeit nicht in die Irre führen. Sie sollten "die Wahrheit sagen und gerecht urteilen". "Ich kenne die Lage im Land besser als all diese Herren und weiß, dass ihre Kritik an der Politik und Wirtschaftspolitik der Regierung nicht der Wahrheit entspricht".

Diese Wahlhilfe durch die höchste Instanz der Islamischen Republik wird ohne Zweifel das Ergebnis der Wahl massiv beeinflussen. Denn nicht nur ultrakonservative Islamisten folgen blindlings dem Revolutionsführer, auch sämtliche staatliche Medien, Geheimdienste, die Armee, die Millionen Mitglieder zählende paramilitärische Milizenorganisation der Basidjis und nicht zuletzt der bewaffnete Arm des Gottesstaates, die Revolutionswächter, stehen unter seinem Befehl.

Ahmadinedschad hat diesen Beistand von höchster Stelle auch bitter nötig. Denn er hat trotz aller Propaganda, gerade bei den ärmeren Schichten der Bevölkerung, denen er zu Beginn seiner Amtszeit Wohlstand versprochen hatte, seine Basis weitgehend verloren. Er hat die Wirtschaft trotz ungewöhnlich hoher Öleinnahmen in den ersten drei Jahren buchstäblich in die Katastrophe geführt, so dass laut offiziellen Statistiken heute 50 Prozent der Bevölkerung an oder unter der Armutsgrenze leben. Diese für ein reiches Land wie den Iran nicht nachvollziehbare Entwicklung ist in erster Linie nicht etwa die Folge der allgemeinen Weltwirtschaftskrise oder des rapiden Falls der Ölpreise seit Sommer vergangenen Jahres, auch nicht Folge der im Atomkonflikt gegen Iran verhängten Wirtschaftssanktionen. Sie ist hauptsächlich der katastrophalen Wirtschaftspolitik der Regierung geschuldet, die planlos lediglich die eigene Klientel bedient, im In- und Ausland Almosen verteilt und auf langfristige Investitionen verzichtet hat.

Auch seinem Versprechen, die haarsträubende Korruption zu bekämpfen, ist Ahmadinedschad nicht nachgekommen. Im Staatshaushalt fehlt nach Angaben des nationalen Rechnungshofs der Nachweis für mehrere Milliarden Ausgaben. In der Innenpolitik hat er die Repressionsmaßnahmen massiv verstärkt und die staatliche Kontrolle erheblich verschärft. Die Zahl der Hinrichtungen hat rapide zugenommen, regierungsunabhängige Organisationen wurden aufgelöst, oder sie sind einer verschärften Kontrolle ausgesetzt, es gibt kaum noch unabhängige Zeitungen und Zeitschriften. Die Medien gehören nahezu ausschließlich dem Staat.

In der Außenpolitik trieb Ahmadinedschad das Land durch seine kompromisslose Politik, seine unnötigen Attacken gegen die USA und gegen Israel immer mehr in die Isolation. Wirtschaftssanktionen und Kriegsgefahr verunsicherten nicht nur inländische, sondern vor allem auch ausländische Unternehmen und hielten sie von Investitionen ab. Auch das Verhältnis Irans zu den arabischen Staaten, Irak und Syrien ausgenommen, hat sich erheblich verschlechtert.

All dies hat dazu geführt, dass die Kritik an Ahmadinedschad nicht nur aus den Reihen der Reformer, sondern auch aus der Fraktion der Konservativen, bis hin zu jenen, die lange Zeit hinter ihm standen, immer lauter wurde. Aber Ahmadinedschad hat auch einige Trümpfe in der Hand, mit denen er seine Anhänger und auch Menschen aus der Provinz bei der Stange zu halten versucht. Er rühmt sich, im Gegensatz zu den "verängstigten Reformern" durch seinen "heldenhaften Widerstand" die USA zum Einlenken und zur Dialogbereitschaft gezwungen zu haben. Zudem habe er als einziger Staatsmann in der islamischen Welt die Fahne des Islam hochgehalten und im Gegensatz zu den korrupten Führern der arabischen Staaten den geknechteten und gemarterten Palästinensern Beistand gewährt.

Unter den 475 registrierten Bewerbern und Bewerberinnen um das Amt des Präsidenten sind lediglich drei Kandidaten, die als ernsthafte Gegenkandidaten zu Ahmadinedschad in Betracht kommen. Der Wächterrat hat die meisten, darunter sämtliche 42 Frauen, als "unqualifiziert" oder "ungeeignet" abgelehnt. Doch auch unter den drei wird nur dem ehemaligen Ministerpräsidenten Mir Hossein Mussavi die Chance zum tatsächlichen Sieg eingeräumt.

Die beiden anderen, der ehemalige Parlamentspräsident Mehdi Karrubi und der frühere Kommandant der Revolutionswächter, Mohsen Resai, versprechen den Wählern zwar alles, was sie sich erträumen könnten. Karrubi zum Beispiel will die Öleinnahmen auf das ganze Volk verteilen und Resai stellt in Aussicht, dass seine Regierung die Hälfte des Gehalts für jeden neu angestellten Akademiker und Techniker übernehmen werde. Karrubi stammt eigentlich aus dem Lager der Konservativen, präsentiert sich jedoch als Reformer, Rezai ist ein eingestandener Konservativer, plant aber nach eigenen Angaben eine "nationale Koalitionsregierung". Doch keiner von ihnen wird als Favorit gehandelt. Ihre Teilnahme könnte lediglich dazu führen, dass beide jeweils aus dem konservativen bzw. aus dem Lager der Reformer so viele Stimmen für sich gewinnen könnten, dass es weder für Ahmadinedschad noch für Mussavi zu einem Sieg im ersten Wahlgang ausreichen würde. Daher wird allgemein damit gerechnet, dass es zum Stichwahl kommen wird.

Dass sämtliche Kandidaten von einem "Wechsel" sprechen und "yes we can" rufen, ist vor allem auf die Einsicht zurückzuführen, dass angesichts der wachsenden Unzufriedenheit und der Gefahren, die das Land von außen bedrohen, der bisherige Weg nicht fortgesetzt werden kann. Die Islamische Republik steht an einem Scheideweg.

Außenpolitisch befindet sich das Regime in einem Dilemma: Erwidert man den Kurswechsel der amerikanischen Iran-Politik hin zu mehr Deeskalation, Annäherung an den Westen und Normalisierung der Beziehung zu den USA, müsste zwangsläufig eine zentrale Säule des Gottesstaates abgerissen werden, die man drei Jahrzehnte lang durch massive Propaganda aufgebaut hat: nämlich das Feindbild USA bzw. der Westen insgesamt. Damit verlöre der islamische Gottesstaat einen wichtigen Teil seiner Legitimität - und zwar nicht nur im eigenen Volk, sondern auch in der gesamten arabisch-islamischen Welt. Setzt man dagegen den radikalen Kurs fort, riskiert man weit härtere Sanktionen, Isolation und sogar einen Krieg. Als Lösung böte sich ein Mittelweg an, der auf Kompromisse eingeht und gleichzeitig die Prinzipien der Islamischen Republik bewahrt. Das ist jedoch mit den Radikalislamisten um Ahmadinedschad nicht möglich.

Aber auch innenpolitisch scheint ein Regierungswechsel zwingend. Ein grundlegender Wandel in der Wirtschaft ist angesichts der massiven Kapitalflucht, der 30-prozentigen Arbeitslosigkeit und einer Inflationsrate von über 20 Prozent existenziell notwendig. Die wachsenden Unruhen bei den Arbeitern, Lehrern und vor allem bei Studenten und jungen Arbeitslosen deuten auf Gefahren, die das ganze System bedrohen.

Das merken auch die Staatslenker. Sie haben eine geradezu panische Angst vor einem "sanften Regimewechsel". Die gesamte rechte Presse, Politiker, Geheimdienste und Militärs warnen täglich vor dieser Gefahr, die allerdings nach ihrer Darstellung nicht von der wachsenden Unzufriedenheit im Land herrührt, sondern von außen, von fremden Geheimdiensten und ihren Helfershelfern im Land geschürt wird.

Was tun? Verstärkte Repressionen, die Zensur der Presse und Meinungsäußerung, noch mehr Festnahmen und zusätzliche Einschränkungen helfen nicht weiter, sondern vergrößern noch die Gefahr. Demzufolge sind Reformen, ist die Öffnung nach innen wie nach außen unvermeidlich. Die zentrale Frage für die Staatsführung ist dabei nur, wie der Wechsel vonstatten gehen könnte, ohne dass dabei alles aus den Fugen gerät. Wichtig natürlich ist auch die Frage, wer in dieser Lage als Retter in Not die Regierung führen könnte. Nicht Ahmadinedschad und die radikalen Islamisten, meinen auch inzwischen viele Drahtzieher hinter den Kulissen.

Viele glauben nun, Mussavi könnte der richtige Mann für den Wechsel sein. Er hatte während seiner Amtszeit als Ministerpräsident von 1982 bis 1989 trotz des achtjährigen Kriegs gegen den Irak die Wirtschaft über die Runden gebracht - und gleichzeitig mit dazu beigetragen, dass die gesamte Opposition liquidiert wurde. Er war ein Zögling Ayatollah Chomeinis, behaftet mit der Ideologie der ersten Jahre der Revolution. Ob er seine Ansichten und politisch-gesellschaftlichen Vorstellungen inzwischen geändert und den Erfordernissen der Zeit angepasst hat, wusste man bis vor Kurzem nicht. Denn er hatte sich zwanzig Jahre lang in Schweigen gehüllt und war nie öffentlich aufgetreten. Aktuell ist er Mitglied des Schlichtungsrats, der tagt aber hinter verschlossenen Türen.

Vor wenigen Wochen meldete Mussavi überraschend seine Kandidatur. Der populäre ehemalige Staatspräsident Mohammad Chatami zog daraufhin seine Bewerbung zurück und nach und nach scharten sich sämtliche Parteien und Organisationen im Reformlager, wenn auch manche zähneknirschend, um ihn. Aber auch aus den Reihen der Konservativen, die sich "Prinzipientreue" nennen, signalisierten Moderate Sympathien für ihn.

Mussavi selbst bezeichnet sich als "prinzipientreuen Reformer", was heißen soll, dass er sich zwischen den Fronten bewegt. "Erste Aufgabe einer neuen Regierung wäre die Rückkehr zur Vernunft", sagte er kürzlich. Er wirft Ahmadinedschad vor, das Land durch seine unnachgiebige Haltung im Atomstreit und seine anti-israelischen Attacken in die Isolation getrieben zu haben. "Inmitten dieser Stimmungslage voller Verwirrungen und Unsicherheiten können wir kaum die Entwicklung des Landes voranbringen", sagte er. Zugleich betonte er, er werde auf das Recht Irans auf friedliche Nutzung der Atomenergie, auf Urananreicherung und die Herstellung des atomaren Brennstoffs im eigenen Land nicht verzichten.

Was Mussavi sonst in diesen Wochen äußerte, klingt vernünftig. Die "Almosenwirtschaft" Ahmadinedschads sei für das Volk erniedrigend, sagte er. "Wir müssen langfristige Investitionen tätigen, Arbeitsplätze schaffen und der Korruption Einhalt gebieten." Justiz- und Verwaltungsapparat müssten unter Einsatz aller Sachverständigen wieder funktionsfähig gemacht und die Öffentlichkeit müsse über alles wahrheitsgetreu informiert werden. Die Sittenpolizei solle gänzlich abgeschafft und die Freiheit der Presse und Meinungsäußerung voll gewährleistet werden.

Wie ernst diese Versprechungen zu nehmen sind, und wie weit Mussavi im Falle seiner Wahl sein Programm durchzusetzen imstande wäre, bleibt offene. Dies und überhaupt sein möglicher Sieg hängt davon ab, ob es ihm gelingt, möglichst große Teile der moderaten Konservativen und nicht zuletzt den Revolutionsführer für sich zu gewinnen.

Chameineis letzte Stellungnahme zugunsten von Ahmadinedschad schmälert die Hoffnung von Mussavi, er werde doch noch der Vernunft gehorchen. Der Revolutionsführer stand schon immer, insbesondere in den letzten Jahren, auf Seiten der Radikalen Islamisten. Bleibt er bei seiner Entscheidung für Ahmadinedschad, werden ihm viele moderate Konservative, unter denen sich auch einflussreiche geistliche Instanzen befinden, endgültig den Rücken kehren. Zudem riskiert er noch größere Katastrophen oder gar den Zerfall des Gottesstaates. Lässt er sich auf einen Kompromisskandidaten wie Mussavi ein, verliert er nicht nur seine Basis unter den Radikalen, er müsste auch auf einen Teil seiner Macht verzichten. Denn es ist davon auszugehen, dass Mussavi mehr Macht für sich fordern würde und nicht bereit wäre, als Wasserträger des Revolutionsführers zu dienen.

Aber auch wenn es gelingen würde, Chamenei umzustimmen, bliebe immer noch die mindestens so wichtige Frage, ob sich Ahmadinedschad, der die Macht sichtbar genießt, von seinem Amt drängen lassen würde. Er hat zwar seine Basis in den Provinzen weitgehend verloren, auch unter der einflussreichen Geistlichkeit hat der kaum Unterstützung. Aber ein großer Teil der Organisation der Revolutionswächter steht hinter ihm. Diese Organisation, an der selbst der Revolutionsführer nicht ungeschoren vorbei entscheiden könnte, bildet ein mächtiges, wenn nicht das mächtigste Machtzentrum des Landes, nicht nur militärisch, auch wirtschaftlich. Unter Ahmadinedschad hat sie die größten Staatsaufträge erhalten, sie ist mit Abermilliarden am Ölgeschäft beteiligt und beherrscht einen wichtigen Teil des Marktes, auch des Schwarzmarktes. Dank Ahmadinedschad sitzen ehemalige führende Revolutionswächter heute an den Schalthebeln der Macht. Man spricht im Iran von der Militarisierung der Regierung.

Ahmadinedschad wird auch unterstützt von paramilitärischen Organisationen, von Geheimdiensten und Ordnungskräften und selbstredend von all den ideologisch verbrämten Radikalen, die ihn als Wegbereiter für die Rückkehr des verborgenen Imams, des schiitischen Messias, sehen. Wird sich so jemand so leicht von der Macht drängen lassen? Oder wird er Widerstand leisten und nötigenfalls auch nicht davor zurückschrecken, seine Position mit Gewalt zu verteidigen?

Wären die Wahlen im Iran frei, würde der Sieger am 12. Juni höchstwahrscheinlich nicht Ahmadinedschad, vermutlich auch nicht Mussavi heißen. Da sie aber nicht frei sind, bleibt den Wählern nichts anderes übrig, als bis zum 12. Juni auf die Überraschung zu warten, die ihnen die Machthaber präsentieren werden.


Ahmadinedschad greift Chatami scharf an

Präsident Ahmadinedschad hat im Zuge des Wahlkampfs seinen Vorgänger Mohammad Chatami scharf angegriffen. Er warf Chatami vor, mit Zugeständnissen an den Westen die iranische Nation in beispielloser Weise gedemütigt zu haben. Er bezog sich dabei auf einer Pressekonferenz mit iranischen Journalisten am 23. Mai unter anderem auf die Aussetzung des Programms zur Urananreicherung im Jahr 2003. Chatami wollte damals mit diesem Schritt Befürchtungen des Westens entgegentreten, Iran entwickle insgeheim Atomwaffen.

Ahmadinedschad nahm nach seiner Wahl im Jahr 2005 die Arbeiten zur Urananreicherung wieder auf. Damit habe er das Prestige des Landes gestärkt, erklärte er laut der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA.

Der amtierende Präsident reist von Stadt zur Stadt, von einer Provinz in die nächste und verteilt Almosen, was Proteste seiner Rivalen hervorgerufen hat. Sie werfen ihm Stimmenkauf vor der Wahl vor. Nur so könnten die jüngsten Geldgeschenke an Arme interpretiert werden, sagte Mir Hossein Mussavi am 26. Mai. Die Regierung verteilt zurzeit Schecks über 500.000 oder eine Million Rial (37 bis 74 Euro) an arme Familien in ländlichen Regionen sowie an Studenten und Lehrer. Es ist eindeutig ein Wahlgeschenk aus der Staatskasse.

Diese Zahlungen seien eine Beleidigung für die Würde der Iraner, sagte Mussavi. Der konservative Kandidat Mohsen Resai pflichtete ihm bei. Anstatt Geld zu verschenken, solle die Regierung lieber Arbeitsplätze für die Jugend schaffen, sagte Resai.

Neben den Almosen versucht Ahmadinedschad seine Anhänger und vor allem Wähler aus der Provinz durch Appelle an ihren Nationalstolz zu mobilisieren. "Wir müssen ein Iran aufbauen, das bei der künftigen Führung der Welt eine Rolle spielt", rief er bei einer Kundgebung am 22. Mai tausenden Teilnehmern zu. "Die iranische Nation wird nicht die Herrschaft von Unterdrückern akzeptieren. Iraner ziehen den Tod der Ehrlosigkeit vor."


Chatami macht Wahlkampf für Mussavi

Zum Auftakt des Präsidentschaftswahlkampfs hat Ex-Staatschef Mohammad Chatami eine Wahlempfehlung für den Kandidaten Mir Hossein Mussavi abgegeben. Der Reformpolitiker warb am 23. Mai bei einer Kundgebung in Teheran für Mussavi, der seinerseits sein Wirtschaftsprogramm präsentierte.

"Verpasst diese Chance nicht", rief Chatami im Teheraner Azadi-Stadion vor tausenden jungen Menschen: "Indem ihr den Namen Mussavi auf den Wahlzettel schreibt, erfüllt ihr eure Pflicht gegenüber der Revolution und dem Islam", fügte der Reformer hinzu, der von 1997 bis 2005 selbst Präsident war. Die Kundgebung für Ex-Regierungschef Mussavi fand auf den Tag genau zwölf Jahre nach Chatamis Sieg bei der Präsidentenwahl statt.

"Ich weiß, dass die Beschränkungen der Freiheit zugenommen haben", sagte Chatami über die derzeitige Regierung. Durch verstärkte Einflussnahme auf den Wahlkampf solle verhindert werden, "dass der Wille der Menschen Gestalt annimmt". Chatami warnte wegen der starren Haltung Ahmadinedschads im Streit um das iranische Atomprogramm vor einer Politik, "die Iran isoliert und ihm noch mehr Druck beschert". Auch Mussavis Frau Sahra Rahnewand warb bei der Kundgebung für ihren Ehemann und versprach, unter Mussavi werde es keine politischen Gefangenen und keine Diskriminierung von Frauen geben.

Mussavi, der in Isfahan auf Wahlkampftour war, kündigte für den Fall seiner Wahl "eine Politik der Entspannung und Interaktion mit anderen Länder" an, wie die Nachrichtenagentur Mehr meldete. Mussavi lehnt Ahmadinedschads Infragestellung des Holocaust und die mehrfachen Israel-feindlichen Äußerungen ab. In der Atomfrage vertritt er die offizielle Linie, wonach Iran sein Programm auch in Zukunft fortführen soll.

Am 24. Mai stellte Mussavi in seiner eigenen Zeitung "Kalameh Sabs" sein Wirtschaftsprogramm vor. Demnach will er die derzeitige Inflationsrate von 25 Prozent auf unter zehn Prozent senken. Er kündigte an, anders als Ahmadinedschad die Erträge aus Irans Ölgeschäft nicht bar ans Volk zu verteilen, sondern zu investieren, "um Jobs und Industrie zu schaffen, die die Produktion ankurbeln". Zudem müsse die Privatwirtschaft gefördert werden.


Parlamentspräsident Laridschani im Amt bestätigt

Parlamentspräsident Ali Laridschani wurde nach einjähriger Tätigkeit mit überwältigender Mehrheit erneut in seinem Amt bestätigt. 216 der 241 anwesenden Abgeordneten stimmten für ihn, obwohl die Gruppe "Rajeh-e Khosch", deren Mitglieder als treue Anhänger des Präsidenten Ahmadinedschad gelten, in den Tagen und Wochen davor versucht hatte, ihren eigenen Kandidaten durchzusetzen. Auch die beiden Vizepräsidenten Mohammad Hassan Abutorabi und Mohammad Reza Bahonar wurden mit 187 bzw. 156 Stimmen in ihrem Amt bestätigt. Die Wahl zeigt abermals, wie gespalten das Lager der Konservativen und wie schmal die Basis der Regierung Ahmadinedschad im Parlament ist.


Erste Mai-Feier endet mit zahlreichen Verhaftungen

Mehrere Tausend Arbeiter mit ihren Familien waren am 1. Mai der Einladung einiger Gewerkschaftler zu einer Kundgebung gefolgt. Doch bevor die Kundgebung beginnen konnte, griffen Ordnungskräfte und Geheimdienstbeamte in Zivil die Demonstranten an und schleppten um die Hundert Teilnehmer, darunter auch führende Gewerkschaftsmitglieder, zu den Polizeifahrzeugen und führten sie ab.

In den vergangenen Jahren wurden die Feiern zum internationalen Tag der Arbeiter zumeist staatlich und von staatlichen Gewerkschaften organisiert. Dennoch kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen, weil einige Teilnehmer sich nicht an die Anweisungen der staatstreuen Organisatoren hielten und eigene Forderungen, vor allem die nach unabhängigen Gewerkschaften, stellten. Doch in diesem Jahr stand an der Spitze der Organisatoren die Busgewerkschaft, die schon seit Jahren einen mutigen Kampf um ihre Unabhängigkeit führt und immer wieder durch Demonstrationen die Öffentlichkeit auf die Lage der Arbeiter aufmerksam gemacht hat.

Von den festgenommenen Arbeitern befinden sich immer noch etwa zwei Dutzend in Haft. Die Justiz wirft ihnen Teilnahme an einer illegalen Versammlung, Anstiftung zur Aufruhr und Gefährdung nationaler Sicherheit vor. Die Organisatoren halten dagegen, dass bei den Feiern zum 1. Mai traditionell den Arbeitern das Recht eingeräumt worden sei, ihre Forderungen öffentlich vorzutragen. Aufruhr hätten nicht die Kundgebungsteilnehmer, sondern die Ordnungskräfte gestiftet. Die Teilnehmer hätten sich völlig friedlich verhalten und hätten nichts anderes im Sinn, als ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Zu den Forderungen gehörten: Sicherung der Arbeitsplätze, Unabhängige Gewerkschaften, Stopp der willkürlichen Entlassungen, Verbot von Kinderarbeit und Freilassung inhaftierter Gewerkschaftler.


Kurdische Dörfer bombardiert

Iranische Hubschrauber haben nach einem Bericht des TV-Senders Al-Arabija am 3. Mai drei kurdische Dörfer im Norden des Irak bombardiert. Berichte über Verletzte oder gar Tote gab es nicht. Nach Angaben des Fernsehsenders war es das erste Mal, dass dieses Gebiet von Iranern aus der Luft angegriffen wurde. Ziel der Attacke könnten iranisch-kurdische Separatisten gewesen sein, die in der Vergangenheit unter anderem Dörfer im Westen Irans beschossen hätten.

Erst am Vortag hatten Kommunalbeamte in der nordirakischen Kurdenprovinz Suleimanija erklärt, die iranische Armee habe am 29. April im Bezirk Sarawaran unweit der Grenze mehrere Dörfer unter Beschuss genommen. Es sei großer Sachschaden entstanden.

Die türkische Luftwaffe fliegt des öfteren Angriffe auf Ziele vor allem der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak. Die PKK kämpft seit Anfang der 80er Jahre für eine Unabhängigkeit oder größerer Autonomie der Kurdengebiete.

Das iranische Fernsehen hatte am 1. Mai über einen Angriff kurdischer Separatisten in der Provinz Kermanschah, im Westen Irans berichtet, bei dem achtzehn Polizisten getötet worden seien. In diesem Zusammenhang seien fünf Verdächtige festgenommen worden. Die Angreifer wurden als "bewaffnete Unruhestifter" bezeichnet. Nach Angaben des Provinzgouverneurs Allahyar Malekschahi soll es bei dem Gefecht auch zehn verletzte Polizisten gegeben haben. Neben den festgenommenen Verdächtigen habe man acht Leichen der Separatisten gefunden. Der Angriff soll sich am 24. April um 22:30 Uhr ereignet haben.

Seit einigen Jahren ist die Zahl der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Armee bzw. der Polizei und kurdischen Separatisten im Westen Irans erheblich gestiegen. Angeführt werden die Kämpfe von einer Gruppe, die ein iranischer Zweig der PKK sein soll und sich PJAK (Partei für Freies Leben in Kurdistan) nennt. In Iran wird die Ansicht vertreten, dass PJAK zur Schwächung der Zentralregierung in Teheran von den USA unterstützt wird. Operationsgebiet der Gruppe sind Dörfer an der iranisch-irakischen Grenze.


Journalistin Saberi wieder frei

Die iranisch-amerikanische Journalistin Roxana Saberi erlangte nach dreimonatiger Haft wieder die Freiheit. Ein Berufungsgericht hob am 11. Mai die Verurteilung Saberis zu einer achtjährigen Gefängnisstrafe wegen Spionage auf. Die Strafe wurde auf zwei Jahre Haft verkürzt und der Vollzug dann zu einer fünfjährigen Bewährung ausgesetzt. Justizsprecher Ali Resa Daschamschidi sagte der Presse, Sabri könne jederzeit Iran verlassen. Der Journalistin stehe "frei", sich "wie jeder Bürger mit einem Pass" zu verhalten und "zu kommen und zu gehen". US-Außenministerin Hillary Clinton begrüßte die Entwicklung. Die US-Regierung sei davon ermutigt, sagte sie in Washington.

Auch US-Präsident Barack Obama hat die Freilassung Sabris als ein "humanitäre Geste" der Regierung in Teheran begrüßt. Präsidialamtssprecher Robert Gibbs teilte am 11. Mai in Washington mit, Obama habe die Nachricht mit Erleichterung zur Kenntnis genommen. "Wir möchten erneut betonen, dass sie unrechtmäßig angeklagt wurde - aber wir begrüßen diese humanitäre Geste."

Die 32-jährige Journalistin, die die amerikanische und iranische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde vor dem Teheraner Evin-Gefängnis von ihren Eltern in Empfang genommen. Ihr Vater Reza Saberi sagte, er habe nicht mit so einer schnellen Freilassung gerechnet. "Ich bin sehr glücklich, dass sie frei ist. Roxana ist in einem sehr guten Zustand", erklärte er. Seine Tochter würde sofort ihre Abreise - möglichst am nächsten oder übernächsten Tag antreten. Roxana selbst sagte: "Ich will nichts weiter sagen, aber es geht mir gut."

Dschamschidi sagte, die Freilassung Saberis sei ein "iranischer Gnadenerweis". Die Journalistin habe mit den Behörden kooperiert und Reue gezeigt, fügte er hinzu. Saberi, die seit sechs Jahren als Journalistin in Iran arbeitete, war im Januar verhaftet und in einem eintägigen geheimen Schnellverfahren zu der hohen Gefängnisstrafe verurteilt worden.

Die US-Regierung hatte die Vorwürfe gegen Saberi als grundlos bezeichnet und ihre sofortige Freilassung gefordert. Sie wurde dabei von mehreren europäischen Staaten sowie vom Europaparlament unterstützt.

Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) begrüßte Saberis Freilassung. ROG-Sprecherin Saozig Dollet sagte der Essener WAZ-Gruppe, es seien im Iran allerdings noch immer 14 Journalisten und Blogger in Haft. "Drei von ihnen wurden wie Saberi der Spionage beschuldigt, zu sechs Journalisten gibt es derzeit überhaupt keinen Kontakt", sagte Dollet.

Man kann also erst einmal aufatmen, dass es wieder einmal jemandem gelungen ist, den Krallen der iranischen Justiz zu entkommen. Der massive Druck von außen, die Proteste von Regierungen und Parlamenten hatten das Regime in Teheran in Zugzwang gebracht. Um bei dem achtjährigen Urteil zu bleiben, hätte das Gericht eindeutige Beweise für Saberis Spionagetätigkeit vorlegen müssen. Die aber gab es offensichtlich nicht. Zudem sollte das sich mildernde Klima, das sich durch die neue Iran-Politik der USA abzeichnet, nicht unnötig getrübt werden. Teheran wollte nicht jenen, die dem Kurswechsel Washingtons entgegenwirken, einen neuen Vorwand liefern.

Doch zu einem Freispruch konnte sich die Justiz nicht entschließen. Denn damit hätte sie zugegeben, dass die Vorwürfe gegen Saberi nicht halt- und beweisbar waren. Mit einer Bewährungsstrafe konnte sie einerseits das Gesicht wahren und andererseits guten Willen zeigen und den Forderungen des Auslands, vor allem der USA, nach Freilassung entsprechen.

Doch die Taktik ist zu durchsichtig, zu banal. Sie kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Islamischen Republik Willkür herrscht, dass unzählige Menschen im Iran dieser Willkür ausgesetzt sind. Saberi erhielt ungewöhnlich massive Unterstützung aus dem Ausland. Diese Unterstützung haben die zahlreichen Frauen und Männer nicht, die in den Gefängnissen brutal gefoltert und nicht in wenigen Fällen sogar hingerichtet werden. Das sollten diejenigen, die sich für Saberi eingesetzt haben, bei aller Freude über ihre Freilassung nicht vergessen.

Saberi ist inzwischen in die USA zurückgekehrt. Sie traf am 22. Mai mit ihren Eltern und einem Freund der Familie in Washington ein. Zuvor hatte sie sich eine Woche lang in Wien aufgehalten. Es gehe ihr "sehr gut", sagte sie nach der Landung. "Ich wünschte, ich könnte allen persönlich danken, die mich während der 100 Tage im Gefängnis unterstützt haben."


Neue Anschuldigungen gegen inhaftierte Führung der Bahais

In einer Presseerklärung vom 12. Mai teilte der Nationale Geistige Rat der Bahais in Deutschland mit, die iranische Justiz habe nun ein Jahr nach der Inhaftierung der siebenköpfigen Führung der Bahai- Gemeinde in Iran gegen diese neue Beschuldigungen erhoben. "Die Familien der sieben Inhaftierten wurden jetzt mit einer neuen, äußerst bedrohlichen Anklage konfrontiert, der Verbreitung von Verderbtheit auf Erden (in persisch: Mofsed-e fel-Arz), die nach Artikel 228-10 der derzeit noch im Parlament verhandelten neuen Strafnovelle mit der Todesstrafe geahndet werden kann", heißt es in der Erklärung. Man habe die bisherigen Anklagepunkte offensichtlich nicht nachweisen können und habe nun einen Vorwurf gewählt, der beliebig dehnbar sei und ausschließlich religiösen Hintergrund habe.

Der Sprecher der Bahai-Gemeinde in Deutschland, Prof. Ingo Hoffmann, wies bei der Erläuterung der Presseerklärung auf Politiker aus der SPD und CDU, die ihre Anteilnahme am Schicksal der Inhaftierten bekundet und die iranische Justiz aufgefordert hätten, die Gefangenen freizulassen. Er appellierte an Politiker und die Öffentlichkeit, "mit äußerstem Nachdruck die Freilassung der Inhaftierten zu verlangen, zumindest ein faires Gerichtsverfahren nach internationalen Standards".


Immer mehr Todesurteile in Iran

Die Zahl der Hinrichtungen in Iran nimmt nach Angaben der Internationalen Liga für Menschenrechte (ILMR) weiter zu. Allein in den ersten zweieinhalb Monaten dieses Jahres wurden mindestens 120 Todesurteile vollstreckt, wie die Organisation am 1. Mai in Paris mitteilte. Im gesamten vergangenen Jahr seien nach Angaben von Amnesty International 346 Hinrichtungen registriert worden. 2007 waren es 335, 2006 177.

"Es gibt keine offiziellen Zahlen zu den Hinrichtungen", sagte ILMR-Vize-Präsident Karim Lahidschi. "Die Angaben im Bericht beziehen sich hauptsächlich auf Auswertungen der lokalen Zeitungen." Danach lag Iran zuletzt auf Platz zwei hinter China, auf die Einwohnerzahl umgerechnet sogar auf Platz eins. "Die Ziffern beziehen sich nur auf bestätigte Exekutionen", sagte Robert Badinter, ehemaliger Präsident des Verfassungsrats. Dahinter müsse man eine viel höhere Dunkelziffer vermuten.

Der ILMR kommentierte, die Regierung wolle die Bevölkerung mit einem "Terrorklima" einschüchtern. "Die Hinrichtungen finden öffentlich statt und werden sogar im Fernsehen übertragen", sagte Lahidschi. Zwar hatte der damalige Justizminister Dschamal Karimi Rad im November 2006 nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen erklärt, dass in Iran keine Steinigungen durchgeführt würden. Laut der nun veröffentlichten Studie gab es jedoch auch noch in diesem Jahr mehrere Steinigungen.

Die EU rief Iran auf, keine Steinigungen mehr zuzulassen. "Die EU fordert die Behörden der Islamischen Republik Iran dringend auf, die Praxis der Hinrichtung durch Steinigung effektiv und dauerhaft zu beenden", hieß es in einer in Prag veröffentlichten Erklärung der Tschechischen EU-Ratspräsidentschaft. Darin wurde auf mehrere internationale Abkommen verwiesen, die Iran ratifiziert habe und die auch Standards definieren für Länder, in denen es noch Todesstrafe gibt.


Zur Tatzeit 17-jährige hingerichtet

Am 1. Mai wurde die 23-jährige Delara Darabi in der im Norden Irans am Kaspischen Meer gelegenen Stadt Rascht hingerichtet. Ein Provinzgericht hatte sie unter dem Vorwurf, eine nahe stehende Verwandte getötet zu haben, zum Tode verurteilt. Darabi war zur Tatzeit siebzehn Jahre alt.

Der Anwalt Mohammd Mostafai, der den Fall beobachtet hatte, erklärte in einem Interview mit Radio Zamaneh, weder die Anwälte noch die Eltern von Darabi seien über den Zeitpunkt der Hinrichtung informiert worden. Vor einigen Wochen hatte der Justizchef Aytollah Haschemi Schahrudi das Gericht in Rascht um Aufschub der Vollstreckung des Urteils gebeten, um den Eltern von Darabi die Möglichkeit zu geben, die Hinterbliebenen des Opfers um ihre Zustimmung zum Verzicht auf die Hinrichtung zu bewegen. Gemäß der iranischen Gesetzgebung, die sich an der islamischen Rechtsauffassung orientiert, liegt bei Mordfällen die Entscheidung über die Vollstreckung der Todesstrafe bei den Hinterbliebenen des Opfers. Diese Rechtsauffassung beruht auf dem Prinzip Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Darabi hatte bei ihrer Festnahme den Mord zunächst gestanden. Doch wie sie später im Prozess erklärte, habe sie das Geständnis abgelegt, um ihren Freund, den eigentlichen Täter, zu schützen. "Ich sei im Gegensatz zu ihm minderjährig und werde nicht zum Tod verurteilt, sagte mein Freund und überredete mich, die Verantwortung für die Tat zu übernehmen". Doch das Gericht ließ den Widerruf nicht gelten.

Laut Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte Darabi noch am Morgen der Hinrichtung um sieben Uhr ihre Eltern angerufen und sie dringend um Hilfe gebeten. "Mutter, sie sind dabei, mich hinzurichten, bitte rettet mich", sagte sie. Und ihrem Vater sagte sie, die Eltern sollten sie sofort besuchen: "Um Gottes Willen, hilf mir, rette mich". Ein Justizbeamter nahm der Tochter den Hörer ab und erklärte: "Wir werden Ihre Tochter sanft hinrichten. Sie können nichts dagegen tun."

Darabis Anwalt, Abdolsamad Khorramschahi, ist von ihrer Unschuld überzeugt. Zahlreiche Indizien wiesen daraufhin, dass sie nicht die Täterin gewesen sein könne. In einem Interview mit der Tageszeitung Etemad sagte er, er habe bei der Durchsicht der Akten zahlreiche Fehler entdeckt. Zum Beispiel gehe aus einem medizinischen Gutachten eindeutig hervor, dass der Mord mit der rechten Hand des Täters ausgeführt worden sei. "Frau Darabi ist aber Linkshänderin. Sie kann unmöglich den Mord begangen haben."

Es sei höchst bedauerlich, dass die Hinterbliebenen des Opfers ihre Zustimmung zur Aussetzung der Todesstrafe nicht erteilt hätten, sagte Mostafai. Sie hätten zwei Bedingungen gestellt, erstens sollte das Grab des Opfers mit Blumen überhäuft und zweitens Darabis Anwalt Abdolsamad Khorramschahi entlassen werden. Beide Bedingungen seien erfüllt worden. Dennoch habe das Gericht nicht auf die Entscheidung gewartet und habe in Eile die Vollstreckung angeordnet. Sonst wäre Darabi noch am Leben.

Der Fall Darabi ist einer von zahlreichen Fällen, bei denen zur Tatzeit minderjährige Täter hingerichtet wurden. Oft werden die Täter Jahre lang in Haft gehalten, bis sie das achtzehnte Lebensjahr erreicht haben. Laut islamischer Gesetzgebung können Mädchen ab neun und Jungen ab 15 Jahren bestraft werden. Bei Todesurteilen wird das Urteil in der Regel nach dem 18. Lebensjahr vollstreckt.


Iranischer Gegner der Todesstrafe erhält Menschenrechtspreis

Einer der renommiertesten Menschrechtspreise der Welt geht in diesem Jahr an einen der Gegner der Todesstrafe aus Iran. Emad Baghi solle insbesondere für seinen Einsatz in Iran für zum Tode verurteilte Jugendliche mit dem Martin Ennals Preis für Verteidiger der Menschenrechte gewürdigt werden, teilten die Organisatoren, zu denen unter anderem Human Rights Watch gehört, am 20. Mai mit. Seine Arbeit sei eine wertvolle Quelle für die Vereinten Nationen und andere Menschenrechtsorganisationen.

Baghi hat wegen seiner Kampagnen gegen die Todesstrafe die vergangenen Jahre im Gefängnis verbracht. Im August 2008 kam er wegen seines kritischen Gesundheitszustands frei. Die Auszeichnung soll im November in Genf verliehen werden.


Mehr als 100 mutmaßliche Satanisten festgenommen

Iranische Sicherheitskräfte haben in einer groß angelegten Aktion 104 mutmaßliche Satanisten festgenommen. Die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr meldete am 25. Mai, die Mitglieder der seit einem Jahr von Revolutionswächtern beobachteten Gruppe hätten sich die eigene Haut aufgeritzt und Blut getrunken. "Das Ziel der Gruppe war die Verbreitung unreligiöser Verhaltensweisen", zitierte die Agentur einen Offizier der Garden. Die als Teufelsanbeter bezeichneten Männer hätten Bilder von ihren Partys ins Internet gestellt. Am 23. Mai hätten Revolutionsgardisten dem Treiben in Schiraz ein Ende bereitet und die Männer festgenommen.

Die Behörden der Islamischen Republik, in der Alkohol und Drogen verboten sind, gehen seit dem vergangenen Jahr verstärkt gegen "unsittliche, westlich-orientierte Bewegungen" vor, zu denen sie Rapper und Satanisten zählen.


EU: Iran unterdrückt christliche Minderheiten

Die Europäische Union wirft der iranischen Regierung vor, die christliche Minderheit im Land massiv zu unterdrücken. In Iran werde das Recht auf Religionsfreiheit zunehmend häufig verletzt, erklärte die tschechische EU-Präsidentschaft am 25. Mai in Prag. Sie listete die Namen von acht derzeit inhaftierten iranischen Christen auf. Teilweise würden die Gläubigen ohne Anklage festgehalten, teilweise verbüßten sie mehrmonatige Gefängnisstrafen, so die EU.

Beunruhigt zeigte sich die EU auch über Repressalien gegen Angehörige der Bahai-Religionsgemeinschaft. Ebenfalls besorgniserregend sei der Fall des schiitischen Ayatollah Seyed Hossein Kazemeini Boroujerdi, der gemeinsam mit mehreren Anhängern inhaftiert sei. Trotz seines schlechten Gesundheitszustands werde ihm ein Krankenhausaufenthalt versagt. Iran müsse sowohl die Religionsfreiheit als auch die medizinische Versorgung von Häftlingen garantieren, verlangte die EU.


Verbot einer Reform-Zeitung einen Tag vor geplantem Erscheinen

Eine reformorientierte Zeitung, die nach sechs Jahren wieder gedruckt werden durfte, wurde am 16. Mai, einen Tag vor ihrem geplanten Erscheinen, erneut verboten. Das Erscheinen des Blatts "Jas-e-No" ("Neuer Jasmin") sei auf Antrag der Staatsanwaltschaft untersagt worden, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur ISNA am 17. Mai unter Berufung auf Vizekulturminister Aliresa Malekian. Die Staatsanwaltschaft sei nicht darüber informiert worden, dass ein Richter kürzlich ein vor sechs Jahren ausgesprochenes Verbot der Zeitung aufgehoben hatte, und habe deshalb einen neuen Verbotsantrag gestellt.

"Jas-e-No" steht dem reformorientierten Ex-Präsidenten Mohammad Chatami nahe. Seit dem Amtsantritt von Ahmadinedschad vor knapp vier Jahren wurde die Pressefreiheit in Iran stark eingeschränkt. Mehrere Zeitungsbetriebe wurden seither von der Justiz geschlossen.


Sperrung von Online-Netzwerk Facebook wieder aufgehoben

Nach mehrtägiger Sperrung haben die iranischen Behörden den Zugang zu dem in Iran sehr populären Online-Netzwerk Facebook am 26. Mai wieder freigegeben. Eine Begründung für die vorübergehende Sperrung wurde nicht gegeben. Der Zugang zu Facebook war am 23. Mai gesperrt worden.

Kritiker sahen darin einen Versuch der Regierung, Einfluss auf den Wahlkampf für die Präsidentenwahl am 12. Juni zu nehmen. Vor allem der Kandidat Mir Hossein Mussavi nutzt Facebook, um die Jugend des Landes zu mobilisieren und zur Stimmabgabe zu bewegen. Der Wahlkampf wurde am 22. Mai offiziell eröffnet.

Die iranischen Behörden lassen oft Webseiten oder Bloggs sperren, die dem islamischen Regime in Teheran kritisch gegenüberstehen. "Facebook ist einer der wenige unabhängigen Orte, die die iranische Jugend zur Kommunikation nutzen kann", sagte der frühere Vizepräsident Mohammad Ali Abtahi.


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II. Wirtschaft

El Baradei: Schon bald bis zu 20 Atommächte möglich

Bis zu 20 Länder könnten nach Einschätzung des Chefs der internationalen Atombehörde (IAEA), Mohammad El Baradei, binnen kurzer Zeit Atomwaffen herstellen. Zwischen zehn und zwanzig Länder könnten bald schon Plutonium und hoch angereichertes Uran herstellen und über die technischen Möglichkeiten zum Bau einer Bombe verfügen, sagte El Baradei der britischen Zeitung "Guardian" vom 15. Mai. Damit verletzten diese Länder den Atomsperrvertrag zunächst nicht. Allerdings könnten sie dann innerhalb weniger Monate tatsächlich eine Atombombe bauen und nutzen. Dieses Phänomen sei derzeit etwa in Iran zu beobachten, sagte der IAEA-Chef.

Besorgt zeigte sich El Baradei vor allem angesichts der möglichen Verbreitung von Atomtechnologie im Nahen Osten, den er als "tickende Bombe" bezeichnete. Die einzige Lösung sei eine rasche Abrüstung auf Seiten der offiziellen Atommächte, sagte er.

In einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" warnte El Baradei mit scharfen Worten vor den Folgen eines etwaigen israelischen Militärschlags gegen Nuklearanlagen in Iran. "Es wäre völlig verrückt, Iran anzugreifen. Das würde die Region in einen einzigen großen Feuerball verwandeln, und die Iraner würden sofort mit dem Bau der Bombe beginnen" mit der "Unterstützung der gesamten islamischen Welt", sagte El Baradei am 16. Mai dem Spiegel.

Der IAEA-Chef, dessen Amtszeit im November endet, forderte Teheran auf, anstehende Fragen mit der IAEA zu klären und Bereitschaft zu Kompromissen zu zeigen: "Jetzt rate ich meinen iranischen Gesprächspartnern: Ergreift die Hand, die Obama euch ausstreckt." Insgesamt sieht El Baradei das Risiko eines Atomwaffeneinsatzes "deutlich gestiegen", ebenso wie die Gefahr, "dass die Bombe in falsche Hände gerät".


Neue Mittelstreckenrakete getestet

Iran hat am 20. Mai eine neue Mittelstreckenrakete getestet. Der Test des weiterentwickelten Boden-Boden-Flugkörpers mit einer Reichweite von 2000 Kilometern sei erfolgreich verlaufen, berichtete IRNA. Experten zufolge könnte die Rakete Ziele in Israel und US-Stützpunkte am Golf erreichen. Die Islamische Republik könne jeden Angreifer "in die Hölle schicken", sagte Präsident Ahmadinedschad bei einem Besuch in der nördlichen Provinz Semnan. Die Boden-Boden-Rakete vom Typ "Sedschil 2" habe ihr Ziel genau getroffen, berichtete IRNA. In Kreisen des US-Verteidigungsministeriums wurde der Raketentest bestätigt.

Iran testet immer wieder Raketen - auch um seine Entschlossenheit zu demonstrieren, nach einem Angriff die Möglichkeit eines Gegenschlags gegen Israel oder die USA zu haben. Mit einer Reichweite von 2000 Kilometern könnte die "Sedschil 2" nahezu soweit fliegen wie die ältere "Schahab 3"-Rakete. Iran hatte bereits im November eine "Sedschil"-Rakete getestet und diese damals als eine neue Generation von Boden-Boden-Raketen bezeichnet.

Aus dem US-Verteidigungsministerium hieß es, die gestestete Rakete habe eine Reichweite von 2000 bis 3000 Kilometern und ähnele der älteren und bereits bekannten "Aschura"-Rakete. Das Ministerium müsse jedoch noch die technischen Daten auswerten. Diese würden Aufschluss über Flugbahn und Ziel der Rakete geben. Ein Sprecher des Ministeriums äußerte sich indes nicht dazu, ob das US-Militär Beweise für den iranischen Raketentest hat.

Die Nachrichtenagentur ISNA zitierte den iranischen Verteidigungsminister Mostafa Mohammad Nadschar mit den Worten, die "Sedschil"-Rakete habe eine große zerstörerische Kraft und diene der Abschreckung von Aggressoren. Man habe bereits mit der Massenproduktion der Rakete begonnen.

Die Regierung in Jerusalem reagierte besorgt. "Falls irgendjemand daran gezweifelt hat: Jetzt ist allen klar, dass Iran mit dem Feuer spielt", sagte der stellvertretende Außenminister Danny Avalon. Militärexperten sehen in der Zurschaustellung des militärischen Potenzials eine direkte Reaktion Irans auf das Treffen von US-Präsident Barack Obama mit Israels Ministerpräsidenten Netanjahu. "Jedes Mal, wenn sie es tun, ist es eine Antwort auf ein bestimmtes Ereignis", sagte Andrew Brookes vom International Institute of Strategie Studies in London. Die iranischen Raketen seien technisch soweit ausgereift, dass sie ein Problem für Israel und andere in der Region darstellen.


Sarkozy wirbt in Arabischen Emiraten für Atomkraftwerk

Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy hat in den Vereinigten Arabischen Emiraten für den Bau eines neuen Atomkraftwerks geworben. Theoretisch sei ein Vertrag mit der französischen Atomindustrie noch in diesem Jahr möglich, berichtete die Pariser Tageszeitung "Le Figaro" unter Berufung auf Regierungsmitarbeiter. Die Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten sei aber groß. Frankreich hatte mit den Emiraten im Januar vergangenen Jahres eine Zusammenarbeit im Bereich der zivilen Kernkraft vereinbart. Sarkozy hat bei seinem zweitägigen Besuch in den Emiraten am 25. und 26. Mai auch den ersten französischen Militärstützpunkt am Persischen Golf eingeweiht.

Auch Gespräche über das französische Kampfflugzeug Rafale standen auf dem Besuchsprogramm des französischen Präsidenten. Das Flugzeug wartet seit rund zwanzig Jahren auf einen Abnehmer im Ausland. Die Verhandlungen schritten "normal" voran, erklärte der Flugzeugbauer Dassault Aviation am 25. Mai. Ein Vertrag sei jedoch kurzfristig noch nicht zu erwarten. Nach Informationen der Tageszeitung "Le Parisian" geht es um den Verkauf von etwa sechzig Rafale-Maschinen im Gesamtwert von sechs bis acht Milliarden Euro. Frankreich hatte in den vergangenen Jahren mit etlichen Ländern über die schwer verkäufliche Rafale verhandelt; derzeit sind auch die Schweiz und Libyen als Abnehmer im Gespräch.

Der neu errichtete französische Stützpunkt befindet sich an der Meerenge von Hormos. Durch diese Straße werden 40 Prozent des gesamten Erdöls weltweit transportiert, und es kam dort schon mehrfach zu Zwischenfällen mit der iranischen Marine. Frankreich will dort rund 250 Soldaten aus Heer, Marine und Luftwaffe stationieren. Am 26. Mai besuchte Sarkozy den Luftwaffenstützpunkt El Dhafra, wo auch eine Flugschau mit Rafale-Kampfjets stattfand.


Rätselraten bei Transrapid-Firmen über Auftrag aus Iran

Die deutsche Industrie und die Bundesregierung rätseln über einen Transrapid-Auftrag aus Iran. Vertragspartner des iranischen Verkehrsministeriums für das milliardenschwere Projekt ist das Münchener Ingenieurbüro Schlegel, das einen entsprechenden Bericht der ARD am 27. Mai bestätigte. Der iranische Verkehrsminister Hamid Behbahani hatte am 25. Mai im örtlichen Rundfunk gesagt, sein Land stehe vor der Vergabe eines gewaltigen Bahnprojekts an eine ungenannte deutsche Firma. "Der Zug wird eine Geschwindigkeit von 500 km/h und der Vertrag ein Volumen von sieben Milliarden Euro haben." Die Laufzeit werde zwischen sechs und acht Jahren liegen.

"Wir sind in der Vorbereitungsphase", sagte ein Schlegel-Sprecher. Das Münchner Büro sei oberster Projektleiter und Planer. "Wir sind beauftragt, dieses Projekt mit einem deutschen Konsortium durchzuführen". Das Projekt habe einen Umfang von zehn bis zwölf Milliarden Euro.

Die Transrapid-Bauer Thyssen-Krupp und Siemens sowie die Bundesregierung zeigten sich völlig ahnungslos. "Wir haben keinen Auftrag für den Transrapid aus Iran erhalten und stehen auch nicht in Verhandlungen", sagte eine Sprecherin der zuständigen Thyssen-Krupp-Sparte Technologies. "Es gibt kein Projekt Iran", betonte sie. Der Partner Siemens äußerte sich ähnlich. "Das Thema ist bei uns im Haus nicht bekannt", sagte ein Sprecher. Der Konzern zeigte sich auch skeptisch, dass ein Ingenieurbüro Verträge in dieser Größenordnung abschließen könne, ohne Zugriff auf die Technologie zu haben. Zudem gelten bei Siemens Geschäfte mit Iran als politisch hoch sensibel.

Siemens und Thyssen-Krupp seien in den Prozess nicht einbezogen gewesen, räumte Schlegel ein. Das Ingenieurbüro wolle in den nächsten Monaten Verträge mit einem Konsortium abschließen. Wer dem Konsortium angehören könnte, sagte der Sprecher nicht.

Das Ingenieurbüro "Regierungsbaumeister Schlegel" unter der Führung von Harald Späth hatte bereits im Mai 2007 mit einer Machbarkeitsstudie für die angeblich geplante 860 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Teheran und Maschad in iranischem Auftrag für Aufsehen gesorgt. Der islamische Staat will auf der Strecke künftig Millionen von Pilgern transportieren. Den Kontakt hatte der frühere bayrische Wirtschaftsminister und Ex-Bahnvorstand Otto Wiesheu eingefädelt.

Thyssen und Siemens hatten nach dem Scheitern der Magnetschwebebahn-Pläne in München ihre Transrapid-Anstrengungen deutlich reduziert und die gemeinsame Projektgesellschaft Transrapid International (TRI) aufgelöst. Bislang ist der Hochgeschwindigkeitszug nur in China im kommerziellen Einsatz.


Irak stimmt mit Nachbarn Strom- und Wasserversorgung ab

Der Irak hat bei einer Konferenz in Bagdad am 28. Mai mit seinen Nachbarn Iran und Türkei die Strom- und Wasserversorgung abgestimmt. Die beiden Staaten liefern nach irakischen Angaben derzeit nicht die vertraglich festgelegten Strommengen. Die Stromnachfrage im Irak erreicht derzeit bis zu 11.500 Megawatt täglich, während die Kraftwerke nur 7.000 Megawatt produzieren. Der Stausee im westirakischen Haditha verfügt derzeit nur noch über 1,5 Milliarden Kubikmeter Wasser im Vergleich zu acht Milliarden Kubikmetern im Mai 2007. Niedrigwasser im Fluss Euphrat beeinträchtigt zudem die Stromgewinnung.


Iran wirbt um deutsche Partner - Bundesregierung bremst

Während die Bundesregierung bremst, wirbt Iran um Kooperationspartner in der deutschen Wirtschaft. Mit Blick auf die riesigen Öl- und Erdgasvorkommen in seinem Land sagte Irans Ölminister Gholamhossein Nosari dem Handelsblatt am 7. Mai: "Iran kann ein sicherer und zuverlässiger Energielieferant für Deutschland werden". Die Bedürfnisse auf beiden Seiten sprächen dafür, die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen. Er habe aus jüngsten Gesprächen auch den Eindruck gewonnen, "dass deutsche Unternehmen interessiert sind am Ausbau ihrer Beziehungen zu Iran". Die Bundesregierung drängt dagegen der Zeitung zufolge deutsche Unternehmen dazu, den Iran-Handel massiv einzuschränken.

Die Bundesregierung hat in den letzten Monaten die deutsche Wirtschaft wiederholt aufgefordert, sich bei Geschäften mit Iran zurückzuhalten. Hintergrund ist der seit langem währende Streit über das iranische Atomprogramm. Die Regierung mahnte nun dem Handelsblatt zufolge in einem Brief an den Nah- und Mittelostverein (Numov), auf Informationsveranstaltungen für deutsche Firmen zum Iran-Geschäft zu verzichten. Mit Blick auf zwei konkrete Info-Treffen habe es geheißen: "Die Veranstaltungen stehen in klarem Widerspruch zu der Politik der Bundesregierung und könnten größeren außenpolitischen Schaden für Deutschland nach sich ziehen". Aus der Wirtschaft war bereits kritisiert worden, dass die Regierung massiv versuche, auf Iran-Geschäfte Einfluss zu nehmen.

Irans Ölminister warnte die deutschen Unternehmen dagegen davor, die Chancen im Iran-Geschäft zu verpassen. "Wir bieten riesige Chancen und wer zuerst kommt, mahlt zuerst", sagte er der Zeitung. Die Nachbarstaaten des Landes und andere Staaten seien etwa an Gaslieferungen aus Iran interessiert und auch chinesische Firmen hätten Arbeiten im Land aufgenommen.

Nosari hob hervor, sein Land intensiviere seine Planungen zum Bau einer so genannten "persischen Pipeline" für Gas von Iran nach Europa. Das könnte die europäische Abhängigkeit von russischem Gas verringern. Beteiligt an diesen Planungen seien auch deutsche Unternehmen. Iran könnte sich aber auch im Rahmen einer Kooperation an der geplanten "Nabucco-Gaspipeline" vom Kaspischen Meer nach Europa beteiligen.


Verfahren gegen Deutsch-Iraner wegen Verdachts von Nukleargeschäft

Ein deutsch-iranischer Geschäftsmann muss sich nun doch wegen mutmaßlicher Förderung des iranischen Atomprogramms vor Gericht verantworten. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies in einem am 27. Mai in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss das Landgericht Frankfurt am Mai an, das Hauptverfahren gegen den Verdächtigen zu eröffnen. Damit entsprach der BGH einer Beschwerde der Bundesanwaltschaft gegen eine anders lautende Entscheidung des Frankfurter Oberlandesgerichts (OLG). Das OLG hatte keinen ausreichenden Tatverdacht gesehen.

Der Bundesanwaltschaft zufolge soll der Angeklagte Mohsen V. zwischen Mai und November 2007 geholfen haben, für das iranische Atomprogramm bestimmte strahlungsfeste Detektoren und Hochgeschwindigkeitskameras zu besorgen. Das OLG hatte das Verfahren wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz aber nicht eröffnen wollen, weil es nicht bewiesen sei, dass Iran im Tatzeitraum Atomwaffen entwickelt habe. Doch dieser Verdacht ergibt sich laut BGH "aus den aktenkundigen Angaben des Bundesnachrichtendienstes". Weil damit eine Verurteilung des Angeklagten wahrscheinlich ist, müsse das Hauptverfahren eröffnet werden, beschloss der BGH.


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III. Außenpolitik

Obama bringt Iran-Militärpläne auf neuesten Stand

Das Pentagon hat nach Angaben von Verteidigungsminister Robert Gates auf Wunsch von Präsident Barack Obama seine Pläne für einen etwaigen Militärschlag gegen Iran auf den neuesten Stand gebracht. Die USA haben die Möglichkeit einer solchen Aktion für den Fall nicht ausgeschlossen, dass alle diplomatischen Bemühungen scheitern, den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern.

"Präsidenten fordern von ihren Militärs stets, dass eine Reihe von Plänen für den Eventualfall parat sind", sagte Gates in einem am 22. Mai veröffentlichten Interview des Senders NBC. "und alles, was ich sagen würde, ist, dass wir als Ergebnis unseres Dialogs mit dem Präsidenten unsere Pläne aufgefrischt haben und alle Optionen auf dem Tisch sind."

Obama bemüht sich seit seiner Amtsübernahme um neue diplomatische Ansätze im Tauziehen mit Iran und strebt einen direkten Dialog an. Bei einem jüngsten Besuch des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu äußerte er die Erwartung einer positiven Reaktion bis Ende des Jahres. "Bis zum Jahresende sollten wir einen Eindruck davon haben, ob die Verhandlungen erste Früchte tragen", betonte Obama. Er wolle bis dahin Anzeichen für eine "ernsthafte Bewegung auf der iranischen Seite" sehen.

Obama will demnach im Monat nach den Wahlen im Iran mit den Verhandlungen beginnen. Gleichzeitig schloss er härtere Sanktionen gegen die Führung in Teheran nicht aus, die sein Gesprächsangebot bislang zurückgewiesen hat. Er werde sicherstellen, "dass Iran unsere Ernsthaftigkeit begreift", betonte Obama. "Es kommt auf einen klaren zeitlichen Rahmen an, der es uns erlaubt, zu einem bestimmten Zeitpunkt festzustellen, ob diese Gespräche bedeutende Fortschritte machen". In Abkehr von der Politik seines Vorgängers George W. Bush hat Obama Iran nach seinem Amtsantritt im Januar die Hand gereicht und Gespräch über die beidseitigen Konflikte vorgeschlagen.


USA besorgt über Einfluss Irans und Chinas

US-Außenministerin Hillary Clinton hat sich besorgt über den wachsenden Einfluss Chinas und Irans in Lateinamerika geäußert. Die USA verfolgten mit Sorge diesen "beunruhigenden" Trend, sagte Clinton am 2. Mai in Washington. Die USA müssten sich verstärkt um die Länder Lateinamerikas bemühen, forderte sie.

Die Politik des damaligen Präsidenten George W. Bush, die unliebsamen Führer Lateinamerikas zu isolieren, ist nach den Worten der US-Außenministerin gescheitert. Es gebe in manchen Fragen, beispielsweise zur US-Politik gegenüber Kuba, in Lateinamerika eine einhellige Ablehnung der Haltung der USA.


US-Generalstabschef sieht Iran auf dem Weg zur Atombombe

Iran nähert sich nach Einschätzung von US-Generalstabschef Mike Mullen seinem Ziel, die Atombombe zu bauen. Ein Militäreinsatz gegen Teheran hätte jedoch seiner Meinung nach "unbeabsichtigte Folgen". Deshalb sei der Dialog mit Iran so wichtig, sagte Mullen am 24. Mai dem US-Fernsehsender ABC.

Zugleich bekräftigte Mullen wie vor ihm US-Präsident Barack Obama, dass in Sachen Iran "alle Optionen auf dem Tisch" bleiben. Teherans Versicherungen, sein Programm diene allein zivilen Zwecken, schenke er keinen Glauben, sagte Mullen. Iran sei dabei, Atomwaffen zu entwickeln. "Die meisten von uns glauben, dass dies in einem bis drei Jahren der Fall sein wird", fügte er hinzu. Die Zeit für eine diplomatische Lösung des Konflikts werde knapp.


Großes Manöver der israelischen Luftwaffe

Die israelische Luftwaffe hat in einem groß angelegten Manöver einen Krieg an mehreren Fronten simuliert und dabei auch für einen möglichen iranischen Angriff trainiert. Das viertägige Manöver sollte die Soldaten für einen umfassenden Krieg schulen, auch Luftangriffe auf israelische Städte wurden simuliert, wie ranghohe Beamte des Verteidigungsministeriums mitteilten. Minister Ehud Barak sprach am 22. Mai von einem "wichtigen" Manöver, das die Sicherheit und die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte stärke.

Israel führt immer wieder solche Manöver durch. Die Streitkräfte erklärten, dass das bis einschließlich 28. Mai mit Soldaten und Reservisten durchgeführte Manöver "Routine" gewesen sei. Schon im Juni ist ein weiteres großes Manöver geplant, bei dem Raketenangriffe simuliert werden sollen.

Das jüngste Manöver fand jedoch vor dem Hintergrund großer Spannungen statt: Erst am 20. Mai hatten die iranischen Streitkräfte eine Mittelstreckenrakete getestet, in deren Reichweite ganz Israel gelegen hätte. Israel befürchtet, dass Iran ein geheimes Atomprogramm betreibt. Die Regierung in Jerusalem setzt auf diplomatische Mittel, um Iran vom Erlangen einer Atombombe abzuhalten, schließt Militärschläge aber dezidiert nicht aus. Die von Israel befürchtete Bedrohung durch Iran war auch eines der Hauptgesprächsthemen beim jüngsten Treffen zwischen Ministerpräsident Netanjahu und US-Präsident Obama in Washington.

Die israelische Zeitung "Jediot Achronot" zitierte am 21. Mai Verteidigungsminister Ehud Barak mit den Worten: "Der iranische Test beweist erneut, dass wir Wege finden müssen, mit der iranischen Herausforderung umzugehen." Das Blatt zitierte einen namentlich nicht genannten israelischen Raketenexperten mit der Einschätzung, Iran werde den erfolgreich geprüften Raketentyp in Kürze in Serien produzieren. Damit wolle das Land seine Abschreckung Israel gegenüber verstärken.


Mehrheit der Israelis für Angriff auf Irans Atomanlagen

Knapp zwei Drittel der Israelis haben sich einer Umfrage zufolge für einen Angriff auf Irans Atomanlagen ausgesprochen. 66 Prozent der Befragten sprachen sich für einen derartigen Angriff aus, 15 Prozent dagegen, 19 Prozent waren unentschlossen, wie die israelische Zeitung Haaretz am 4. Mai aus einer Umfrage der Universität Bar Ilan zitierte. Dreiviertel der Befürworter eines Angriffs erklärten, sie würden ihre Meinung auch dann nicht ändern, wenn die Vereinigten Staaten dagegen seien. Die israelische Regierung hatte mehrfach durchblicken lassen, dass sie sich alle Optionen - und damit auch den Einsatz von Gewalt -vorbehält, um Iran an der Entwicklung einer Atombombe zu hindern.

Mit Blick auf die Beziehung zu den USA sagten nur 38 Prozent der Befragten, ihrer Ansicht nach habe US-Präsident Obama eine "freundschaftliche Haltung" gegenüber Israel. Im Dezember 2007 unter US-Präsident George W. Bush waren es noch 73 Prozent gewesen.


Israel: Venezuela und Bolivien liefern Uran an Teheran

Israel wirft Venezuela und Bolivien in einem geheimen Regierungsbericht vor, Iran bei seinem Atomprogramm zu unterstützen. Beide Länder stellten Teheran Uran zur Verfügung, heißt es in dem Dokument des Außenministeriums, das am 25. Mai der Nachrichtenagentur AP zugänglich gemacht wurde. Woher das angeblich von den südamerikanischen Staaten gelieferte Uran stammen soll, wird jedoch in dem Bericht nicht erklärt. Venezuela und Bolivien unterhalten enge Beziehungen zu Iran.

Bolivien hat am 26. Mai die Vorwürfe Israels zurückgewiesen. Das Land habe niemals Uran produziert und es gebe nicht einmal entsprechende geologische Studien, erklärte der für den Bergbau zuständige Minister Luis Alberto Echazu.


Ahmadinedschad erteilt Atomverhandlungen Absage

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat weitere Verhandlungen über das iranische Atomprogramm praktisch ausgeschlossen. Auf einer Pressekonferenz in Teheran erklärte er am 25. Mai, er werde nicht mehr mit den Weltmächten im UN-Sicherheitsrat und Deutschland darüber verhandeln. "Unsere Atomgespräche werden von nun an nur noch mit den zuständigen Organisationen wie der Internationalen Atombehörde (IAEA) geführt."

Auf dieser Pressekonferenz forderte Ahmadinedschad zugleich US-Präsident Barack Obama zu einer Debatte vor den Vereinten Nationen in New York auf. "Die ganze Welt könnte zuhören und sich ein Urteil bilden", sagte er. Zwei ähnliche Angebote Ahmadinedschads an Obamas Vorgänger George W. Bush waren allerdings zurückgewiesen worden.

Nach Angaben aus gut informierten Kreisen hatten Vertreter der Vetomächte im Sicherheitsrat plus Deutschland (5+1) bei einem Besuch in Teheran die iranische Regierung dazu gedrängt, noch vor der für den 12. Juni angesetzten Präsidentenwahl zumindest die Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zu zeigen. Die Amtsperiode des nächsten iranischen Präsidenten beginnt im August. Dieser würde möglicherweise einen neuen Atomchefunterhändler benennen, so dass mit einer Wiederaufnahme der Verhandlungen frühestens im Herbst gerechnet würde.


Iran attackiert Westen auf Regionalkonferenz

Iran hat die Präsenz ausländischer Truppen in Afghanistan scharf kritisiert. Die westlichen Alliierten verfolgen ausschließlich eigene Interessen, sagte Präsident Ahmadinedschad bei einem Gipfel mit den Staatsschefs von Afghanistan und Pakistan am 24. Mai in Teheran. Pakistans Präsident Asif Ali Zardari forderte zu einer verstärkten Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus auf. Afghanistans Präsident Hamid Karsai erklärte, die drei Länder müssten gemeinsam gegen die wachsende Macht der Taliban in Afghanistan und Pakistan vorgehen.

Ahmadinedschad sagte, den ausländischen Truppen sei die Kultur der Region fremd. Sie seien unter dem Vorwand entsandt worden, für dauerhafte Sicherheit zu sorgen. Dabei seien sie aber keine große Hilfe gewesen. Auch zur politischen Entwicklung und zum Wachstum der Wirtschaft hätten sie nicht viel beigetragen. Die Probleme der Region könnten am besten durch eine Kooperation der Regionalmächte gelöst werden. "Wir haben einen gemeinsamen Feind und die Pflicht, diesen Feind zu besiegen, um eine sichere Zukunft aufzubauen", sagte Ahmadinedschad. Eine Lösung aller drei Länder gemeinsam sei viel versprechender als Ansätze auf nationaler oder bilateraler Ebene. "Wir sollte kooperieren, um die regionale Sicherheit selbst herzustellen".

Bei dem Dreiergipfel ging es auch um die Bekämpfung des Drogenschmuggels aus Afghanistan und Pakistan über Iran nach Europa. Der Drogenhandel gilt als eine der Hauptgeldquellen der radikal-islamischen Taliban, die ihre Waffen damit finanzieren.

Trotz der harschen Kritik gehen Experten davon aus, dass Iran und die USA ein gemeinsames Interesse an der Stabilität in der Region haben. Die Afghanistan-Strategie des US-Präsidenten Barack Obama lässt zudem darauf schließen, dass die Regierung in Washington Iran im Kampf gegen die Taliban einbinden will. Die USA bauen massiv ihr Truppenkontingent vor allem im Süden Afghanistans aus, um dort die wieder erstarkten radikal-islamischen Rebellen zurückzudrängen.

Pakistan spielt eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Taliban, deren Hochburgen im Süden und Osten Afghanistans sowie in der pakistanischen Grenzregion liegen. Pakistanische Truppen haben in jüngster Zeit ihre Luftangriffe sowie ihre Truppen gegen die Taliban verstärkt.


Frattini sagt Iran-Besuch ab

Der italienische Außenminister Franco Frattini hat einen Besuch in Teheran wegen iranischer Auflagen kurzfristig abgesagt. Iran habe die Bedingung gestellt, dass eine vom Protokoll vorgesehene Begegnung Frattinis mit Präsident Ahmadinedschad nicht in der Hauptstadt, sondern vielmehr in Semnan stattfinden solle, teilte das römische Außenministerium am 20. Mai mit. Details zum Grund der Absage gab das Ministerium nicht bekannt.

In Semnan im Nordosten des Landes wurde am 20. Mai eine neue Mittelstreckenrakete getestet. Dort hatte Ahmadinedschad eine Rede gehalten. Frattini hatte am selben Tag abreisen wollen, um in Teheran Wege zu beraten, wie Iran zur Stabilisierung Afghanistans und Pakistans beitragen könnte. Italien hat gegenwärtig die Präsidentschaft der G8-Staaten inne.


Chamenei: USA unterstützen Terrorakte in Iran

Iran hat den USA Förderung des Terrorismus vorgeworfen. Die Amerikaner schleusen Geld, Waffen und Verbände aus dem Nachbarland Irak nach Iran ein, "um das System der Islamischen Republik zu bekämpfen", sagte Revolutionsführer Ali Chamenei am 19. Mai bei einem Besuch im kurdischen Teil Irans. "Wir sollten aufmerksam sein." Die USA hätten "gefährliche Pläne" für diese Region und wollten die Kurden unterjochen, sagte Chamenei weiter.

Die Äußerungen des Revolutionsführers könnte US-Präsident Brack Obama bei seinen Entspannungsbemühungen im Streit über das Atomprogramm des Landes ein Dorn im Auge sein.


Iran entsendet Kriegsschiffe zum Kampf gegen somalische Piraten

Iran hat zwei Kriegsschiffe zum Kampf gegen die somalischen Piraten entsandt. "Die Aufgabe dieser Kriegsschiffe bestehe darin, iranische Handelsschiffe und Öltanker vor Piratenangriffen zu schützen", berichteten staatliche Medien am 14. Mai. Der Einsatz im Golf von Aden solle fünf Monate dauern. Im Januar hatten die Piraten ein iranisches Schiff mit Weizen freigelassen, das nach Deutschland unterwegs gewesen war. Ein weiteres iranisches Schiff soll sich weiter in der Gewalt der Seeräuber befinden.

Die Regierung in Teheran hatte im Dezember die Entsendung eines Kriegsschiffes angekündigt. Ob dieses noch vor Ort ist, wurde nicht gesagt. Eine internationale Flotte ist in der Region von Somalia im Einsatz, um die Überfälle auf Schiffe zu unterbinden. Auch die deutsche Marine beteiligt sich daran.


Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
8. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 6/2009 - Juni / 8. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2009