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DILJA/061: Nachkriegsheimerziehung - Schläge im Namen des Staates (SB)


Entrechtet, mißhandelt, gequält und zu Frondiensten gezwungen - Kinder und Jugendliche in bundesdeutschen "Fürsorgeheimen"


Petitionsausschuß des Bundestages seit 2006 mit der Reinwaschung von Staat, Großkirchen und Gesellschaft befaßt

Am 11. Dezember 2006 fand vor dem Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages eine Anhörung zu einem Thema statt, das in der bundesdeutschen Öffentlichkeit bis heute geflissentlich und konsequent ignoriert wird. Dabei geht es um schwerste Menschenrechtsverletzungen, um Freiheitsberaubung, Mißhandlung und Folter, begangen an Kindern und Jugendlichen, sowie um ein System der Zwangsarbeit, durch das aus dem Leid entrechteter und schutzloser Minderjähriger noch von verschiedenen Seiten Profit geschlagen wurde. Die Anhörung fand statt unter Anwesenheit von Vertretern der Bundesministerien für Justiz, Inneres, Familie und Gesundheit. Der Pressedienst des Deutschen Bundestages, der unter seiner Rubrik "heute im Bundestag" durchaus auch über die Arbeit des Petitionsausschusses berichtet, klammerte diese Anhörung aus seiner Berichterstattung allerdings aus.

Allem Anschein nach möchte die Bundesregierung nicht zur Weiterverbreitung dessen, was die bei dieser Ausschußsitzung Anwesenden zu hören bekamen, beitragen. Dabei wäre eine lückenlose Aufklärung über die bis heute tabuisierte Realität der Fürsorgeerziehung in den ersten drei Jahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland das Minimum, um den betroffenen Menschen die gesellschaftliche Anerkennung zu geben, um die sie sich seit geraumer Zeit so sehr bemühen. Den tatsächlichen Fakten einer Heimerziehung, die diesem Begriff nur unter der Voraussetzung gerecht wird, unter "Erziehung" nichts anderes als Zwang und Gewalt zu verstehen, hatten die Regierungsvertreter in der Ausschußsitzung nichts entgegenzusetzen. Sie wagten es wohl nicht, den Wahrheitsgehalt der Schilderungen Betroffener anzuzweifeln, die sich hier stellvertretend für sehr viele Opfer der an KZ-Verhältnisse erinnernden "Erziehung" Gehör verschaffen wollten. So auch nicht den erschütternden Bericht eines heute 52jährigen (*):

Dort angekommen, wurde ich der Gruppe von meinem zukünftigen Gruppenleiter als Geisteskranker vorgestellt. In einem Kellerraum mußte ich mich vor anderen völlig entkleiden. Mein Kopfhaar wurde mir brutal entfernt. Ich wurde mit einem Wasserschlauch abgespritzt und dann mit einem Desinfektionspulver überworfen. (...) Im Sommer mußte ich bei den Bauern auf den Feldern sehr hart arbeiten. Von 7.30 bis 18 Uhr Kartoffeln auflesen oder Obst und Gemüse ernten. (...) Bereits bei den kleinsten Verstößen gegen die Heimordnung, wie z.B. mit jemandem bei der Arbeit zu sprechen, folgten harte Strafen. (...) Mein linkes Schultergelenk wurde zertreten, weil mir zwei Teller aus der Hand fielen und zerbrachen. Meine Schulter hätte sofort operativ behandelt werden müssen. Es gab im Heim keinen Arzt, statt dessen sperrte man mich drei Tage und Nächte in die Dunkelzelle, wo ich auf Grund von Knochenbrüchen, Muskel- und Sehnenabrissen an den Knochen höllische Schmerzen aushalten mußte. Ich schrie vor Schmerzen, aber niemand brachte mir schmerzstillende Medikamente. Trotz starker Schmerzen mußte ich am vierten Tag wieder arbeiten.
(...)

Kaum zu glauben, daß es sich hierbei nicht um einen KZ-Bericht oder eine aktuellere Schilderung aus einem der sogenannten "Schurkenstaaten", die nach den Unterscheidungen und Urteilen führender westlicher Protagonisten für Mißhandlungen und Folterungen gefangengehaltener Menschen - ganz im Gegensatz zu den westlichen Frontstaaten - verantwortlich zu machen sind, handelt. Tatsächlich stammen diese Berichte jedoch aus der Bundesrepublik Deutschland selbst und berühren ihren Gründungsmythos ebenso wie ihren gegenwärtigen Anspruch, sich als Hüterin der Menschenrechte mit weltweiter Zuständigkeit in Szene zu setzen, um wieder ganz vorn im Gerangel der Weltmächte mitspielen zu können.

Da kommen Berichte über die nicht anders als desaströs zu nennenden Verhältnisse in bundesdeutschen Fürsorgeheimen - viel zu viele Schicksale, um von Einzelfällen sprechen zu können - äußerst ungelegen, zumal noch völlig offen ist, ob die gewaltsame Ausbeutung von einer halben Million junger Schutzbefohlener oder die bis heute andauernde Tabuisierung dieser Zwangsverhältnisse das größere Skandalpotential in sich tragen, so sich denn mediale Multiplikatoren der Thematik annehmen würden. Heute weiß man, daß in der Bundesrepublik Deutschland über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten hinweg, genauer gesagt zwischen 1945 und 1975, Kinder und Jugendliche in über 3000 Heimen gequält und ausgebeutet wurden.

Viele der inzwischen längst erwachsen gewordenen ehemaligen Fürsorgezöglinge haben sich - wenn auch erst zu Beginn des Jahres 2006 - zusammengeschlossen und einen Verein zur Wahrung ihrer Interessen gegründet. Dieser Verein schätzt die Zahl der von dieser auf brachialer Gewalt und unmittelbarem Zwang beruhenden Heimerziehung betroffenen Menschen auf eine halbe Million. Den Zuhörern vor dem Petitionsausschuß mag somit die Frage auf den Lippen gelegen haben, wie es überhaupt möglich sein konnte, so viele junge Menschen zum Teil über Jahre hinweg schwersten Menschenrechtsverletzungen auszusetzen, ohne daß die zuständigen Behörden für Abhilfe sorgten.

Der Schilderung eines weiteren Betroffenen, der zwischen 1961 und 1964 in Einrichtungen der evangelischen Diakonie für vier D-Mark im Monat Schwerstarbeit im Torf leisten mußte, ist zu entnehmen, daß zwischen Fürsorgeheim, Jugendamt und oftmals auch den eigenen Eltern eine unheilige Allianz zulasten der Jugendlichen bestanden haben muß. Wolfgang Rosenkötter beschrieb seine in Freistatt bei Diepholz, einer Zweigstelle der Bodelschwinghschen Anstalten Bethel für 14- bis 21jährige männliche Jugendliche, durchlittene Zeit vor dem Petitionsausschuß folgendermaßen:

Ich kam nach Freistatt im Teufelsmoor, (...) der in den anderen Heimen immer wieder angedrohten 'Endstation'. (...) Es folgte ein Jahr unsäglicher körperlicher und seelischer Qualen, Erniedrigungen, Schläge und Folterungen. Kein Tag, an dem ich nicht mit Angst ins Bett ging und mit Angst aufstand. (...) Trotz der Abgeschiedenheit gelang es mir nach drei Monaten, von dort mit blutigen Füßen und wund geschlagenem Rücken nach Hause zu fliehen. Mein Vater und das Jugendamt glaubten meine Schilderungen nicht, es war doch eine christliche Anstalt, dort kam so etwas nicht vor. Also wurde ich zurückgebracht, mit verheerenden Folgen für mich selbst und meine Kameraden.

Zu 80 Prozent befanden sich die Fürsorgeheime in Trägerschaft der beiden christlichen Großkirchen. Das Argument, in christlich geführten Anstalten könne so etwas nicht vorkommen, wurde inzwischen ersetzt durch die nicht minder zynische wie gewaltverherrlichende Aussage des Bundesjustizministeriums, "Gewalt" habe in der damaligen Zeit dem "Zeitgeist" entsprochen, mit der Betroffene noch heute abgewiesen werden. Den Buchautor und Spiegeljournalisten Peter Wensierski veranlaßte die Tatsache, daß die Fürsorgeheime zum überwiegenden Teil in christlicher Trägerschaft geführt wurden, dazu, seinem der tabuisierten Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik Deutschland gewidmeten und 2006 bei der Deutschen Verlagsanstalt in München erschienenen Buch den Titel "Schläge im Namen des Herrn" zu geben. Wensierski ist es zu verdanken, dieses Tabu mit seinem Buch aufgebrochen zu haben. Darin schildert er die verzweifelte Lage hunderttausender internierter Kinder und Jugendlicher in einem Nachkriegsdeutschland, das sich zur selben Zeit als Wirtschaftswunderland feierte und feiern ließ.

Er berichtete, um nur ein Beispiel zu nennen, von Josef Doll, der die ersten 18 Jahre seines Lebens in katholischen Kinderheimen zubringen mußte und bis heute unter Angstzuständen leidet, weshalb er sich in psychiatrischer Behandlung befindet. Das erste, woran Doll sich überhaupt erinnern kann, ist der Tod seiner älteren Schwester, die mit schweren Arm- und Beinbrüchen im Hof des Heimes gefunden wurde und wenig später im Krankenhaus starb. Der alkoholkranke Vater Dolls, der seine Kinder im Heim regelmäßig besuchte, hatte damals immer wieder gesagt, seine Tochter habe ihm erzählt, daß eine Kinderschwester ihr gedroht habe, sie aus dem Fenster zu werfen. Da das Kind mit zerschmetterten Gliedmaßen im Hof gefunden wurde, könnte hier ein Tötungsdelikt vorliegen, das im Falle eines Mordes bis heute nicht verjährt wäre, weshalb die zuständige Staatsanwaltschaft eigentlich zu Ermittlungen gezwungen wäre.

Wensierski zeichnete in seinem Buch auch die Kontinuität der Fürsorgeerziehung oder vielmehr des Fürsorgezwanges zwischen der damals noch jungen Bundesrepublik und dem NS-Staat nach. In vielen Heimen wurde sogar das Personal beibehalten, das vor 1945 an der Ermordung von als lebensunwert aussortierten Menschen beteiligt gewesen war. Kinder und Jugendliche hatten vor 1945 in Heimen den Tod gefunden, weil sie, zu "Ballastexistenzen" erklärt, ermordet wurden. Viele daran beteiligte "Erzieher" wurden in den nach 1945 fortgeführten Heimen weiterbeschäftigt und konnten noch bis in die 60er Jahre hinein ihre Tätigkeit fortsetzen.

Wenn Mädchen in den 50er und 60er Jahren als "sittlich verwahrlost" eingestuft wurden, drohte ihnen ein grausames Schicksal. Eine Denunziation durch Nachbarn beim Jugendamt genügte, um eine 15- oder 16jährige, nur weil sie einen Freund hatte, in ein Fürsorgeheim zu bringen. Keineswegs nur Kinder, die keine Eltern mehr hatten oder nur ein alleinerziehendes - ein "alleinprügelndes", wie einer der Betroffenen vor dem Petitionsausschuß sagte - Elternteil hatten, liefen Gefahr, wegen "Aufsässigkeit", "Herumtreiberei" oder "Schulschwänzen" interniert zu werden.

"Wir waren jugendliche Zwangsarbeiter", erläuterte Gisela Nurthen, eine ehemalige Insassin des Dortmunder Vincenzheimes, die als "gefallenes Mädchen" eingestuft worden war mit der Folge, in dem von dem Orden der "Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul" geführten Heim schwere Arbeit leisten zu müssen. Die dorthin verbrachten Mädchen mußten stundenlang mit schweren Tüchern und Laken an der Heißmangel stehen. Sie durften ohne Erlaubnis nicht sprechen und wurden, wenn sie es doch taten, geschlagen.

Dieser Orden hatte auch in Irland Heime geführt, in denen Kinder unter Grausamkeiten litten und Zwangsarbeit leisten mußten. Nachdem in Irland durch einen Film mit dem Titel "Die unbarmherzigen Schwestern" das gesellschaftliche Tabu durchbrochen worden war, entschuldigte sich der Orden bei seinen Opfern. Der irische Staat richtete 2004 eigens eine staatliche Untersuchungskommission zu den in den Heimen begangenen Menschenrechtsverletzungen ein mit der Folge, daß die mißhandelten ehemaligen Heiminsassen mit über einer Milliarde Euro - zu der die Kirche 128 Millionen beisteuerte - entschädigt wurden.

In Deutschland allerdings scheinen Staat und Kirchen nicht der Meinung zu sein, sich für diese von ihnen im Wechsel- und Zusammenspiel systematisch begangenen Menschenrechtsverletzungen offiziell entschuldigen oder sich zu ihnen bekennen zu müssen, wie es der 2006 ins Leben gerufene "Verein ehemaliger Heimkinder e.V." von ihnen fordert. Zwar löste Wensierskis Buch einen gewissen Rechtfertigungsdruck und eine wenn auch verhalten geführte öffentliche Debatte zum Thema Heimerziehung aus - ein offenes Eingeständnis dieser Verbrechen unterblieb jedoch. Es wurde versucht, bekanntgewordene und schwer zu leugnende "Fälle" als Übergriffe zu verharmlosen, die durch Arbeitsüberlastung und Überforderung der Erzieher ausgelöst worden seien.

Michael-Peter Schiltsky, Geschäftsführer des Vereins ehemaliger Heimkinder e.V., der selbst mit nicht einmal zehn Jahren in ein Heim kam und dort fünf Jahre lang Gewalt und sexuellen Mißbrauch erdulden mußte, zieht das Fazit, daß nicht die Kinder und Jugendlichen verwahrlost waren, sondern die Gesellschaft, die all dies zuließ. Vor gar nicht langer Zeit mußte in Saarbrücken die christlich geführte Herz-Jesu-Schule geschlossen werden, nachdem öffentlich bekannt geworden war, daß dort keineswegs nur in Einzelfällen die Prügelstrafe angewandt wurde, und so kann bis heute nicht völlig ausgeschlossen werden, daß die Rechte von Heimkindern in Deutschland noch immer mit Füßen getreten werden.

Daß die florierende Zwangsarbeit - so zahlten Bauern an Heimträger drei D-Mark pro Kind und Stunde, von denen die Kinder nur 4 Pfennig pro Stunde bekamen - dennoch in der Mitte der siebziger Jahre ein Ende fand, könnte als Spätfolge der Studentenbewegung bezeichnet werden. So hatte die Konkret- Journalistin und spätere Mitbegründerin der Roten Armee Fraktion (RAF) Ulrike Meinhof starken Anteil daran, daß das Elend der Heimkinder und -jugendlichen nicht länger tabuisiert werden konnte, weil ihnen niemand glauben wollte, was ihnen in christlich geführten Heimen in Deutschland widerfahren war. Der Film "Bambule", für den Ulrike Meinhof das Drehbuch geschrieben hatte, trug 1969 ebenso zu der Heimkampagne bei wie das Engagement einiger Studenten wie beispielsweise der späteren RAF-Mitglieder Gudrun Ensslin und Andreas Baader, die die Heiminsassen dazu ermunterten, gegen das ihnen auferlegte Schicksal aufzubegehren.

Und so waren es gerade auch die Verzweiflungstaten der Heiminsassen, die Mitte der 70er Jahre dazu führten, daß das damals seit rund dreißig Jahren bestehende und inzwischen wieder zusammengeflickte Tabu der Fürsorgeerziehung gebrochen wurde. 1973 beispielsweise hatten zwei männliche Insassen die Moorkirche der im Dezember vergangenen Jahres von Wolfgang Rosenkötter vor dem Petitionsausschuß beschriebenen diakonischen Anstalt Freistatt niedergebrannt. Immer öfter war es in jenen Jahren zu Widerstandsaktionen der jungen Insassen gekommen, die von den Heimleitungen als "aufstandsartig" beschrieben wurden.

Noch einmal rund dreißig Jahre später und nachdem der Verein ehemaliger Heimkinder eine gewisse Öffentlichkeit hergestellt hatte, erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, "heilsame und entlastende Entschuldigungen" auf den Weg bringen zu wollen - "entlastend" wohl in erster und letzter Linie für die Kirche selbst... Da nun die Zeit des Totschweigens endgültig vorbei zu sein scheint, kam auch Karl Lehmann, der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, nicht umhin, die "Aufarbeitung der Geschehnisse, die in einigen Heimen schon begonnen hat, um wenigstens heute den Opfern gerecht zu werden zu versuchen" in Angriff zu nehmen. Von finanziellen Entschädigungen wie in Irland für die erlittenen Mißhandlungen, den sexuellen Mißbrauch sowie die Zwangsarbeit ist dabei nach wie vor nicht die Rede. Und so steht zu erwarten, daß die wenigen Worte, die von Verantwortlichen bislang in den Mund genommen wurden, nur dazu dienen sollen, die Opfer wieder mundtot zu machen.

Die Bundestagsfraktion der Grünen stellte am 27. April einen Antrag, demzufolge der Bundestag ausdrücklich feststellen solle, "daß Menschen bis in die Mitte der 70er Jahre durch Heimunterbringung systematisch Entwürdigung und Mißhandlung unterworfen waren". Selbst gemessen an den Maßstäben der 50er Jahre, so argumentierte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast, seien die Erziehungsmethoden "brutal und menschenrechtswidrig" gewesen. Die Grünen schlagen desweiteren eine vom Staat, den Kirchen sowie den Heimträgern finanzierte Bundesstiftung vor, die den ehemaligen Heimkindern Entschädigungen zahlen und gegebenenfalls Therapien finanzieren soll.

Bei diesen Geldern, sollten sie denn je fließen, kann es sich eigentlich nur um "Schweigegelder" handeln. Dem von Betroffenen nach 30 Jahren gegründeten Verein ist es immerhin gelungen, in wenn auch reduziertem Umfang eine Öffentlichkeit herzustellen. Die Grünen nehmen sich dieser Thematik nur im Nachvollzug an. Sie springen auf eine kleine Lokomotive auf, um den Zug zu übernehmen und auszubremsen, noch bevor dieser an den Grundfesten einer Republik mit demokratischem Anspruch rütteln bzw. diesen an der verschwiegenen Realität einer halben Million Menschen messen konnte. Dabei reichen die politischen Wurzeln der Grünen bis in die Studentenbewegung zurück, so daß gerade sie - wenn sie denn nur gewollt und es für politisch opportun gehalten hätten - in den zurückliegenden Jahrzehnten Zeit genug gehabt hätten, sich der vergessenen ehemaligen Heimkinder anzunehmen.

Daß die Grünen ebenfalls mindestens dreißig Jahre zu spät kommen, unterstreicht nur die Tatsache, daß ihre Motive allein dort zu verorten sind, wo es darum geht, dem Ansehensverlust, der der ambitionierten Weltmacht Deutschland aus ihrer eigenen, bis heute ignorierten Geschichte womöglich erwachsen könnte, vorzubeugen. Und dabei erweisen sich die Grünen einmal mehr als die Sachwalter einer Kriegs- und Repressionsideologie, die den vorgehaltenen Schutz der Menschenrechte sowie das Eintreten für die Belange Betroffener wie keine andere Partei zu instrumentalisieren versteht.

(*) Dietmar Krone, geboren 1954 in Remscheid, von März 1968 bis August 1973 im Erziehungsheim Süchteln. Dieses und das folgende Zitat wurden entnommen aus: "Dokumentiert. Ehemalige Heimkinder im Petitionsausschuß des Bundestages", junge Welt vom 4. Januar 2007.

3. Mai 2007