Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → POLITIK

INNEN/438: Europäische Bürgerinitiative - Verordnungsvorschlag (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände

EU-Koordination - 01.04.2010

Europäische Bürgerinitiative: Verordnungsvorschlag


Die EU-Kommission hat Ende März genauere Vorschläge gemacht, wie die im Lissabon-Vertrag vorgesehene Direktbeteiligung von BürgerInnen aussehen könnte. Die Europäische Bürgerinitiative, mittels derer die EU-Bevölkerung künftig Themen an die Politik herantragen kann, muss einige Hürden überwinden. Von den Initiatoren einer solchen Volksabstimmung müssen innerhalb eines Jahres insgesamt eine Million Unterschriften aus mindestens neun der 27 Mitgliedstaaten gesammelt werden.

Laut EU-Kommissionsvorschlag wird in jedem dieser Mitgliedstaaten die Mindestzahl der erforderlichen Unterstützungsbekundungen berechnet, indem man die Zahl der Mitglieder dieses Mitgliedstaats im Europäischen Parlament mit einem Faktor von 750 multipliziert. Für Deutschland mit zurzeit 99 Abgeordneten, hieße das also, die verantwortliche Organisation müsste minstestens 74.250 Unterschriften von über 18-Jährigen zusammenbekommen - und acht weitere Staaten, die mitmachen und den Rest der UnterstützerInnen stellen.
Geplante Initiativen müssen bei der EU-Kommission registriert werden. Wenn die Initiative gegen die grundlegenden Werte der EU gerichtet ist, kann sie die Registrierung auch verweigern. Nationale Stellen müssen dann zusätzlich innerhalb von drei Monaten überprüfen, ob die Online-Sammlungssysteme der Organisatoren bestimmten Sicherheits- und technischen Anforderungen genügen, und diese Prüfung hat binnen drei Monaten zu erfolgen.

Sobald 300.000 Unterstützungsbekundungen aus drei Mitgliedstaaten gesammelt wurden, müssen die Organisatoren die Kommission ersuchen, die Zulässigkeit der Initiative zu prüfen. Die Kommission hätte dann drei Monate, um darüber zu befinden, ob die Initiative in ihren Befugnisbereich gehört und ob in diesem Bereich Rechtsvorschriften erlassen werden können.
Diese Zulässigkeitsprüfung ist unabhängig von der inhaltlichen Beurteilung der Initiative durch die EU-Kommission. Wenn alle Formalitäten erfüllt und die mindestens eine Million Unterstützungsbekundungen abgeliefert sind, hat die EU-Kommission vier Monate Zeit, den Inhalt zu prüfen, also zum Beispiel, ob sie einen Rechtsetzungsvorschlag einbringt, die Sache z.B. mit einer Studie weiterverfolgt oder auf ein weiteres Handeln verzichtet. Die Kommission muss ihre Begründung öffentlich darlegen.

Der Verordnungsvorschlag muss jetzt noch von EU-Parlament und EU-Ministerrat besprochen und abgestimmt werden.


Positionen von Nichtregierungsorganisationen

An der Konsultation zum vorher veröffentlichten Grünbuch der EU-Kommission haben sich zahlreiche Organisationen beteiligt, darunter auch der Deutsche Naturschutzring. Der DNR kritisiert darin die Beteiligung eines Drittels der Mitgliedstaaten als zu hoch und schlägt vor, die Mindestanzahl auf ein Viertel zu beschränken. Außerdem scheint die Frist einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Initiative zu lang, der DNR sieht vier Wochen statt der jetzt im Vorschlag festgesetzten drei Monate für ausreichend an. Auch andere Organisationen hatten sich eingebracht. So hat die Civil Society Platform, an der acht Organisationen, darunter Greenpeace, beteiligt sind, sich für ein Beteiligungsalter ab 16 Jahren eingesetzt. Das Bündnis forderte außerdem, die Zeit zur Sammlung von UnterstützerInnen auf achtzehn Monate auszudehnen. [jg]

Pressemitteilung der EU-Kommission: IP/10/397 [1]
Hintergrundinformationen der EU-Kommission: MEMO/10/116 [2]
Stellungnahme DNR [3]
Stellungnahme Civil Society Platform [4]

[1] http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/397&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=de
[2] http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/10/116&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en
[3] http://eu-koordination.de/PDF/stellungnahmeebi_dnr.pdf
[4] http://www.greenpeace.org/raw/content/eu-unit/press-centre/reports/CSCG-citizens-initiative-submission-20-01-10.pdf


*


Quelle:
Newsletter zur EU-Umweltpolitik
Nr. 14/10, 08.04.2010
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination, 01.04.2010
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2010