Universität Basel - 21.01.2016
Neolithisches Grossgrab in Spanien erstmals umfassend ausgewertet: Im Leben und im Tod vereint
Die Menschen der Jungsteinzeit vor rund 6000 Jahren waren im Leben und Tod eng miteinander verbunden. Darauf weist eine detaillierte anthropologische Studie eines Kollektivgrabs mit rund 50 Toten bei Burgos in Nordspanien hin, welche die Lebensweise des Orts erstmals mit modernen Methoden untersuchte. Die in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlichten Forschungen wurden von Anthropologen der Universität Basel und Archäologen der Universität Valladolid geleitet.
Kollektivgrab als Steinbau: Rekonstruktion des Grabes durch die
Archäologen
Grafik: © Héctor Arcusa Magallón
Die Kollektivgräber der Jungsteinzeit waren meist Steinbauten, deren
Inneres Raum für viele Verstorbene einer Gemeinschaft bot - so auch das
Grosssteingrab in Alto de Reinoso bei Burgos. Nach der Datierung anhand
von Radiokarbondaten wurde das Grab über rund drei bis vier Generationen
zwischen 3700 und 3600 v. Chr. genutzt. Bei den Toten handelte es sich um
mindestens 47 Individuen. «Während die untere Schicht relativ gut erhalten
war, wurden in höheren Schichten zahlreiche Störungen beobachtet: so etwa
zahlreiche fehlende Schädel, was mit einem ausgeprägten Ahnenkult
zusammenhängen könnte», berichtet Prof. Manuel Rojo Guerra, Professor in
Valladolid, Spanien.
Um die Lebensweise der neolithischen Gemeinschaft zu erschliessen, konnten die Archäologen individuelle Daten wie Alter, Geschlecht, Körperhöhe, Krankheiten, Stressmarker und Gewaltfolgen mit modernen Methoden erfassen. Diese Angaben wurden ergänzt durch Daten zu Ernährung, Herkunft und Mobilität sowie Verwandtschaftsverhältnissen. «Damit ist dies die erste Studie, die ein eingehendes Bild davon gibt, wie die Menschen dieser neolithischen Gemeinschaft in Leben und Tod miteinander verbunden waren», sagt Erstautor Prof. Kurt W. Alt, Gastprofessor an der Universität Basel.
Knapp die Hälfte der Toten im Grab waren Erwachsene, die andere Hälfte Kinder und Jugendliche. Die durchschnittliche Körperhöhe betrug 159 ± 2 cm für Männer und 150 ± 2 cm für Frauen. Die Erwachsenen zeigen Stressmarker und unterschiedliche Stadien von degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule und der Gelenke, verheilte Frakturen, Schädelverletzungen und Zahnerkrankungen wie Karies.
Die molekulargenetischen Untersuchungen zeigen zudem verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Individuen der Gruppe vor allem in der mütterlichen Linie. Darüber hinaus ist für einige Fälle belegt, dass zwischen Toten, die nahe beieinander bestattet waren, eine engere genetische Verwandtschaft bestand. Ausser drei Individuen sind die Verstorbenen in der näheren Umgebung des Kollektivgrabs aufgewachsen. Die Rekonstruktion der Ernährung zeigten die einheitliche Struktur der bäuerlichen Gemeinschaft: Grundnahrungsmittel für alle waren Getreide (Weizen und Gerste) und tierische Proteine (besonders von Schaf, Ziege und Schwein).
Originalbeitrag
Kurt W. Alt et al.
A community in life and death: the Late Neolithic megalithic tomb at Alto
de Reinoso (Burgos, Spain)
PLOS One Published: January 20, 2016
DOI: 10.1371/journal.pone.0146176
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution74
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Basel, lic. phil. Christoph Dieffenbacher, 21.01.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2016
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