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BERICHT/056: "Männer synchronisieren sich mehr als Frauen" (Bremer Uni-Schlüssel)


Bremer Uni-Schlüssel - Nr. 103, Oktober 2008
Die interne Zeitung der Universität Bremen

"Männer synchronisieren sich mehr als Frauen"


Ende August fand beim ViertelFest ein ungewöhnlicher Versuch über die Selbstorganisation riesiger "Menschenschwärme" statt - auf Initiative von Uni-Mathematiker Ulrich Krause.


BREMER UNI-SCHLÜSSEL: Herr Krause, was hat ein wissenschaftliches Experiment bei einem Stadtteilfest mit Alkohol und lauter Musik zu suchen?

Ulrich Krause: Die Organisatoren des ViertelFestes wollten mal etwas Anspruchsvolleres machen. Das traf sich mit Ideen, die unser siebenköpfiges Mathe-Team für das Jahr der Mathematik 2008 entwickelt hatte.

BREMER UNI-SCHLÜSSEL: Um welche Fragestellung ging es bei den Knackexperimenten?

ULRICH KRAUSE: Im Rahmen meiner Veranstaltung "Vom mathematischen Denken" hatten wir uns mit der Konsensbildung und Synchronisation in Schwärmen befasst. Von Organisatoren und Künstlern wurde vorgeschlagen, solche Phänomene einmal live in einem Großversuch zu testen, indem die Teilnehmer über das Knacken mit kleinen Blechinsekten miteinander kommunizieren.

BREMER UNI-SCHLÜSSEL: Können Sie den Begriff Schwarmintelligenz erklären?

ULRICH KRAUSE: Es handelt sich dabei um eine Metapher, die für die Selbstkoordination in einem Schwarm steht. So etwa, wenn am Abendhimmel sich tausende von Vögeln auf verblüffende Weise gemeinsam als Schwarm bewegen. Der Ausdruck "Schwarmintelligenz" wurde Ende der 80er Jahre im Gebiet der Robotik geprägt.

BREMER UNI-SCHLÜSSEL: Waren Sie mit der Beteiligung an den Experimenten zufrieden?

ULRICH KRAUSE: Da es mit Beginn des Festes 36 Stunden ununterbrochen regnete, war die Beteiligung zunächst nicht wie erwartet. Doch dann gab es eine große und überschwängliche Teilnahme, die auch zu der erwarteten Synchronisation führte.

BREMER UNI-SCHLÜSSEL: Welche Schlüsse erlauben die Ergebnisse der Knackophonie?

ULRICH KRAUSE: Die Synchronisation konnte man nicht nur hören, sondern sie wurde auch gemessen und anschließend am Computer mittels eines vom Mathe-Team entwickelten Maßes analysiert. Die Ergebnisse wurden für das Publikum per PowerPoint auf der Bühne projiziert, mit Kommentaren und Schlussfolgerungen von uns. Zum Beispiel synchronisieren sich Männer untereinander sehr viel stärker als Frauen. Über die Gründe darf spekuliert werden.

BREMER UNI-SCHLÜSSEL: Sind Sie durch das Experiment in ihrer Arbeit an mathematischen Modellen zum Beispiel für die Entwicklung von Meinungsdynamik vorangekommen?

ULRICH KRAUSE: Das war nicht unser Ziel. Schließlich fand das Experiment nicht in einem Labor statt, sondern auf einem Volksfest, wo die Leute auch ihren Spaß haben sollten. Unser Ziel war es, im Jahr der Mathematik einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, die weit verbreitete Angst vor der Mathematik etwas abzubauen und die Freude an ihr etwas zu fördern. Für mich war es ein besonderes Erlebnis zu sehen, wie die Mathe-Studenten in unserem Team über sich hinauswuchsen und vor großem Publikum ihre Ideen vortrugen, einschließlich der Vorführung einer Computersimulation in der Kunsthalle.
(SC)

Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
zu diesem Versuch siehe auch
www.schattenblick.de -> Infopool -> Geisteswissenschaften -> Fakten
NEWS/154: Mathe-Großversuch - Wie viel Hering steckt im Menschen? (Uni Bremen)


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Quelle:
Bremer Uni-Schlüssel Nr. 103, Oktober 2008, S. 5
Herausgegeben im Auftrag des Rektors von der
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2008