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INNEN/361: Schäuble - "Bürger sollen in Europa sicher leben" (BMI)


Bundesministerium des Innern - Pressemitteilung vom 03. Januar 2007

Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble: "Bürger sollen in Europa sicher leben"


Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble hat am Mittwoch, den 3. Januar 2007 bei einer Bundespressekonferenz in Berlin das innenpolitische Arbeitsprogramm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 mit dem Titel "Europa sicher leben" vorgestellt.

Zum Auftakt der Informellen Ministertreffen im Rahmen der deutschen EU- Ratspräsidentschaft tagen die Justiz- und Innenminister der EU vom 14. bis 16. Januar 2007 in Dresden. Den Vorsitz haben Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble inne.


Minister Dr. Schäuble betonte:

"Trotz vielem Erreichtem stehen wir heute in Europa vor großen Herausforderungen. Internationaler Terrorismus, Organisierte Kriminalität und illegale Migration bedrohen zunehmend unsere Sicherheit. Und gerade hier erwarten die Bürgerinnen und Bürger von Europa Antworten. Dies ist Herausforderung und Chance der Politik zugleich. Durch entschiedenes gemeinsames Handeln können wir unsere Freiheit und Sicherheit stärken und die Menschen für das gemeinsame Projekt Europa gewinnen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen spüren, dass Europa ihnen einen Mehrwert bringt. Und nur mit Unterstützung der europäischen Bevölkerung wird die weitere Integration und Vertiefung der Gemeinschaft gelingen. Denn langfristig wird nur eine institutionell reformierte Union in der Lage sein, mit der notwendigen Effizienz nachhaltige Zukunft sichernde Entscheidungen zu treffen. Allen Mitgliedstaaten muss bewusst sein, dass sie alleine überfordert sind, die globalen Sicherheitsherausforderungen zu bewältigen.

Vor diesem Hintergrund ist "Europa sicher leben" das Leitmotiv des Bundesministeriums des Inneren für die deutsche EU- Ratspräsidentschaft. Es steht für die Herausforderung, der wir uns stellen und für die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an Europa.

Die Interessen der Bürger stehen im Mittelpunkt unserer Politik. Und gerade deshalb werden wir unsere Präsidentschaft auch nutzen, die praktische Zusammenarbeit im Bereich der europäischen Innenpolitik entschieden voran zu bringen. Mit dem Informellen Treffen der Justiz- und Innenminister in Dresden werden wir einen wichtigen Schritt in diese Richtung setzen."


Arbeitsprogramm "Europa sicher leben"

Das Arbeitsprogramm des Bundesministeriums des Innern für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft umfasst die Themen Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der grenzüberschreitende Kriminalität, gemeinsame Steuerung der Migration, Kooperation mit Drittstaaten im Bereich innenpolitischer Themen, Zusammenarbeit der Verwaltungen in Europa, Förderung der Integration und des interkulturellen Dialogs sowie die Gestaltung der Zukunft der europäischen Innenpolitik.

Im Bereich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität soll insbesondere Europol gestärkt werden. Dafür sind Europol mehr Befugnisse zu übertragenen. Weiterer Schwerpunkt wird die Überführung der Europol-Konvention in den Rechtsrahmen der EU sein. Europol soll zukünftig auch für die Bekämpfung aller Formen schwerer grenzüberschreitender Straftaten - wie eines in mehreren Mitgliedstaaten mordenden Serienkillers oder erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit durch Hooligans - zuständig sein. Und es steht als wichtiges Ziel die praktische Umsetzung der drei Änderungsprotokolle zur bisherigen Europol- Konvention an. So ermöglicht das 2. Änderungsprotokoll Europol etwa die Teilnahme an gemeinsamen Ermittlungsteams der Polizeibehörden der Mitgliedstaaten.

Einen besonderen Schwerpunkt setzt Deutschland bei der Verbesserung der zwischenstaatlichen Polizeizusammenarbeit. Straftäter dürfen keine Chance haben, sich durch Überschreiten der Grenze ihrer Verfolgung zu entziehen. Deshalb setzt sich Deutschland dafür ein, die Regelungen des 2005 zwischen sieben Mitgliedstaaten in Prüm/Eifel geschlossenen Vertrags zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration in den EU-Rahmen zu überführen. Dadurch könnten beispielsweise alle Mitgliedstaaten gegenseitig auf DNA- und Fingerabdruckdaten sowie auf Fahrzeugregister zugreifen und bei Großereignissen wie internationalen Sportwettbewerben und schweren Unglücksfällen polizeiliche Hilfskräfte aus anderen Mitgliedstaaten anfordern.

Das Arbeitsprogramm der deutschen Präsidentschaft sieht weiterhin eine vertiefte Zusammenarbeit beim Beobachten und Analysieren von Internetauftritten terroristischer Strukturen ("check the web") als auch einen besseren Schutz kritischer Infrastrukturen gegenüber terroristischen Angriffen vor.

Für die neuen Mitgliedstaaten ist der Fall der letzten Schlagbäume an den Binnengrenzen das Symbol für die EU-Mitgliedschaft. Für die Menschen in den neuen Mitgliedstaaten wird gerade damit Europa erlebbar. Deutschland liegt deshalb viel daran, dass Reisen zwischen neuen und alten Mitgliedstaaten bald ohne Personenkontrollen möglich wird. Für die Grenzöffnung ist die Anbindung aller Mitgliedstaaten an das gemeinsame Schengener Informations- und Fahndungssystem (SIS) Voraussetzung. Es erlaubt den Polizeibehörden, per Haftbefehl gesuchte oder einer Einreiseverweigerung unterliegende Personen sowie gestohlene Fahrzeuge europaweit zu identifizieren. Die deutsche Präsidentschaft begrüßt daher die Einführung eines "SIS I für alle", an das die am 1. Mai 2004 beigetretenen neuen Mitgliedstaaten schnellstmöglich angeschlossen werden sollten. Deutschland wird sich aber auch weiterhin für die baldige Einführung des Schengener Informationssystem der 2. Generation (SIS II) einsetzen. Dieses wird "SIS I für alle" ablösen. Es erweitert die Funktion des SIS um wichtige Sicherheitselemente wie die Aufnahme von Fingerabdrücken und Lichtbildern.

Zur gemeinsamen Steuerung der Migration sieht das Arbeitsprogramm insbesondere eine erhebliche Stärkung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex vor. Die zügige Verabschiedung und Umsetzung der Änderungsverordnung von Frontex soll deshalb vorangetrieben werden. Zukünftig sollen an den Brennpunkten illegaler Migration sowie an allen größeren Grenzübergängen vermehrt gemeinsame grenzpolizeiliche Expertenteams der Mitgliedstaaten eingesetzt werden. Und diese müssen dabei mit exekutiven Befugnissen durch die nationalen Grenzschutzbehörden betraut werden können. Damit leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung illegaler Migration an den gemeinsamen Außengrenzen der EU.

Weiterhin soll zur Bekämpfung illegaler Migration und des Visamissbrauchs die Reform des gemeinsamen Visumrechts durch einen "Visakodex" vorangetrieben und die Voraussetzungen für eine noch engere Zusammenarbeit der Konsulate der Schengenpartner geschaffen werden. Die Präsidentschaft wird sich darüber hinaus für die Einführung des gemeinsamen Visuminformationssystems (VIS) einsetzen. Mit ihm können Daten von Visumantragstellern einschließlich Fingerabdrücken und Lichtbildern gespeichert und verglichen werden. Es soll somit zu einem wesentlichen Element bei der Bekämpfung illegaler Migration, des "Visa-Shopping" als auch des internationalen Terrorismus und Organisierter Kriminalität werden.

Gleichfalls wird sich Deutschland für eine Verbesserung der Rückführung ausreisepflichtiger Drittausländer sowie den Ausbau der praktischen Zusammenarbeit der Asylbehörden der Mitgliedstaaten einsetzen.

Zur Steuerung der Migration in Europa wird im Arbeitsprogramm außerdem vorgeschlagen, zirkuläre Migration als migrations- und entwicklungspolitisches Instrument - unter Beachtung der nationalen Zuständigkeiten und unterschiedlichen Situationen der Arbeitsmärkte - auszugestalten und zu fördern.

Bei der Gestaltung der Kooperation der EU mit Drittstaaten (äußere Dimension) betont das Programm das Verschmelzen der Grenzen von innerer und äußerer Sicherheit und unterstreicht, dass die Wurzeln der Bedrohung oft außerhalb der EU liegen. Deshalb sollen die Mitgliedstaaten in den Außenbeziehungen noch enger zusammenarbeiten. Es liegt im elementaren Sicherheitsinteresse der EU, den Dialog mit den USA, Russland, ihren Nachbarn und weiteren Drittstaaten zu führen. Dabei sollen insbesondere die strategisch wichtigen transatlantischen Beziehungen gestärkt werden. Denn Herausforderungen wie beispielsweise die Bekämpfung des internationalen Terrorismus betreffen die USA und Europa gleichermaßen und können deshalb nur gemeinsam gelöst werden.

Im Bereich der Stärkung der Verwaltungszusammenarbeit liegt Deutschland viel daran, dass die Verwaltungen der Mitgliedstaaten auch in innenpolitischen Themen eng kooperieren. Dabei spielen eine leistungsfähige und bürgerorientierte Verwaltung, die Stärkung der Zusammenarbeit der nationalen Dopingagenturen, Datenschutz sowie eine bessere Kostentransparenz europäischer Statistiken eine besondere Rolle.

Ein wichtiges Ziel der Präsidentschaft ist es, Integration und einen interkulturellen Dialog in der EU zu fördern. In Europa leben mittlerweile 64 Millionen Migranten. Für ein friedliches Zusammenleben ist es daher wichtig, dass die gemeinsamen demokratischen Werte von allen anerkannt und akzeptiert werden. Die Situation der Einwanderer ist dabei nicht in allen Mitgliedstaaten gleich. Integration und interkultureller Dialog gehen jedoch alle an. Deshalb will die deutsche Präsidentschaft sich dafür einsetzen, sie auf europäischer Ebene zu fördern.

Weiterhin sieht das Arbeitsprogramm vor, dass ein Anstoß zur künftigen Gestaltung europäischer Innenpolitik gegeben wird. 2009 läuft das Haager Programm aus, das bis dahin die Prioritäten im Innenbereich festlegt. Ab 2010 werden neue Leitlinien benötigt. Und bis dahin müssen sich Mitgliedsstaaten und Union darüber einig werden, wer jeweils handelt und wer die politische Verantwortung trägt.


Zusatzhinweis:
Informationen zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft werden angeboten auf der speziellen Website unter www.eu2007.de sowie zur Innenpolitik unter www.bmi.bund.de .

Informelle Ministertreffen unter der Federführung oder Beteiligung des Bundesministeriums des Innern finden statt am:

14. - 16. Januar 2007
Informelles Treffen der Justiz- und
Innenminister in Dresden

12./13. März 2007
Informelles Sportministertreffen in Stuttgart

10./11. Mai 2007
Informelles Treffen der Integrationsminister in Potsdam

20. - 22. Juni 2007
Informelles Treffen der Minister für den
Öffentlichen Dienst in Berlin


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Quelle:
Pressemitteilung vom 03. Januar 2007
Bundesministerium des Innern
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