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NEUZEIT/181: Geburtsstunde des Faschismus (jW)


junge Welt - Die Tageszeitung - Ausgabe vom 23. März 2009

Geburtsstunde des Faschismus

Am 23. März 1919 gründete Benito Mussolini aus den »Aktionsbünden« die »Italienischen Kampfbünde«. Die Großindustriellen des Apennin hatten damit das seit Jahren gesuchte Instrument gegen sozialistische Einflüsse gefunden

Von Gerhard Feldbauer


In Deutschland verfügte der Imperialismus 1918 in Gestalt der zutiefst opportunistischen SPD-Führung über einen zuverlässigen Erfüllungsgehilfen, der die Novemberrevolution für ihn niederschlug. Der deutsche Umwälzungsversuch wirkte sich auch auf Italien aus: Er gab den bereits nach der Februarrevolution 1917 in Rußland ausgebrochenen revolutionären Kämpfen weiteren Auftrieb. Dem Beispiel des Spartakusbundes folgend, begannen die italienischen Linken mit Antonio Gramsci an der Spitze, die Bildung einer kommunistischen Partei vorzubereiten. Die Ereignisse in Deutschland wurden frühzeitig zum Gegenstand einer Analyse der reaktionärsten Kreise des italienischen Imperialismus, um Schlußfolgerungen für eine eigene Strategie zu ziehen.

Die 1892/93 entstandene einheitliche Italienische Sozialistische Partei (ISP) war Anfang des 20. Jahrhunderts mit rund 250.000 Mitgliedern drittstärkste Arbeiterpartei Europas. Ihr Parteiprogramm trug grundsätzlich marxistischen Charakter. Seine Schwäche - die Ausklammerung der politischen Machtergreifung und der Bündnisfrage - führte zur Herausbildung eines linken und eines reformistischen Flügels. Aufgrund seines ökonomischen Rückstands gelang es dem italienischen Imperialismus jedoch nicht, eine mit der deutschen vergleichbare Arbeiteraristokratie und auf dieser Basis eine parteibeherrschende opportunistische Führung hervorzubringen. Auf dem Parteitag 1912 setzten sich die Linken durch und schlossen die offenen Reformisten aus der Partei aus, was zur entscheidenden Grundlage dafür wurde, daß der in der II. Internationale herrschende Sozialchauvinismus bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges sich in der ISP nicht durchsetzen konnte.

Im Juni 1914 kam es zu machtvollen antimilitaristischen Arbeiteraktionen gegen den drohenden Kriegsausbruch. Der ISP-Vorstand und der Gewerkschaftsbund CGdL (Confederazione Generale del Lavoro) riefen zum Generalstreik auf. In Rom, Turin, Mailand, Genua, Florenz und Ancona kam es zu bewaffneten Erhebungen der Arbeiter und zu Barrikadenkämpfen. In den Regionen (Ländern) der Romagna und der Marken riefen die Aufständischen die Republik aus. Das Militär schlug die Aufstände blutig nieder.

Als Italien dann im Mai 1915 auf seiten der Entente in den Krieg eintrat, lehnten die italienischen Sozialisten als einzige westeuropäische Sektion der II. Internationale die Kriegskredite ab und bezogen Antikriegspositionen, die sie bis zum Ende des Krieges beibehielten. Das stellte, wie Lenin schrieb, »eine Ausnahme für die Epoche der II. Internationale« dar. Die »internationalistischen Sozialisten in Italien« ergriffen die von Lenin hoch gewürdigte Initiative zur Einberufung einer Konferenz aller Parteien und Arbeiterorganisationen, »die an den alten Grundsätzen der Internationale festhielten«. Das Ergebnis waren die Tagungen im September 1915 in Zimmerwald und im April 1916 in Kienthal. Die revolutionäre Linke grenzte sich entschieden von den Opportunisten ab, nach Lenin »eine der wichtigsten Tatsachen und einer der größten Erfolge der Konferenz«.(1)  

Am 16. Februar 1917 begrüßten streikende Arbeiter in der Fiat-Metropole Turin die Nachricht von der russischen Februarrevolution mit dem spontanen Ausruf »Fare come in Russia!« (Es wie in Rußland machen). Im August gipfelten die grassierenden Hungersnöte in Turin in einem fünftägigen Aufstand für die Beendigung des Krieges. Er wurde im Blut erstickt. Die mit Panzern und Artillerie vorgehende Soldateska metzelte 500 Arbeiter nieder.

Die Kriegsfolgen - 680.000 Tote, zirka eine Million Verwundete, eine halbe Million Invaliden und Kriegskosten von 148 Milliarden Lire, die dem Volk aufgebürdet wurden - und die heraufziehende Wirtschaftskrise mit maßlosen Teuerungen und mehr als einer halben Million Arbeitslosen führten zu machtvollen Arbeiterkämpfen. 1919 wurde - gesamtwirtschaftlich gerechnet - an 22,5 Millionen Arbeitstagen gestreikt, 1920 an 30 Millionen. Die ISP wuchs auf 300.000 Mitglieder an, die CGdL auf 2,2 Millionen. Im März 1919 errangen die Gewerkschaften die allgemeine Anerkennung des Acht-Stunden-Arbeitstages.

Die ISP-Führung befürwortete mehrheitlich die russische Oktoberrevolution und beschloß, der Kommunistischen Internationale beizutreten. Die Arbeiteraktionen nahmen revolutionären Charakter an. Millionen streikten nicht mehr nur, um ihre materielle Lage zu verbessern, sondern für den Sturz der kapitalistischen Ordnung. In Norditalien besetzten die Arbeiter alle großen Betriebe, wählten Fabrikräte, übernahmen die Leitung der Produktion (die sie trotz Sabotage des größten Teils des technischen Personals zu 70 Prozent aufrechterhielten) und bildeten bewaffnete Rote Garden zur Verteidigung der Betriebsstätten. Im Süden besetzten die Bauern massenweise Ländereien der Großgrundbesitzer. Die Regierung mußte dieses Vorgehen durch Dekret legalisieren.


Präventive Konterrevolution

Noch bevor die revolutionären Kämpfe 1920 ihren Höhepunkt erreichten, erkannten die reaktionärsten Kapitalkreise die Gefahr und entwickelten die Strategie eines konterrevolutionären Präventivschlags. Ihr führender Mann wurde der ehemalige ISP-Funktionär Benito Mussolini, der ihnen bereits 1915 den Weg zum Kriegseintritt geebnet hatte. Da dem italienischen Imperialismus schon damals eine auf chauvinistischen Positionen stehende sozialdemokratische Partei fehlte, wurde eine im Januar 1915 von Mussolini gegründete, demagogisch Fasci d'Azione Rivoluzionario (Revolutionäre Aktionsbünde) genannte Organisation zum Stoßtrupp der Kriegstreiber. Ihre Mitglieder nannten sich Fascisti (Faschisten). Die Aktionsbünde waren faktisch der Vorläufer der faschistischen Bewegung. Damit wird am Beispiel Italiens besonders deutlich, daß die Wurzeln des Faschismus bereits im Ersten Weltkrieg liegen und sein Machtantritt nicht durch die spätere »bolschewistische Gefahr« provoziert wurde.(2)  

In der Fasci-Zeitung Popolo d'Italia hetzte Mussolini: Die Abgeordneten, die gegen den Kriegseintritt seien - das waren vor allem die Sozialisten - »sollten vor ein Kriegsgericht gestellt werden«. Für »das Heil Italiens« seien, wenn notwendig, »einige Dutzend Abgeordnete zu erschießen«, andere »ins Zuchthaus zu stecken«. Beim Popolo d'Italia handelte es sich um ein von führenden Kreisen der Rüstungsindustrie (Ettore Conti, Elektrik; Guido Donegani, Chemie; Giovanni Agnelli, Fahrzeuge/Rüstung; Alberto Pirelli, Reifen/Gummi) finanziertes Kampfblatt, das in offenem Chauvinismus deren Kriegsinteressen vertrat. Dieselben Konzerne gehörten nach Kriegsende zu den Förderern der faschistischen Bewegung, die Mussolinis »Marsch auf Rom« finanzierten.

Am 23. März 1919 berief Mussolini eine Landeskonferenz seiner Aktionsbünde nach Mailand ein. Die Unternehmer stellten ihm als Tagungsort das Gebäude ihrer Industrie- und Handelskammer an der Piazza San Sepolcro zur Verfügung. Auf dem Kongreß taufte Mussolini seine Aktionsbünde, um den Gewalt- und Kampfbegriff besonders hervorzuheben, auf Fasci Italiani di Combattimento (Italienische Kampfbünde, von »fascio« = Bündel). 1920 etwa 30.000 Mann zählend, stieg die Zahl der in Kampfbünde Eintretenden binnen zwei Jahren auf 320.000 eingeschriebene Mitglieder an, die in 2.200 Fasci organisiert waren. Nach dem Fasci-Kongreß bildete Mussolini zielgerichtet Squadre d'Azione (Sturmabteilungen)(3) als Terrororganisation gegen die Arbeiterbewegung und ihre Parteien. Aus den Kampfbünden entstand im November 1921 in Rom die faschistische Partei (Partito Nazionale Fascista). Wie die Mitglieder der Fasci nannten sich auch die des PNF Fascisti, und die Bewegung bezeichnete sich als Fascismo. So wurde in Italien der Begriff des Faschismus geboren.

Mit dieser Namensgebung griff Mussolini auf zwei politisch entgegengesetzte, in der Geschichte wurzelnde Symbole zurück. Einmal auf die Fasces, jene lederumschnürten Rutenbündel der altrömischen Liktoren, aus denen ein Beil hervorragte und die den Konsuln als Zeichen der Gewalt über Leben und Tod vorangetragen wurden. Mit den Fasces wollte Mussolini sich als Nachkommen des großen römischen Reiches und seiner Cäsaren feiern lassen.

Gegenüber den Arbeitern und Bauern wurden zunächst die Traditionen der Unterdrückten herausgestellt, die ihre Organisationen in den Kämpfen des 18. und 19. Jahrhunderts Fasci genannt hatten. Auch bei der Farbe der Uniformhemden griff Mussolini auf Traditionen aus der Arbeiterbewegung, vor allem des Südens, zurück, wo sowohl die Bergarbeiter als auch die Anarchisten schwarze Hemden trugen. Auf die Anrede Compagno (Genosse), die ihm zunächst auch vorschwebte, verzichtete er dagegen und wählte das aus der Armee übliche Camerata (Kamerad). Mussolini trat an die Spitze der faschistischen Partei, ließ sich seitdem »Duce del Fascismo« nennen und mit dem römischen Gruß, dem erhobenen rechten Arm, grüßen. Die Sturmabteilungen wurden in den PNF eingegliedert, und alle Parteimitglieder verpflichtet, ihnen beizutreten. Angelo Tasca(4) gab folgende soziale Schichtung des PNF an: 18.084 Grundbesitzer, 13.878 Kaufleute, 4.269 Industrielle, 9.981 Freiberufler, 7.209 Staatsbeamte, 14.988 Privatangestellte, 1.680 Lehrer, 19.783 Studenten, 36.847 Landarbeiter und Bauern, 23.418 Industriearbeiter, vor allem aus Staatsbetrieben.(5) Daran wurde deutlich, daß in Gestalt des PNF eine imperialistische Massenpartei entstand, deren Gefolgschaft überwiegend aus bürgerlichen und kleinbürgerlichen Schichten, aber auch einem beachtlichen Anteil von Arbeitern, Landarbeitern und Bauern bestand. 1924 zählte sie fast 800.000 eingeschriebene Mitglieder. Sie erhob den Anspruch, Regierungspartei zu werden; es zeichnete sich ab, daß sie sich dabei nicht auf legale Mittel beschränken würde.


Demagogie und Terror

In seiner Charakterisierung des Faschismus stellte IKP-Gründungsmitglied Palmiro Togliatti zwei Merkmale heraus: Die hemmungslose soziale Demagogie und den blutigen Terror zur Zerschlagung nicht nur der revolutionären Arbeiterbewegung, sondern auch zur Ausschaltung aller politischen Gegner.(6) Die Sturmabteilungen überfielen Arbeiterviertel, steckten Versammlungsräume der Sozialisten, der Gewerkschaften und Genossenschaften in Brand, mißhandelten Funktionäre auf offener Straße und in ihren Wohnungen, erschlugen sie auf den Feldern und stellten ihre Leichen in den Städten zur Schau. In Mailand und zahlreichen weiteren Städten zwangen sie linke Verwaltungen mit bewaffneter Gewalt zum Rücktritt. Die Präfekten sahen den Ausschreitungen meist tatenlos zu, oft machten die Ordnungskräfte mit den Faschisten gemeinsame Sache.

Am 23. Juli 1921 enthüllte Gramsci in der Zeitschrift L'Ordine Nuovo (7) daß 1920 2.500 Italiener (Männer, Frauen, Kinder und Greise) unter den Kugeln der Faschisten und der öffentlichen Sicherheitskräfte auf Straßen und Plätzen den Tod fanden, im ersten Halbjahr 1921 ungefähr 1.500 Menschen. 20.000 Bewohner der Städte wurden ausgewiesen oder durch Drohungen zur Flucht gezwungen. In der Emilia, der Romagna, der Toskana, in Umbrien, dem Veneto terrorisierten die Sturmabteilungen Millionen Menschen.

Im ersten Halbjahr 1921 wurden nach unvollständigen Angaben Tascas zerstört: 726 proletarische Einrichtungen, darunter 17 Zeitungsredaktionen und Druckereien, 59 Volksheime, 119 Gewerkschaftszentralen, 107 Genossenschaften, 83 Bauernligen, 141 Lokale der Sozialisten und Kommunisten, 100 Kulturheime, zehn Volksbibliotheken und -theater, 53 Arbeiter- und Erholungsheime.(8)   

Diesen blutigen Terror versuchte Mussolini sozialdemagogisch zu tarnen und die revolutionären Sozialisten mit ultrarevolutionären Phrasen zu überbieten. Die Faschisten führten eigene Fabrikbesetzungen durch, übernahmen die Losung der Bildung von Fabrikräten, kritisierten die reformistischen ISP-Führer wegen »Zurückweichens vor der Revolution«, verlangten die teilweise »Enteignung allen Reichtums«, die »Nationalisierung aller Rüstungsbetriebe«, die »Beschlagnahme von 85 Prozent der Kriegsprofite«. Mit dem Verlangen nach Arbeitsplätzen gelang es ihnen, Zehntausende Arbeitslose zu gewinnen. Im Popolo d'Italia propagierte Mussolini »Tod den Ausbeutern«, mit den Spekulanten »Schluß zu machen« und verlangte: »Entweder werden die Besitzenden enteignet oder wir setzen die Kriegsteilnehmer ein, um dieses Hindernis niederzureißen.«(9)  

Seine mehrjährige Karriere in der ISP, in der er eine herausragende Führungsrolle gespielt hatte, verlieh der pseudorevolutionären sozialistischen Tarnung Mussolinis einen glaubhaften Anschein und verschaffte seiner Bewegung frühzeitig eine Massenbasis auch innerhalb der Arbeiterklasse. Noch nach seinem Ausschluß aus der ISP 1914 wurde dem »lieben Genossen Mussolini« bescheinigt, »in hohem Maße« zur »prächtigen Entwicklung der Partei beigetragen« zu haben.(10) Dies nicht zuletzt dadurch, daß der »Duce« in sozialrevolutionäre Phrasen verpackte reformistische Forderungen stellte, die vielen Arbeitern nicht unbekannt waren und so auf fruchtbaren Boden fielen.


Die Gefahr nicht erkannt

So wurde von nicht wenigen, auch revolutionären Sozialisten, nach 1919 nicht erkannt, daß mit der Fasci-Bewegung eine neue und auf offene terroristische Gewalt setzende Interessenorganisation führender imperialistischer Kreise auf den Plan trat. Viele hielten den »Duce« noch für einen Sozialisten, der eine neue sozialrevolutionäre Organisation gründete. Dem diente auch das 1919 auf dem Fasci-Kongreß in Mailand angenommene »Programm von San Sepolcro«,(11) das durchweg bürgerlich-demokratische Forderungen der Sozialisten übernahm, die mit nationalistischen Phrasen untersetzt wurden. Es verlangte den Achtstundentag, ein Verbot der Kinderarbeit unter 16 Jahren, eine Besitzsteuer für Kriegsgewinne, Mitbestimmungsrechte für die Arbeiter, Beteiligung am Gewinn, das Wahlrecht für Frauen, die Beseitigung der Monarchie.

Selbst die im Januar 1921 gegründete IKP erkannte den faschistischen Charakter der Bewegung Mussolinis und später seiner Regierung zunächst nicht und hielt sie für eine zwar mit verschärften Repressionsmethoden gegen die Arbeiterbewegung vorgehende, aber herkömmliche bürgerliche Erscheinung, »ein internes Phänomen der bürgerlichen Führungsklasse«.(12) Allein Parteimitbegründer Gramsci erkannte im Faschismus eine »degenerierte Kraft der Bourgeoisie«, eine »bewaffnete Garantie des Klassenstaates«. Frühzeitig warnte er vor einem »Staatsstreich der Faschisten«.

Dieser wurde am 22. Oktober 1922 in Neapel vom faschistischen Parteikongreß mit dem »Marsch auf Rom« beschlossen (siehe jW-Geschichte vom 27.10.2007). Mussolini traf danach in Mailand mit einer Abordnung des Industriellenverbandes, die der Gummikönig Pirelli anführte, zu letzten Absprachen zusammen. Der »Duce« versicherte den Herren noch einmal, daß seine antikapitalistischen Forderungen nicht ernst zu nehmen und die Sicherung der Interessen der Wirtschaft und die »Wiederherstellung der Arbeitsdisziplin in den Betrieben« für ihn oberstes Anliegen seien. Pirelli war beeindruckt. »Welch ein Mann, dieser Mussolini, mit dem man sich so sachkundig über derartige Fragen unterhalten kann.(13) Nachdem der »Duce« die Zusicherung erhalten hatte, daß der König ihn mit der Regierungsbildung beauftragen werde, befahl er den Abmarsch von 40.000 SA-Männern nach Rom. Während die Sturmabteilungen grölend durch die Straßen der Hauptstadt zogen, plündernd und mordend das Arbeiterviertel San Lorenzo heimsuchten, empfing König Vittorio Emanuele III. am 30. Oktober den »Duce del Fascismo« und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung. Er übergab die Exekutive einer Partei, die im Parlament von 508 Sitzen nur 36 belegte. Am nächsten Tag legitimierten Nationalisten, Liberale und die katholische Volkspartei mit ihrem Eintritt in die Regierung den Putsch. Die Machtübergabe an Mussolini zeigte, daß die maßgeblichen Kreise des Kapitals und der Großagrarier, des Generalstabs und des Königshauses, unterstützt vom Vatikan, nur noch im Faschismus den Garanten ihrer Herrschaft sahen. Angesichts des wachsenden Einflusses der neu gegründeten Kommunistischen Partei und von Anzeichen des Zusammengehens der Sozialisten mit dieser waren sie sich nicht mehr sicher, die Macht unter einer herkömmlichen bürgerlichen Regierung behaupten zu können.


Anmerkungen:

(1) Lenin, Werke, Berlin/DDR, Bd. 21, S. 100, 369, 396

(2) So bezeichnete die Londoner Times den »Marsch auf Rom« als »Reaktion gegen den Bolschewismus«. Die Daily Mail widmete dem faschistischen Putsch eine ganze Artikelserie und feierte den »Duce« als »Cromwellsche Persönlichkeit«

(3) Hitler übernahm später diesen Namen wortwörtlich zur Bezeichnung seiner SA, wie auch den Führertitel, den römischen Gruß und die meisten der Organisationsstrukturen zum Aufbau seiner Partei und Bewegung

(4) Tasca bereitete mit Gramsci und Togliatti 1919/20 die Gründung der IKP vor. 1922 Delegierter des IV. Kongresses der Kommunistischen Internationalen (KI) und dort in das Sekretariat der Internationale berufen, danach Mitglied des Sekretariats des ZK der IKP. 1929 mit Begründung der Fraktionsbildung (Tasca-Gruppe) und als Anhänger Nikolai Bucharins aus der IKP ausgeschlossen. Befaßte sich danach in Frankreich mit Faschismusforschung und schrieb das bedeutende Werk »Aufstieg des Faschismus in Italien«. Er blieb, wie Ignazio Silone im Vorwort dazu schrieb, »ein Sozialist der alten Garde« und hat sich nie zu Denunziationen gegenüber der IKP oder der kommunistischen Bewegung hergegeben

(5) Angelo Tasca, Glauben, Gehorchen, Kämpfen. Der Aufstieg des Faschismus in Italien, Wien 1991 (Promedia Verlag), S. 195

(6) Palmiro Togliatti, Lektionen über den Faschismus. Frankfurt/Main 1973, S. 22 ff.

(7) Gramsci gründete im Mai 1919 die »Neue Ordnung« als Organ der revolutionären Linken

(8) Tasca, a.a.O., S. 439

(9) Georg Scheuer, Genosse Mussolini, Wien 1985, S. 65 ff.

(10) Ebd., S. 25. ff.

(11) Nach dem Tagungsort im Gebäude des Industrie- und Handelsverbandes auf der Piazza San Sepolcro in Mailand benannt.

(12) Togliatti, Reden und Schriften, Frankfurt/Main 1967, S. 191

(13) Zitiert nach Die Welt vom 25. November 1975


Von Gerhard Feldbauer erschien im letzten Jahr das Buch »Geschichte Italiens. Vom Risorgimento bis heute«, PapyRossa Verlag, Köln, 360 S., brosch., 19,90 Euro. Er veranstaltet Ende Mai in der Toscana einen Workshop zur Geschichte Italiens (www.amiata.de).


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Quelle:
junge Welt vom 23.03.2009
mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2009