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BUCHTIP/014: Warum die Geisteswissenschaften Zukunft haben! (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 28.12.2007

"Das Gedächtnis einer Gesellschaft"

Aufsatzsammlung zum "Jahr der Geisteswissenschaften" mit Texten von Wissenschaftlern der Universität Jena


Jena (28.12.07) Das "Jahr der Geisteswissenschaften" neigt sich seinem Ende entgegen. Aber rechtzeitig erschienen ist im Herder Verlag in Freiburg der Band "Warum die Geisteswissenschaften Zukunft haben", herausgegeben von Jörg-Dieter Gauger und Günther Rüther. Das lesenswerte Buch enthält über 25 Aufsätze, die vielfältige Facetten geisteswissenschaftlicher Disziplinen beleuchten. Darunter sind zwei Beiträge von Wissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Prof. Dr. Dr. Olaf Breidbach fragt: "Brauchen die Naturwissenschaften die Geisteswissenschaften?" und Prof. Dr. Nikolaus Knoepffler beleuchtet "Die Perspektive der Angewandten Ethik".

Olaf Breidbach, Wissenschaftshistoriker und Direktor des Ernst-Haeckel-Hauses, hält es für falsch, die Naturwissenschaften aus unserer Kultur und Wissensgeschichte herauszunehmen. Auch die naturwissenschaftliche Objektivität werde nicht einfach gefunden, sondern konstruiert: Ein Foto der Welt muss ich betrachten, um es zu verstehen, es redet nicht aus sich selbst. Das erklärten gerade auch die objektivierenden Neurowissenschaften, die uns zeigen, dass die physiologisch zu registrierenden Erregungsschwankungen, die wir im Kopf haben, erst zu Bildern gemacht werden müssen. In diesen von uns gemachten Bildern betrachten wir die Welt. Das Subjekt stehe somit auch für die Naturwissenschaften vor dem Objekt. "Innovativ wird die Wissenschaft, die an dieser Situation nicht vorbei sieht, sondern sie nutzt, um neue Ideen zu finden", sagt Breidbach.

Nikolaus Knoepffler, der den Lehrstuhl für Angewandte Ethik innehat, bezeichnet die Geisteswissenschaften als "das Gedächtnis einer Gesellschaft", schließlich haben die meisten von ihnen eine geschichtliche Dimension. Anders als im Museum werden diese geistigen Güter nicht lediglich aufbewahrt, sondern immer wieder auf ihren Gehalt hin untersucht. Das gelte natürlich auch für die Angewandte Ethik, eine junge akademische Disziplin. Knoepffler zeigt in seinem Beitrag die Symbiose zwischen Ethik und Naturwissenschaften auf. Demnach bleiben Lösungsvorschläge der Angewandten Ethik für konkrete ethisch relevante Konfliktfälle "leer", wenn sie nicht im Dialog mit den Naturwissenschaften entstehen. Umgekehrt können die Naturwissenschaften nur "blinde" Antworten in diesen Fällen liefern, wenn sie nicht in den Dialog mit der Angewandten Ethik treten. Knoepffler kommt zu dem Schluss: "Die Zukunft der Geisteswissenschaften liegt deshalb einerseits in der immer neuen Fruchtbarmachung des in der Vergangenheit gewonnenen Erfahrungswissens, andererseits in ihrer Aufgabe, am geistigen Rüstzeug mitzuwirken, um die Zukunft zu bestehen."

Die Aufsätze der zwei Jenaer Wissenschaftler reihen sich ein in die Argumentation aller Autoren des Bandes, deren Beiträge "Munition" liefern zur Verteidigung der Geisteswissenschaften, die sich dem Primat der Naturwissenschaften ausgesetzt sehen.

Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. (Hg.):
Warum die Geisteswissenschaften Zukunft haben!
Ein Beitrag zum Wissenschaftsjahr 2007
Sankt Augustin 2007, Herder Verlag, Preis: 19,90 Euro
ISBN 978-3-451-29822-6

Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, 28.12.2007
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Dezember 2007