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ENTWICKLUNGSHILFE/040: Europäer hinken mit Hilfszusagen hinterher (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. März 2012

Entwicklung: Europäer hinken mit Hilfszusagen hinterher - Erst sieben Länder auf der Zielgeraden

von Bari Bates


Brüssel, 23. März (IPS) - Vor vier Jahrzehnten versprachen 15 reiche Staaten Europas, 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) bereitzustellen. Obwohl sie damit nur einen winzigen Bruchteil ihres nationalen Wohlstands abgeben müssen, werden aller Voraussicht nach nur sieben EU-Länder das Ziel wie geplant 2015 erreichen.

Zu den wenigen Staats- und Regierungschefs, die diesem Vorsatz Priorität einräumen, gehört die dänische Premierministerin Helle Thorning-Schmidt. Sie wurde deshalb kürzlich vom Verband europäischer Nichtregierungsorganisationen (Concord) gewürdigt.

Aktivisten zogen sich bei einer Kundgebung am 16. März Masken mit dem Gesicht der Dänin über und skandierten "Wir alle brauchen eine Helle". Würden alle 27 EU-Staaten dem Beispiel Dänemarks folgen, ließen sich die Verpflichtungen der Welt gegenüber den ärmsten Ländern problemlos einhalten, lautete die Botschaft der Demonstranten.

Dänemark ist eines von vier EU-Ländern, die die 0,7-Prozent-Marke inzwischen sogar überschritten haben. Dieses Ziel wurde bereits 1970 in einer Resolution der UN-Vollversammlung festgehalten und bei verschiedenen Anlässen mehrfach bekräftigt, etwa auf der Internationalen Konferenz über Entwicklungsfinanzierung im März 2002 sowie 2005, als die EU-Entwicklungsminister in Brüssel den Zeitrahmen für die Erreichung des 07-Prozent-Ziels festlegten.

Damals wurde beschlossen, dass die ursprünglichen 15 EU-Staaten - Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien - spätestens 2015 ihre öffentliche Entwicklungshilfe auf mindestens 0,7 Prozent des BNE bringen sollten. Länder, die der Europäischen Union nach 2002 beigetreten sind, sollten dagegen bis 2015 Zeitlinien für die Bereitstellung von 0,33 Prozent ihres BNE festlegen.

Nach Angaben der Organisation 'AIDWatch', die 'Concord' angehört, sind lediglich sieben EU-Länder auf dem richtigen Weg, um das Ziel plangemäß zu erreichen. Neben Belgien, Dänemark und Luxemburg sind dies Malta, die Niederlande, Schweden und Großbritannien.

Deutschland wird das Ziel aller Voraussicht nach nicht erreichen. ONE schätzt, dass Berlin das Ziel erst 2022 erreichen wird.


Kleine Beträge mit großer Wirkung

Aus einem kürzlich von der Kampagnenorganisation ONE verbreiteten Bericht 'Small Change/Big Difference' geht hervor, dass Großbritannien das Ziel wahrscheinlich schon 2013 erreichen und damit den armen Ländern 11,7 Milliarden Pfund (18,5 Milliarden US-Dollar) bereitstellen wird. Das bedeutet, dass von jedem Pfund, das vom Staat ausgegeben wird, 1,6 Pence für ODA-Zwecke verwendet werden.

Mit diesem Geld könnten 80 Millionen Kinder geimpft werden. Mehr als 17 Millionen Menschen weltweit würden Zugang zu sicherem Trinkwasser erhalten, und rund 40 Millionen könnten durch Malaria-Prophylaxe geschützt werden. Finanzieren ließen sich ferner die Behandlung von 633.000 HIV-Infizierten und der Schulbesuch von 15,9 Millionen Kindern.

Diese Zahlen beziehen sich allein auf den britischen Beitrag zur globalen Entwicklungshilfe. Wenn noch andere EU-Mitgliedsstaaten mitzögen, könnten Millionen weitere Menschen in Entwicklungsländern unterstützt werden.

Eine Ende vergangenen Jahres von AIDWatch durchgeführte Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass nur wenige EU-Länder ihre Entwicklungshilfe drastisch kürzen werden. Dies bekräftigte Wiske Jult von der belgischen NGO-Koalition '11.11.11.', die an dem AIDWatch-Bericht beteiligt war.

Wie Jult IPS erklärte, ist es unter anderem aufgrund unvollständiger Daten schwer abzuschätzen, wie viele Länder im kommenden Jahr das Ziel erreichen werden. Ein umfassenderer AIDWatch-Report soll im Juni 2012 erscheinen. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.concordeurope.org/Page.php?ID=4&language=eng
http://aidwatchers.com/
http://www.one.org/c/international/actnow/4222/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107132

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 23. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2012