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AUSSENHANDEL/201: Überseeterritorien wollen Beziehungen zu EU neu definieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. März 2011

Entwicklung: Überseeterritorien wollen Beziehungen zu EU neu definieren

Von Peter Richards


Port of Spain, Trinidad, 30. März (IPS) - Der frisch gewählte Vorsitzende der Vereinigung der überseeischen Länder und Territorien (OCTA), Montserrat-Chefminister Reuben Meade, will die Beziehungen zwischen Europa und seinen Kolonien auf eine neue Basis stellen. So soll der Schwerpunkt der Zusammenarbeit künftig auf Handel liegen.

Derzeit laufen die Hilfsprogramme des neunten Europäischen Entwicklungsfonds (EDF) aus. Meade will dafür sorgen, dass die 17 OCTA-Mitglieder einen möglichst großen Nutzen erzielen, wenn EDF-10 an Fahrt aufnimmt. So soll der Zugriff auf die bereitgestellten EU-Gelder erleichtert und der Zugang zu den europäischen Märkten verbessert werden.

"Die europäischen Auflagen für die Inanspruchnahme finanzieller Mittel sind sehr streng", erklärte Meade gegenüber IPS. "So kann es Jahre dauern, bis wir die Gelder erhalten." Deshalb ist es ein Anliegen des neuen OCTA-Vorsitzenden, im Sinne der sozioökonomischen Entwicklung der Überseegebiete für eine raschere Auszahlung der EU-Gelder zu sorgen.


"Fokus auf Handelsbeziehungen"

Doch vor allem will Meade seinen einjährigen Vorsitz dazu nutzen, um für die OCT bessere Handelsbedingungen auszuhandeln. "Im Grunde wollen wir den Fokus mehr auf Handelsbeziehungen als auf Hilfe legen", betonte er.

Bei den OCTA-Mitgliedern handelt es sich vorwiegend um britische, französische, niederländische und dänische Territorien. Sie liegen in der Karibik (Anguilla, Aruba, Britische Jungferninseln, Cayman-Inseln, Montserrat, Niederländische Antillen und Turks- und Kaikos-Inseln), im Indischen Ozean (Mayotte und Französische Süd- und Antarktisgebiete) sowie im Pazifischen Ozean (Neukaledonien, Pitcairn, Französisch-Polynesien sowie Wallis und Futuna). Hinzu kommen die sogenannten isolierten Überseegebiete Falkland, Grönland, Saint Pierre und Miquelon sowie Saint Helena.

Dem OCTA-Vorsitzenden zufolge gibt es noch viele Stolpersteine, die einer zügigen Auszahlung der EU-Gelder im Wege stehen. Das gilt auch für die 15,7 Millionen Euro, die die EU Montserrat im Rahmen von EDF-10 für den Bau eines neuen Hafens zugesagt hat.

Jedes Jahr treffen sich Minister und andere Vertreter der überseeischen Länder und Territorien (OCTs) mit EU-Delegierten, um sich auf einen Strategieplan festzulegen. Die diesjährige Zusammenkunft fand Anfang März in Neu-Kaledonien statt, einem französischen Überseegebiet im Südwestpazifik. Die große Entfernung zu Europa hat Meade zufolge wichtige EU-Vertreter von der Teilnahme an der Konferenz abgehalten. Aus diesem Grund werde darüber nachgedacht, die Jahrestreffen künftig nach Brüssel zu verlegen.

Dort werden die überseeischen Länder und Territorien am 12. April einen 'offenen Tag' veranstalten. Er soll den europäischen Parlamentariern und anderen EU-Akteuren Gelegenheit geben, sich über die Bedürfnisse und Herausforderungen der OCTs zu informieren.

OCTA, eine 2002 gegründete Non-Profit-Organisation, hat Strategievorschläge ihrer Mitglieder in ein gemeinsames Positionspapier einfließen lassen. Diese Vorschläge werden Eingang in ein neues Handelsabkommen mit der EU, der 'Overseas Association Decision' (OAD) finden. Das derzeitige OAD, das den Überseegebieten einen freien Zugang zum EU-Markt einräumt, läuft 2013 ab.

Nach den Vorstellungen Großbritanniens soll das neue OAD flexibel genug sein, um die Interessen sowohl der größeren und wohlhabenden als auch der kleineren Territorien zu berücksichtigen, die vielleicht Jahre lang auf Entwicklungshilfe angewiesen sein könnten.

Dem Montserrat-Chefminister zufolge stehen den OCTs schwierige Zeiten gegenüber. "Wir haben mit den Nachwirkungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise, den Einkommenseinbrüchen unserer Bürger, Umweltkatastrophen und einem steigenden Ressourcenbedarf zu kämpfen", sagte er.


Ehrgeizige EU-Ziele

Die OCTs setzen ihre Hoffnungen nun auf die EU-Ziele zur Armutsbekämpfung bis 2020. Sie sehen vor, eine 75-prozentige Beschäftigung in der Altersgruppe der 20- bis 64-jährigen Einwohner der Überseeterritorien zu erwirken, drei Prozent des EU-Bruttoinlandsproduktes in die dortige Forschung, Entwicklung, Innovation zu investieren und die Treibhausgasemissionen der OCTs um 20 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken.

Ferner sollen die Überseeländer und -territorien ein Fünftel ihrer Energie aus erneuerbaren Quellen beziehen und ihre Energieeffizienz um 20 Prozent steigern. Darüber hinaus ist vorgesehen, die Zahl der Schulabbrecher auf unter zehn Prozent zu drücken und 40 Prozent aller 30- bis 34-Jährigen einen Hochschulabschluss zu ermöglichen. Ferner sollen 20 Millionen weniger Menschen dem Risiko der Armut und sozialen Ausgrenzung ausgeliefert sein. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.octassociation.org/public.asp?id=8&lid=en&domain=index
http://europa.eu/legislation_summaries/development/overseas_countries_territories/r12102_en.htm
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55041

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2011