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AGRAR/1503: Göttinger Agrarwissenschaftler kritisieren Neuordnung der EU-Agrarreform (idw)


Georg-August-Universität Göttingen - 04.07.2012

Göttinger Agrarwissenschaftler kritisieren Neuordnung der EU-Agrarreform

Forscher empfehlen eine effiziente Agrarpolitik über die aktuelle Reform hinaus



Die EU-Mitgliedsländer diskutieren derzeit über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Dabei geht es um ein Budget von jährlich 53 Milliarden Euro, das die EU an die Landwirte ausschüttet. Agrarökonomen und -ökologen der Universität Göttingen kritisieren erneut die Grundausrichtung der Agrarpolitik, die weiterhin auf dem System der Direktzahlungen basiert. Demnach erhält jeder Landwirt in Deutschland ab 2013 Zahlungen in Höhe von 350 Euro pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche. Die fünf Göttinger Experten präsentierten ihre fachliche Position in Berlin beim Bundestagsausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Im Zuge der GAP-Reform sollen die Direktzahlungen durch das sogenannte Greening umweltfreundlicher gestaltet werden. Das Greening-Konzept beinhaltet folgende Forderungen der Europäischen Kommission an die Landwirte: Dauergrünland wie Wiesen und Weiden sollen erhalten bleiben, jeder Landwirt muss eine Mindestanzahl an Feldfrüchten anbauen und sieben Prozent der Betriebsfläche müssen für Naturschutzmaßnahmen bereitstehen. Solche Maßnahmen können das Anpflanzen oder der Erhalt von Hecken oder das Ausweisen von Flächen, zum Beispiel für Blühstreifen, sein. Wer die Vorgaben nicht einhält, dem sollen die EU-Gelder gekürzt werden.

"Eine stärkere Umweltorientierung der GAP ist inhaltlich sinnvoll und dringend notwendig", sagt der Göttinger Agrarökonom Dr. Sebastian Lakner. Allerdings erwartet er, dass das Konzept des Greenings im Zuge der Verhandlungen aufgeweicht wird. "Aufgrund der unterschiedlichen naturräumlichen Bedingungen sowie der unterschiedlichen betrieblichen Schwerpunkte in den EU-Ländern ist das Konzept kaum einheitlich umsetzbar", so Dr. Lakner. Deshalb sollten Umweltmaßnahmen definiert werden, die spezifisch auf Länder und Regionen zugeschnitten sind. Auf diese Weise könnten die Gelder spezifisch und damit effizient eingesetzt werden. Die wissenschaftlichen Analysen wurden von den Ausschussmitgliedern aufgegriffen und flossen in die anschließende Diskussion ein.

Darüber hinaus plädierte Prof. Dr. Johannes Isselstein vom Department für Nutzpflanzenwissenschaften bei der Präsentation für den Erhalt von Grünland, das besonders viele Arten beherbergt. Im Grünland existieren seinen Angaben zufolge insgesamt 1.000 Pflanzenarten, während in Ackerbausystemen nur etwa 300 Pflanzenarten heimisch sind. Agrarökologin Dr. Catrin Westphal stellte die Bedeutung von Agrarlandschaften mit einer Vielzahl verschiedener Lebensräume heraus. Nur sie könnten den Erhalt der Biodiversität nachhaltig sichern. Beide Experten plädierten für einen Ausbau von gezielt auf Regionen und Landschaften abgestimmten Maßnahmen.

Der Diskussionsbeitrag der Göttinger Wissenschaftler steht auch im Internet unter: http://purl.umn.edu/125284

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-goettingen.de/de/19014.html
- Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution77

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Georg-August-Universität Göttingen, Thomas Richter, 04.07.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juli 2012