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STRAFRECHT/054: Keine Europäische Staatsanwaltschaft ohne europäisches Verfahrensrecht (DAV)


Gemeinsame Presseerklärung der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins (DAV) - Berlin, 29. April 2015

Keine Europäische Staatsanwaltschaft ohne europäisches Verfahrensrecht

DAV und BRAK fordern europaweit einheitliche Regelungen für geplante Strafverfolgungsbehörde


Berlin (DAV/BRAK). Die Pläne für die Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, zu der das Plenum des Europäischen Parlaments heute seinen zweiten Zwischenbericht annimmt, stoßen weiterhin auf Kritik der beiden größten deutschen Anwaltsorganisationen. BRAK und DAV lehnen daher die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft nach den derzeitigen Plänen ab. Mit dem vorgesehenen Modell wird strukturell ein bürokratisches Ungetüm geschaffen, das erhebliche rechtsstaatliche Defizite aufweist, bei dem aber zweifelhaft ist, ob es einen Mehrwert für die Aufklärung von Straftaten bietet.

Insbesondere wenden sich BRAK und DAV dagegen, dass für die Ermittlungsmaßnahmen des Europäischen Staatsanwalts jeweils nationales Recht gelten soll. Die formellen Voraussetzungen für jede Einzelmaßnahme - beispielsweise, ob für ihre Anordnung ein Richtervorbehalt gilt - wären in jedem Mitgliedstaat unterschiedlich. Da außerdem nicht geregelt wird, wie bei grenzüberschreitenden Sachverhalten die lokale Zuständigkeit zu bestimmen ist, könnte im Ergebnis die Behörde des Europäischen Staatsanwalts allein entscheiden, nach welchem nationalen Recht vorgegangen werden soll. Dem sogenannten Forum-Shopping wäre - zu Lasten der Beschuldigten - Tür und Tor geöffnet.

"Die Mitgliedstaaten der EU sind offensichtlich nicht bereit, auch nur ansatzweise einheitliches europäisches Verfahrensrecht im Sinne der Ermächtigungsgrundlage in den europäischen Verträgen zu schaffen", kritisiert der Präsident des DAV Prof. Dr. Wolfgang Ewer. "Wichtig sind europaweit einheitliche Voraussetzungen und die gerichtliche Überprüfbarkeit des Handelns des Europäischen Staatsanwaltes."

"Ein unverzichtbarerer Schritt ist darüber hinaus die Einführung einheitlicher Standards zum Schutz des Beschuldigten sowie die Festlegung eines einheitlichen Prozesskosten- und Pflichtverteidigersystems", ergänzt der Präsident der BRAK Axel C. Filges. "Es ist mehr als erschreckend, dass es keine ausreichenden Regelungen darüber gibt, wie bedürftige Beschuldigte ihre Verteidigung finanzieren sollen."

DAV und BRAK fordern europaweit einheitliche Regelungen für die geplante Strafverfolgungsbehörde.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 13/15 vom 29. April 2015
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2015

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