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UNITED KINGDOM/002: Pulverfaß London - Socialist Workers Party erklärt ... (SWP)


Stellungnahme der Socialist Workers Party vom 7. August 2011

Das ist Camerons Britannien ...

Unruhen von Polizeibrutalität und Tory-Attacken ausgelöst


Die Unruhen, die vergangene Nacht durch weite Teilen Londons, Birminghams und Bristols fegten, sind ein Ausbruch von Bitterkeit und Zorn. So etwas geschieht in einer Gesellschaft mit tiefer und wachsender Ungleichheit, wo die Arbeitslosigkeit und Armut groß ist, Polizeibelästigung und -rassimus systematisch sind und viele junge Leute fühlen, daß sie keine Zukunft haben. Wie die Studentenproteste im vergangenen Jahr steht auch diesmal die von den Tories geschaffene "verlorene Generation" im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen - obgleich auch viele ältere Menschen beteiligt sind.

Von den Ursachen des Aufbegehrens sind Millionen betroffen. Den Unruhen liegen nicht "Kriminalität" oder "geistlose Gewalt" zugrunde. Politische Parolen wie "Wessen Straßen - unsere Straßen", Forderungen nach "Gerechtigkeit" und Denunziationen der Polizei sind in all den Protesten enthalten.

Den Hintergrund dazu liefert die Vertiefung der kapitalistischen Krise. Die Anarchie des Marktes erweist sich als weitaus zerstörerischer als die angebliche Anarchie der Straße. Die Banker und Geschäftsleute, die selbst dann noch unverdrossen Boni einheimsen, während die Löhne gedrückt werden, haben sich weitaus effektiver bereichert als jeder von den Plünderern.

Polizeirassismus und -brutalität

Die Tötung von Mark Duggan durch die Polizei in Tottenham war der Zündfunke - und anschließend die Lügen und der gefühllose Umgang mit seiner Familie und den Freunden. Das ist nur die letzte Episode in einer Geschichte des Rassismus und der Polizeibrutalität in diesem Viertel.

In den letzten vierzig Jahren wurde kein Polizeibeamter für einen Tod in Gewahrsam schuldig gesprochen, obgleich es durchschnittlich jede Woche zu einem Todesfall kommt. In diesem Jahr demonstrierten bereits Tausende in Südlondon wegen des Tods des Reggae-Künstlers Smiley Culture, dem die Polizei vorwarf, er habe sich selbst erstochen, während sie sich in seinem Haus befand.

Solche Vorfälle stellen die vorderste Front des Polizeirassismus dar. Doch junge Schwarze und Asiaten in Britannien erfahren solche Belästigungen tagtäglich. Schwarze werden von der Polizei 26 mal häufiger angehalten und durchsucht als Weiße.

Im Laufe der Unruhen wurden bereits Hunderte Personen verhaftet. Jetzt werden Presse und Politiker noch mehr nach Vergeltung zetern, und die Polizei wird mit noch mehr Befugnissen ausgestattet. Wir lehnen solche Maßnahmen entschieden ab. Uns wurden schon viel zu viele Rechte entzogen. Die Skandale in der Murdoch-Presse haben die Korruption der Metropolitan Police deutlich gemacht. Millionen kennen ihre Brutalität und ihren Rassismus. Ihre Hand zu stärken ist das letzte, was wir gebrauchen können.

Die Tory-Angriffe

Ohne die Angriffe seitens der Tory-geführten Regierung wären die Unruhen gleichfalls nicht entstanden. Im Stadtbezirk Haringey, zu dem Tottenham gehört, kommen 54 Bewerber auf eine freie Stelle. Acht von dreizehn Jugendzentren sollen wegen der Sparmaßnahmen der Regierung geschlossen werden. Im vergangenen Jahr zog sie von 630.000 jungen Leuten Ausbildungszulagen ein und verdreifachte die Studiengebühren. Auf diese Weise wurde für die meisten ein großes Schild "Kein Zugang zur Ausbildung" aufgestellt.

Die Ungleichheit in Britannien war zu keiner Zeit seit den 1930er Jahren so groß. Während viele, die im vergangenen Monat von der Schule abgingen, eine Zukunft ohne Hoffnung erwartet, stieg in diesem Jahr das Gesamtvermögen der 1000 reichsten Einwohner Britanniens von 60 Milliarden auf fast 400 Milliarden brit. Pfund. Jene 81 Milliarden brit. Pfund an Einsparungen, die von David Camerons Regierung beschlossen wurden, haben zur Folge, daß Hunderttausende ihren Job verlieren, Gemeinden verwüstet und Dienstleistungen vernichtet werden. Es gibt einen Zeitpunkt, an dem sich die an die Wand gedrückten Menschen umdrehen und zurückschlagen. Das geschieht jetzt, genauso wie zur Regierungszeit von Margaret Thatcher in 1980er, während der schweren Wirtschaftskrise der 1930er und der großen Depression der 1880er Jahre. Zu all diesen Zeiten traten in Britannien Unruhen auf.

Die Unruhen werfen auch ein bezeichnendes Licht auf Ed Milibands Labour Party, die auf ganzer Linie versagt hat und keine Alternative zu den Tories bietet. Alle politischen Parteien liefern im wesentlichen das gleiche Rezept, deshalb haben sie jetzt keine Antworten abgesehen von Wasserwerfern, Gefängnisstrafen und dem Aufmarsch des Militärs.

Die Antwort ist Widerstand

Aufstände sind ein Ausdruck von Wut, wie Martin Luther King sagte, sie sind "die Sprache der Ungehörten". Aber um die Tories aufzuhalten ist mehr erforderlich. Wir brauchen mehr Proteste wie die riesige Demonstration am 26. März und den Streik von 750.000 Arbeitern am 30. Juni. Solche Kämpfe können verzweifelte junge Menschen und Arbeiter, die sich Stellenstreichungen, Angriffen auf ihre Pension, drastischen Lohnsenkungen und sich verschlechternden Arbeitsbedingungen ausgesetzt sehen, zusammenbringen.

Wir appellieren an den Gewerkschaftsbund TUC, die Gewerkschaften und Bürgerinitiativen, sich an dem Kampf gegen Sparmaßnahmen, Armut und Rassismus zu beteiligen. Wir rufen zur Beteiligung an der Demonstration gegen die English Defence League am 3. September in Ostlondon, den Protesten gegen die Tory-Konferenz am 2. Oktober in Manchester und den für November geplanten Streik von mehr als eine Million Arbeitern auf. Eine echte Lösung gegen die Verzweiflung, die Unruhen hervorbringt, erfordert eine andere Art der Gesellschaft, in der die Bedürfnisse der großen Mehrheit und nicht die einer winzigen Elite Vorrang haben.


URL des englischen Originaltextes:
http://www.socialistworker.co.uk/art.php?id=25645


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Quelle:
Socialist Worker
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in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2011